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Mitsubishi meets MV: Mit dem L200 Offroad ans Wasser

Wie viel Freizeitwert steckt in dem Pick-up mit Zubehörausstattung im Wert von knapp 20.000 Euro? Test!

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Man nehme einen Mitsubishi L200 als Doppelkabine mit 2,3-Liter-Vierzylinder-Diesel, Automatik und 4WD im Wert von 44.990 Euro, erweitere die schon fast vollumfängliche Ausstattungslinie "Top" um ein Fahrassistenzpaket sowie eine Metallic-Lackierung und füge anschließend Zubehörausstattung für 19.346 Euro (exkl. Montage) hinzu. Hat man dann den perfekten Offroad-Pick-up für den Angelurlaub in Mecklenburg-Vorpommern? Unser Test kennt die Antwort.

Basis vs. Umbau

Was Sie von einem normalen Mitsubishi L200 erwarten können, wurde - da das Modell seit dem letzten Facelift im Jahr 2019 unverändert ist - wohl schon ausreichend genug besprochen. Wenn Sie allerdings erfahren wollen, wie sich ein Standard-L200 im Vergleich zum Ford Ranger oder der (mittlerweile eingestellten) Mercedes X-Klasse schlägt, empfehlen wir Ihnen dieses Video von Kollege Hohmeyer. Und wenn es keiner Auffrischungskur der grauen Zellen bedarf, kümmern wir uns gleich im Detail um die umfangreiche Offroad-Zubehörausstattung.

ZubehörPreisFrontdekor-Pro550 EuroFrontgrill-Cover125 EuroMotorhaubenlift100 EuroSpiegelcover-Set100 EuroTürgriffmulden-Cover95 EuroTür- und Heckklappencover200 EuroSchnorchel620 EuroDachmontagereling435 EuroLED-Light-Bar-Strands1.110 EuroCargo-Schienensystem530 EuroRail Protection-Set250 EuroTorsionsstab mit Dämpfer240 EuroZentralverriegelung Heckklappe310 EuroLaderaum-Cover Alu Schwarz1.995 EuroÜberrollbügel695 EuroLastenträger-Set für Laderaumcover139 EuroZurrösen-Set für Ladraumcover69 EuroSandboards675 EuroUnterfahrschutz798 EuroOffroad-Fahrwerk Stage 1, +35mm (VA), +40mm (HA), v 50kg / h 250 kg2.500 EuroRockslider1.020 EuroBody-Lift-Kit1.400 EuroKotflügelverbreiterungen1.200 EuroFußraumschalen-Set130 EuroAHK abnehmbar inkl. E-Satz665 EuroLaderaumbeschichtung900 Euro5x 18-Zoll-Leichtmetallfelgen (MMD04 ET+10 in Bronze)1.995 Euro5x Cooper Discoverer AT3 Sport2500 EuroGesamtpreis (exkl. Montage)19.346 Euro

Nach Adam Riese steht hier also ein 66.426 Euro teurer Mitsubishi auf unserem Parkplatz, der mit Einbaukosten des Zubehörs wohl locker die 70.000-Euro-Marke sprengen dürfte. Klingt nach ziemlich viel Holz. Dennoch: Ein Ford Ranger Raptor findet man aktuell ab 70.859 Euro im Konfigurator der Kölner. Und da fehlt so einiges an Anbauteilen, die unser Japaner jetzt eben schon am Start hat.

Auch wenn es manchen Extras etwas an Verarbeitungsqualität mangelt. Beispiel Türgriffmulden- und Klappen-Cover. Könnte man weglassen und so schon einmal knapp 300 Euro sparen, denn die schwarzen Hartplastik-Dinger sind leider nicht einmal entgratet.

Auf der beschichteten Ladefläche hat man uns das Ersatzrad in dem Verzurrsystem befestigt. Wir gehen davon aus, dass wir bei unserer gut 2.000 km langen Reise kein fünftes Rad am Wagen benötigen, da die Cooper Discoverer AT-Reifen für unsere Einsatzzwecke mehr als stabil genug aussehen. Also runter mit dem 18-Zoll-Pneu.

Dafür verstauen wir nun Angelequipment, persönliches Gepäck, zusätzliche Benzinkanister sowie Getränke und Verpflegung für eine Woche und vier Personen im Ladeabteil mit schwarzem Alu-Cover. Die verschraubten Sandboards lassen wir auf ihren Trägern. Der Boden soll ja sandig an der Seenplatte sein. Und man weiß ja nie ...

Gesunde Höhenkrankheit

Beim Einstieg erweisen sich die Rockslider als praktische Stufe, um die Passagierkabine zu erklimmen. Selbst für große Personen liegt der schon serienmäßig nicht gerade niedrige L200 mit Body-Lift-Kit in Kombination mit dem TJM-Offroad-Fahrwerk jetzt 85 mm an der Vorder- und 90 mm an der Hinterachse höher und damit weit über Normalo-Niveau.

Ob sich das auf der Straße noch gut anfühlt, sollen die nächsten 700 km bei der Anreise zeigen. Optisch ist der einem Kirchengewölbe ähnliche Raum zwischen Reifen und verbreitertem Radlauf aber schon einmal eine Augenweide und macht extrem viel Lust auf den Einsatz im Gelände.

Dass man von dem 2,3-Liter-Turbodiesel trotz seiner Leistungsausbeute von nur 150 PS, dem dafür akzeptablen Drehmoment von 400 Nm und dem etwas schaltfaulen 6-Gang-Automatikgetriebe keine Performance- und Verbrauchswunder erwarten kann, war uns im Vorfeld bereits bewusst.

Aber obwohl die Schrankwand jetzt noch etwas schrankwandiger geworden ist, tut sich gefühlt nichts bei den Fahrleistungen. Entspannte 140 km/h sind locker drin und auch wenn die Sandboards hinter der Heckscheibe der Doppelkabine etwas zu wackeln beginnen, bleiben die Windgeräusche auf niedrigem Niveau und der Verbrauch mit rund 11,2 Liter/100km noch halbwegs angemessen.

Schaukeln und schlagen

Darüber hinaus macht das Fahrwerk seine Arbeit auch auf Asphalt erstaunlich gut. Keine Wankbewegungen. Da gibt es deutlich flachere SUVs, in denen man eher Seekrank wird als in diesem Mitsubishi-Dampfer in Titan-Weiß. Nur mit den typischen Betonplatten-Autobahnen im Osten der Republik hat die verstärkte Federung der Hinterachse ein wenig zu kämpfen und obwohl wir die Blattfedern mit unserem Gepäck ganz gut vorbelastet haben, bleibt ein gewisser Grat an Aufschaukeln und dem einen oder anderen harten Schlag nicht aus.

Komfortabel im Innenraum bleibt es trotzdem. Nicht zuletzt, weil das ansonsten eher spartanische 7-Zoll-Infotainmentsystem kabellos mit Apple CarPlay oder Android Auto verbunden werden kann, die sechs Lautsprecher einen befriedigenden Sound liefern und die Ledersitze sowie die Plastik-Fußraumschalen keine Rücksicht bei der Sauberkeit der Kleidung erfordern.

Okay ... allzu geräumig war so ein L200 noch nie. Vor allem auf der Rückbank. Aber zum Glück sind Passagiere in der Regel ja nicht alle gleich groß und so müssen die kleineren Mitreisenden eben auf der Strafbank Platz nehmen.

Gegen die Langeweile in dem Offroad-Truck half uns übrigens noch ein kleines Reisespiel: "Wer guckt?" haben wir es getauft. Denn durch die auffällige und nicht gerade alltägliche Optik zieht das Fahrzeug die Blicke auf sich. Mit dem feuerspuckenden Porsche 911 G-Modell, das uns bei Leipzig überholt können wir zwar nicht mithalten, aber es ist doch erstaunlich, wie viele Menschen aus ihren Premium-SUVs nach oben schauen.

Wege, Wald, Wiesen und ... Wasser

Das Großartige an Mecklenburg-Vorpommern ist - abgesehen von den Menschen und den genialen Gewässern -, dass neben vielen gut ausgebauten Bundesstraßen auch teils wirklich schlechte Waldwege als sich endlos anfühlende Verbindungswege zwischen einzelnen Ortschaften dienen und diese offiziell befahren werden dürfen. Wie gemacht für den L200 Offroad.

Zugegeben, es ist mehr ein Kinderspiel für das Fahrzeug und außer das wir vom 2H- in den 4H-Modus wechseln und so die Vorderachse am Antrieb teilhaben lassen, muss nicht viel erledigt werden. Der Grip-Modus, die Untersetzung oder gar die Hinterachssperre wirken in Anbetracht der Fahraufgaben etwas übertrieben. Es macht aber deutlich, wie viel Gelände-Luft noch nach oben offen wäre.

Nichtsdestotrotz: Es ist einfach recht angenehm, jede Art von Weg über die Wiese oder durch den Wald nehmen zu können, ohne groß darüber nachdenken zu müssen, ob man nicht eventuell einen fatalen Fehler begeht und sich irgendwo im Nirgendwo festfährt. Oder man irgendwas am Unterboden kaputt machen könnte.

Und auf dem Wasser ab dem Bootsanleger? Trotz Schnorchel lassen wir den Mitsubishi dort stehen, laden aus und steigen um. Ein typisches DDR-Glasfaser-Polyesterharz-Boot mit 3,5 PS starkem Außenbord-Motor ist ab einer gewissen Wassertiefe dann doch irgendwie im Vorteil.

Fazit: 8/10

Am Ende unserer Reise stellt sich natürlich die Frage, ob es dieses ganze Offroad-Zubehör an einem schon im Serienzustand ziemlich geländefähigen Auto wirklich braucht? Schließlich sind die knapp 20.000 Euro plus Einbaukosten knapp die Hälfte des Grundpreises eines vollausgestatteten Mitsubishi L200 mit Doppelkabine.

Die Antwort? Eigentlich nicht, aber irgendwie schon. Und wenn der Durchblick fehlt, stellt man sich einfach in der Nacht auf einen verlassenen Parkplatz am Bootsanleger und schaltet die alles erhellende Lightbar auf dem Dach an. Spätestens dann wird aus "eigentlich nicht" ein klares "JA".

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