Es gibt das SUV neu schon für unter 20.000 Euro. Lohnt sich der Kauf?
Na, kennen Sie den Spruch noch? Aus Raider wird Twix, sonst ändert sich nix. Das trifft auch auf den Tivoli zu. Das kompakte SUV ist seit zehn Jahren auf dem Markt, firmiert aber nun nicht mehr unter dem Markenname SsangYong, sondern als KGM.
Wie das? Nun, die Kurzfassung: Insolvenz von SsangYong in Südkorea Ende 2020, seit Mitte 2022 ein neuer Investor namens KG Consortium mit KG Steel und anderen Sparten. Von denen nun KG Mobility, kurz KGM, eine weitere ist.
Neben einigen noch recht neuen Modellen ist der gute alte Tivoli also das Raider respektive Twix der Marke. Gleicher Inhalt, andere Verpackung. Was ihn für unseren Test interessant macht, ist das Sondermodell "Nomad". Hier gibt es den Tivoli in Deutschland schon ab 18.990 Euro. Das ist ungefähr dort, wo das Basismodell des Dacia Duster beginnt.
Exterieur | Interieur | Motor/Fahreindrücke | Verbrauch/Preis | Fazit
Um gnadenlos ehrlich zu sein: Das Gros der Beobachter findet den Tivoli gewöhnungsbedürftig, gar hässlich. Dem Kassierer an der Tankstelle hingegen fiel er ins Auge und sorgte für erfreute Nachfrage. Schönheit liegt eben im Auge des Betrachters. Aber SsangYong hat es ihm nie leicht gemacht.
Sichtbarste Änderung in Sachen KGM ist die geänderte Frontpartie, dort verzichtet man auf das alte Logo. Ebenso am kaum modifizierten Heck, nicht aber auf dem Lenkrad. Was im Umkehrschluss bedeutet: Wer einen zwei bis drei Jahre alten Tivoli kauft, wird nicht unglücklich. 4,25 Meter ist der Tivoli jetzt lang, das ist ungefähr das Niveau eines VW T-Roc.
Das Alter des Tivoli fällt im Cockpit deutlich auf. Hier dominieren schwarze Kunststoffe, aber wenigstens nicht gar so viel Hartplastik wie bei Dacia. Eine gewisse Wertigkeit kann den verwendeten Materialien nicht abgesprochen werden, etwas Chrom-Optik peppt das Ambiente auf. Gut gefallen hat uns das Lenkrad mit dem nicht zu dicken und griffigen Kranz. Leider ist die Bedienung mittels der Tasten auf dem Volant seltsam und nicht intuitiv. Vieles ist unlogisch belegt, die Navigation im Menü erfordert mehrere Tastenfolgen und ist umständlich.
Die Auswahl an digitalen Cockpitanzeigen ist gelungen und überrascht. Das hätte man in solch einem günstigen Fahrzeug nicht erwartet, auch kein serienmäßiges Navi. Das Infotainment arbeitet problemlos, wenngleich CarPlay noch nicht kabellos funktioniert. Das ist verschmerzbar, zumal es dafür Zubehör gibt. Die serienmäßige (!) Rückfahrkamera ist leider etwas zu tief montiert.
Negativ fällt die Bedienung der manuellen Klimaanlage auf: Das gleichförmige Tastenfeld ist weder intuitiv noch ergonomisch, und der Warnblinker ist unglücklich platziert. Zu den Eigenheiten gehören ein Zigarettenanzünder sowie eine akustische Begrüßung beim Ein- und Aussteigen. Das werden nicht die einzigen Töne sein, wie wir noch merken werden.
Das Platzangebot im Fond geht in Ordnung, beim Gepäckraum nutzt KGM leider einen Taschenspielertrick. Die angegebenen 423 Liter im Normalzustand berechnen das Unterflurfach mit ein. Jeder, der den Kofferraum sieht, wird merken, dass er kleiner ist. Zudem ist die Ladekante recht hoch. Die Anhängelast beträgt übrigens 1.000 Kilogramm.
Unter der Haube lässt sich KGM nicht lumpen: 1,5-Liter-Turbobenziner, 163 PS und 260 Newtonmeter maximales Drehmoment bei der von uns getesteten Automatik-Version. Die gut 1,3 Tonnen wiegt. Ein leichtes Spiel für den leise agierenden Vierzylinder, der gut mit der Sechsgang-Automatik (schön: richtiger großer Wählhebel!) harmoniert. Leider ist die Start-Stopp-Automatik träge, was sich beim Ampelstart negativ bemerkbar macht. Insgesamt aber: Solider Vortrieb, ohne pfeilschnell zu sein.
Ein Kollege notierte: "Während das Getriebe sehr dezent und unaufgeregt ist, empfinde ich den Rest des Autos als ruppig. Gasannahme, Lenkung, Fahrwerk, Bremsen, Start-Stopp für nur ein, zwei Sekunden bevor der Motor wieder anspringt - entspanntes Fahren ist mit dem Auto nicht wirklich drin."
Dafür sorgt schon der gesetzlich vorgeschriebene Geschwindigkeitswarner mit Verkehrszeichenerkennung. Bereits bei einem km/h zu viel piepst er tinnitusgleich, bleibt man über dem Limit, bimmelt es auch noch. Und wir reden hier von 75 statt 70 km/h! Eine Geräuschbelästigung und akustische Penetranz, bei der man nach spätestens zwei Tagen die dafür zuständige Technik aus dem Armaturenbrett reißen will. Man kann das Ganze zwar über ein Menü deaktivieren, dennoch klingelt es weiter. Mit einem Wort: Unerträglich. Bitte dringend ändern!
Zum zweiten Pferdefuß des Tivoli wird sein unzeitgemäßer Verbrauch. Denn der KGM ist ziemlich gut am Glas, um es im Kneipenjargon zu sagen. Schon der Hersteller selbst gibt 7,8 Liter im Schnitt für den Fronttriebler mit Automatik und 18-Zöllern an. Selbst beim 16-Zoll-Schalter sind es noch 7,0 Liter. Wir ermittelten einen Verbrauch von 7,77 Liter. Das nennt man wohl Punktlandung.
Die Laune nach oben treibt die Preisgestaltung. Als "Nomad" mit Frontantrieb, Automatik und Metallic-Lack stehen exakt 21.590 Euro auf dem Zettel. Inklusive sind das Navi, Sitzheizung vorn, Rückfahrkamera und Einparkhilfe hinten, manuelle Klimaanlage und Tempomat. Plus fünf Jahre Garantie. Zum Vergleich: Ähnlich ausgestattet kommt ein Dacia Duster mit nur 100 PS und manuellem Getriebe auf 23.090 Euro.
Die Bemühungen von KGM, den angejahrten Tivoli frisch zu halten, sind aller Ehren wert. Vor allem der günstige Preis und die lange Garantie spricht für ihn. Starke Minuspunkte sind der hohe Verbrauch und die sehr nervige Geschwindigkeitsüberwachung. Für den Zwang, so etwas einzubauen, kann zwar KGM nichts. Aber andere Hersteller zeigen, wie man es deutlich feinfühliger gestalten kann. Inklusive direkter Taste zum Stummschalten.
So müssen wir konstatieren: Entweder einen Tivoli bis 2023 mit weniger nerviger Assistenz kaufen. Oder einen deutlich modernen Dacia Duster.