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Der Giftzwerg

Neuer Kia Picanto im Test

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Sitges (Spanien), 29. März 2017 - Wieso soll ich 10.000 Euro für einen Kleinstwagen ausgeben, wenn ich fürs gleiche Geld auch einen Kleinwagen oder sogar einen Kompaktwagen haben kann? Diese Frage habe ich mir bei der stets anregenden Preislisten-Lektüre schon öfter gestellt. Nun korrigiert die Kia-Marktforschung mein antiquiertes Weltbild: Größer ist nicht gleich besser, sagen die Strategen, und es gibt genug Leute, die das auch kapiert haben. Von dieser Erkenntnis ausgehend wurde die dritte Generation des Picanto entwickelt.

Klein und schick muss er sein
Hauptkaufgründe für den Picanto sollen sein: a) die kompakte Größe und b) das Design. Der Preis spielt nicht so eine entscheidende Rolle, wie ich immer dachte. Das Einkommen der Kunden ist angeblich sogar höher als im B-Segment, also in der Polo-Klasse. Aber das sind Überlegungen für Marketing-Fritzen. Die Folge aus dem Ganzen ist jedenfalls: Der dritte Picanto wurde nicht länger, aber schicker (zumal in der neuen Sportversion GT Line) und teurer. Ja, auch teurer: Die alte Preisliste begann bei 8.990 Euro, die neue einen glatten Tausender höher. Etwa die Hälfte davon kommt durch die zwei Türen zustande, die Kia nun serienmäßig in den Fond einbaut, der Rest durch mehr Ausstattung. Aber mehr kostet der Basis-Picanto halt trotzdem.

Maß genommen am Bestseller
Als Hauptkonkurrenten sieht Kia den VW Up an. Das lässt sich auch an den Daten des Picanto ablesen: Die Länge von 3,60 Meter stimmt ziemlich genau überein, genauso wie der (lange) Radstand. Auch die Kofferraumvolumina sind ähnlich: 255 bis 1.010 Liter sind es bei Kia, bei VW 251 bis 959 Liter - den Unterschied dürfte man kaum spüren. Damit liegen beide Autos in der Klasse ziemlich weit vorn. Beide haben auch in den oberen Ausstattungen ein praktisches Einlegebrett, das den Ladeboden einebnet. Von VW lernen, heißt siegen lernen.

Schickes, leicht konservatives Cockpit
Der Innenraum des neuen Picanto verblüfft durch die schicke Gestaltung und ordentliche bis noble Materialien. Die Kia-Designer setzen auf den bewährten Farbzweiklang Schwarz-Silber, was dem Interieur eine noble Note gibt, die VW-Gestalter erzeugen dagegen mit peppigen Farben und glattem Kunststoff ein jugendliches Flair. Individualisierung spielt beim Picanto eine weniger große Rolle als bei beim Up (wo man zum Beispiel verschiedenfarbige Armaturenbretter oder Felgen mit rotem Rand bestellen kann). Ein Grund für die geringere Vielfalt dürften die geringeren Produktionszahlen sein - vom Up und seinen Skoda- und Seat-Konsorten werden in Deutschland fast achtmal soviel verkauft wie vom kleinsten Kia. Und die Logistik, schließlich muss jeder neu Picanto per Schiff von Korea anreisen, da kann man nicht eben schnell mal eine durchindividualisierte Version nachkommen lassen.

Sieben-Zoll-Display, aber nur mit Navi
In der Mitte des Armaturenbretts gibt es nun ein Sieben-Zoll-Display, das mit seinem freistehenden Design beeindruckt. Es ist allerdings nur zusammen mit einem Navi zu haben und kostet dann mindestens 890 Euro. Meine Alternative: Google Maps auf dem Handy, das man mit einer billigen Plastikhalterung in die Lüftungsschlitze klemmt. Der USB-Anschluss für die Stromversorgung ist schon bei der Grundvariante Serie. Doch die Basisversion mit ihren Fensterkurbeln sollten Sie lieber stehen lassen. Empfehlenswert ist die Edition 7 mit elektrifizierten Fensterhebern, fernbedientem Öffnen und Schließen, Klimaanlage und Kofferraum-Einlegeboden. Doch bevor wir uns an die Auswahl der Ausstattung machen, sollten wir endlich einen Blick auf die Motoren werfen.

Motoren: Erst zwei, dann drei
Zum Marktstart am 1. April 2017 werden zwei Aggregate angeboten. Der 1,0-Liter-Dreizylinder mit 67 PS bietet in der Stadt genug Power und wirkt dort auch ansatzweise flott. Verlässt man die Gemäuer und fährt ins Grüne (was die junge urbane Frau mangels Alternative mit ihrem Picanto tut), geht dem Motörchen rasch die Puste aus. Schaltet man zurück und dreht das Aggregat aus, erntet man ein wütendes Knurren. Eigentlich mag ich ja den rauen Sound von Dreizylindern, aber diese Tonlage geht auch mir zu weit. Der 1,2-Liter-Vierzylinder mit 84 PS macht es bedeutend besser, er ist akustisch angenehmer und überwindet (mit Zurückschalten) auch den einen oder anderen Berg, ohne seine Würde zu verlieren. Als dritte Alternative kommt zwischen Oktober und Dezember 2017 noch der aus dem Rio und dem Cee`d bekannte 100-PS-Turbobenziner hinzu.

Ansonsten alles okay
Das Fahrwerk des Picanto macht keine Probleme, es ist zwar leicht stuckerig, aber das muss man in dieser Klasse eben akzeptieren. Auch Lenkung und Schaltung sind zumindest für meine Bedürfnisse völlig in Ordnung. Bei stürmischer Fahrweise machen mir höchstens mal die etwas weichen Sitzwangen zu schaffen.

Für Städter reicht der Basismotor
Etwas schlauer geworden, können wir uns nun wieder an die Auswahl einer passenden Version machen. Wenn Sie hauptsächlich in der Stadt fahren und auf der Autobahn sowieso eher vorsichtig unterwegs sind, reicht der Basisbenziner. Bei ebener Strecke und konstant Tempo 120 ist auch damit eine entspannte Fahrt möglich. Für die empfehlenswerte Edition 7 zahlt man 11.490 Euro. Ich kann verstehen, wenn das für Sie nicht unbedingt nach einem Sparmodell klingt. Ja, für etwa den gleichen Betrag bekommen Sie auch einen Kia Rio mit mehr PS. Der hat aber dann weniger Ausstattung und ist fast 50 Zentimeter länger.

Ungeduldige nehmen den Picanto 1.2
Wer öfter auswärts unterwegs ist, wer auch mal überholen will oder im Gebirge wohnt, entscheidet sich besser für den Picanto 1.2, den es als Edition 7 ab 11.890 Euro gibt. Moment mal, das sind ja nur 400 Euro Unterschied? Kluges Köpfchen. Für intelligente Leser wie Sie bleibt nur eine Wahl: Picanto 1.2 Edition 7 für 11.890 Euro. Sieben Jahre Garantie sind wie immer bei Kia Standard. Ein vergleichbarer VW Up move mit 75 PS, fünf Türen, Klimaanlage und drei Jahren Anschlussgarantie kostet 13.015 Euro.

Gesamtwertung
Insgesamt hat Kia vieles richtig gemacht beim neuen Picanto, genauer gesagt: das allermeiste. Als GT Line sieht der Kleine aus wie ein Giftzwerg mit roten Vampir-Eckzähnchen - das Gegenteil des üblichen Kindchenschemas. Aber auch in den bezahlbaren Versionen sieht der Wagen für meinen Geschmack gut aus. Das Interieur wirkt eher konservativ, aber sehr ansehnlich. Fahrwerk, Akustik, Lenkung und Schaltung gehen in Ordnung, der Kofferraum ist sogar besonders lobenswert. Preislich liegt der Wagen zumindest im Vergleich zum VW Up günstig. Nur in einem Punkt ist eine Schwäche erkennbar: Trotz der roten Zähnchen fehlt es dem Giftzwerg ein wenig an Biss: Die Saugmotoren mögen für die Stadt ausreichen, wer mehr im Sinn hat, sollte lieber auf den Turbobenziner warten.

+ großer Kofferraum, nobles Interieur

- Saugmotoren für Anstiege, Überholvorgänge und Autobahnsprints etwas schwach


Modell Kia Picanto 1.2
Motor
Bauart Otto- Reihenmotor (Sauger)
Zylinder / Ventile 4 / 4
Antrieb Frontantrieb
Getriebe Schaltung
Gänge 5
Hubraum 1.248 cm³
Leistung 62 kW bei 6.000 U/min
max. Drehmoment 122 Nm bei 4.000 U/min
Fahrwerk
Bremsen vorn Scheiben
Bremsen hinten Trommeln (Edition 7)
Räder vorn 175/65 R14 (Edition 7)
Räder hinten wie vorn
Wendekreis 9,4 m
Maße
Länge 3.595 mm
Breite 1.595 mm
Höhe 1.485 mm
Radstand 2.400 mm
Leergewicht 939 kg
max. Zuladung 461 kg
Kofferraumvolumen 255 l
Tank 35 l
Messwerte
Höchstgeschwindigkeit 173 km/h
Beschleunigung (0-100 km/h) 12,0 s
Verbrauch gesamt 4,6 l/100 km
Verbrauch innerorts 5,9 l/100 km
Verbrauch außerorts 3,8 l/100 km
CO2-Emission 106 g/km
Schadstoffklasse Euro 6

Stand: März 2017


Modell Kia Picanto 1.2 Edition 7
Grundpreis 11.890 €
Ausstattung
Automatikgetriebe (ab Spirit)
Navigationssystem (ab Dream-Team im Paket)
elektr. Fensterheber hinten im Paket
elektr. Fensterheber vorn Serie
elektr. verst. Außenspiegel im Paket
Klimaanlage Serie
Leichtmetallfelgen (ab Spirit)
Metalliclackierung 490 €
Sitzhöheneinstellung Serie (Fahrer)
Zentralverriegelung Serie
Emotion-Paket (beheizbares Lederlenkrad, Sitzheizung vorn, elektr. einstell- und beheizbare Außenspiegel, elektr. Fensterheber hinten, Bluetooth-Freisprecheinrichtung, Start-Stopp-System) 890 €
radargestütztes Notbremssystem 590 €

Stand: März 2017


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