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Cupra Formentor VZ5 im Test: Fünf Zylinder für ein Halleluja?

Der heißeste Formentor macht Dienst nach Vorschrift. Das ist gut, aber etwas schade

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Was ist das?

Die neue Chef-Remmidemmi-Version des - und das ist jetzt kein Scherz - erfolgreichsten deutschen Leasingfahrzeugs 2021. Bemerkenswerte 56.400 Formentors konnte man im letzten Jahr insgesamt absetzen, das sind 71,1 Prozent des gesamten Cupra-Volumens.

Wobei: Der Siegeszug des kantigen Mischlings sollte bei genauerem Hinsehen eigentlich niemanden überraschen. Eine reißbrettartigere Karriereplanung sah man zuletzt höchstens bei singenden und tanzenden Schmacht-Boys aus den 90ern.

Der Formentor wirkt wie eine rollende Marketing-Umfrage. Relativ emotional geschnitten, aber natürlich total smart. Für ein SUV viel zu nah an der Straße und wenn man vor ihm steht, wirkt er erstaunlich kompakt. Aber der Muff eines ordinären Kompaktwagens entströmt ihm auch nicht. Dafür ist er wiederum zu hoch und bold, wie es einer der knöchelhosigen Jungverkäufer im stylishen Cupra-Showroom am Münchner Odeonsplatz wohl sagen würde.

Er ist quasi der crossoverigste Crossover von allen und damit hipper als dritte Toiletten auf einem Grünen-Parteitag. Hybride gibt es natürlich auch. Und die kommen mit Leasingraten, bei denen selbst ein Fahrrad-Verkäufer ein schlechtes Geschäft machen würde. Sie erahnen vermutlich, warum das Teil gerade so durch die Decke geht.

Erfolg macht sexy. Da kann man dann auch mal ein bisschen crazy werden und die Sau rauslassen. Zum Beispiel in dem man einen 390 PS starken Fünfzylinder in sein überschaubar großes Stückzahlenwunder stopft. Das ist ein bisschen weniger smart und die himmlischen Leasingraten können Sie auch vergessen (um die 700 Euro monatlich sind es hier unserer Recherche nach bei 10.000 Kilometer jährlicher Fahrleistung), aber wen juckt das schon bei so einer einmaligen Gelegenheit.

Einmalig? Ziemlich. Der 2,5-Liter-Turbo ist aus Audi RS 3 und TT RS bestens bekannt. Und es verwundert sehr, dass die Ingolstädter das preisgekrönte Sahne-Aggregat so mir nichts dir nichts rausrücken.

Volkswagen hatte für einen besonders prägnanten Golf R vor ein paar Jahren vergeblich angefragt. Cupra kriegt den wilden Hund jetzt. Als Geschenk zum dritten Geburtstag. Da gebe es keine direkte Modellüberschneidung, heißt es von den Vier Ringen. Was genau ist denn dann mit dem RS Q3, frage ich. Aber egal, 7.000 Motoren werden geliefert und kein einziger mehr. Das wird man aushalten in Oberbayern.

Was ist noch neu beim VZ5?

Nun, es bietet sich ja an, dass neben dem Motor auch der Rest des Antriebsstrangs übernommen wird. Das ist durchaus spannend, denn neben einer 7-Gang-Doppelkupplung beinhaltet der auch den neuen Super-Allrad mit Torque Splitter. Übersetzt heißt das: Zwei elektronisch geregelte Kupplungen an der Hinterachse managen nicht nur den Kraftfluss zwischen den Achsen, sondern auch den zwischen den Hinterrädern. Da wird jetzt also torquegevectort, was das Zeug hält.

Das bringt, verglichen mit dem ollen Haldex-Allrad Tonnen an Agilität und ein hecklastigeres Fahrverhalten, inklusive unvermeidlichem Driftmode. Den gibt es natürlich auch hier. Sollte Ihnen der Nachbar demnächst also vermehrt quer und qualmend begegnen, wissen Sie, dass er das Topmodell gekauft hat.

Selbiges erkennen Sie ansonsten auch an speziellen Schürzen mit Carbon-Einlagen, einer geänderten Motorhaube, 20-Zöllern vor einer fetten 375-mm-Sechs-Kolben-Akebono-Bremsanlage, etwas mehr Spurbreite, einer Tieferlegung um 10 mm sowie einer Auspuffanlage mit vier kupferfarbenen Endrohren.

Wie fährt er?

Alles in allem sehr gut, aber irgendwie nicht so aufregend und fesselnd wie man sich das von einer sportlichen Submarke gewünscht hätte, die gerade das wildeste Auto ihrer noch jungen Firmengeschichte gebaut hat.

Irgendwie ist mir noch immer nicht so richtig klar, was der Formentor VZ5 denn jetzt eigentlich sein will. Sehen Sie, durch die geringe Bodenfreiheit von 156 mm und die lobenswert tiefe und gute Position in den optionalen Carbon-Sportschalen, sitzt man so unSUVig, wie es nur geht. Das ist wirklich eher Hot-Hatch-Feeling. Das Auto bewegt sich dann auch vergleichsweise flach und stackst nicht in der Gegend umher wie ein rheumatischer Storch mit Übergewicht.

Aber so ein richtig bissiges Hier-komme-ich, ein stürmender, drängender Anstrich beim Einlenken, der geht zu sehr ab. Das liegt wohl auch an der Lenkung, die so ein bisschen 0815 ist und sich zwischen bräsig (Comfort-Modus) und übertrieben lenkkräftig (Cupra-Modus) ein wenig verdribbelt.

Die Balance des VZ5 ist im Prinzip sehr gut gelungen. Hier zeigt sich einmal mehr auch die Großartigkeit des neuen Torque-Vectoring-Allradsystems. Dieser Formentor klebt relativ unzerstörbar auf der eingeschlagenen Linie. Selbst grobschlächtigere Versuche, ihn aus der Fassung zu bringen, pariert er eher unbeeindruckt. Dazu arbeitet das Heck in Kurven spürbar, aber maßvoll mit. Das erzeugt ein Gefühl von Agilität, welches in der Art mit nur einer mittigen Lamellenkupplung nicht zu erreichen wäre. Untersteuern kann man so getrost zu den Akten legen. Zumindest abseits der Rennstrecke.

Übersteuern allerdings genauso. Der VZ5 ist schon auf der braven Schiene unterwegs, reagiert auf Provokation sehr neutral und staucht sich eher auf Linie zurück als den Hintern fliegen zu lassen. Wie es sich im Driftmode verhält, war mangels abgesperrter Strecken nicht in Erfahrung zu bringen.  

Ein großes Lob gibts noch für den Federungskomfort. Im Normal-Modus bekuschelt der Über-Formentor die Fahrbahn ja förmlich. Trotz 20-Zöllern. Dazu gibt es spürbare Aufbaubewegungen um die Längsachse beim Beschleunigen und Bremsen. Stört aber nicht wirklich. Brettharte Sport-SUVs gibt es wirklich mehr als genug.

Klickt man sich so durch die Modi in Richtung "Jetzt wird's ernst" (Sport und Cupra), merkt man tatsächlich eine deutliche Veränderung der Motivation im gesamten Fahrzeug. So augenscheinlich war das schon länger nicht mehr zu spüren. Das Fahrwerk strafft sich massiv, spricht merkbar feingliedriger an, wird aber niemals unangenehm. Wer's immer weich will, kann die adaptiven Dämpfer aber auch in den Halodri-Fahrstufen ganz wattig stellen. 15 Stufen gibt es da, man kennt es von RS 3, den Sport-Gölfen und Co. 

Wie gesagt, das Gesamterlebnis Querdynamik ist alles andere als verkehrt, es fehlt nur der allerletzte Biss, den wir uns von einem limitierten Geschenk an die Fans erwartet hätten. Final soll dieses Urteil aber auf keinen Fall sein, die Winterreifen dürften hier nämlich eine nicht zu unterschätzende Rolle spielen. Mit vernünftigen Sportreifen wird der VZ5 vermutlich sehr viel positiver einlenken. 

Aber ist der Haupt-Kaufgrund nicht eh der Motor?

Nun, das sollte man meinen, nicht? Der Fünfzylinder zählt zweifelsfrei zu den besten Sportmotoren, die es derzeit gibt. Ein Charakter-Darsteller, wie man ihn nur noch selten findet. Gesegnet mit einer furchteinflößenden Kraftentfaltung und einem Klangbild, das locker für den Einzug in die Rock'n'Roll-Hall-of-Fame reichen sollte.

Erst kürzlich konnten wir uns ja beim Test des neuen RS 3 wieder von der Breite seiner Talente überzeugen. Im Formentor dominiert er das Geschehen aber nicht so, wie gedacht. An den 10 PS und 20 Nm Leistungsdifferenz zum Audi liegt das ganz bestimmt nicht. Der Zweifünfer wuchtet die 1.680 Kilo des VZ5 gewohnt überwältigend nach vorne. Kurze Gedenksekunde, dann kommt die Faust in den Magen. Kräftig und ziemlich nachhaltig, denn bis zum roten Bereich bei 7.000 Touren hat der TFSI auch hier richtig Bock. 

Leider haut die 7-Gang-Doppelkupplung den ein oder anderen Bock rein, verheddert sich manches mal oder schaltet arg eckig. Dass der potente Fünfpötter die Nackenhärchen nicht so in Wallung versetzt wie in den letzten Audis, liegt aber hauptsächlich am Sound und am grundsätzlichen Gehabe des Aggregats.

Es fehlt einfach ein wenig an wohlig-schmutziger Fünfzylinder-Reibung. Drehst du ihn aus, dreht er schon ein bisschen auf, aber eher laut als wirklich schön. Der verführerische, leicht verschwenderische Unterschied zum ja ebenfalls sehr potenten 310-PS-Vierzylinder verläuft da so ein bisschen ins trübe Ungewisse. Beim Verbrauch allerdings stellt er den Abstand locker wieder her. Unter 11 Liter ging recht wenig.  

Wie ist er innen?

Fangen wir mit dem Schlechten an. Und Sie können sich vermutlich vorstellen, was jetzt kommt. Jap, es geht um die Bedienung. Gefühlt wurde das Handhaben von Infotainment, digitalen Instrumenten und Klimatisierung häufiger kritisiert als der Modegeschmack von Uli Stielike. Und das völlig zurecht. Die Menüführung ist fürchterlich umständlich, kleinteilig und fummelig.

Seltsam auch: Deaktiviert man den Spurführungsassistenten, springt das Instrumentendisplay in eine völlig andere Ansicht und man muss sich eigenhändig wieder in die gewünschte Anzeige zurück klicken. Man kann nur hoffen, dass hier - wie für den Golf 8 angekündigt - nochmal Hand angelegt wird. Immerhin verzichtet der Formentor auf die mühseligen Touchflächen am Lenkrad und man kriegt hier weiterhin richtige Tasten. 

Optik und Materialqualität im Innenraum können sich aber durchaus sehen lassen. Vor allem der Ambientebeleuchtung-Streifen, der sich einmal rund ums Cockpit zieht, macht Freude. Äußerst geschickt hat man hier auch gleich den Toter-Winkel-Warner eingebettet. Bitte mehr davon.   

Ansonsten wäre noch anzubringen, dass die Carbon-Schalensitze sehr gut festhalten, sich aber doch recht stark an Menschen mit eher grazilen Hüften/Schenkeln ausrichten. Wer also nicht lässig in eine Jeans Größe 30 oder weniger reinfällt, sollte eventuell mal probesitzen, ob es der Standard-Sitz nicht auch tut. Spart ja auch nen Haufen Geld.

Sehr positiv für ein Auto dieser Größe ist das Raumangebot im Fond. Bein- und Kopffreiheit sind erstaunlich üppig. Der Kofferraum geht mit 420 bis 1.475 Liter und flacher Ladekante voll in Ordnung.

Fazit: 7/10

Nach herkömmlichen Maßstäben bemessen, hat Cupra mit dem Formentor VZ5 einen sehr guten und sauschnellen Performance-Crossover in den Ring geworfen. Mit Ausnahme des nervtötenden Infotainments, an das man sich wohl auch nicht so recht gewöhnen wird, wenn man das Auto länger als unsere zwei Testwochen bewegt. 

Aber in Anbetracht des monströsen Hypes, den man um die Ankunft des prestigeträchtigen Fünfzylinders gemacht hat, fällt das Gesamtergebnis VZ5 letztlich ein wenig zu brav und konform aus.

Ausstattungsbereinigt zahlen Sie gegenüber dem 310-PS-Formentor für einen Zylinder mehr knapp 10.000 Euro Aufschlag. Unser Testwagen ist mit gut 68.000 Euro einfach richtig teuer. Und der berühmte Motor macht in diesem Fall nicht DEN Unterschied, den wir erwartet hätten. Hier muss man eher den überragenden Allradantrieb oder die monströse Bremse ins Feld führen. 

Etwas Besonderes für Freunde der Marke und feiner Technik ist dieses Auto auf jeden Fall, es hätte aber gern noch ein bisschen besonderer sein können. 

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