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Kia Sorento (2020) im Test: Schlaubär im Schlamm

Das große SUV sieht amerikanisch aus, fährt sich aber europäisch

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Das passt ja wie die Faust aufs Auge: Aus dem Autoradio im neuen Kia Sorento ertönt "That's The Way I Like It" von KC and the Sunshine Band. Denn trotz der Corona-Begleitumstände und wie überall gesunkenen Verkaufszahlen konnte Kia seinen Marktanteil in Deutschland auf 2,2 Prozent steigern.

Die Kundschaft mag offenbar den Weg der Koreaner, jetzt soll der neue Sorento sogar ein wenig im Premium-Segment wildern. Hat das SUV-Flaggschiff dafür die Voraussetzungen? 

Was ist das?

Die vierte Generation des Kia Sorento hat sich in den Abmessungen gegenüber dem Vorgänger kaum verändert. Es gibt einen Zentimeter mehr Länge auf nun 4,81 Meter, in ähnlicher Dimension wachsen auch Breite und Höhe. Schon relevanter sind die plus 35 Millimeter beim Radstand, das Resultat sind 2.815 Millimeter. Möglich macht es eine neue Plattform namens N3.

Laut Kia soll der neue Sorento durch die längere Motorhaube und die weiter hinten positionierte Fahrgastzelle nun gestreckter und schnittiger wirken. Tatsächlich vermittelt das SUV einen amerikanisch-wuchtigen Eindruck, was aber auch nicht verwundert, denn die USA sind der größte Sorento-Markt. 

Mein Eindruck: Recht klare Linien mit einer "Haifischflosse" an der C-Säule als Gag, ein Hauch von Range Rover schwingt mit. Aber die Optik ist das Eine, die inneren Werte das Andere. Und hier kann der neue Kia Sorento eindrucksvoll punkten. Opulente Sitzverhältnisse in Reihe 1 und 2, dazu auf Wunsch noch eine dritte Reihe, die man dann bei Bedarf aus dem Kofferraumboden hochklappt. 

Der Zugang erweist sich als einfach und gut gelöst. Auch aufgrund der kantig-gerade Dachlinie sitze ich in dieser letzten Reihe trotz meiner 1,88 Meter überraschend kommod. Da die Sitze in der zweiten Reihe längsverschiebbar sind, ist es möglich, in beiden Reihen für ausreichende Beinfreiheit zu sorgen. Und auch über dem Scheitel bleibt mir noch etwas Luft. Eine Mittelstrecke würde ich kommod aushalten, zumal Kia im Sorento nicht mit Cupholdern und USB-Anschlüssen geizt.

Wie viel Gepäck passt in den Kofferraum? Beim Diesel-Sorento sind es zwischen 910 Liter (Fünfsitzer) und 821 Liter (Siebensitzer). Maximal schluckt der Wagen übrigens gut 2.000 Liter. Der Aufpreis für die dritte Reihe liegt derzeit bei knapp unter 1.000 Euro.

Welche Motoren gibt es?

Lediglich eine Nebenrolle wird der Hybrid mit 230 PS Systemleistung spielen. Anfang 2021 ergänzt ein Plug-in-Hybrid mit 265 PS Systemleistung das Sorento-Programm. Er teilt sich dann laut Prognose von Kia den Löwenanteil der Verkäufe mit dem Diesel. Dieser bringt es auf 202 PS und ein maximales Drehmoment von 440 Newtonmeter. Ideal, um die maximale Anhängelast von 2,5 Tonnen auszunutzen. Frontantrieb ist Standard, Allrad kostet rund 4.500 Euro mehr. 

Also schnappe ich mir den Sorento 2.2 CRDi, so dessen offizielle Bezeichnung, und lege los. An Bord ist stets ein neu entwickeltes Acht-Gang-Doppelkupplungsgetriebe. Mit Nasskupplung, wie Kia betont, wodurch die ganze Chose 300.000 Kilometer halten soll. 

Doch zunächst steuere ich den Sorento zum Offroad-Park. Und bin skeptisch, schließlich wiegt der Diesel mit Allrad an die zwei Tonnen. Doch mit den Modi der Allradversion (Snow, Mud, Sand) kraxelt die Wuchtbrumme (das Auto, nicht der Fahrer!) überraschend gut durch tiefes Wasser und über steile Hänge.

Natürlich wird wohl kein Sorento-Eigner spontan die Rallye Paris-Dakar nachfahren. Aber mit dem Kia sollten die Wege durch den Wald oder Matsch respektive über Schnee auf den Berg kein Problem darstellen. 

Kia Sorento Hybrid (2021) im Test

Wie fährt er sich auf der Straße?

Bevor ich mich auf die Piste begebe, noch ein schneller Check des Cockpits: Digital ist hier Trumpf, doch nicht exzessiv. Serie ist ein 12,3-Zoll-Instrumentendisplay, ab der Ausstattung Vision kommt noch ein 10,25-Zoll-Touchscreen für Navi und Co. hinzu. Zum Glück hält Kia physische Knöpfe aber nicht für überflüssig, sondern verteilt ganz im Gegenteil die Tasten sogar recht großzügig. 

An die Bedienung gewöhnt man sich schnell, ebenso an die Auswahl und Qualität der Materialien im Innenraum. Dort hat sich Kia ins Zeug gelegt, wenngleich nicht alles Metall ist, was glänzt. Aber um ehrlich zu sein: Es gibt deutlich teurere Hersteller deutscher Herkunft, die es nicht besser machen.

Jetzt aber los! Sehr gut gedämmt geht der Diesel seiner Arbeit nach, sobald er warm ist, hört man ihn kaum noch. Bahnbrechende Beschleunigung bietet der Sorento Diesel mit Allrad ob seines Gewichts natürlich nicht, aber 9,2 Sekunden auf 100 km/h sind ordentlich. Zum guten Kompagnon wird das unauffällig schaltende DCT-Getriebe.

Nun könnte man angesichts der Optik des neuen Sorento einen watteweichen Ami auf Schlingerkurs erwarten. Doch dem ist nicht so. Trotz seiner Abmessungen und des Gewichts geht der Sorento sauber durch Kurven, die Lenkung liefert eine gute Rückmeldung. Löblich ist auch der gute Restkomfort trotz der Ausrüstung mit 20-Zöllern.

Bemerkenswert ist die umfangreiche Ausrüstung mit Assistenzsystemen. Ich möchte es fast so sagen: Der Sorento ist fast schlauer als ich. Alle Helferlein zu beschreiben, würde den Rahmen sprengen. Daher sei hier nur der aktive Totwinkelassistent beschrieben: Er führt nicht nur einen Lenk-und Bremseingriff durch, sondern zeigt mir im Cockpit die jeweilige Ansicht neben dem Auto, sobald ich blinke. So verfüge ich quasi über einen doppelten Außenspiegel. Kostenpunkt: 770 Euro für "Spirit", Serie bei "Platinum". 

Was kostet dieses Automobil?

Zunächst werfe ich einen Blick auf den Testverbrauch: Nach 160 Kilometer mit Autobahn (aufgrund Tempolimit maximal 130 km/h), Landstraße und Stadt stehen 6,6 Liter auf dem Bordcomputer. Ein guter Schnitt für solch ein Format wie den Sorento und nicht weit weg von der Werksangabe: 5,7 bis 6,0 Liter gibt Kia nach WLTP an. 

Die Preise des neuen Sorento starten aktuell bei 41.418,82 Euro für den 2WD-Diesel in der schon recht ordentlichen Basisausstattung. Lohnenswert ist der Griff zum nächsthöheren "Vision" mit Navi, 18-Zoll-Alus und LED-Scheinwerfern für knapp 2.600 Euro mehr. Mit Allrad und praktisch kompletter Topausstattung "Platinum" liegt der neue Sorento Diesel bei 54.383,53 Euro.

Das klingt zunächst viel, aber doch wenig, wenn man die Konkurrenz betrachtet. Denn solch eine Summe können Sie auch locker für einen ungleich kleineren Mercedes GLA 220d 4matic ausgeben. Oder nehmen wir einen jüngst gelifteten VW Tiguan: Ähnliche Ausstattung plus 200-PS-Diesel ergeben auch schon fast 51.000 Euro.  

Oder doch lieber die gleiche Liga? Bitte sehr: Ein BMW X5 xDrive25d mit 231 PS beginnt bei rund 65.000 Euro. Gut, er bietet eine höhere Anhängelast und ist etwas flotter unterwegs. Aber sind diese Faktoren mindestens 10.000 Euro zusätzlich wert?

Fazit: 8/10

Begrenzte Motorenauswahl, aber tolle Ausstattung und echt viel Platz. Wer oft viele Menschen transportiert oder große Anhänger zieht, sollte den neuen Kia Sorento in die engere Auswahl nehmen. Interessant für einen späteren Test wird auch der Sorento mit Plug-in-Hybrid sein.

Fest steht: Der neue Kia Sorento ist bei Preis und Design attraktiv. Oder um es auf englisch zu sagen: That's the way WE like it.

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