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Der Prius zum Einstöpseln: Immerhin 20 Kilometer elektrisch

Plug-in-Hybridversion von Toyota im Test

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Berlin, 16. Juli 2010 - One size fits all: Was für viele Helme, Schals oder Handschuhe gilt, passt bei der Batteriegröße von Hybrid- und Elektroautos keineswegs: Ein rein elektrisch angetriebener Sportwagen wie der Tesla Roadster kann in seiner Batterie 55 Kilowattstunden (kWh) Energie speichern, ein Toyota Prius dagegen gerade mal 1,3 kWh. Zwischen den Extremen eines Elektroautos und eines Hybridfahrzeugs bewegen sich die Plug-in-Hybride (PHV, Plug-in Hybrid Vehicles), zu denen man den Opel Ampera und den Toyota Prius Plug-in-Hybrid rechnet. Nachdem wir kürzlich das Auto aus Rüsselsheim getestet haben, stiegen wir nun in den Prius mit Netzanschluss.

Lithium-Ionen-Akkus statt NiMH
Die Änderungen beim Plug-in-Modell gegenüber dem normalen Prius halten sich in Grenzen. Da gibt es den Ladeanschluss zwischen Vorderrad und Fahrertür. Damit kann das Auto über eine normale 230-Volt-Steckdose in 90 Minuten voll aufgeladen werden. Ein Ladegerät, das unter dem Beifahrersitz untergebracht ist, macht aus den 230 Volt die von der Batterie benötigte Ladespannung von 346 Volt. Anders als beim normalen Prius, der Nickel-Metallhydrid-Akkus verwendet, werden beim Plug-in-Hybrid Lithium-Ionen-Batterien eingebaut. Untergebracht sind die luftgekühlten Akkus im Kofferraum. Da diese größer sind, liegt der Ladeboden ein paar Zentimeter höher. Das lässt den normalerweise 445 Liter großen Kofferraum, aber die verbleibenden 403 Liter sind immer noch üppig. Die Akkus haben eine Ladekapazität von 5,6 kWh - deutlich mehr als die erwähnten 1,7 kWh beim normalen Prius. Davon werden etwa 3,1 kWh genutzt, die laut Toyota 20 Kilometer elektrische Fahrt ermöglichen.

Man bleibt nicht stehen
Der Vorteil von Autos wie Ampera oder Prius Plug-in-Hybrid ist: Wenn die Batterie leer ist, bleibt man nicht stehen wie bei einem reinen Elektroauto, sondern man fährt ganz normal mit Benzin weiter - im Hybridmodus. Denn der Prius PHV besitzt den gleichen, 99 PS starken 1,8-Liter-Benziner wie der normale Prius. Die Gesamtreichweite ist also mit dem des Serienmodells vergleichbar.

Für Langstrecken eher ungeeignet
Aber hier sagt wohl so mancher Autofahrer: Wozu der ganze Aufwand für nur 20 Kilometer elektrisches Fahren, wenn ich zum Beispiel die restlichen 380 Kilometer der Strecke München-Frankfurt ganz normal zurücklege? Nun, für Langstrecken ist der Plug-in-Prius wirklich wenig geeignet. Gedacht ist er für Leute, die täglich kurze Strecken pendeln. Wir zum Beispiel fahren zwölf Kilometer in die Arbeit. Sogar ohne Auflademöglichkeit in der Firma wäre die Sache umweltfreundlich: Von 24 würden wir 20 Kilometer emissionslos zurücklegen, nur auf den restlichen vier wird dann Benzin verbrannt.

99-PS-Benziner plus 82-PS-Elektromotor
Das Hybridsystem ist aufgebaut wie beim normalen Prius: Der Ottomotor schickt seine Leistung an ein Planetengetriebe, das als Leistungsverzweigung wirkt: Ein Teil geht direkt an die Antriebsachse, der andere fließt in den Motorgenerator 1. Diese Elektromaschine erzeugt daraus als Generator Strom für die Batterie, welcher dann über den Motorgenerator 2 an die Antriebsachse geschickt werden kann. Der Benziner bringt 99 PS, der für den Antrieb zuständige Elektromotor 82 PS. Die beiden Leistungen darf man allerdings nicht einfach addieren: Die Gesamtleistung des Systems wird von Toyota mit 136 PS angegeben. Dabei handelt es sich um die maximale, von Benzin- und Elektromotor gemeinsam abgegebene Leistung. Soweit gleicht der PHV dem normalen Prius. Eine Besonderheit des Plug-in-Modells ist die Klimatisierung: Mit der neuen elektrischen Wärmepumpenfunktion lässt sich das Auto vor dem Einsteigen per Fernbedienung kühlen -­ allerdings nur, wenn das Auto zum Laden am Netz hängt.

"2,6 Liter auf 100 Kilometer"
Die Fahrleistungen sind wohl für die umweltbewussten Käufer eines Plug-in-Hybrid weniger entscheidend. Sie können aber mithalten: 180 km/h Spitze sind im Hybridmodus drin, und der Tempo-100-Sprint klappt in 11,4 Sekunden. Interessanter für die Klientel ist der Verbrauch. Toyota gibt ihn mit 2,6 Liter auf 100 Kilometer an. Bestimmt wird er nach den geltenden Spezialvorschriften für Hybrid-Elektro-Fahrzeuge (ECE-Regelung R 101, Anhang 8) im normalen EU-Fahrzyklus. Dieser wird aber zweimal durchfahren, einmal mit voll aufgeladener und einmal mit leeren Akkus.

Rechenaufgabe
Der Rest ist ein Rechenexempel, bei dem man davon ausgeht, dass man 20 Kilometer mit voller Batterie fährt (also im Wesentlichen rein elektrisch) und dann noch 25 Kilometer mit leerer (ergo im Hybridmodus). Dabei sind die ominösen 25 Kilometer die "angenommene durchschnittliche Strecke zwischen zwei Aufladungen" - eine völlig willkürliche Zahl also. Sinnvoll oder nicht: Bei dieser Rechnung ergeben sich 2,6 Liter auf 100 Kilometer.

Realistischer: Etwa vier Liter Verbrauch
Wer 20 Kilometer elektrisch und dann 380 Kilometer im Hybridmodus fährt, wird diesen Wert nie und nimmer erreichen. Toyota ist sich dessen bewusst und legt bei der Berechnung der Gesamtreichweite (1.150 Kilometer) einen Verbrauch von etwa vier Liter zugrunde. Das dürfte auch auf Langstrecken zu schaffen sein, schließlich verbraucht der normale Prius nur 3,9 Liter. Günstiger als mit den 2,6 Litern auf 100 Kilometer geht es natürlich auch: Wer zum Beispiel nur 20 Kilometer elektrisch und dann vier Kilometer mit Otto-Unterstützung fährt, benötigt weniger Sprit. An diesen Beispielen sieht man, wie willkürlich die offiziellen Spritverbrauchs-Angaben bei teilelektrischen Autos derzeit noch sind.

Hybridmodus nur mit Gewalt
Wie fährt sich der Prius Plug-in-Hybrid nun in der Praxis? Nun, unser voll aufgeladenes Exemplar zeigt tatsächlich eine elektrische Reichweite von etwas über 20 Kilometer an. Und schnell merken wir den Unterschied zum normalen Prius: Bei dem muss man sehr behutsam mit dem Gaspedal umgehen, sonst schaltet sich der Benzinmotor zu. Umgekehrt beim Prius Plug-in: Nur wenn man das Pedal bis zum Anschlag durchdrückt, wie bei einem Automatik-Kickdown, springt der Benziner an. Auch wenn man sofort wieder vom Gas geht, läuft der Verbrenner noch eine ganze Zeit weiter - schätzungsweise eine halbe Minute. Wir fahren eine ganze Zeit lang durch die Berliner City, und nur ein einziges Mal vermissen wir Power: beim Verlassen einer Parklücke in den fließenden Verkehr. Etwa nach einer Dreiviertelstunde ist unsere Batterie leer. Genauer gesagt, der für den Elektromodus bestimmte Teil des Akkus. Nun wechselt unser Auto in den Hybrid-Modus, das heißt, unser Testwagen fährt genauso wie ein normaler Prius.

Viel weniger Elektroreichweite als beim Ampera
Im Vergleich zum Opel Ampera fährt sich der Prius etwas weniger schwungvoll. Das ist kein Wunder, denn der Elektromotor des Opel bietet 150 PS und 370 Newtonmeter, während beim Prius im Elektromodus nur 82 PS und 207 Newtonmeter zur Verfügung stehen. Auch bei der Elektroreichweite hat der Ampera die Nase vorn: Er schafft 60 statt nur 20 Kilometer. Die Batterie des seriellen Hybrids Ampera hat mit 16 kWh aber auch etwa dreimal so viel Speicherkapazität wie die des Prius mit 5,2 kWh. Nach der geschilderten Berechnung des Spritverbrauchs ist es kein Wunder, dass der Ampera mit 1,6 Liter auf 100 Kilometer auch deutlich weniger Sprit verbraucht als der Prius mit 2,6 Liter.

600 Stück zur Erprobung
Vom Prius Plug-in-Hybrid hat Toyota bisher 600 Stück produziert - zu Testzwecken. Ende 2009 erhielten ausgewählte Flottenkunden das Auto, wobei aber nur 30 nach Deutschland kamen. Mit 18 Stück über die Hälfte der deutschen Prius PHV hat Toyota der Deutschen Bahn zur Verfügung gestellt, die die Fahrzeuge im hauseigenen Carsharing-Programm anbietet. Das Auto soll 2012 in den USA auf den Markt kommen - im gleichen Jahr wie Toyotas kleines Elektroauto FT-EV. Der PHV wird den normalen Prius nicht ersetzen, sondern beide sollen parallel angeboten werden. Wann das Auto nach Deutschland kommt, hängt von den Rahmenbedingungen ab, zu denen unter anderem Strom- und Benzinpreis zählen, aber auch das Umweltbewusstsein der Käufer und ob es Subventionen geben wird.

Gesamtwertung
Das Konzept von Plug-in-Hybriden überzeugt: Man nehme eine noch bezahlbare, kleine Batterie für die Alltags-Pendelstrecken und ergänze sie mit einem Ottomotor für weitere Strecken. Ob der Opel Ampera oder der Prius Plug-in-Hybrid das geeignetere Fahrzeug für einen ist, hängt vom Nutzungsprofil ab: Wer weit pendelt, ist mit dem Ampera und seiner höheren elektrischen Reichweite besser bedient. Doch die etwa dreimal so große Batterie dürfte den Ampera auch deutlich teurer machen als den Prius.

Städter wählen den wahrscheinlich günstigeren Prius, Landeier den teureren, aber leistungsfähigeren und reichweitenstärkeren Ampera. Aber diese Empfehlung bleibt hypothetisch: Kaufen kann man noch keinen von beiden, und es gibt noch nicht einmal grobe Preisvorstellungen.

Modell Toyota Prius Plug-in-Hybrid
Motor
Bauart Plug- in- Hybridantrieb mit Leistungsverzweigung (Planetengetriebe), 1,8- Liter- Benziner, 2 Elektromotoren, Lithium- Ionen- Batterie
Zylinder / Ventile Ottomotor: 4 / 4
Antrieb Frontantrieb
Getriebe elektrisch gesteuerte, stufenlos variable Getriebeautomatik E-CVT (Planetengetriebe)
Hubraum 1.798 cm³
Leistung 73 *) kW bei 5.200 U/min
max. Drehmoment 142 *) Nm bei 4.000 U/min
Fahrwerk
Bremsen vorn belüftete Scheiben, 259 mm
Bremsen hinten Scheiben, 259 mm
Lenkung Zahnstangenlenkung mit elektrischer Servounterstützung
Radaufhängung vorn McPherson- Achse
Radaufhängung hinten Torsionslenkerachse
Räder vorn 15-Zoll-Aluräder mit Reifen 195/65R15
Räder hinten wie vorn
Spurweite vorn 1.525 mm
Spurweite hinten 1.520 mm
Wendekreis 11,2 m
Maße
Länge 4.460 mm
Breite 1.745 mm
Höhe 1.490 mm
Radstand 2.700 mm
Leergewicht 1.500- 1.505 kg
max. Zuladung 405- 410 kg
Kofferraumvolumen 445 l
Tank 45 l
Messwerte
Höchstgeschwindigkeit 180 km/h
Beschleunigung (0-100 km/h) 11,4 s
Verbrauch gesamt 2,6 l/100 km
CO2-Emission 59 g/km
Schadstoffklasse Euro 5

Stand: Juli 2010


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