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Alfa Romeo 156 (1997-2007): Klassiker der Zukunft?

Trotz Frontantrieb eroberte der bildhübsche Wagen vor 25 Jahren die Herzen der Alfisti

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Es ist eines der erfolgreichsten Modelle in der Historie der Marke: Mehr als 680.000 Alfa Romeo 156 wurden zwischen 1997 und 2005 verkauft. 1998 feierte der 156 als erster Alfa den Titel "Auto des Jahres". Wir werfen einen Blick zurück auf die zeitlose Limousine und ihren Kombi-Bruder.

Fast eine Million Menschen nutzten vor 25 Jahren einen "Tag der offenen Tür" bei den Alfa-Romeo-Händlern, um im Spätherbst 1997 die Premiere einer wegweisenden neuen Limousine zu erleben - des 156. Und was sie sahen, überzeugte. Über 100.000 Bestellungen gingen innerhalb weniger Monate ein. Bis zum Produktionsende 2005 wurden schließlich mehr als 680.000 Stück gebaut. Diese Zahl macht den Alfa Romeo 156 zu einem der kommerziell erfolgreichsten Modelle in der 110-jährigen Geschichte der Marke.

Der internationalen Presse wurde der Alfa Romeo 156 in der portugiesischen Hauptstadt Lissabon vorgestellt. Die Botschaft war klar: Der 156 kombiniert dynamischen Stil mit einer perfekten Balance aus Leistung und sportlichem Fahrverhalten. Die Vorgaben für die Entwickler waren sehr ehrgeizig, das Resultat war eine der besten Mittelklasselimousinen mit Vorderradantrieb.

Seit 1933 war Alfa Romeo im Besitz der italienischen Staatsholding IRI (Istituto per la Ricostruzione Industriale), die 1986 die Marke an die Fiat Gruppe verkaufte. Wie bei nahezu allen industriellen Integrationsprozessen waren die ersten Jahre unter neuem Eigentümer hauptsächlich der Rationalisierung der Produktions- und Lieferketten gewidmet.

In den 1980er Jahren lautete das alles beherrschende Thema für die Automobilhersteller "Synergien schaffen". Fertigungsprozesse und Produkte wurden zunehmend standardisiert. Viele Komponenten wurden aus Kostengründen an mehreren Modellen gemeinsam genutzt. Die Designer waren verpflichtet, strenge Auflagen einzuhalten. Forderungen, wie die Form der Türen mehrfach zu verwenden, lähmten die Kreativität der Entwicklungsabteilungen.

Auch beim Publikum kam dieser Gleichteile-Trend nicht gut an. Viele Interessenten forderten wieder besser unterscheidbare Modelle. Daraufhin lockerten die Hersteller ihre Designregeln erneut, parallel dazu nahm die Bedeutung der Marken-Identität wieder zu. Dieser Wendepunkt hatte starken Einfluss auf das Autodesign am Übergang vom 20. ins 21. Jahrhundert.

Im Werk Arese, Heimat auch des Centro Stile, änderten sich die Technologien, die Menschen und der Produktionsprozess. Neue computergestützte Systeme für Design und die Fertigung von Prototypen wurden eingeführt. Das Team des Centro Stile war in den Konstruktionsprozess von Fahrzeugplattformen integriert und beteiligte sich auch an technologischen Entscheidungen. Die Strategie lautete: Was funktional ist, muss auch schön sein, und umgekehrt. Stil und Funktion gehören zusammen - bei Alfa Romeo bezeichnet als "notwendige Schönheit".

Das Centro Stile verantwortete nicht nur das Design eines einzelnen Modells, sondern ganzer Baureihen. So stellte Alfa Romeo 1995 das Schrägheck-Modell 145 vor, ein Jahr später ergänzte der 146 mit kurzem Stufenheck das Angebot der Marke im C-Segment. 

Den eigentlichen Wendepunkt markierte der Alfa Romeo 156. Der charakteristische Kühlergrill, das Scudetto, dominierte das Design der Fahrzeugfront. Die markanten vorderen Kotflügel strahlten Kraft und festen Stand auf der Straße aus. Die Dachlinie und das Verhältnis zwischen Glas und Metalloberflächen ähnelten eher einem Coupé als einer Limousine.

Betont wurde dieser Effekt durch die fast unsichtbar in die Türrahmen integrierten Griffe der hinteren Türen. Ein Trick, den später viele Firmen aufgriffen, etwa Renault beim Clio. Die sauberen Flanken betonten das schlanke und dynamische Profil des Alfa Romeo 156. "Er scheint sich zu bewegen, selbst wenn er steht", kommentierte Walter de Silva, zu dieser Zeit Leiter des Centro Stile Alfa Romeo.

Die Farbpalette des Alfa Romeo 156 enthielt experimentelle Lackierungen, die zuvor in ähnlicher Form beim Konzeptfahrzeug Carabo (1968) und beim Alfa Romeo Montreal (1970) zu sehen war. Die Designer des Centro Stile fanden Inspiration im benachbarten Werksmuseum, das damals im selben Gebäude wie heute untergebracht war. In Anlehnung an die Farbe des ausgestellten Alfa Romeo 8C 2900 B von 1938 erfanden sie den Mehrschichtlack Nuvola Blau, der mit einem Glimmereffekt das Auto regelrecht zum Glitzern bringt.

Der Alfa Romeo 156 war auch aus technischer Sicht ein außergewöhnliches Auto. Die Aufgabenstellung für die Entwickler war hier, Sportlichkeit und Frontantrieb miteinander in Einklang zu bringen.

Um dieses Ziel zu erreichen, wurden innovative Materialien in der Produktion verwendet, darunter Magnesium und Stahlbleche mit unterschiedlichen Stärken, sogenannte "Tailored Blanks". Die aufwändig konstruierte Vorderachse wies eine sogenannte Ackermann-Geometrie auf, die für ein direktes Lenkgefühl sorgte. Besondere Sorgfalt wurde auch auf die mechanische Abstimmung des Fahrwerks angewendet, das ein präzises Fahrverhalten garantierte.

Zum Start des Alfa Romeo 156 wurden sechs Motorvarianten angeboten. Ein V6-Benziner wurde von drei Twin-Spark-Aggregaten mit Doppelzündung begleitet. Diese Technologie, erstmals von Alfa-Romeo-Konstrukteur Giuseppe Merosi schon 1914 eingesetzt, war im Laufe der Jahre das Merkmal einer ganzen Reihe legendärer Motoren der Marke. Im 156 wurden zwei Zündkerzen pro Zylinder erstmals mit vier Ventilen kombiniert.

Die Vierzylinder-Benziner reichten von 1,6 bis 2,0 Liter Hubraum mit Leistungen zwischen 120 und 166 PS. Darüber rangierte der 2.5 V6 mit 190 (später 192) PS. Im Jahr 2002 folgte der 3.2 GTA mit dem legendären "Arese-V6". 250 PS und 300 Nm Drehmoment standen hier zu Buche, 6,3 Sekunden brauchte man auf Tempo 100. 

Der 156 war eines der ersten Serienautos der Welt, in dem Dieselmotoren mit Direkteinspritzung nach dem heute weit verbreiteten Common-Rail-Verfahren eingesetzt wurden. Die am Kürzel JTD erkennbaren Turbodiesel mit 1,9 beziehungsweise 2,4 Liter (105 bis 175 PS) Hubraum verblüfften Fachleute und Publikum gleichermaßen. Zum ersten Mal boten Dieselmotoren Leistung, Geräuschdämpfung und Komfort auf dem Niveau von Benzinern.

Der Alfa Romeo 156 eroberte weltweit die Herzen. 1998 gewann er als erstes Modell der Marke die international wichtigste Auszeichnung als "Auto des Jahres" in Europa.

2000 präsentierte man den 156 Kombi, "Sportswagon" genannt. In Verbindung mit dem Q4-Allradantrieb folgte später noch ein 156 Crosswagon mit 6,5 cm mehr Bodenfreiheit. Im Sommer 2003 kam der von Giugiaro überarbeitete 156 heraus, erkennbar am massiven Kühlergrill. Ab September 2005 wurde der 156 schließlich sukzessive vom 159 abgelöst. 

Die Rennversion des 156 feierte außerdem zahlreiche Erfolge im Motorsport. Innerhalb von zehn Jahren gewann sie insgesamt 13 internationale Titel.

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