Hier fahren Sie besser!
Automobile.at logo

VW Golf 8 TGI (2021) im Test: Spaß mit Gas?

Auch beim neuen Golf gibt es eine Version mit CNG. Lohnt Sie sich?

Motor1.com Deutschland: Auto-Tests, Auto-News und Analysen
Marke wählen

Sagt Ihnen das Kürzel CNG etwas? Ganz schlaue Quiz-Nerds könnten sagen: Natürlich, das Kürzel des Flugplatzes Cognac-Châteaubernard in Frankreich. (Cognac ist übrigens die Partnerstadt meiner Heimatstadt Königswinter, viele Grüße an den Rhein!) Aber Sie als geneigter Leser unseres familiären Auto-Portals wissen natürlich sofort: CNG, das ist "Compressed Natural Gas", landläufig als "Erdgas" bekannt.

Doch es ist ruhig um das Thema CNG geworden. Alles dreht sich gefühlt nur noch um Autos, die in irgendeiner Form mit Strom laufen und deshalb per se die Umwelt retten. Nur ist CNG, besonders wenn es aus Biomasse erzeugt wird, moralisch auch nicht schlechter als Kohlestrom.

Trotzdem gibt es keine staatliche Prämie für Erdgasautos. Anders formuliert: Lieber bastele ich als Hersteller mein Auto zum Plug-in-Hybrid um, damit ich Kunden anlocke und mit verzerrten Leasingraten meine Modelle unters Volk bringen kann.

Ausgerechnet der Volkswagen-Konzern, der selbst mit zweistelligen Milliarden-Investitionen an seiner Elektro-Zukunft arbeitet, ist inzwischen das "gallische Dorf" in Sachen Erdgas und bietet noch Pkw mit CNG-Antrieb an. Die jüngsten Neuheiten sind der VW Golf 8 TGI und seine Ableger von Seat (Leon TGI) und Skoda (Octavia G-Tec). 

Aber was heißt hier neu? Mit Blick auf die nicht gerade exorbitanten TGI-Verkaufszahlen greift VW auf Bewährtes zurück und hat die Tanks und den Antriebsstrang des alten Golf TGI in das Kleid des neuen Golf 8 gesteckt.  

Der Golf TGI (es gibt ihn auch als Variant) ist also wie gehabt mit einem 1,5 Liter-Vierzylindermotor mit 96 kW (130 PS) Leistung ausgestattet und verfügt über drei Erdgastanks. Diese sind im Fahrzeugboden integriert und ermöglichen im reinen Erdgasbetrieb eine Reichweite von rund 400 Kilometern (WLTP).

Der Motor des so genannten "quasi-monovalenten" Antriebs wird hauptsächlich mit CNG (Compressed Natural Gas) betrieben, funktioniert aber auch mit Benzin. Ein reduzierter Benzintank erfüllt lediglich eine Reservefunktion, stellt aber zusätzliche Reichweite sicher.

Das gesamte CNG-Tankvolumen beträgt derzeit 115 Liter respektive 17,3 Kilogramm. Zusätzlich verfügt der Golf TGI über einen Benzintank mit 9 Litern nutzbarem Volumen - quasi ein Reservetank, sollte das Erdgas einmal zur Neige gehen. Vollgetankt standen bei uns 440 und 120 Kilometer als Reichweite im digitalen Cockpit. 

Wer mit einem erdgasbetriebenen Fahrzeug unterwegs ist, profitiert in vielen Ländern von vergleichsweise niedrigen Kraftstoffkosten. Wir tankten bei uns nahe München für 114,1 Cent für das Kilo CNG. Nur muss man erst einmal eine Tankstelle finden, die diesen Kraftstoff anbietet: In unserem Fall war das erst in über 10 Kilometer Entfernung möglich. CNG-Tankstellen sind nicht superselten, aber man sollte als potenzieller Erdgas-Pilot schon wissen, wo sich welche im Umkreis befinden. Im Idealfall natürlich ums Eck ...

Das Fahren mit Erdgas senkt die CO2-Emissionen deutlich ab. Im Vergleich zu Benzin oder Diesel enthält Erdgas eine deutlich höhere Energiemenge und einen niedrigen Kohlenstoffanteil. Deswegen entstehen im CNG-Betrieb rund 25 Prozent weniger CO2-Emissionen als beim Fahren mit Benzin. Eine noch bessere CO2-Bilanz ergibt sich durch das Betanken mit Biomethan oder e-Gas.

Biomethan wird aus pflanzlichen Reststoffen gewonnen, e-Gas aus überschüssigem Grünstrom (Power-to-Gas), die den Kraftstoffen beigemischt werden. Außerdem verbrennt Erdgas generell emissionsärmer als Benzin oder Diesel. Das Abgas enthält deutlich weniger Kohlenmonoxid und Stickoxide (NOx), der Anteil an Ruß oder Feinstaub ist minimal.

Wie fährt er sich?

Soweit also die Theorie, wie fährt sich die Chose nun? Viele Eigenschaften des Golf 8 gelten natürlich auch für den TGI, etwa die Materialanmutung und die Bedienung im Innenraum. Beides bietet viel Verbesserungspotenzial beim Facelift. Der Kofferraum fällt beim Gas-Golf etwas knapper aus, schließlich müssen 115 Liter für die CNG-Tanks irgendwo untergebracht werden. Aber es bleibt genügend Platz übrig, der Stauraum geht im TGI nur nicht in die Tiefe. 

Ansonsten gibt sich dieser Golf genauso unauffällig, wie man sich einen weißen VW Golf (Oh, Entschuldigung: "Oryxweiß Perlmutteffekt" für 1.075 Euro extra) vorstellt. Der Turbovierzylinder (Verdichtung 12,5:1 plus Miller-Cycle-Brennverfahren) läuft einen Hauch rauher als sein gasloser Bruder, das beim TGI immer serienmäßige 7-Gang-DSG wirkt recht kurz übersetzt. 

Generell ist der Golf TGI trotz seiner 130 PS keine Rakete, aber auch nicht lahm. Es sei denn, sie stehen mit aktivierter Start-Stopp-Automatik an der Ampel und wollen vom Fleck. Dann passiert drei Sekunden erstmal gar nichts, ehe der Wagen aus der Knete kommt. VW, bitte nachbessern!

Kommen wir zum Verbrauch: VW sagt, "nach WLTP nur 4,3-4,1 kg Erdgas auf 100 Kilometer bei CO2-Emissionen von nur 117-111 g/km." Wir sagen, das ist machbar, bei konstant 50 km/h innerorts schafft es sogar die 3 vors Komma. Unser Testverbrauch mit wechselnden Fahrern lag bei 4,5 kg auf 100 Kilometer.

Sparsam? Ja. Preiswert? Leider nein. VW bietet den fünftürigen Golf TGI nur in der Life-Ausstattung an. Hier ist zwar schon einiges inklusive, dennoch läuft unter 32.130 Euro nix. Okay, das DSG ist im Gegensatz zum "normalen" 1.5 TSI mit 130 PS inbegriffen. Aber rechtfertigt das einen Aufpreis von 5.000 Euro?

Etwas attraktiver wird der 1.5 TGI als derzeitiges Sondermodell "Active" für 34.940 Euro. Aber mit De-Facto-Vollausstattung wie bei unserem Testwagen kann so ein Gas-Golf auch fast 47.000 Euro kosten. Apropos Extras: Nicht zu empfehlen sind die 18-Zoll-Felgen, sie verschlechtern den Komfort.

Lohnt sich der Griff zur praktisch baugleichen Konkurrenz aus dem Volkswagen-Konzern? Den Seat Leon gibt es auch mit manuellem Sechsgang-Getriebe, so kostet er als "Style" 27.200 Euro. Mit DSG sind es 29.000 Euro. Das freut das Portemonnaie schon eher. Beim geräumigen Skoda Octavia notiert die Limousine als G-tec bei 29.650 respektive 31.550 Euro.

Fazit: 6/10

Prinzipiell ist der Gedanke hinter dem VW Golf 1.5 TGI sehr löblich. CNG ist nach wie vor ein Geheimtipp. Wie wäre es hier mit einem Erdgas-Plug-in-Hybrid und Kaufprämien? Aber der Gas-Golf ist viel zu teuer. Fast möchte man meinen, VW möchte ihn gar nicht verkaufen. Wie es besser geht, zeigen der Seat Leon und der Skoda Octavia mit attraktiverer Preisgestaltung. Golf-Liebhabern können wir aber nur raten, sich nach einem Golf 7 TGI umzuschauen oder auf den 8er TGI als Jahreswagen zu warten.

© Motor1.com