Hier fahren Sie besser!
Automobile.at logo

Lohnt der Mega-Aufpreis?

Abarth 124 Spider im Test

Motor1.com Deutschland: Auto-Tests, Auto-News und Analysen
Marke wählen
Florenz (Italien), 28.Juni 2016 - Der neue Fiat 124 Spider ist großartig. Wir haben das bereits ausführlich geklärt und wenn Sie unter diesem Artikel auf den entsprechenden Link klicken, dann können Sie all das auch nochmal ganz genau nachlesen. Trotz etwas mehr Weichheit und genereller Gelassenheit hält er also durchaus, was die hochgelobten Gene seines japanischen Zwillings Mazda MX-5 versprochen haben. Jetzt soll es aber durchaus Menschen geben, die genau damit - also mit einem Mehr an Weichheit und genereller Gelassenheit - so ihre Probleme haben. Vor allem, wenn sie gefühlte dreieinhalb Zentimeter über dem Boden sitzen, in einem Gefährt, das innen nicht viel großzügiger geschnitten ist als ein handelsüblicher Autoscooter. Sprich: Es geht um Menschen, die in einem knallengen Roadster eher Nervenkitzel als Eiscafés suchen. Brillieren statt flanieren, wenn Sie so wollen. Diese Spezies könnte mit dem zurückhaltenden Wesen des Fiat Spider tatsächlich ein wenig in Konflikt geraten, aber erstens sind die Italiener nicht dumm und zweitens haben sie Abarth.

Der Abarth-Roadster kriegt adäquates Geschürz
Jawohl, zeitgleich mit dem Fiat 124 Spider startet auch die kräftig angespitzte Version des hauseigenen Krawall-und-Performance-Arms. Den Abarth 124 Spider vom Fiat 124 Spider zu unterscheiden, ist dabei keine große Kunst. Die Radikalisierung bestmöglich zu verschleiern, stand wie gewohnt eher nicht im Lastenheft. Der Abarth-Roadster kriegt adäquates Geschürz, größere Räder, einen Diffusor, aus dem gleich vier Endrohre emporlugen, einige rote Farbtupfer (Front und Spiegel) und als Referenz an den 124 Rally aus den 1970ern auch einen mattschwarzen Anstrich für Motorhaube und Kofferraumdeckel. Falls Ihnen das ganze Mattschwarz ein bisschen zu viel ... ähm ... schwarz ist, dann kriegen Sie sämtliche Hauben aber auch in Wagenfarbe.

Der schönste MX-5-Innenraum
Im Innenraum geht die Abarthisierung des 124ers nahtlos weiter. Die wertiger aussehenden schwarz-roten Ledersitze sind eine Wucht, das neue Lenkrad mit 12-Uhr-Markierung fasst sich ein wenig schöner an, man schaut direkt auf einen sehr großen und sehr roten Drehzahlmesser und Spielereien wie die wunderschönen Alu-Pedale, das ganze Alcantara oder eine wuchtige Alu-Plakette zwischen den Sitzen sorgen für dieses typische Abarth-Flair, das einen immer denken lässt, man säße in einem elendig teuren Supersportwagen, der etwas zu lange im Trockner war. Wer die ultimative Ausbaustufe eines Mazda-MX-5-Cockpits sucht ... hier wird er sie finden.

Mehr Druck tut gut
Nun gibt es für eine etwas renitentere Optik in der Regel kein Abarth-Logo aufs Häubchen und so ist es auch hier nicht. Der fast schon stoischen Entspanntheit des normalen Fiat 124 geht es mit festeren Bilstein-Dämpfern, strafferen Federn und dickeren Stabilisatoren an die Wäsche. Außerdem freut sich der Enthusiast über großzügiger dimensionierte Brembo-Bremsen und - darüber freut er sich vermutlich noch mehr - eine mechanische Differenzialsperre an der Hinterachse. Direkt vor einem befindet sich nach wie vor ein 1,4-Liter-Turbo-Motor, der seine Kraft über ein manuelles Sechsgang-Getriebe an die Hinterräder abgibt. Im Abarth 124 Spider gibt er naturgemäß etwas mehr davon ab. Plus 30 PS und zehn Newtonmeter, um genau zu sein. Damit kommt er auf 170 PS und 250 Newtonmeter. Klingt nicht gerade nach Koffein-Schock, reicht aber dank eines Leergewichts von 1.135 Kilo für ziemlich seriöse Fahrleistungen. Den 0-100-km/h-Sprint erledigt der Abarth 124 Spider in 6,8 Sekunden, die Höchstgeschwindigkeit beträgt 232 km/h. Zum Vergleich: Der stärkste MX-5 mit 160-Sauger-PS ist gut 60 Kilo leichter, braucht eine halbe Sekunde länger und schafft 18 km/h weniger. Man merkt den Unterschied sofort. Natürlich fühlt sich der Abarth-Motor aufgeladen an und er braucht auch ein wenig, bis er - um im Bild zu bleiben - seinen Morgen-Espresso runtergekippt hat, aber dann spendiert er seine Kraft viel einfacher und müheloser als der Mazda und obenraus merkt man dann auch einen deutlichen Unterschied zum Fiat 124. Einfach, weil er williger dreht und mehr Puste hat.

Klanglich extravagant
Das größte Spaß-Plus des Abarth-124-Antriebs ereignet sich allerdings hinter dem eigenen Rücken, von wo aus es sich schlagartig und unmissverständlich in Richtung Gehörgang vorarbeitet. Ein Druck auf die "Sport"-Taste (die auch Gasannahme, Lenkung und Traktionskontrolle versportlicht) und aus den vier Rohren gurgelt, rotzt und röchelt es so herzergreifend, als hätte der kleine Vierzylinder gerade im Motoren-Lotto mehrere Zylinder und diverse Liter Hubraum gewonnen. Wie man aus so wenig Brennraum so viel klanglichen Radau quetscht, bleibt ein abarthiges Rätsel. Ein sehr schönes allerdings. Und eines, das das gesamte Abarth-124-Erlebnis ungemein aufwertet.

Einfacher Spaß
Aber wünscht man sich bei all dem akustischen Wahnsinn nicht auch etwas mehr Leistung? Nun, nicht unbedingt wegen des Klangs, eher, weil das wunderbare Fahrwerk locker noch ein paar Pferdchen mehr vertragen würde. Bitte nicht wundern, der Abarth 124 ist zwar etwas straffer als der Fiat 124, aber auch er federt sehr geschmeidig, bewegt sich, teilt sich mit. Die Lenkung ist etwas schneller und recht agil, durch die schmalen Vorderreifen und die ständig präsenten Karosseriebewegungen fühlt sich die Vorderachse aber teils etwas seifig an. Die drahtlose Verbindung "Eigener Hintern-Hinterachse-Asphalt" funktioniert hingegen absolut störungsfrei. Es ist ein bisschen gewöhnungsbedürftig, wie sich das Auto in der Kurve weit aufs kurvenäußere Hinterrad lehnt, bis es - so man das denn will - ganz sanft, spielerisch und perfekt beherrschbar das Rutschen anfängt. Natürlich kann man die Driftwinkel dank des Sperrdifferenzials auch beliebig in Größe und Absurdität verändern und das herrlicherweise auch ohne haarsträubende Geschwindigkeiten fahren zu müssen. Der Turbomotor ist dabei eine große Hilfe, weil man sich, anders als beim MX-5, nicht zwangsläufig im perfekten (sprich: stratossphärisch hohen) Drehzahlbereich befinden muss, um eine Ecke auch mal elegant seitwärts zu verlassen. Viel schalten darf und sollte man aber trotzdem, denn das manuelle Getriebe ist eine Offenbarung. Obwohl es für das gesteigerte Drehmoment des Turbos angepasst werden musste, klackt es nur minimal weniger komprimiert und gefühlsecht durch die Gassen wie im MX-5. Übersetzt bedeutet das: Viel besser geht es nicht. Eine Sechsgang-Automatik ist für den Abarth Spider übrigens ebenfalls erhältlich. Ich konnte sie leider noch nicht ausprobieren, bedenkt man allerdings die pure Güte der Handschaltung, dürfte der Fall eigentlich klar sein.

Besser und viel teurer
Ist der Abarth 124 Spider also der spaßigere MX-5? Irgendwie schon, weil er trotz mancher Schwäche (und großer fahrerischer Ähnlichkeit zum Mazda) stärker, schneller, edler und auch besonderer wirkt. Das sollte man allerdings auch erwarten dürfen bei einem Auto, das mit 40.000 Euro mal eben über 13.000 Euro mehr kostet als der stärkste MX-5. Trotz einer tollen Hinterachssperre, einem schöneren Innenraum und der speziellen Abarth-Aura lässt sich das objektiv nur schwer verargumentieren. Die Fans der Marke wird das nicht wirklich stören. Für Besonderes waren sie schon immer bereit, ein wenig tiefer in die Tasche zu greifen. Es würde mich sehr wundern, wenn es hier anders wäre und das ist auch gut so.

Gesamtwertung
Die Optik, der Klang, die Kraft, das Interieur, das mechanische Sperrdifferenzial - der Abarth 124 Spider ist sicher der extravaganteste, aber auch der fahrdynamischste Vertreter des japanisch-italienischen Roadster-Trios. Er bringt den meisten Spaß, kostet aber auch einen horrenden Aufpreis.

+ launiger Motor; fantastischer Klang; sehr lebendiges, heckbetontes Fahrverhalten; wertiger Innenraum

- immer noch etwas weich und unpräzise; sehr teuer

Modell Abarth 124 Spider
Motor
Bauart Reihenmotor, Turbo
Zylinder / Ventile 4 / 4
Antrieb Hinterradantrieb
Getriebe Schaltgetriebe
Gänge 6
Hubraum 1.368 cm³
Leistung 125 kW bei 5.500 U/min
max. Drehmoment 250 Nm bei 2.500 U/min
Fahrwerk
Bremsen vorn Scheiben, innenbelüftet, 280 Millimeter
Bremsen hinten Scheiben, 280 Millimeter
Lenkung Servolenkung
Radaufhängung vorn Doppelquerlenker
Radaufhängung hinten Mehrlenkerachse
Räder vorn 205/45 R17
Räder hinten 205/45 R17
Maße
Länge 4.054 mm
Breite 1.740 mm
Höhe 1.233 mm
Radstand 2.310 mm
Leergewicht 1.135 kg
Kofferraumvolumen 140 l
Tank 45 l
Kraftstoffart Super
Messwerte
Höchstgeschwindigkeit 232 km/h
Beschleunigung (0-100 km/h) 6,8 s
Verbrauch gesamt 6,4 l/100 km
Verbrauch innerorts 8,5 l/100 km
Verbrauch außerorts 5,1 l/100 km
CO2-Emission 148 g/km
Schadstoffklasse Euro 6

Stand: Juni 2016


© Motor1.com