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BMW iX M60 im Test: Ultraschnell, aber reicht das?

Sehr viel Leistung trifft auf sehr viel Aufpreis. Wir klären, ob er sich lohnt

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Was ist das?

Tja, liebe Freunde der sportlichen Ästhetik - so sehen heutzutage M-Autos aus. Wobei das Gefährt, um das es gleich gehen soll, mehr Fusion bietet als ein handelsübliches Hipster-Restaurant. Kreuzt man i, X und M kommt genau das hier dabei heraus. Und bei maximal 619 PS und 1.015 Nm Drehmoment verzeiht man dem iX M60 vielleicht sogar sein Gesicht.

Leistung und Antlitz sind ziemlich gute Aufhänger, um das Wesen des bisher stärksten BMW-Stromers zu beleuchten. Ein elektrischer M soll nämlich ein ganz anderer Charakter sein als ein M mit Verbrennungsmotor. Da muss man laut BMW weniger differenzieren. Sowohl optisch, als auch in puncto Fahrverhalten.

Es geht wohl eher drum, mit dem M-Image Flagge zu zeigen. Und mit mordsmäßig viel Bumms. In den USA stehen die Kunden genau darauf und damit wissen Sie auch, wo der iX M60 den meisten Reibach machen soll. Für Europa beispielsweise rechnet man damit, dass nicht mal jeder zwanzigste iX das M auf dem Deckel tragen wird.

Johann Kistler, Vater und Koryphäe des iX-Projekts, sagt mir, dass die Leistungsentfaltung der größte Benefit gegenüber dem iX 50 sei. Dabei bietet er mit 397 kW Dauerleistung nur 12 kW mehr als der M-lose Bruder. Die schicken 455 kW/619 PS gibt es jeweils nur im Boost für 10 Sekunden. Allerdings haut der M60 mit 250 Nm mehr Drehmoment (im Sportmodus) auf den Tisch. Beim Launch-Control-Start liegen sogar 1.100 Nm an.

Genug für 3,8 Sekunden von 0 auf 100 km/h und standesgemäße 250 km/h Topspeed (iX 50: 4,6 Sekunden und 200 km/h). Endlich muss man sich auf der Autobahn also nicht mehr von jedem dahergelaufenen Kleinwagen versägen lassen. Allerdings sinkt die Reichweite bei solchen Ausflügen schneller als das Niveau im Nachmittagsprogramm von RTL2.

Kistler erzählt auch, dass der Schwerpunkt bei den normalen iX grundsätzlich auf dem Komfort liegt. Beim M-Modell habe man den Auslegungspunkt nun leicht in Richtung Sport verschoben. Das klingt nicht unbedingt nach den aller radikalsten Änderungen und genau so ist es auch.

Das Luftfahrwerk und die Hinterradlenkung sind im Topmodell serienmäßig dabei. Die Hardware ist im Prinzip die gleiche wie im iX 50. Allerdings erhält der M60 dickere und steifere Stabilisatoren und M-spezifisch angepasste Applikationen für die etwas direktere Lenkung und die Dämpfer.

Geben Sie es zu, Sie wollten schon immer mal wissen, wie BMW einen Dämpfer werkstunt, stimmt's? Nun hauptsächlich verengt man minimal den Durchfluss in den Ventilen, was zu einem etwas strafferen Setup und einer direkteren Ansprache führt.

Tja und sonst? Ich will ehrlich sein - das war's im Großen und Ganzen mit der M-isierung des großen Münchner Elektro-Raumschiffs. Innen ist das Auto im Prinzip unverändert (was gar nicht mal so gut ist, dazu gleich mehr) und auch von außen gibt sich der M60 auffällig unauffällig. Es gibt ein M60-Emblem am Heck, 22-Zöller mit Carbon-Flaps und ein paar kupferfarbene Leisten hier und da. Die sind eigentlich ganz passabel.

Auch das serienmäßige M-Sportpaket hilft der Optik auf die Sprünge. Gerade am Heck, das damit zu sowas wie einer ..naja.. "Schokoladenseite" des Autos mutiert. Für die meisten Betrachter - und ich habe wirklich fleißig Recherche betrieben - bleibt der iX aber auch im dezenten M-Trimm ein ziemlich krummes Ding. Die unsägliche Front, die nahezu texturlose, unlebendige Seitenlinie - man würde ihm so sehr wünschen, dass er nur halb so gut aussähe, wie er sich bewegt.

Hervorragende Überleitung. Wie bewegt er sich denn?

Natürlich müssen wir mit dem Antrieb starten, weil sich hier am meisten getan hat. Für die Nerds unter Ihnen: Für die Leistungssteigerung gegenüber dem iX 50 ist in Gänze der hintere Motor verantwortlich. Er besitzt hier einen 20 Millimeter längeren Rotor, größere Magnete und er wird sechsphasig angesteuert. Das bedeutet, man kann mehr Energie durchjagen und das bedeutet mehr Leistung.

Außerdem dreht der Motor schneller. Der M60 fährt ja auch schneller. Die Übersetzung vorne ist identisch zu der des iX 50, hinten ist sie größer. Die Batterie ist mit einer Kapazität von 105,2 kWh unverändert.

Die erwähnten 3,8 Sekunden für den 0-100-Sprint würde ich so eher nicht unterschreiben. Es fühlt sich wesentlich unbarmherziger an. Dieses Level an Vorwärtsdrang-Brachialität habe ich persönlich so noch nicht erlebt. Allerdings bin ich bisher weder Porsche Taycan Turbo S noch Tesla Model S Plaid gefahren. Gegenüber einem Tesla Model 3 Performance oder einem i4 M50 wirkt der "Wohin hat sich eigentlich gerade mein Magen verabschiedet"-Faktor wesentlich größer.

Und wesentlich länger. BMW war so selbstbewusst und ließ den Journalisten-Tross mit dem bisher schwersten M auch auf die Autobahn los. Der Schub zwischen 100 und 180 ist schlicht und ergreifend lächerlich. Nach 200 geht es erschreckenderweise mit sehr ähnlichem Elan weiter. Bis 242 km/h kam ich, aber 255 laut Tacho geht wohl auch. Es dauert nicht sehr lange. Der Verbrauch ist dann - ich erwähnte es - natürlich jenseits von gut und böse.

Und selbstverständlich stellt sich ganz unweigerlich die Frage nach dem Sinn einer solchen Ausgeburt. Damit meine ich einen rein elektrischen, nahezu fünf Meter langen, erhöhten 2,66-Tonner, der dank vierstelliger Drehmomentzahlen mit verblüffender Mühelosigkeit 250 Sachen brettert. Es ist ein bisschen, als würde man sagen, ich tue meinem Körper mal was richtig Gutes: Ich esse jetzt nur noch veganes Hack aber dafür 5x mehr als vorher.

Wobei man schon sagen muss, dass BMW das Thema Verbrauch recht gut im Griff hat. In Anbetracht von Leistung und schierem Ausmaß wohl sogar noch mehr als das. Insgesamt erreichte ich im Testfahrt-Mix aus Stadtverkehr, Landstraße und Autobahn inklusive mehrerer Beschleunigungsorgien und einer kleinen Vollgas-Ettape im Schnitt 24 kWh. Bei einer reinen Stadtfahrt mit Autobahnring (meistens 50 bis 80 km/h) waren es 15 kWh.

All das untermalt von einer ziemlich ulkigen Soundkulisse. Die Hans-Zimmer-Komposition fand ich beim ersten Hören eher seltsam, aber inzwischen macht sie beim Beschleunigen richtig Spaß und fühlt sich auf eine etwas bizarre Weise richtig an. Auch wenn es klingt, als hätte man einen fetten 8-Zylinder durch den Amiga-500-Rennspiel-Converter gejagt und dann eine fette Prise Starwars-Glitzer draufgestreut.

Kurvt er denn auch wie etwas, dass den Buchstaben M verdient?

Grundsätzlich fährt dieses Auto fantastisch. Jap, ich weiß, es ist ein 2,66 Tonnen schwerer Crossover-Wal und man sitzt ein wenig zu hoch, aber auch dieses BMW-Elektroauto beseitigt ein paar entscheidende Schwachstellen, die mich bei BMW-Verbrennern der jüngeren Vergangenheit gestört haben.

Sehr angenehm: Auch im iX M60 herrscht trotz sportlicherem Anstrich keinerlei Hibbeligkeit. Das fährt alles so ausgewogen, neutral, fein austariert, natürlich. Ohne den inzwischen schon typischen M-Holzhammer, aber trotzdem hochdynamisch, agil, akkurat. Und - 2 Euro ins Phrasenschwein - freilich liegt der Dicke wie ein Brett.

Die Lenkung ist nicht der Feedback-Vulkan, aber sie ist feinstens gewichtet. Wieder mal so viel besser als die übernervösen Lenkungen der traditionellen M-Fahrzeuge. Das vermittelt bei astrein flachem und couragiertem Handling eine Unerschütterlichkeit und Felsenfestigkeit, die einfach Freude bereitet und obendrein wahnsinnig zum Fahrkomfort beiträgt.

Apropos Komfort: Trotz der leichten Anpassungen am Fahrwerk in Richtung Kurvenlage federt das hier Modus-unabhängig so perfekt, wie es derzeit außer BMW wohl keiner hinbekommt. Die Dämpfung hat eine Qualität, über kurze Stöße, über lange Wellen, über dies und das und jenes, das ist einfach sensationell. Hut ab.

Wie ist er innen?

Eigentlich nicht anders als die restlichen iX-Varianten. Ich finde, BMW macht es sich hier ein wenig zu einfach. In Anbetracht eines iX M60-Einstiegspreises von 135.500 Euro reicht es irgendwie nicht, darauf zu verweisen, dass moderner Luxus eben reduzierter sei. Und der Trend zu skandinavischer Design-Schlichtheit klingt vielleicht im Prospekt recht vielversprechend, in der Realität fühlt sich das hier aber zu viel nach Ikea und zu wenig nach "swedish luxury homes" an.

Etwas zu viel Plastik an der Mittelkonsole und ein einzelnes etwas verloren wirkendes Holz-Paneel obendrauf sind hier ein gutes Beispiel. Obendrein kann man die kapazitiven Tasten auf besagtem Holzstück kaum ablesen, vor allem, wenn die Sonne scheint. Ärgerlich.

Auch die Vordersitze sind ein wenig problematisch. Sie sehen schon ganz schick aus, vor allem im gesteppten Leder-Trimm des M60, aber die Beinauflage ist zu kurz und sie bieten zu wenig Halt.

Bedientechnisch ist aber auch dieser BMW einmal mehr erste Sahne. Mit Ausnahme des besagten Holz-Paneels. Dass man jetzt auch in München immer mehr Knöpfe eliminiert, in diesem Fall für die Klimabedienung, ist halbwegs verschmerzbar, solange man uns den Dreh-Drück-Steller nicht wegnimmt.

Das Raumangebot ist auf allen Plätzen monumental und sehr luftig. Da hilft das reduzierte Design dann wieder. Auch Ablagen sind ausreichend vorhanden. Sehr schön: Das kleine Smartphone-Fach in den Türen.

Fazit: 8/10

Das neue Alpha-Tier der iX-Baureihe brilliert vor allem mit seinen absolut hanebüchenen Fahrleistungen. Hier ist schon nochmal ein deutlicher Sprung zum iX 50 zu bestaunen. Ansonsten sind die Unterschiede aber eher marginal. Und der Aufpreis von heftigen 33.000 Euro ist wohl kaum mit der vorhandenen Mehrausstattung zu rechtfertigen.

So ist der M60 also eher eine Liebelei für progressive M-Fans. Das ändert nichts daran, dass der iX mit dem M-Bonus ein unglaublich gutes Auto ist. Aber das sind die deutlich günstigeren iX-Varianten halt auch.


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