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Elektro-Smart: So gut ist er

Kann der Smart Fortwo ed seinen Kollegen mit Verbrenner das Wasser reichen?

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Berlin, 14. Juni 2012 - Daimler hat sich Berlin ausgesucht, um den Smart electric drive vorzustellen, wofür einiges spricht: Berlin ist einer der wichtigsten Standorte für das Car2Go-Verleihkonzept, in Berlin haben Versorger wie RWE und Vattenfall schon viele Stromtankstellen aufgestellt und Berlin ist eine bestens geeignete Showbühne für elektrische Stadtflitzer. Wegen der Public-Viewing-Begeisterung tummeln sich derzeit noch mehr junge Menschen als sonst in der Stadt, denen man eine kleine Kickdown-Show vorführen kann. Das mit dem Angeben klappt allerdings nicht so recht, weil die Beschleunigung so gar nicht mit der Geräuschkulisse zusammenpasst.

Flotter Schweigemarsch
Der Smart ed musste die dritte Generation erreichen, um endlich ganz regulär als Serienauto angeboten zu werden. Auch antriebstechnisch hat er dabei noch einmal einen kräftigen Sprung gemacht. Mit seinen 35 kW Dauerleistung (55 kW Höchstleistung) beschleunigt er in 11,5 Sekunden auf 100 km/h, Generation 2 brauchte dafür 26,7 Sekunden. Vor allem bei höheren Geschwindigkeiten bietet er deutlich mehr Reserven und erreicht eine Spitze von 125 km/h. Das ist aber eigentlich nur selten von Interesse, denn der Smart ed ist trotz seiner maximalen Reichweite von 145 Kilometer in erster Linie ein Auto für kürzere Alltagsstrecken.

Ausschließlich Hinterradantrieb
Der Smart wäre ein veritabler Café-Racer, wenn er nicht so leise wäre: Schon bei normaler Fahrweise zieht er souverän durch, dabei hilft das vom Stand weg einsetzende volle Drehmoment des Elektromotors. Per Kickdown, man muss dabei einen leichten Widerstand im Gaspedal überwinden, drücken 55 kW und 130 Newtonmeter Drehmoment den Smart nach vorne - scheinbar ohne jede Anstrengung und ohne auch nur im Ansatz die Stimme zu heben. Mit Vorderradantrieb würden die Räder durchdrehen, aber das Problem hat der Smart seit seiner Geburt nicht. Die feste Übersetzung überträgt die Kräfte ausschließlich auf die Hinterräder, der Smart zieht satt aber unspektakulär mit leicht werdender Vorderhand davon.

Ruhiggestellt
Dabei liegt der E-Smart vergleichsweise ruhig auf der Straße. Natürlich kann auch er nicht verleugnen, dass das Verhältnis von Fahrzeughöhe zu Radstand hochgradig unvorteilhaft ist. Doch beim Smart ed liegt die Lithium-Ionen-Batterie mit ihrem Gewicht von 175 Kilogramm wie eine dicke Stahlplatte mittig unter dem Auto, was einen spürbar positiven Einfluss auf den Schwerpunkt nimmt. Der Smart ed ist einfach nicht mehr der Zappelphilipp, der er mit den konventionellen Antrieben ist. Bei ihnen kommt ja erschwerend hinzu, dass sie es auch in der Horizontale sind, weil die Zugkraftunterbrechungen des automatisierten Schaltgetriebes bei kurzem Radstand geradezu ideal in Nickbewegungen umgesetzt werden. Dieses konzeptionelle Problem hat der Smart ed nicht, die Hektik seiner Geschwister ist ihm fremd.

Gute Crashsicherheit
Was schon die ersten beiden Generationen andeuteten, bestätigt sich beim Serienmodell: So sollte sich ein Smart Fortwo eigentlich anfühlen. Die Tridion-Sicherheitszelle ist bei einem so kleinen Auto ein idealer Käfig, der auch der Batterie mehr Crash-Sicherheit gibt. Die vorne und hinten angebrachten Crashboxen sollen dafür sorgen, das trotz kurzer Verformwege die Rahmenstruktur der Karosserie bei einem Aufprall möglichst wenig beeinträchtigt wird. Und selbst wenn die kinetische Energie doch bis zur Batterie durchdringt, soll sie viel aushalten. Ein komplexes Sicherheitsmanagement soll zudem dafür sorgen, dass auch im schlimmsten Fall nichts passiert. Wenn es irgendeine Störung im vorgesehenen Funktionsablauf gibt, wird die Batterie elektrisch abgetrennt, damit sie sich nicht überhitzen kann.

Wohlfühlklima
Das Kühlkonzept ist überhaupt interessant. Erstens soll der Aufbau mit den 93 Flachzellen für thermisch günstige Voraussetzungen sorgen. Zweitens gibt es eine Flüssigkeitskühlung, welche die Batterie immer im idealen Temperaturbereich halten soll. Und drittens kann sich diese noch Hilfe aus dem Fahrzeugklimakreislauf holen. Die Smart-Entwickler sind zu dem Ergebnis gekommen, dass ein geregelter Temperaturhaushalt das wichtigste Kriterium für die Haltbarkeit ist, nicht etwa häufige Ladezyklen, wie man vermuten könnte. Deswegen wird peinlich genau darauf geachtet, dass die Batterie unter allen Umständen unter 40 °C bleibt. Die Batterie kann im Prinzip sogar dann gekühlt werden, wenn der Wagen steht und am Netz hängt, obwohl dafür schon extrem unwirtliche Bedingungen herrschen müssen. Smart hat eine Flotte von Elektroautos in San Diego laufen, wahrlich ein heißer Ort, und dabei eine interessante Erfahrung gemacht: Nach einer Nacht an der Steckdose genügt selbst der folgende Tag in der Regel nicht, um durch die klimatischen Bedingungen die Batterie zu warm werden zu lassen.

Flexibles Ladekonzept
Wenn man davon spricht, wie sich ein elektrische Smart fährt, gehört auch der Blick auf das Ladekonzept dazu, weil man eben häufiger an die Dose muss als sonst an die Tankstelle. Der Vorgang selbst ist noch einfacher als Tanken: Stecher hier rein, Stecker dort rein, ein kurzer Blick auf die Statusleuchten oberhalb des "Tankstutzens", mehr gibt es nicht zu tun. Im einfachsten Fall geht es wandseitig in eine Haushaltssteckdose, wobei der Ladestrom auf 13 A begrenzt wird, um das Hausnetz nicht zu überlasten, diese Standardladung dauert sieben Stunden, sofern die Batterie "leer" ist. Für 710 Euro netto (nur für die Hardware) kann man sich auch eine so genannte Wallbox installieren lassen, die mit 400 Volt und 16 Ampere laden kann, hier muss allerdings für die Installation ein Fachmann ran und sechs Stunden Ladezeit sind kein allzu großer Vorteil.

Eine Stunde Schnellladung
Für kleine Flotten und Firmen gibt es noch weitere Varianten der Ladeboxen, die sich auch durch bestimmte Energiemanagementfunktionen unterscheiden, zum Beispiel eine zeitliche Automatisierung der Ladevorgänge. Und schließlich gibt es für den Smart die Möglichkeit einer Schnellladung in nur einer Stunde an Wallboxen und öffentlichen Ladestationen. Das allerdings erfordert den 22-kW-Bordlader im Fahrzeug, der "extra" kostet. Eine Nachrüstung ist nicht vorgesehen, sodass die Entscheidung beim Kauf getroffen werden muss. Gerade für Privatkäufer dürfte er vorläufig aber kaum notwendig sein, wenn man sich einmal die Ladeszenarien vor Augen führt, die eine Schnellladung dann doch eher selten erfordern. Immerhin soll selbst diese Schnellladung von einer Stunde die Lebensdauer der Batterie nicht beeinträchtigen, da hat man in der Vergangenheit auch schon anderes gehört.

Parkhäuser mit Ladestationen?
Die Reichweite von 145 Kilometer - und seien es unter ungünstigen Bedingungen auch nur 100 - wird meist bedeuten, dass man schon längst wieder an einer Steckdose hängt, bevor die Ladung knapp wird. Die Ladestand-Anzeige ist übrigens erheblich feiner und genauer als eine Tankuhr, sodass auch kein unerwartetes Liegenbleiben zu erwarten ist. Smart ist zudem in Verhandlungen mit Parkhausbetreibern, um das Modell auszubauen, spezielle Parkplätze mit Lademöglichkeiten zu kombinieren. Wie auch immer: Sofern man übliche Anfahrtswege zur Arbeit oder zum nächsten Supermarkt hat, ist das Reichweitenproblem bei einem dezidierten Stadtauto ein Scheinproblem. Hinzu kommt, wie Smart richtig anmerkt, der vereinfachte Tankvorgang. Den Smart an die Steckdose zu hängen, ist leichter als den Wecker zu stellen - und man muss keine Tankstelle anfahren, um sich dort auch noch Ölsohlen zu holen.

Ferngesteuert
Im Übrigen hat die Welt der Smartphones Möglichkeiten geschaffen, an die bei der Geburt des Smarts in den 1990er-Jahren nicht zu denken war - damals wurden ja gerade einmal zaghaft die ersten E-Mails über die ISDN-Leitung geschickt. Zum Smart ed gibt es Apps, die ein sehr transparentes Verhältnis zum Auto schaffen, egal, wo es gerade steht. Man kann im Prinzip in London den Flieger besteigen und schon von dort seinem Smart ed im Münchner Flughafen mitteilen, dass es schon einmal die Klimaanlage anwerfen soll, sofern es dort an einer Ladesäule hängt - Vorkonditionieren heißt das. Per Smartphone-App kann man auch den Ladezustand abrufen, sich über die verbliebene Reichweite informieren oder sich Informationen über Ladestationen in der Nähe geben lassen. Zudem kann das Smartphone auch Infotainmentfunktionen im Auto übernehmen, wenn es dort im Cradle eingesteckt ist. So kann es zum Beispiel als Navi dienen oder die Insassen mit Musik aus dem Internet versorgen.

Infotainment nur per iPhone
Während die Apps für das Lademanagement auch für Android zur Verfügung stehen sollen, bleiben die Infotainment-Funktionen vorerst der Apple-Welt vorbehalten, ein Mangel, der allerdings nicht Smart-spezifisch ist. Auch wenn es wegen der Variantenvielfalt der Betriebssysteme schwierig ist, sollte Smart seriöserweise alles daran setzen, um Apples iOS als HMI-Ergänzung des Autos nicht zu bevorzugen. Erstens schließt das potenzielle Kunden teilweise aus, die partout kein iPhone oder iPad haben wollen und zweitens sind Sorgen hinsichtlich des Umgangs mit Tracking-Daten ernst zu nehmen. Auch bei der Datensicherheit müssen Kunden die Möglichkeit haben, frei zu entscheiden, welches Smartphone-Betriebssystem sie als Begleiter ihres Elektroautos haben wollen.

Der beste Fortwo
In dieser Hinsicht steht die Elektromobilität ähnlich am Anfang, wie es bei der Lade-Infrastruktur der Fall ist. Der Smart selbst dagegen - sozusagen ganz altmodisch isoliert als Auto betrachtet - hat ein Niveau erreicht, das ihn selbst für Privatleute interessant macht. 18.910 Euro Listenpreis für die geschlossene Variante sind noch immer eine Menge Holz, aber der Gegenwert an Fahrqualität ist deutlich höher als beim konventionell angetriebenen Smart. Die meisten Kunden werden sich für dieses Modell entscheiden, bei dem die Monatsmiete von 65 Euro für die Batterie hinzukommt. Smart gibt dann zehn Jahre Garantie für die Batterie, einschließlich der Zusicherung, dass dabei die Kapazität 80 Prozent des Neu-Wertes nicht unterschreitet. Dazu kommt dann noch der Strom aus der Steckdose, den es zumindest zuhause zum Normaltarif gibt, also rund 22 Cent pro Kilowattstunde. Die Frage ist allerdings, wie lange das so bleibt. Der Smart ist ein attraktives Elektroauto und hat die Chance, den Markt wenigstens ein wenig aufzurollen. Irgendwann wird der Punkt kommen, an dem die Energieversorger und vor allem der Staat womöglich nicht mehr tatenlos zusehen werden, dass man kackfrech billigen Strom aus der Steckdose tankt. Das ist aber ein ganz eigenes Thema und hat nichts mit den Qualitäten des Smart ed zu tun. Um es kurz zu sagen: Er ist der bisher beste Smart Fortwo, weitaus souveräner und entspannter als die Verbrenner.

Gesamtwertung
14 Jahren nach seiner Martkeinführung ist der Smart fortwo endlich das, was sich seine Erfinder erhofft hatten. Das Elektroauto fährt viel harmonischer als seine Geschwister mit Benziner oder Dieselmotor. Es gibt keinen rappeligen Motor und keine deplazierten Schaltpausen - selbst das Fahrwerk wirkt durch die tief angebrachte Batterie harmonischer. Ob man den Smart ed preiswert findet, ist eine persönliche Entscheidung. Immerhin hat Smart ein Preis- und Servicemodell gefunden, das ihn finanziell für mehr Menschen erreichbar macht als es bei vielen anderen Elektroautos der Fall ist.

Modell Smart Fortwo ed Coupé
Motor
Bauart Elektromotor (Permanent- Synchronmotor)
Antrieb Heckantrieb
Leistung 35 (max: 55) kW bei  U/min
max. Drehmoment 130 Nm bei  U/min
Fahrwerk
Bremsen vorn Scheibenbremsen
Bremsen hinten Trommelbremsen
Lenkung Zahnstangenlenkung
Radaufhängung vorn Dreiecksquerlenker, McPherson- Federbein, Stabilisator
Radaufhängung hinten DeDion- Hinterachse, Schraubenfeder, Teleskopdämpfer
Räder vorn 155/60 R 15 auf 4,5 J x 15
Räder hinten 175/55 R 15 auf 5,5 J x 15
Spurweite vorn 1.283 mm
Spurweite hinten 1.385 mm
Wendekreis 8,8 m
Maße
Länge 2.695 mm
Breite 1.559 mm
Höhe 1.565 mm
Radstand 1.867 mm
Leergewicht 975 kg
max. Zuladung 250 kg
Kofferraumvolumen 220 l
Messwerte
Höchstgeschwindigkeit 125 km/h
Beschleunigung (0-100 km/h) 11,5 s

Stand: Juni 2012


Modell Smart Fortwo ed Coupé
Grundpreis 23.680 €
Ausstattungslinien
Electric Drive Coupé (mit Batteriemiete) Euro 18.910 plus 65 monatlich
Electric Drive Cabrio (mit Batteriemiete) Euro 22.000 plus 65 monatlich
Electric Drive Cabrio Euro 26.770
Ausstattung
ABS Serie
Beifahrerairbag Serie
Fahrerairbag Serie
Automatikgetriebe Serie
Navigationssystem 575 €
CD-Radio Serie
elektr. Fensterheber vorn Serie
elektr. verst. Außenspiegel 190 € (inkl. Heizung)
ESP Serie
Klimaanlage Serie
Kopfairbag vorne Serie
Lederausstattung 475 €
Leichtmetallfelgen Serie (15 Zoll)
Metalliclackierung 360 €
MP3-Radio Serie
Nebelscheinwerfer 190 €
Seitenairbag vorne Serie
Zentralverriegelung Serie
Sitzheizung 260 €

Stand: Juni 2012


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