Lohnt sich das Facelift für Dacias Elektro-Stadtflitzer?
Manchmal sind es die stillen Entwicklungen, die am meisten bewegen. Der Dacia Spring war von Anfang an so ein unaufgeregter Typ: ein Elektroauto, das nicht durch Glamour, sondern durch Alltagstauglichkeit, Sparsamkeit und einen pragmatischen Charme überzeugte. Doch auch im Segment der Kleinwagen bleibt die Zeit nicht stehen.
Mit dem aktuellen Spring 65 Extreme steht nun eine überarbeitete Version bereit, die nicht nur optisch, sondern auch leistungsmäßig zulegt. Zeit für einen Praxistest und einen direkten Vergleich mit dem knapp zwei Jahre alten, privat geleasten Spring 45 Essential.
Der Spring wurde nie für den roten Teppich konzipiert, sondern für den Supermarktparkplatz. Der 45 Essential verkörpert das Prinzip "quadratisch, praktisch, gut" - schlicht, funktional und ehrlich. Schwarze Schutzbeplankungen, Dachreling und 14-Zoll-Stahlräder mit Radzierblenden verleihen ihm eine leichte SUV-Anmutung, ohne jedoch große Aufmerksamkeit zu erregen, es sei denn, ein neugieriger Nachbar möchte den Preis wissen.
Der neue 65 Extreme hingegen präsentiert sich deutlich aufgewertet. Eine modernere Front, schärfere Scheinwerfer mit Y-Signatur und eine auffällige Camouflage-Folierung an Front und Heck sorgen für einen selbstbewussteren Auftritt, der an den größeren Duster oder Bigster erinnert.
Besonders hervorstechend sind kupferfarbene Akzente an den Außenspiegeln und im Innenraum, die dem kleinen Stromer eine gewisse Dynamik verleihen. Zwei Jahre Entwicklung liegen zwischen dem schlichten Pragmatismus des Vorgängers und dem urbanen Outdoor-Look des aktuellen Modells.
Das Einsteigen in den Spring 45 Essential gleicht einem Besuch bei vertrauten Bekannten: Man weiß, was einen erwartet - viel robustes Hartplastik, wenig Schnörkel, dafür alles solide verarbeitet. Die Sitze sind weich und bieten kaum Seitenhalt, aber es gibt überraschend viel Kopf- und Kniefreiheit - zumindest für Personen unter 1,80 Meter Körpergröße.
Im Fond wird es für normalgroße Erwachsene eng, für Kinder ist der Platz jedoch ausreichend. Ein Infotainment-System? Fehlanzeige. Hier fungiert das Smartphone als zentrale Steuereinheit, ein Touchscreen ist in der Basisausstattung nicht vorhanden, und Ablagemöglichkeiten sind rar.
Der 65 Extreme bringt spürbare Neuerungen in das Cockpit. Das Interieur wurde überarbeitet und wirkt, obwohl weiterhin kunststofflastig, deutlich moderner. Ein 7-Zoll-Digitalcockpit, ein 10-Zoll-Touchscreen und das YouClip-System verbessern die Funktionalität und das Ambiente erheblich.
Der Essential wirkt im direkten Vergleich fast antiquiert: keine Rückfahrkamera, kein Bildschirm, dafür ein Radio, das Nostalgie ausstrahlt. Praktisch ja, aber optisch wenig ansprechend. Sitzposition, Raumangebot und Übersichtlichkeit sind jedoch bei beiden Modellen gleichermaßen gut.
Mit 3,70 Metern Länge ist der Spring ein typischer Stadtflitzer. Parklücken, die andere für ungeeignet halten würden, sind für ihn kein Problem. Der Wendekreis von 9,6 Meter erleichtert das Manövrieren und die Übersicht ist dank der großzügigen Fensterflächen ausgezeichnet.
Der Kofferraum fasst 308 Liter (45 Essential: 290 Liter) und bei umgeklappter Rückbank über 1.000 Liter - ausreichend für den Wocheneinkauf oder den Transport von Getränkekisten. Im Alltag zeigt sich schnell, dass der Spring zwar kein Raumwunder ist, aber den vorhandenen Platz optimal nutzt.
Ein kleines, aber wiederkehrendes Ärgernis bei beiden Modellen ist die Kofferraumabdeckung, die beim Öffnen gerne aus ihrer Führung rutscht. Zudem fehlt dem alten Spring 45 eine Kofferraumbeleuchtung. Hier bietet das blanke Blech an den Seitenwänden jedoch die Möglichkeit, sich mit einem LED-Nachtlicht mit Magnethalterung zu behelfen.
Wie fahren sich die beiden Spring-Modelle im Alltag? Der Spring 45 Essential mit seinen 44 PS (33 kW) und 125 Nm Drehmoment ist klar für den urbanen Einsatz konzipiert. Im Stadtverkehr beschleunigt er überraschend zügig. Die Beschleunigung von 0 auf 100 km/h in 19,1 Sekunden klingt auf dem Papier wenig beeindruckend, ist aber für den Stadtverkehr völlig ausreichend.
Außerhalb geschlossener Ortschaften oder auf der Autobahn wird die Beschleunigung jedoch träge. Die Lenkung ist in der Stadt angenehm leichtgängig, wirkt bei höheren Geschwindigkeiten jedoch etwas synthetisch. Das Fahrwerk ist straff abgestimmt, was auf schlechten Straßen spürbar ist - jede Unebenheit wird wahrgenommen, jedoch nicht unangenehm hart.
Eine Besonderheit ist das Fehlen einer "P"-Stellung für das Getriebe, hier muss die Handbremse genutzt werden. Seine Höchstgeschwindigkeit von 125 km/h erreicht er zwar, die Fahrt dorthin fühlt sich jedoch eher wie ein Langstreckenflug in der Economy Class an. Gerade von 80 auf 120 wird es sehr zäh.
Der Spring 65 Extreme spielt hier in einer etwas höheren Liga. Mit 65 PS (48 kW) und 113 Nm Drehmoment (interessanterweise etwas weniger Drehmoment, aber mehr Leistung) wirkt der kleine Fronttriebler agiler. Der Sprint von 0 auf 100 km/h verkürzt sich auf 13,7 Sekunden - ein signifikanter Unterschied, der sich besonders beim Überholen oder Einfädeln auf Landstraßen bemerkbar macht.
Auch er ist primär für die Stadt konzipiert, die zusätzliche Leistung erhöht jedoch seine Flexibilität. Bis etwa 70 km/h zieht er munter davon, danach wird es auch hier gemächlicher. Die Höchstgeschwindigkeit bleibt bei 125 km/h, was für kurze Autobahnabschnitte gerade noch akzeptabel ist, auf längeren Fahrten wünscht man sich jedoch mehr Durchzug.
Das Federungsverhalten ist im Ganzen okay, manchmal etwas rumpelig, und Windgeräusche sind bei höheren Geschwindigkeiten deutlich hörbar. Ein Detail, das sowohl der alte auch als der neue Spring besitzen: Weder Fahrer- noch Beifahrersitz sind höhenverstellbar.
Beide Spring-Modelle nutzen eine 26,8 kWh (netto) große Batterie, die für ihre Größe beachtliche Reichweiten ermöglicht. Der Spring 45 Essential erreicht laut WLTP eine kombinierte Reichweite von 230 Kilometern, im reinen Stadtverkehr sind es sogar beachtliche 305 Kilometer. Dies macht ihn zu einem idealen Pendler- oder Zweitwagen, der selten geladen werden muss.
Seine minimale, aber entscheidende Mehrreichweite - gleicher Akku, aber weniger Leistung - ist ein echter Vorteil. So sind die 175 Kilometer vom Home-Office ins Büro und zurück selbst bei Tempo 100 auf der Autobahn machbar. Beim Spring 65 Extreme hätten unter diesen Bedingungen knapp 20 Kilometer Reichweite gefehlt - ein entscheidender Faktor für diese Pendelstrecke. Das Laden erfolgt serienmäßig über einen 3,7-kW-AC-Lader, der den Akku in rund 6 Stunden und 39 Minuten von 0 auf 80 Prozent füllt. Eine DC-Schnellladeoption fehlt hier.
Der aktuelle Spring 65 Extreme bietet mit 228 Kilometern WLTP-Reichweite auf dem Papier fast identische Werte, bei einem leicht geringeren Verbrauch von 13,2 kWh/100 km (gegenüber 13,9 kWh/100 km beim 45er). Der entscheidende Fortschritt ist die optionale DC-Schnellladefunktion mit bis zu 30 kW. Das ist zwar kein rekordverdächtiger Wert, aber er ermöglicht es, den Akku in etwa 45 Minuten von 20 auf 80 Prozent zu laden - ein echter Game Changer auf längeren Fahrten oder wenn es mal schnell gehen muss.
Wer also auch mal über die Stadtgrenzen hinaus will, findet hier einen deutlichen Mehrwert. Im Vergleich zu Konkurrenten wie dem Hyundai Inster oder dem Leapmotor T03 positioniert sich der Spring damit weiterhin als extrem kostengünstiger, aber nun flexiblerer Kandidat.
Der 45 Essential gibt sich spartanisch: Klimaanlage, elektrische Fensterheber, ein simples Radio - das wars. Wer mehr will, wie etwa einen vernünftigen Becherhalter oder gar einen Frunk, muss basteln oder zum Zubehör greifen. Der Extreme 65 dagegen punktet mit Features wie Touchscreen, Smartphone-Integration, Rückfahrkamera, Sitzheizung, ordentlichen Ablagemöglichkeiten und sogar Gummimatten für den Ausflug ins Gemüsebeet.
Auch die Assistenzsysteme wurden aufgerüstet: Notbremsassistent, Spurhalter, Verkehrszeichenerkennung - das alles ist jetzt Serie. Von der Einparkhilfe bis zum Cupholder mit System: Der neue Spring denkt mit. Auch wenns für die große Tour mit Familie dann doch noch bessere Alternativen gibt.
Hier spielt der Spring seine Trumpfkarte aus. Mein privat geleaster 45 Essential kostet mich knapp 89 Euro im Monat bei 10.000 Kilometern pro Jahr. Der neue 45 Essential startet bei Dacia direkt bei 97 Euro im Monat, als 65 Extreme werden stolze 160 Euro monatlich fällig. Die Betriebskosten sind minimal, Versicherung und Steuer kaum der Rede wert, und der Stromverbrauch bleibt im Rahmen. Wer ein Auto sucht, das günstiger fährt als ein Monatsticket für den Nahverkehr, ist beim Spring immer goldrichtig.
Wer mehr Reichweite, Ausstattung oder Fahrdynamik sucht, findet Alternativen: Der Leapmotor T03 punktet mit mehr Platz und moderner Technik, kostet aber auch mehr. Der Hyundai Inster spielt eine Liga höher und bietet mehr Komfort, ist aber preislich schon fast ein Statement. Und wer gar kein Elektro will, sollte mal beim Dacia Sandero Essential vorbeischauen - der bleibt als Verbrenner der König der Preis-Leistungs-Liga.
Der Dacia Spring bleibt, was er immer war: der ehrlichste E-Kleinwagen für die Stadt. Unser privater 45 Essential ist der Inbegriff von Minimalismus, bestens geeignet als Zweitwagen, Pendlerauto oder für alle, die nichts überflüssig finden. Der neue 65 Extreme bringt all das mit, plus eine Prise Komfort, mehr Power und die Technik, die das Leben einfacher macht.
Wer über die Stadtgrenzen hinaus will, wird den DC-Lader schätzen. Wer mehr als nur ein Fortbewegungsmittel sucht, bekommt mit dem 65er einen runderen Alltagsbegleiter. Trotzdem: Der Spring bleibt kein Leapmotor T03, kein Hyundai Inster, aber er ist auch nicht teuer. Und Dacia arbeitet bereits am kommenden Spring-Nachfolger für unter 18.000 Euro.