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Lada Vesta Sport im Test: Was kann der Russen-GTI?

Er ist der teuerste Serien-Lada in Russland: Unsere Kollegen sind den Vesta Sport unter anderem auf dem Smolensk-Ring gefahren

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Schau! Ein wunderschöner Lada. Kann ich mit dem Auto ein Foto machen? Der neue Vesta Sport löst einen Sturm öffentlicher Emotionen aus, wo immer er auftritt. Ob Fahrerlager oder Parkplatz eines Einkaufszentrums - die Menschenmenge versammelt sich ständig um ihn. Ich wage anzunehmen, dass jetzt, auf dem Höhepunkt des Neuheiteneffekts, die russische "heiße" Limousine die günstigste Art ist, im Mittelpunkt der Aufmerksamkeit zu stehen. Natürlich lässt sich trefflich über das Design streiten, doch das Auto sieht nicht aus wie das Ergebnis eines ungeschickten Kolchos-Tunings. Im Gegenteil, alles fügt sich gut zusammen: Große Räder, betonte Radhäuser, Spoiler und rote Akzente sorgen für einen Hingucker-Effekt.

Und nicht nur das: Der böse "Vesta" hat sogar eine richtige Stimme. Die paarweise im Stoßfänger angebrachten Endrohre mit einem größeren Durchmesser von 40 bis 60 Millimeter rocken unter Last. Kommen wir zum Motor: Es handelt sich um den 1,8-Liter-Saugbenziner, der in Deutschland nicht angeboten wird. Die Spezialisten von Lada Sport haben den Motor gründlich in die Mangel genommen, erhöhten den Druck im Kraftstoffsystem, ersetzten Nockenwellen, optimierten die Steuerphasen. In Zahlen ausgedrückt: 145 statt 122 PS, das maximale Drehmoment steigt von 170 auf 187 Newtonmeter.

Trotzdem bleibt der Vesta Sport sehr wirtschaftlich. Selbst unter Berücksichtigung der scharf gefahrenen Runden auf der Rennstrecke lag der Durchschnittsverbrauch nicht über 11 Liter, und beim entspannten Fahren außerhalb von Staus sank er auf 8,4 Liter. In der Stadt verbraucht der Lada jedoch etwa 10 Liter Super auf 100 Kilometer.

Das Fahrwerk ist das Beste, was es im teuersten Lada gibt. Das Wort "lecker" ist ein passender Beiname für die Charakteristik der sportlichen Limousine. Für jeden Tag bietet das Chassis eine gelungene Kombination aus Straffheit und Komfort. Auch bei rauen Asphaltfugen in schnellen Kurven wird der Vesta Sport nicht unangenehm. Wellen, Spurrillen, Unebenheiten - keine Probleme. Wo ich hinwollte, wollte auch der Lada hin.

Auf der Rennstrecke (genauer gesagt: dem rund drei Kilometer langen Smolensk-Ring) macht der Vesta Sport noch mehr Spaß: Das ESP ist abschaltbar (willkommen beim Wintersport). Und so ist die Limousine mit einer ausgezeichneten Balance ausgestattet - man spürt die Drifts und die Straßenlage, als würde man seine eigene Haut auf dem Asphalt waschen. Dazu trägt auch die elektrische Servolenkung bei - das Lenkrad ist leicht, ohne künstliche Schwergängigkeit und damit auch für einen Anfänger nicht ermüdend und intuitiv. Ein besonderer Nervenkitzel ist es, mit voller Geschwindigkeit in schnelle Kurven zu fliegen. Hier schreibt der Lada einen neutralen Bogen - und dreht sich leicht nach innen. Montiert waren übrigens Reifen des Typs Continental ContiSportContact 5. Außerdem bietet der Vesta Sport größere Bremsscheiben, die in unserem Fall einen ganzen Streckentag ohne Launen und die geringsten Anzeichen von Überhitzung überstanden haben. Einzig die Sättel neigen zum bösen Quietschen.

Klar, einen Supersportler sollte man nicht erwarten. Die Beschleunigung auf 100 km/h beträgt 9,6 Sekunden, die Höchstgeschwindigkeit liegt bei 193 km/h. Je flotter man fährt, desto mehr Traktionsdefizit wird spürbar. Außerdem wird das Motorpotential auf der Rennstrecke durch einen frühzeitigen Drehzahlbegrenzer unterbrochen - Man will den dritten Gang halten, doch die Elektronik fordert den vierten, sobald der Tacho die rote Zone kitzelt. Und es stellt sich heraus, dass der Vorteil des Vesta Sport in Kurven auf Geraden wieder flöten geht. Die Beschleunigung ist träge, traktiv und schon gar nicht so weit, um sich Ampelduelle mit ausländischen Hot Hatches zu liefern.

Wir freuen uns aber, dass Lada eine "heiße" Limousine unter Berücksichtigung der russischen Gegebenheiten gebaut hat. Auch wenn die Bodenfreiheit etwas geringer ist als beim üblichen Vesta, reichen 147 Millimeter aus, um nicht auf den unebenen Straßen außerhalb der Moskauer Ringautobahn aufzusetzen. Außerdem klappert der Vesta Sport nicht so unangenehm auf Bodenwellen, wie es bei frühen Vestas der Fall war.

Außen gut - innen schön. Rote Akzente werten den Lada Vesta Sport deutlich auf. Von den Sitzen mit Kunstledernähten bis hin zur LED-Beleuchtung: Das können manch westliche Marken nicht besser. Überraschend bequem sind die tief montierten Sportsitze. Im Alltag läuft man keine Gefahr, seinen Rücken mit medizinischer Salbe wiederherstellen zu müssen.

In Russland wird der Lada Vesta Sport für 1.009.900 Rubel (umgerechnet rund 14.000 Euro) angeboten. Grundlage ist die Luxe-Ausstattung mit nützlichen Dingen des täglichen Lebens, wie Licht- und Regensensoren, Ein-Zonen-Klimaautomatik, Parkpiepser, Tempomat. Und für nur 36.000 Rubel (zirka 500 Euro) mehr gibt es zusätzlich ein Multimedia-Paket. Es beinhaltet ein System mit Navigation und Touchscreen, obwohl unserer Meinung nach die beheizbare Windschutzscheibe und die Rückfahrkamera noch wichtiger sind. Bisher bietet die Farbskala nur drei Varianten begrenzt: ein kostenloses Weiß und gegen eine Zuzahlung in 12.000 Rubel (gut 170 Euro) Metallictöne mit den Namen "Typhoon" (grau) und "Platin" (silber). In Sachen Verarbeitung gibt es Fortschritte, aber im Detail bleibt Lada leider sich selbst treu. Große Spaltmaße, die Kunststoffe sind zu schief eingepasst und die Polsterung im Kofferraum ist schlampig geraten.

Wir müssen leider auch das Getriebe auf der Minusseite verbuchen. Für den sportlichen Einsatz würden wir uns eine Fünfgang-Schaltung mit weniger langen Wegen wünschen. Und für den Alltag einen sechsten Gang für komfortables Fahren auf Langstrecken. Der Vesta Sport hat zudem in Russland nur zwei Airbags - nicht genug für solch ein relativ kräftiges Auto.

Fazit:

Der Lada Vesta Sport hat die Chance, ein fahrerischer Meilenstein in der Geschichte der russischen Automobilindustrie und ein Achtungserfolg zu werden. Es ist gelungen, ein erfolgreiches, kompetentes Fahrwerk zu entwickeln, das gut zu dem stärkeren Motor passt. Und das Auto hat seine Alltagstauglichkeit bewahrt: er frisst nicht viel Benzin, hat keine Angst vor schlechten Straßen, die Ausstattung ist auf einem guten Niveau, der Kofferraum ist geräumig - 480 Liter. Hinzu kommt, dass der Lada mit minimalen Investitionen bereit sein dürfte für anständige Leistungen bei Amateurrennen. Für uns steht jedenfalls fest: Der Lada Vesta Sport ist cool.

P.S.: Wir bedanken uns bei Yuri Sazonov und Vladimir Klabukov für Ihre Hilfe bei den Fotos und interessante Aufnahmen.

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