Wie schlägt sich die Performance-Version auf der Langstrecke?
Namen sind Schall und Rauch. Dieses Zitat stammt wie so manch geflügeltes Wort aus Goethes "Faust". Allerdings gab es bei Audi vor nicht allzu langer Zeit viel Schall und Rauch um Namen. Der Plan: Gerade Ziffern für Elektroautos, ungerade für Verbrenner. Aber beim A6 meuterten Verkäufer wie Kunden, sodass es nun einen neuen A6 mit Verbrenner und einen mit Elektroantrieb gibt. Unterscheidungsmerkmal: e-tron.
Was im Fall unseres Testwagens zu einer ellenlangen Bezeichnung führt, die zum Glück nicht aufs Heck gepresst wurde: Audi A6 Avant e-tron performance (offiziell beides klein geschrieben). Also gehobene Mittelklasse als Kombi mit reinem E-Antrieb in der mittleren Leistungsstufe mit 280 kW Leistung. Sowie zwischen 627 und 720 Kilometer Reichweite laut Werksangabe. Horch! Das wäre für den alten Goethe auf seiner "Italienischen Reise" gut gewesen.
Doch gut 240 Jahre später soll uns der Elektro-Avant lediglich von München ins hessische Alsfeld und zurück bringen. Pro Strecke etwa 440 Kilometer. Empfiehlt sich der große Audi als Langstrecken-Gleiter?
Von außen ist der vor gut einem Jahr präsentierte A6 Avant e-tron klar als Audi identizierbar, einzig die zugunsten der Aerodynamik arg rundgelutschte Frontpartie wirkt etwas beliebig. Wie bei fast allen neuen Elektroautos verzichtet auch der A6 e-tron weitestgehend auf Chrom. Schade, denn das würde wie bei früheren Verbrenner-A6 gerade am Grill für Akzente sorgen.
Insgesamt tritt der A6 Avant e-tron wuchtig auf, ohne ganz die üppigen Dimensionen eines BMW i5 zu erreichen. Unser Testfahrzeug war übrigens mit 21-Zoll-Bereifung im Format 245/40 unterwegs. Aufpreis mitsamt der abgedunkelten Sportfelgen: 1.050 Euro (in Verbindung mit S line-Exterieur). Ob das nötig ist, muss jeder selbst entscheiden. Gleiches gilt für das 2.100 Euro teure S line-Exterieurpaket. Ach ja: Die Lackierung nennt sich "Siambeige Metallic" und kostet 990 Euro.
Innenräume bei Audi. Ein heiß diskutiertes Thema seit dem A5. Wie sieht es beim A6 e-tron hinsichtlich Materialgüte, Verarbeitung und Qualität aus? Einen billigen Eindruck macht das Cockpit nicht, alles ist solide gefertigt und gibt beim Klopftest keinen Grund zur Klage. Stoff und (in unserem Fall) Aluminium sollen das Ambiente aufwerten.
Das gelingt aus unserer Sicht nur halb. Auch weil selbst die Holzalternative eher blass wirkt. Klar, Licht ist das neue Chrom, auch im A6 e-tron. Aber gemessen am Testwagenpreis von über 100.000 Euro würden wir uns mehr Glanz in der Hütte wünschen. Oder um einen Kollegen zu zitieren: Klavierlack ist dermaßen 2020 ...
Etwa so wie im alten Audi A6 Verbrenner. Wir wollen aber auch nicht verschweigen, dass es Kollegen gab, die das Cockpit als "schön" mit "angenehmen Materialmix" empfanden. Es ist eben alles eine Frage des persönlichen Geschmacks. Einhellig kritisiert wurde die schlechte Übersicht aufgrund der recht kleinen Fenster, ohne Kameras läuft wenig. Absolut überflüssig sind die digitalen Außenspiegel, deren Displays innen viel zu tief angebracht sind. Während der Blick nach rechts noch einigermaßen funktioniert, wandern die Augen links immer von der Straße weg auf den Bildschirm.
Zwar zeigen die Farben Grün, Gelb und blinkendes Gelb an, wann ein Spurwechsel geht und wann nicht. Geben sie die 1.450 Euro für die Option "Virtuelle Außenspiegel" (Code PAF) für irgendetwas Sinnvolleres aus oder sparen sie sich das Geld ganz.
Was gilt es sonst noch festzuhalten? Das Platzangebot im Fond ist gut, jedoch im Bereich der Beinfreiheit nicht allzu opulent. Die Touchtasten in der Tür wirken billig und sind zudem anfällig für bleibende Fingerabdrücke. Auch im Lenkrad finden sich Touchtasten, sie geben immerhin einen Druckpunkt als Rückmeldung. Es gibt im Cockpit noch einige echte Knöpfe, aber die Klimatisierung ist nur über den (zum Glück großen) Touchscreen regulierbar. Ohne Fehl und Tadel: Das werksseitige Navi mit Google-Unterstützung.
Wie nicht anders zu erwarten, punktet der A6 e-tron Avant performance auf der Autobahn. Hier erweisen sich sowohl der adaptive Tempomat mit Verkehrszeichenerkennung als auch die adaptive Spurführung als echte Trümpfe. Bis etwa 160 km/h ist der Wagen sehr leise. Zu den Pluspunkten zählen zudem die direkt ansprechende Lenkung und das ausgewogene Fahrwerk mit viel Komfort. Beim Bremsen hingegen merkt man das Gewicht von knapp 2,2 Tonnen deutlich.
Anders beim Beschleunigen: Mühelos zieht der Audi auf Richtgeschwindigkeit, Reserven zum zügigen Überholen inklusive. Aus unserer Sicht braucht es die stärkeren und noch teureren Varianten da nicht wirklich.
14,8 bis 17,0 kWh auf 100 Kilometern gibt Audi ab Werk beim Verbrauch an. In diese Regionen kann man bei konstantem Tempo 100 durchaus kommen, wir erreichten 16,3 kWh. Auf der Autobahn ist aber auch eine 2 als Ziffer nicht selten, zumal mit der 21-Zoll-Bereifung. Unser Schnitt auf der Langstrecke: 18,5 kWh, für ein Fahrzeug dieser Größe absolut respektabel.
Und der Ladevorgang? Maximal 270 kW kann der A6 e-tron Avant performance tatsächlich ziehen, allerdings nur für kurze Zeit. Dann sinkt die Ladekurve beständig, bei 80 Prozent liegen noch 42 kW an. Unsere Stopps dauerten zwischen 16 Minuten (40 auf 83 Prozent) und 27 Minuten (14 auf 88 Prozent) bei warmen Außentemperaturen.
Reichweiten von über 600 Kilometer konnten wir aber nicht generieren und lagen zwischen 400 und 535 Kilometer. Doch angesichts der Ladegeschwindigkeit des Audi ist das kein allzu gravierendes Manko. Sehr praktisch: Es gibt Ladeanschlüsse auf beide Seiten des Fahrzeugs, rechts aber nicht für DC.
Gut fünf Meter Auto waren bei Audi schon immer teuer und sind es auch im Jahr 2025. Gleichzeitig ist die A6-Klasse unabhängig vom Antrieb ein beliebter Dienstwagen. Bedeutet: Der reine Barpreis ist für die Versteuerung wichtig, ansonsten zählt die Leasingrate. In Deutschland reicht die 0,25-Prozent-Besteuerung von Firmenwagen inzwischen bis 100.000 Euro.
Wie schon erwähnt, startet der A6 e-tron Avant performance bei rund 80.000 Euro. Das sind gut 7.500 Euro mehr als beim gleichstarken A6 Benziner. Die Preisliste ist lang, viele Extras sind jedoch eher kosmetischer Natur oder wie die digitalen Außenspiegel schlicht überflüssig. Wir empfehlen das adaptive Luftfederfahrwerk in Verbindung mit dem Tech-pro-Paket (leider saftige 8.250 Euro Aufpreis) Sportsitze mit 4-Wege-Lendenwirbelstütze (ab 460 Euro) und das Klimatisierungspaket Winter für 770 Euro.
Hohe Ladeleistung, akzeptabel bei Verbrauch und Reichweite, noch ausbaufähig bei den Materialien innen: Der Audi A6 e-tron ist ein gutes Premiumauto. Wer sich bewusst für ihn entscheidet, kann damit glücklich werden. Allerdings hat das alles auch ein üppiges Preisschild, wenngleich sich die Serienausstattung sehen lassen kann.
Wir vermuten jedoch, dass kaum ein A6 e-tron komplett bar bezahlt wird. Für den Avant spricht das bislang noch überschaubare Konkurrenzumfeld der Elektro-Kombis: BMW i5 Touring und VW ID.7 Tourer. Beide bieten aber keine 800-V-Technik.