Der Kleinwagen war seiner Zeit voraus, vor allem als 3L TDI. So fährt er sich heute
Wer zu spät kommt, den bestraft das Leben. Dieser Satz wird Michail Gorbatschow zugeschrieben. Doch auch wer zu früh kommt, wird bestraft. Nicht, was sie jetzt vielleicht denken ... wir meinen jene Autos, die ihrer Zeit weit voraus sind und daher scheitern. Vor 25 Jahren, also 1999, gibt es gleich zwei umstrittene Neuvorstellungen: Den Fiat Multipla und den Audi A2. Letzteren sind wir jetzt gefahren.
Zum Audi A2 ist schon viel veröffentlicht worden, sogar in Buchform. Und auch dieser Bericht könnte sie eine Stunde am Bildschirm beschäftigen. Deshalb hier zunächst einmal die wichtigsten Fakten zum A2 im Telegramm-Stil:
Der Audi A2 ist ein Kleinwagen mit innovativem Leichtbaukonzept, der zwischen 1999 und 2005 produziert wird. Seine Karosserie besteht vollständig aus Aluminium, dem sogenannten Audi Space Frame. Durch diese Bauweise wiegt das Fahrzeug je nach Variante zwischen etwa 895 und 1.050 Kilogramm. Ziel ist eine maximale Effizienz bei möglichst niedrigem Verbrauch.
Mit einer Länge von rund 3,83 Meter, einer Breite von 1,67 Meter und einer Höhe von 1,55 Meter zählt der A2 zu den Kleinwagen, bietet aber dank eines Radstands von 2,40 Metern und eines durchdachten Packagings ein erstaunlich großzügiges Raumangebot. Das Kofferraumvolumen liegt zwischen 390 und 1.085 Liter. Der Luftwiderstandsbeiwert beträgt günstige 0,28.
Audi bietet den A2 mit verschiedenen Benzin- und Dieselmotoren an. Zu den Benzinern zählen ein 1,4-Liter-Motor mit 75 PS und der 1.6 FSI mit Direkteinspritzung und 110 PS. Die Dieselmotoren umfassen den 1.4 TDI mit 75 oder 90 PS sowie den besonders sparsamen 1.2 TDI mit 61 PS. Letzterer ist als A2 1.2 TDI 3L (parallel zum VW Lupo 3L) als "3-Liter-Auto" ausgelegt und verbraucht unter optimalen Bedingungen etwa drei Liter Diesel auf 100 Kilometer.
Effizienzmaßnahmen wie eine Start-Stopp-Automatik, rollwiderstandsarme Reifen und aerodynamische Optimierungen sorgen dafür, dass die CO₂-Emissionen bei diesem Modell unter 90 Gramm pro Kilometer liegen.
Auffällig ist der A2 auch durch seine konstruktiven Besonderheiten. Eine klassische Motorhaube fehlt; stattdessen gibt es eine Serviceklappe, die Zugang zu Öl- und Wischwasserbehälter bietet. Trotz seiner technischen Innovationskraft und der für damalige Verhältnisse herausragenden Verbrauchswerte bleibt der große kommerzielle Erfolg aus.
Der vergleichsweise hohe Preis und das ungewöhnliche Design wirken abschreckend auf viele Käufer. Heute gilt der Audi A2 als Vorreiter moderner Leichtbau- und Effizienzkonzepte und erfreut sich unter Technikinteressierten und Fans sparsamer Fahrzeuge weiterhin großer Beliebtheit.
Sichtbar ist das vor allem in und um Ingolstadt, wo wir aus den Händen der Audi Tradition "unseren" A2 1.2 TDI 3L entgegennehmen. Als jemand, der diesen Audi einst noch als Neuheit erlebt hat, empfinde ich ihn nicht als alt. Eher vertraut. Was natürlich auch zeigt, wie zeitlos-modern das Design der Herren Sielaff, Donckerwolke, Schreyer und Pfefferle ist. Anekdote am Rande: Der komplexe Einarm-Scheibenwischer mit seinen zwei Gelenken wird gerne mal geklaut, verrät man uns hinter vorgehaltener Hand.
Was bereits auf den ersten Blick auffällt: Zur Reduzierung des Verbrauchs des A2 TDI 3L hat Audi serienmäßig besonders leichte Räder aus einer Aluminium-Magnesium-Legierung und Reifen der Größe 145/80 R14 mit geringem Roll- und Luftwiderstand verbaut. In Zeiten von 18 Zoll selbst an Kleinwagen wirkt das ungewohnt. Apropos Kleinwagen: Obwohl heute selbst ein Suzuki Swift länger ist, macht der A2 gar keinen so kleinen Eindruck. Oder wenn man es flapsiger formulieren will, nichts erinnert an mobile Armut, Gehhilfe, Einkaufswagen mit Motor.
Spätestens im Innenraum merkt man schnell, warum der Audi A2 vor 25 Jahren bei rund 30.000 DM startet. Sogar fast 36.000 Mark sind für den A2 3L fällig, als dieser im Mai 2001 auf den Markt kommt. Weil nur gut 56.000 Kilometer gelaufen, gibt es im Cockpit nicht einmal die sonst für diese Baureihe typischen Softlack-Abscheuerungen. Wobei das vor allem jene A2 betrifft, die (insbesondere als Diesel ohne 3L) locker die 300.000-Kilometer-Marke knacken.
Aber unser A2 erinnert wohlig an die Anfänge der Premium-Ära bei Audi. Der Begriff "aus dem Vollen gefräst" ist abgedroschen, hier stimmt er aber wirklich. Hochwertig, solide, ansprechend: Damals stimmt der Gegenwert. Zudem erklärt sich das Cockpit fast von selbst, die Rätsel in Untermenüs riesiger Displays gibt es hier nicht. Platzangebot? Großzügig, auch ohne den subjektiven Eindruck vieler Autos, die hoch bauen. Vorne sitzt man hoch, aber nicht zu hoch. Hinzu kommt eine gute Sicht nach hinten durch das geteilte Heckfenster ohne Scheibenwischer. Wo ist eigentlich der Fortschritt im Jahr 2025 geblieben?
Und noch ein Punkt, der in Zeiten schwerer Elektroautos beeindruckt: Der A2 3L wiegt auf dem Papier nur 855 Kilogramm. Möglich macht es ein typisch deutsches "Overengineering" jener Tage: Das Getriebegehäuse ist aus Magnesium statt aus Aluminium, hohlgebohrte An- und Abtriebswellen, weshalb das Getriebe nur 34 Kilogramm wiegt. Dazu ein verstärkter Anlasser, da der A2 3L ein damals noch ungewohntes Start-Stopp-System hat. Alle technischen Änderungen können Seiten füllen ...
Dann wollen wir mal loslegen. Deutlich nagelnd nimmt der Pumpe-Düse-Diesel seine Arbeit auf. Das automatisierte Getriebe wird, wie im gleich motorisierten VW Lupo 3L, hydraulisch über einen Gangsteller betätigt. Das Steuergerät ist auf möglichst frühes Schalten programmiert. Im zuschaltbaren Eco-Modus wird beim Gas-Wegnehmen automatisch in den Freilauf geschaltet, um keine Energie durch Motorbremswirkung zu verlieren. Zusätzlich wird auch die Start-Stopp-Automatik aktiviert, die nach vier Sekunden Stillstand den Motor abstellt.
Beim Wechsel in den Automatikmodus wird automatisch auf Eco-Modus umgeschaltet, wodurch zusätzlich ein sparsameres Motormanagement mit maximal 33 kW (45 PS) Leistung aktiviert wird. Es ist aber möglich, mittels Tiptronic-Schaltgasse die Gänge manuell zu schalten. Schnell merkt man beim Fahren zweierlei: Die Getriebeübersetzung ist sehr lang, manchmal denkt man bei knapp über 1.000 U/min, der Motor stirbt gleich ab. Die Schaltpausen sind spürbar, wenngleich nicht so massiv wie bei frühen Smart Fortwo.
Allzu spritzig ist der A2 3L dadurch nicht, 14,9 Sekunden auf Tempo 100 gibt Audi offiziell an. Doch eine Rakete soll er auch gar nicht sein. Solide schnürt er auf Autobahntempo und bleibt bei 130 km/h überraschend leise. Jetzt fehlt nur noch eine Mittelarmlehne vorne für die kommode Langstrecke, zumal sich das Fahrwerk zwar straff, aber durchaus komfortabel gibt.
Und wie ist es mit dem Verbrauch? 2,9 bis 3,2 Liter Diesel heißt es damals. Wir erreichen ohne Eco-Modus immer noch sehr gute 4,0 Liter auf 100 Kilometer. Also einen gebrauchten A2 kaufen? Warum nicht. Dann aber eher den 1,4-Liter-Benziner mit 75 PS oder den 1.4 TDI, sofern man in keine Umweltzone muss. Der A2 3L hingegen ist ein Ingenieursauto durch und durch, damit aber auch spitzer ausgelegt und aufwendiger im Unterhalt.
Stellt sich abschließend die Frage nach dem nie verwirklichten Nachfolger: Rund 176.000 A2 werden in sechs Jahren gebaut. 2011 zeigt Audi eine A2-Studie, die aber nicht in Serie geht. In gewisser Form, auch optisch, setzt der elektrische BMW i3 das Konzept des Ur-A2 fort, nun mit aufwendiger Kohlefaser-Karosserie. Seit 2010 hat Audi den A1 auf Polo-Basis als Kleinwagen im Programm. 2024 bauen Audi-Azubis einen alten A2 zum Elektroauto um. Wie wäre es mit einem künftigen Elektro-A2 auf der Basis des kommenden VW ID.2, Herr Döllner?