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Lotus Emeya S (2025) im Test: Ist das noch ein echter Lotus?

Die alten Fans der Marke jaulen auf. Hat die Limousine das Potenzial, neue Fans zu gewinnen?

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Sie sind Autoliebhaber und denken an den Namen Lotus. Ganz ehrlich, da kommen Ihnen doch leichte Sportwagen aus alten Zeiten in den Sinn. So ging es mir auch, als ich vor einiger Zeit beim Laden einen Lotus Eletre sah. Groß, SUV, elektrisch, über 2,5 Tonnen schwer. Firmengründer Colin Chapman muss sich bei diesem Anblick im Grabe umdrehen, dachte ich.

Und machte meine Meinung auf LinkedIn publik. Die Folge: Diskussionen, viele Klicks - und eine erstaunliche Reaktion von Lotus selbst. Man bot mir an, für einige Tage den Emeya zu fahren. Gewissermaßen die Limousinen-Version des Eletre. Getreu dem Motto: Erst fahren, dann meckern. Hoch auf dem gelben Wagen, wie die Fotos zeigen. Konnte mich das "neue Lotus" überzeugen? 

Lotus Emeya S (2025) im Test

Bevor wir uns den Emeya (der Name soll ein Gefühl von Freiheit, Inspiration, Energie und Träumen vermitteln. Na dann ...) im Speziellen widmen, ein kurzer Abriss zur jüngsten Geschichte der Marke Lotus. Ende Mai 2017 übernahm der chinesische Autokonzern Geely, dem unter anderem auch Volvo gehört, die Mehrheit bei Lotus. Im April 2021 gab Lotus Pläne bekannt, bis 2028 ausschließlich Elektroautos zu produzieren und die Produktionszahlen von rund 1.500 pro Jahr auf Zehntausende zu steigern.

Im Gesamtjahr 2024 konnte das Unternehmen mit über 200 Händlern weltweit exakt 12.134 Einheiten verkaufen, was einem Anstieg von 74 % gegenüber dem Vorjahr entspricht. Und mehr als etwa bei Maserati ist.

Schnelle Daten Lotus Emeya 600 GT (früher S) Antrieb 225 kW (306 PS) vorne und hinten, 450 kW (612 PS) gesamt, 710 Nm Systemdrehmoment 0 - 100 km/h / Höchstgeschwindigkeit 4,15 Sek. / 250 km/h WLTP-Verbrauch 18,7 kWh/100 km Akku (netto) 102 kWh WLTP-Reichweite 500 - 580 km Ladeleistung AC/DC 22 kW / 350 kW DC-Ladedauer (10 - 80 %) 18 Min. Preis 107.990 Euro

Der europäische Markt trug fast 40 % zu den Gesamtauslieferungen bei. Mit der Markteinführung des Eletre und dem Beginn der Auslieferungen des Emeya Mitte 2024 erzielte der europäische Markt eine Wachstumsrate von 179 % gegenüber dem Vorjahr, wodurch Europa 2024 zum größten globalen Markt des Unternehmens wurde. Gut 380 Lotus-Elektroautos entfielen auf Deutschland, derzeit gibt es sieben Händler. Es sollen aber mehr werden.

China, der zweitgrößte Markt für Lotus, trug trotz des verschärften Wettbewerbs und des wirtschaftlichen Abschwungs 25 % zu den Gesamtlieferungen bei. Im Februar 2025 wurden Eletre und Emeya überarbeitet und attraktiver eingepreist. "Unser" Emeya S heißt nun Emeya 600 GT und startet bei 107.990 Euro, gut 20.000 Euro günstiger als bislang. An den Eckdaten ändert sich aber nichts: 450 kW gleich 612 PS, Reichweite zwischen 500 und 580 Kilometer.

Exterieur

Schon beim ersten Emeya-Kontakt merkt man: Der Wagen fällt stark auf (in Solar-Gelb für 2.550 Euro extra umso mehr) und ist enorm groß. 5,14 Meter Länge und 2,01 Meter Breite sind Mercedes-EQS-Niveau. Netterweise sind unzählige Kameras serienmäßig an Bord, die bei Parkvorgängen den Schweiß etwas reduzieren. Trotzdem: Aus unserer Sicht wäre ein kleinerer Emeya-Bruder im EQE-Format interessant.

Bei Fans werden Abmessungen und Optik sicherlich für Diskussionen sorgen. Meine Meinung: Eine besondere Note ist dem Emeya nicht abzusprechen. Und so mancher Lotus-Entwurf (etwa der Eclat) war auch mindestens eigenwillig. Apropos: Wie alle digitalen Außenspiegel sind auch jene am Emeya keine gute Lösung, auch wenn die Monitore innen etwas besser platziert sind als bei Audi. Sparen Sie sich einfach die 2.500 Euro Aufpreis.

Abmessungen Lotus Emeya 600 GT (früher S) Länge 5.139 mm Breite 2.005 mm Höhe 1.459 mm Radstand 3.069 mm Leergewicht 2.550 kg Gesamtgewicht k.A. Anhängelast 2.250 kg Kofferraumvolumen 426 - 1.388 Liter plus 31 Liter Frunk

Interieur

Das Geld ist in der individuellen Gestaltung des Innenraums besser angelegt. Unser Testfahrzeug gab sich mit Leder und Alcantara nobel ausstaffiert, sogar an nicht sofort sichtbaren Stellen. Hier und da könnte etwas Feinarbeit nicht schaden, doch vor Audi oder Mercedes muss sich Lotus in diesem Punkt nicht verstecken. Typisch für ein Auto aus China ist der große Touchscreen in der Mitte, über den viele Funktionen gesteuert werden.

Die Bedienung des Maxi-Bildschirms ist gut, insgesamt gibt sich das Cockpit nicht so reduziert wie etwa im Volvo EX30. Dafür sorgt ein kleines Info-Display vor dem Fahrer im Stil des VW ID.7. Auch der Beifahrer bekommt einen schmalen Balken. Ein wenig schöner hätten wir das Head-up-Display integriert, zudem könnten die physischen Lenkradtasten eindeutiger definiert sein. Praktisch ist der kleine Gangwahlhebel auf der breiten Mittelkonsole.  

Am Platzangebot gibt es nichts zu kritisieren, alles andere wäre bei 3,07 Meter Radstand auch verwunderlich. Die Rücksitze lassen sich elektrisch verstellen. Unter die große Heckklappe passen 426 bis 1.388 Liter Gepäck, in den Frunk 31 Liter. Man kann mit dem Emeya sogar viel ziehen: Bis zu 2.250 Kilogramm, die Anhängerkupplung kostet 1.500 Euro.

Fahreindrücke

Ab geht die gelbe Post! In 4,2 Sekunden sprintet der Emeya S alias 600 GT auf Tempo 100, den Sport-Modus vorausgesetzt. Dank 710 Newtonmeter Drehmoment natürlich keine große Kunst. Wer es noch brachialer mag: 2,8 Sekunden schafft der stärkste Emeya. Doch die "Normalversion" ist eigentlich völlig ausreichend, trotz des Gewichts von 2,5 Tonnen. Die Beschleunigung ist sehr flott, ohne den Fahrer zu überfordern. 

Was Lotus-Gründer Colin Chapman vielleicht gefallen hätte, ist die sehr präzise und schön ansprechende Lenkung des Emeya. Beim Fahren helfen die Spuranzeige im HUD und die konturierten Kotflügel dabei, den breiten Wagen in der Spur zu halten.

Da wir übrigens gerade über das Gewicht sprachen: Leichter sind ein Mercedes-AMG C 63 oder ein BMW M5, beide mit Plug-in-Hybrid, auch nicht. Man gewöhnt sich an die Größe des Emeya recht schnell, er ist zudem dank Hinterradlenkung (serienmäßig beim 600 Sport SE, ab 129.990 Euro) handlicher, als man von außen denkt. Speziell im Sport-Modus sind das Handling und das Lenkgefühl nochmal verbindlicher.  

Positiv ist die sehr leise Geräuschkulisse sowie der gute Abrollkomfort trotz montierter 22-Zoll-Bereifung. Und für ein Auto aus China überraschend: Die unzähligen Assistenzsysteme halten sich akustisch zurück.   

Verbrauch/Reichweite/Laden

Für den Verbrauch nennt der Hersteller einen WLTP-Wert von 18,7 kWh auf 100 Kilometer. Wir schafften 20,7 kWh, was für die Größe und das Gewicht des Emeya immer noch okay ist. 

Rasante 18 Minuten von 10 auf 80 Prozent an einer 350 kW-Ladesäule gibt Lotus offiziell an, um den 102-kWh-Akku zu laden. Wir erreichten leider nur einen Peak von 166 kW. Die Folge: 22 Minuten von 47 auf 92 Prozent. Auch bei der Reichweite lagen wir mit 460 Kilometer unter der Werksangabe.

Preis

107.990 Euro für den Emeya 600 GT, das Basismodell in Deutschland, ich erwähnte es bereits. Inklusive ist hier schon eine sehr gute Grundausstattung, mit einigen Extras im Bereich der Individualisierung liegt man bei etwa 120.000 Euro. Klar, die muss man auch erst einmal haben. Aber die unmittelbare Konkurrenz ist kaum günstiger.

Im Gegenteil: Der stärkste Mercedes EQS alias 580 4Matic mit 400 kW Leistung startet bei rund 142.000 Euro, ein vergleichbarer Porsche Taycan 4S mit ebenfalls 400 kW kostet mindestens 122.000 Euro. 

Fazit: 

Der Lotus Emeya punktet fahrdynamisch und muss sich auch in anderen Bereichen nicht vor seinen deutschen Rivalen verstecken. In Relation zu diesen ist auch der Preis attraktiv. Ob einem das Design gefällt, ist eine Sache des persönlichen Geschmacks. Nur am Ausbau des Händlernetzes sollte Lotus noch arbeiten. 

Aus unserer Sicht hat die Marke bereits jenen Paradigmenwechsel vollzogen, den Jaguar ab 2026 noch plant. Jedoch hatte Lotus deutlich weniger zu verlieren. Womöglich sehen ja einige Katzenfreunde künftig gelb. 

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