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Test Porsche Macan Turbo Facelift (2019): X3 M-Gegner im Check

Verliert der neue Macan Turbo mehr als nur Hubraum?

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Was ist das?

Letztlich haben sie sich doch ganz schön Zeit gelassen mit dem neuen Topmodell. Knapp ein Jahr nachdem wir das Macan Facelift testen konnten, schiebt Porsche nun den aufgefrischten Macan Turbo nach. Die größte News ist sicher der Wechsel von einem 3,6-Liter-Biturbo-V6 auf den aus Cayenne S und Co. bekannten 2,9-Liter-V6 (ebenfalls mit zwei Turbos). Er ersetzt sowohl den normalen Macan Turbo mit 400 PS als auch den Macan Turbo Performance Paket mit 440 PS. 

Und bevor jetzt die blanke Panik ausbricht: Nein, Leistungseinbußen gibt es trotz Downsizing natürlich nicht. Oder zumindest nicht in erheblichem Maße. Das neue Aggregat bringt es auf 440 PS und 550 Nm. Der alte Macan PP hat zwar 50 Nm mehr, ist aber trotzdem langsamer. Dank gebührt hier dem optimierten Siebengang-PDK, das die Kraft nun noch organisierter an alle vier Räder weiterleitet. Die 0-100 km/h hakt der neue Macan Turbo in 4,3 Sekunden ab, drei Zehntel schneller als der alte Turbo und sogar 0,1 Sekunden schneller als der PP. Die Höchstgeschwindigkeit liegt nun bei 270 km/h, der Normverbrauch laut WLTP bei 9,8 Liter. 

Dass Porsche eine anständige Portion Urvertrauen in die Fähigkeiten seiner normalen Macan-Varianten hat, zeigt sich beim Unterbau des neuen Turbo. Wo bei der Konkurrenz um BMW X3 M/ X4 M oder Mercedes-AMG GLC 63 weitreichende Eingriffe in die Fahrwerkskinematik vorgenommen werden, damit ihre stelzigen Zweitonner nicht mehr fahren wie stelzige Zweitonner, verändert man in Zuffenhausen genau ... ähm ... nichts. Abgesehen von den Maßnahmen, die auch alle anderen Facelift-Macans noch besser um die Kurve wedeln lassen, versteht sich. Dazu zählen eine straffere Anbindung vom Motor ans Chassis sowie ein neu abgestimmtes Stahlfahrwerk mit adaptiven Dämpfern.

Sollten Sie Probleme haben, den Turbo zu erkennen: Die Front ist minimal anders, es gibt einen größeren Dachspoiler und aus dem Heck ragen vier Endrohre mit sehr dicken Wänden. Serienmäßig steht das Auto auf 20-Zöllern mit 265er- und 295er-Mischbereifung. Dahinter steckt Porsches raffinierte PSCB-Bremse (Porsche Surface Coated Brake) mit weißen Bremssätteln, Wolframcarbid-Beschichtung und 390mm/356mm-Scheiben. Selbige glänzen nicht nur verführerisch sondern sollen auch besser ansprechen, weniger schnell verschleißen und 90 Prozent weniger Bremsstaub produzieren.

Wenn Sie Preis und Performance Ihres Macan Turbo weiter nach oben treiben wollen, erhalten Sie optional ein Luftfahrwerk, Porsches Torque Vectoring Plus, eine Carbon-Keramik-Bremse und 21-Zöller.

Wie fährt er?

Mit angenehm wenig Messer zwischen den Zähnen. Ja wirklich, das ist in diesem Umfeld eine Wohltat. Und ein Zeichen, dass man schon an der Basis viel richtig gemacht hat. Verglichen mit einigen anderen Performance-SUVs muss der Macan Turbo nämlich keine Wirbelsäulen kaputt schlagen, um angemessen dynamisch von A nach B zu kommen. Das ganz große Theater ist ihm weitgehend fremd. Seine Lenkung ist nicht ultra giftig, er wirkt an der Vorderachse nicht übermotiviert aggressiv und sein Antrieb kümmert sich weitgehend um Vortrieb und weniger um das massenweise Aufstellen von Nackenhaaren. 

"Der Macan wirkt auch im Top-Trimm nicht so angriffslustig und verbissen wie seine Konkurrenten, aber er weiß vermutlich, dass er es nicht muss."

Das mag sich anfangs alles ein wenig buchhalterisch anfühlen, aber das ist es natürlich nicht. Es ist einfach nur sehr gut. Vordergründig sicher nicht mit so viel Knalleffekt wie beim X3 M, GLC 63 oder Alfa Stelvio Quadrifoglio, aber insgesamt einfach vielschichtiger. Warum? Weil auch der Macan Turbo so exzellent gefedert ist, dass er in jeglicher Alltagssituation hervorragend funktioniert. Die Spreizung seiner Adaptiv-Dämpfer ist relativ groß. Im Normal-Modus dominiert eindeutig der Komfort-Gedanke. In Sport und Sport Plus wird es spürbar straffer, unangenehm wird es hingegen nie. 

Der Macan wirkt auch im Top-Trimm nicht so angriffslustig und verbissen wie seine Konkurrenten, aber er weiß vermutlich, dass er es nicht muss. Denn wenn man ihn richtig fordert, ihn eine Reihe von Kurven volle Pulle attackieren lässt, dann ist er trotzdem da. Mit einer im Vergleich sehr schön gewichteten Lenkung, feinfühligen Reaktionen, super viel Traktion und einer absolut beeindruckenden Balance. Er darf sich bewegen, auch mal ein wenig rutschen. Wenn Sie talentiert/mutig/ein wenig verrückt sind, können Sie dieses Auto sogar beängstigend lange und quer im Drift halten. Natürlich ist das vollkommen unwichtig in einem Familien-SUV, aber der Porsche-Allrad ist so gut ausgelegt, dass es trotzdem geht. 

Und der neue Motor? 

Wie gesagt: Er wirkt in dieser Applikation eher effektiv als hochgradig aufregend. Klar, ist er verflucht kräftig. Er spricht auch sehr gut an und dreht willig bis an sein 6.800er-Drehzahllimit. Gefühlt wirkt er aber nicht sooo viel anders als der 3,0-Liter-Single-Turbo-V6 mit 354 PS im Macan S. Das mag daran liegen, dass sich beide Maschinen im Großen und Ganzen die gleiche Basis teilen. Oder, dass es hier wie da an charismatischer Akustik mangelt. Der Klang erinnert eher an eine Turbine, aber was will man machen, wenn die lieben Otto-Partikelfilter jegliche Sound-Motivation im Keim ersticken ...

Ein einziger Genuss ist dagegen einmal mehr Porsches 7-Gang-Doppelkupplung. Trocken, knackig, sauschnell und auch wenn die Gangart mal rauer wird absolut fehlerlos. 

Wie ist er innen?

Nicht wirklich anders als die übrigen Macan-Derivate. Abgesehen davon, dass Sie im Topmodell serienmäßig 18-fach elektrisch verstellbare Ledersportsitze und das kleinere, merklich handlichere 360-mm-GT-Lenkrad kredenzt bekommen. An den grundsätzlichen Stärken und Schwächen ändert das nichts. Will heißen: Abgesehen vom größeren (10,9 Zoll), grafisch viel besseren Infotainment-Screen, sieht auch das Macan-Turbo-Interieur nicht wirklich anders aus als vorher.

Verarbeitung, Bedienung und Sitzposition sind nach wie vor hervorragend. Allerdings zwicken die Seriensitze ein wenig, wenn man länger unterwegs ist. Tja, und ein Blick auf die Instrumente oder die Mittelkonsole offenbart dann eben doch recht schnell, dass die Macan-Basis eine relativ alte ist. Die monumentale Knöpfchen-Armee auf der Mittelkonsole geht ja irgendwie noch, denn wenn man alles im Touchscreen versteckt, taugt das bekanntermaßen auch nichts. Schlimmer wiegt da schon die Absenz von digitalen Instrumenten oder einem Head-up-Display. Einen Stau- und Spurhalteassistenten kriegen Sie aber inzwischen.

in Reihe zwei sitzt man durchaus ordentlich, Bein- und Kopffreiheit gehen absolut in Ordnung und der Kofferraum ist mit 500 bis 1.500 Liter ziemlich exakt auf Augenhöhe mit BMW X3 oder Mercedes GLC.

Soll ich ihn kaufen?

Laut Porsche machte der Macan Turbo bisher etwa 5 bis 10 Prozent Anteil und das wird sich den Prognosen zufolge auch nach dem Facelift nicht ändern. Im Umfeld der Mittelklasse-Performance-SUVs steht er für eine souveränere, unaufgeregtere, weniger grelle Form der Fahrdynamik, mit der er dennoch ganz weit vorne ist, wenn es um Handling und Fahrspaß geht. Gepaart mit seiner hervorragenden Alltagstauglichkeit ist das eine schwer zu schlagende Mischung, auch wenn es bei Interieur und Assistenten inzwischen modernere Alternativen gibt. 

Das größte Problem für den neuen Macan Turbo ist vielleicht eher der Macan S. Klar ist der Turbo schneller, aber so gravierend sind die Unterschiede sicher nicht, vor allem, wenn man den Preisunterschied von mehr als 35.000 Euro bedenkt.

Der neue Macan Turbo startet bei 91.922 Euro. Zum Vergleich: Der BMW X3 M mit 480 PS kostet mindestens 84.900 Euro, der 476 PS starke AMG GLC 63 ist ab 86.370 Euro zu haben, der Alfa Romeo Stelvio Quadrifoglio mit 510 PS ab 89.000 Euro.   

Fazit: 7/10

+ hervorragende Fahrdynamik und fantastische Balance; dabei sehr gut gefedert; sehr hochwertige, stilvolle Anmutung

- sehr schneller, aber wenig charismatischer Motor ohne Klang; Cockpit inzwischen etwas oldschool; Unterschied zum Macan S nicht sooo groß

 

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