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Test Audi SQ5 TDI (2019): Was kann das schnelle Diesel-SUV?

Der SQ5 kehrt zurück zum Selbstzünder. Hat schon mal blendend funktioniert. Jetzt auch?

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Was ist das?

Das ist der neue SQ5. Von außen ist das relativ schwer bis unmöglich zu erkennen, aber die interessanten Dinge spielen sich hier unter der Haube ab. Wo bis vor kurzem noch ein V6-Benziner saß, hat Audi nun einen V6-TDI installiert. Es ist Ingolstadts neue Strategie bezüglich seiner Sub-RS-Sport-Modelle. Auch S4, S5, S6 und S7 erhalten den technisch anspruchsvollen 3,0-Liter-V6-Diesel mit etwa 350 PS. Bedenkt man, dass der Selbstzünder noch vor nicht all zu langer Zeit als mausetot galt, ist das definitiv ein interessanter Schritt. 

 

Bestimmt ist er langsamer als sein Vorgänger?

Ganz im Gegenteil. Von 0-100 km/h ist er mit 5,1 Sekunden sogar drei Zehntel schneller. Die Leistung fällt nur geringfügig von 354 auf 347 PS. Allerdings holt der neue SQ5 TDI beim Drehmoment den ganz großen Hammer raus. Beim Benziner waren es 500 Nm, jetzt sind es 700. Das ist ziemlich praktisch, vor allem, wenn man sich mal überlegt, was bei einem schnellen Kompakt-SUV im Alltag wirklich zählt ...

Was kann der neue Motor denn?

Nun, zuerst einmal erscheint es ziemlich mutig von Audi, bei der heutigen Stimmungslage einen Haufen Kohle in die Neuentwicklung eines extrem starken Dieselmotors zu stecken und selbigen dann in eine ganze Reihe seiner Performance-Modelle zu verfrachten. Aber lassen Sie die Öko-Aktivisten und Sportfahrer-Puristen ruhig meckern, ich bin der Meinung, dass die vier Ringe damit einen ziemlich schlauen Schritt vollzogen haben. Einfach, weil Sie das Produkt auf den Markt bringen, dass sehr viele Menschen wirklich haben wollen. Und das ist nun mal ein sauberer, sauschneller Motor, der wenig verbraucht und mit einer Tankfüllung durch halb Europa fährt.

Audis stärkster Sechszylinder-Diesel hat einige Asse im Ärmel, die es ihm ermöglichen, all diese Ziele zu erreichen. Von seinen größeren Modell-Geschwistern erhält er ein 48-Volt-Bordnetz, welches wiederum den Einsatz eines EAV (elektrisch angetriebener Verdichter, nicht die Ulkband aus Österreich) ermöglicht. Der elektrische Lader sitzt zwischen Ladeluftkühler und Motor, wird von einem 7 kW starken E-Motor angetrieben und unterstützt den herkömmlichen Turbo immer dann, wenn das Abgas noch zu wenig Energie für dessen Antrieb liefert. Das passiert im neuen SQ5 im niedrigen Drehzahlbereich bis 1.650 Touren. Der e-Turbo hat eine Reaktionszeit von 250 Millisekunden, drückt mit bis zu 2,4 bar. In der Theorie sorgt das für weniger Turboloch und ein besseres Ansprechverhalten.

Der SQ5 TDI soll aber nicht nur anfahren als hätte er einen tasmanischen Teufel im Brennraum, sondern dank Mildhybrid-Systems mit angesprochenem Riemen-Startergenerator auch für Durst-Zügelung sorgen. Das Auto rekuperiert mit bis zu 12 kW und segelt bis zu 40 Sekunden am Stück mit abgeschaltetem Motor. Audi spricht von bis zu 0,7 Liter Einsparung auf 100 Km. Der Normverbrauch liegt bei 6,6 Liter. Am Ende meiner Testfahrt waren es 7,8. Da kann man nicht klagen.

Gilt das auch fürs Fahrverhalten?

Was den Motor betrifft, auf jeden Fall. Das Turboloch ist nicht komplett beseitigt und konzeptbedingt kann selbst dieser Hightech-Diesel in puncto Ansprechverhalten und Drehfreude natürlich nicht mit einem sportlichen Benziner mithalten. Allerdings macht das Aggregat durchaus Freude. Gerade in einem SUV wirkt es sehr stimmig und sinnvoll. Das liegt in erster Linie am gewaltigen Schub, den der neue TDI generiert. Hier geht es nicht um Spitzenleistung in schwindelerregend hohen Drehzahlbereichen, das Auto verlässt sich lieber auf sein monströses Drehmoment. Im Alltagsgebrauch - spontane Überholmanöver, ordentlich Druck auf der Autobahn - ist das überaus praktisch. Man wird wegen dieses Antriebs nicht um 4 Uhr früh aufstehen, um seinen SQ5 auf einer leeren Landstraße zu Höchstleistungen zu zwingen, nichtsdestotrotz erlebt man hier jederzeit beeindruckenden Vortrieb. Dieses SUV dürfte im Dampf-zu-Verbrauch-Verhältnis nur sehr schwer zu schlagen sein. 

Wenn man nicht unbedingt "letzte Rille" auf einer Rennstrecke oder einer kurvigen Bergstraße unterwegs ist (wer tut das schon in einem SQ5?), ist auch die Achtgang-Automatik ein vortreffliches, angenehm flottes und sehr geschmeidiges Getriebe. Wie das Audi bei seinen "Performance-Dieseln" eben so macht, gibt es auch hier einen überaus motivierten Soundgenerator. Er ist etwas weniger "V8-Muscle-Car" als im ebenfalls gerade von uns getesteten Audi S6 und S6 Avant, was ich persönlich jedoch als überaus positiv einstufen würde. Auch hier bollert und krakeelt es ordentlich aus dem Lautsprecher, allerdings nicht gar so aufdringlich und spürbar "fake" wie im S6. Besser als ein unwürdiges Diesel-Nageln ist es allemal.

Geht er denn auch gut ums Eck? Ist ja schließlich ein S-Modell ...

Es funktioniert gut. Gegenüber den herkömmlichen Q5s kommt der SQ5 serienmäßig mit einem 30 mm tieferen, adaptiven Stahlfahrwerk. Die Drehmomentverteilung des Quattro-Allrads liegt standardmäßig bei 40:60 Prozent. Es können aber auch bis zu 70 Prozent an die Vorder- oder bis zu 85 Prozent an die Hinterachse entsendet werden. Optional (in meinem Testwagen vorhanden) ist auch ein Sportdifferenzial zu bekommen, dass bei Bedarf mehr Kraft ans kurvenäußere Hinterrad schicken kann, um Untersteuern einzudämmen. 

Das gelingt hier wirklich gut. Der SQ5 bleibt sehr lange neutral, beißt sich schön in die Kurve rein. Karosseriebewegungen hält er grundsätzlich klein, erkauft sich seine Standhaftigkeit aber durchaus über eine gewisse Härte in den Waden. Gerade wenn man vom Comfort- in den Dynamic-Modus wechselt, wird es ziemlich .. naja .. nennen wir es mal .. straff. Man kann mit diesem Auto wirklich sehr schnell und dabei sehr sicher unterwegs sein. Dem Ganzen haftet eben - wie so oft bei Audi - eine gewisse Sterilität an. In einem SUV ist das jedoch deutlich leichter verzeihbar als in einer Sportlimousine oder einem Hot Hatch.

Soll ich ihn kaufen? 

Wenn Sie es tun, werden Sie - ich vermute es ganz stark - einer von sehr vielen sein. Der SQ5 TDI macht auf jeden Fall deutlich mehr Sinn als das alte Modell mit V6-Benziner. Man muss sich ja nur die erste Generation des SQ5 mit dem alten 313-PS-Diesel ansehen, die sich verkaufte wie warme Semmeln. Günstig ist der Neue mit 68.900 Euro allerdings ganz und gar nicht. Wobei, was heißt das schon in diesem Umfeld? Der 326 PS starke BMW X3 M40d startet erst bei 70.300 Euro. 

Im SQ5 kriegen Sie immerhin eine ganz ordentliche Serienausstattung mit 20-Zöllern, LED-Scheinwerfern und -Rückleuchten (mit dem funky dynamischen Blinklicht), elektrisch einstellbaren Alcantara-Ledersitzen und S-spezifischen Leckerlis wie Lenkrad, Pedalen oder dem etwas aggressiveren Bodykit.

Ein wenig problematisch: Der Q5 und damit auch der SQ5 verfügen noch über das "alte" Audi-Cockpit mit der "alten" Bedienung. Sprich: etwas kleinerer Bildschirm, kein Touchscreen. An sich nicht dramatisch, aber wenn man gerade von einem neuen S6 (die beiden Fahrzeuge wurden auf der gleichen Fahrveranstaltung gezeigt) umsteigt, wirkt der SQ5 fast ein wenig staubig. Mit der Verarbeitung hat das übrigens nichts zu tun. Die ist wie immer hervorragend. Dazu gibt es mehr als genug Platz im Fond und einen Kofferraum, der mit 550 bis 1.550 Liter klassenübliche Ausmaße hat. 

Den SQ5 wieder zum Diesel zu machen, war sicher die richtige Entscheidung. Gerade in einem SUV macht die Kombination aus einfach sowie ständig verfügbarer Kraft und geringem Verbrauch sehr viel Sinn. Dieses Auto zaubert Ihnen fahrdynamisch nicht ständig eine Hühnerpelle nach der anderen auf den Arm, aber wenn Sie es mal krachen lassen wollen, ist das definitiv möglich. Eine sehr subtile, vernünftige und zweckmäßige Art der Sportlichkeit. Sicher nicht das aufregendste Fahrzeug seiner Klasse, aber vermutlich das klügste Sport-SUV für den echten Alltag. 

Fazit: 7/10

+ sehr kräftiger, sauberer Hightech-Diesel; seriöse Fahrdynamik; sehr gute Verarbeitung;

- etwas straff; schnell, aber etwas steril

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