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Audi e-tron Sportback (2020) im Test

Können 2,5 Tonnen elegant sein?

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Was ist Schönheit? Von Platon bis Kant haben sich die größten Philosophen mit dieser Frage beschäftigt, Cicero meinte: "Es gibt zwei Arten des Schönen: In der einen liegt Anmut, in der anderen liegt Würde". Der Volksmund sagt: Es liegt im Auge des Betrachters. Audi feiert sich mit Blick auf sein neuestes Elektroauto ab wie Heidi Klum beim Anblick ihrer laufenden Kleiderständer. Elegant. Effizient. Expressiv. So sei der e-tron Sportback. Das wollen wir doch mal sehen. Zeit für eine erste Testrunde in dem Strom-SUV!

Was für einen Sportback meint Audi hier?

Jedenfalls nicht Sportback gleich Fünftürer wie bei A1 oder A3. Gemeint ist ist das Fließheck-artige Sportback nach Art des Q3, A5 und A7. Nur eben eine Etage höher. Beide e-tron-Modelle sind gleich lang (4,90 Meter), auch der Radstand (2,93 Meter) stimmt bei beiden überein. Erst bei der Höhe gibt es Unterschiede: Der e-tron Sportback ist 13 Millimeter niedriger. 

Das alles überrascht, denn durch die früher nach unten abfallende Dachlinie wirkt der Hintern des e-tron Sportback deutlich gestreckter und eleganter. Zwar bleibt der Audi e-tron immer noch eine Wuchtbrumme, doch schicker ist der Sportback allemal.

Beim Raumangebot muss man kaum Abstriche machen: Im Fond sitze ich großzügig, es bleibt mir genügend Luft über dem Scheitel. Laut Hersteller ist die Kopffreiheit nur 20 Millimeter niedriger als im e-tron. 615 statt 660 Liter Kofferraumvolumen im Normalzustand sind immer noch mehr als ausreichend. Mit eingerechnet wird hier aber auch das 60 Liter großen Staufach unter der Frontklappe, in dem Bordwerkzeug und Ladekabel unterkommen. Durch Umklappen der Lehnen wächst der Stauraum auf 1.665 Liter. Die Heckklappe öffnet und schließt elektrisch, auf Wunsch per Fuß-Geste.

Alles andere ist vom normalen e-tron wohlbekannt, darunter das monitorlastige Cockpit. Auf dem oberen Touchscreen mit 12,1 Zoll Diagonale steuert der Fahrer das Infotainment, die Telefonie, die Navigation und spezielle e-tron-Einstellungen. Über das untere Display, das 8,6 Zoll misst, erfolgt die Texteingabe und die Bedienung der Komfortfunktionen und der Klimatisierung. 

Serie im Audi e-tron Sportback ist auch das 12,3 Zoll große "Virtual Cockpit". Sein Display brilliert mit einer sehr hohen Auflösung von 1.920 mal 720 Pixel und lässt sich über die View-Taste am Lenkrad in zwei Ansichten umschalten. Optional gibt es eine "Plus"-Version mit einer zusätzlichen Darstellung, bei der das Powermeter im Mittelpunkt steht. Auf Wunsch ergänzt ein Head-up-Display, das wichtige Informationen auf die Windschutzscheibe projiziert, das Anzeigen- und Bedienkonzept. Hierfür verlangt Audi aber saftige 1.390 Euro Aufpreis.

Da ich gerade am Lästern bin: Sparen Sie sich das Geld für die optionalen Kamera-Außenspiegel. 1.540 Euro plus weitere zwingende Extras sind es. Nur befinden sich die beide Monitore, auf denen das Bild angezeigt wird, in einer recht tiefen Position in den Türen. Dort schaut das an konventionelle Außenspiegel gewöhnte Auge nicht hin und die ganze Chose lenkt sogar vom Verkehr ab. 

Und wie fährt er sich?

Natürlich nicht so spektakulär wie ein Porsche Taycan. Aber gemessen am Leergewicht von über 2,5 Tonnen überraschend ausgewogen. Und im Fall des 55 quattro, mit dem ich unterwegs war, auch recht flott. Kein Wunder: 300 kW (408 PS) Leistung, 664 Newtonmeter Drehmoment Leistung und 5,7 Sekunden auf 100 km/h sind für solch ein dickes Ding bemerkenswert. Mit vollen Hosen ist gut stinken, möchte ich beinahe sagen. Und aus eigener Erfahrung ergänzen: Warten Sie mal den e-tron Sportback S ab.

Pluspunkt beim Audi e-tron Sportback: Der Schwerpunkt liegt weit unter dem eines konventionellen SUV. Alle gewichtigen Bauteile (vor allem der Akku mit 95 kWh Bruttokapazität) konzentrieren sich in der Fahrzeugmitte. Die Achslastverteilung ist mit einer Relation von nahezu 50:50 top austariert, das Eigenlenkverhalten neutral. Anders ausgedrückt: Das Teil liegt ziemlich gut in der Kurve und wankt dabei wenig. Einen Mazda MX-5 sollten Sie trotzdem nicht erwarten, die Domäne beider e-tron-Modelle liegt auf auf der Langstrecke. 

Mit dem Fahrdynamiksystem "drive select" (Standard im Audi e-tron Sportback) kann der Fahrer die Arbeitsweise mehrerer Antriebskomponenten in sieben Profilen umschalten. Daraus resultiert eine weite Spreizung zwischen geschmeidigem Abrollkomfort und sportlich-stabilem Handling. Die Luftfederung mit geregelten Dämpfern trägt stark zu diesem vielseitigen Charakter bei. Bei höherem Tempo senkt sie die Karosserie ab, womit sie die Umströmung deutlich verbessert und dadurch die Reichweite erhöht. Insgesamt kann sie das Höhenniveau um bis zu 76 Millimeter variieren.

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Im WLTP-Zyklus fährt der e-tron Sportback laut der Werksangabe mit einer Batterieladung bis zu 446 Kilometer weit. (Am anderen Ende stehen 369 Kilometer, realistisch erscheinen gut 400 Kilometer.) Etwa 10 Kilometer der Reichweitensteigerung gegenüber dem e-tron sind auf die aerodynamisch günstigere Karosserie zurückzuführen.

Auf Langstrecken kann der Audi e-tron Sportback 55 quattro an Schnellladesäulen mit Gleichstrom (DC) mit bis zu 150 Kilowatt laden. In einer knappen halben Stunde erreicht die Batterie dadurch 80 Prozent ihrer Kapazität. Das Laden an öffentlichen Wechselstrom-Säulen (AC) erfolgt über ein serienmäßiges Mode-3-Kabel. Hier erreicht die Leistung bis zu 11 kW, mit einem optionalen zweiten Ladegerät im Auto, das noch in diesem Jahr zur Verfügung stehen wird, steigt sie auf 22 kW.

Der Audi e-tron Sportback startet im Frühjahr 2020 auf dem europäischen Markt. Wann genau ein solches Fahrzeug beim Kunden stehen wird, ist natürlich in Zeiten der Corona-Krise schwer vorherzusagen. In Deutschland wird der e-tron Sportback in zwei Leistungsvarianten (50 und 55) erhältlich sein, der Einstiegspreis startet bei 71.350 Euro. Blicken wir auf den 55: Er kostet 83.150 Euro und ist damit 2.250 Euro teurer als der normale e-tron.

Fazit: 6/10

Als Gesamtpaket wirkt der Audi e-tron gut durchdacht, die Sportback-Variante sorgt für einen stimmigeren Auftritt. Aber auch sie bleibt ein dicker Brocken: Über 2,5 Tonnen Leergewicht können nicht die finale Antwort auf dem Gebiet der Elektromobilität sein. 

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