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Test Porsche Macan Facelift (2018): No Diesel, no Cry?

Neues Infotainment, neue Motoren, keine Diesel mehr: Reicht die eher dezente Modellpflege im Kompakt-SUV-Haifischbecken?

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Was ist das?

Das ist die überarbeitete Version des Kompakt-SUVs, das in aller Regel als das Sportlichste auf dem Markt beschrieben wird. Und nein, das hast du jetzt nicht gehört, lieber Alfa Stelvio. Der Porsche Macan hat inzwischen gut vier Jahre auf dem Buckel und wurde in dieser Zeit über 350.000-mal verkauft. Dass es so kommen würde, war bei der Kombination aus Porsche, SUV und noch halbwegs bezahlbar irgendwie klar, trotzdem ist das hier eine ganz schön beeindruckende Zahl.

Das Problem ist nur: Im Prinzip basiert der Macan auf dem Vorgänger des Audi Q5. Dafür ist es fast schon sensationell, wie gut er als Gesamtpaket noch immer funktioniert. Allerdings hat wirklich jeder ernst zu nehmende Konkurrent inzwischen irgendetwas auf dem Markt, dass deutlich frischer, moderner, connecteter et cetera ist. Höchste Zeit also für ein umfassendes Facelift. Ein Facelift, das in seiner Umfassendheit jedoch ein wenig eingeschränkter daherkommt, als es dem ein oder anderen Strategen in Zuffenhausen vielleicht lieb wäre. Sie wissen schon, alte Basis und so. Den Wert des Macan soll das keinesfalls schmälern. Er ist nach wie vor eines der begehrenswertesten SUVs auf dem Markt. Vor allem für Menschen, die auf dem Weg zur eigenen Praxis/der Tennisstunde/dem Biomarkt ganz gerne mal den Umweg über die kurvige Landstraße nehmen.

Was ist neu?

Wie es sich für ein ordentliches schwäbisches Unternehmen gehört, hat Porsche beim Macan unglaublich viel im Detail geschliffen. Na gut, äußerlich ist ein wenig mehr passiert, aber das liegt hauptsächlich am Heck, das nun wie bei jedem anderen neuen Porsche über ein futuristisch anmutendes Leuchtenband verfügt. Freuen Sie sich auf jeden Fall schon mal drauf, wenn Sie des Nächtens hinter einem neuen Macan herfahren, der Wow-Faktor des neuen LED-Streifens ist wirklich ziemlich groß. Der Rest der Schönheits-OP wirkt eher auf den zweiten Blick. Es gibt ein wenig Schminke samt nun serienmäßiger LED-Scheinwerfer für die Front, ein paar neue Räder sowie zwei, drei neue Farben. Für den betont flamboyanten Auftritt empfehlen sich Miamiblau und Mambagrün (siehe Galerie unten).

Wenn Sie den Innenraum des kleinen Porsche-SUVs entern, werden Sie feststellen, dass Sie auf einem wesentlich größeren Infotainment-Bildschirm starren als bisher. 10,9 statt 7,2 Zoll, um genau zu sein. Wie er funktioniert, kennt man bereits vom Panamera und vom Cayenne. Das ist beruhigend, denn dort funktioniert er prächtig. Nun ist also auch der Macan serienmäßig online und navigiert in Echtzeit. Außerdem findet er allerhand Zeug wie Benzinpreise, Hotels samt Bewertungen und so weiter. Das Ganze übrigens auch über eine deutlich rundere Spracherkennung, die darüber hinaus Fahrzeugfunktionen, Musikwünsche etc. versteht.

Wenn Sie auf Heizungen stehen, werden Sie sich darüber freuen, dass der Macan jetzt zwei mehr hat als bisher. In der Frontscheibe und am Lenkrad. Letzteres ist jetzt auch als kleine GT-Version lieferbar und hat auf Wunsch das bekannte Fahrmodus-Rädchen integriert. Außerdem hat man die Fahrhilfen aufgestockt. Aus dem Abstandstempomaten wird jetzt ein vollständiger Stauassistent mit Stop- und-Go-Funktion und Spurhaltehilfe.

Was ist mit den Motoren?

Hm … ein etwas schwieriges Thema. Wenn Sie in den letzten Monaten nicht unter einem Stein gelebt haben, wissen Sie, dass Porsche in diesem Leben keine Diesel mehr anbieten wird. Weltweit ist das ein zu vernachlässigendes Problem, hierzulande aber ist es dramatisch. 80 Prozent aller in Deutschland verkauften Macan waren bisher Selbstzünder. Plug-in-Hybride, die bei Panamera und Cayenne die Diesel-Ausfälle offenbar sehr ordentlich auffangen, wird es beim Macan auch nach dem Facelift nicht geben. Sie wissen schon, alte Plattform. Deshalb müssen es jetzt die Benziner richten. Zum Start gibt es einen Zweiliter-Vierzylinder-Turbo mit 245 PS/370 Nm und einen Dreiliter-V6-Turbo mit 354 PS/480 Nm. Das Topmodell Macan Turbo wird relativ zeitnah folgen. Er kriegt den 2,9-Liter-Biturbo-V6, den wir zum Beispiel aus dem Audi RS 4 oder dem Cayenne S kennen. Um die 440 bis 450 PS sollten hier drin sein.

Und, sind die Motoren gut?

Durchaus. Vor allem der Vierzylinder hat mich positiv überrascht. Zweiliter-Konzern-Reihenmotor mit Partikelfilter in einem 1.870 Kilo schweren Porsche-SUV, das klingt zäher als Wassergymnastik in einem Seniorenstift. Aber wie so oft scheinen die Zuffenhausener Motoren-Gurus bei der Adaption irgendeinen Zaubertrank in die Leitungen gekippt zu haben. Naja, und dann hat die Maschine noch das Glück, dass sie an Porsches brillantem 7-Gang-PDK hängen darf. Die Folge: Absolut hervorragendes Ansprechen auf Gas, relativ viel Drehfreude und eine Charakteristik, die einem ständig 50 PS mehr vorzugaukeln scheint als wirklich da sind. Die 6,7 Sekunden auf 100 km/h glaube ich ihm ehrlich gesagt nicht, er wirkt schneller. Ich traue es mich kaum zu sagen, aber ganz unter uns: Mehr braucht kein Mensch. Schon gar nicht in einem SUV. Außer natürlich, Sie möchten gerne irgendetwas halbwegs Aufregendes hören, wenn Sie ins Pedal treten. Hier bietet der Basis-Macan leider absolute Entbehrung, ist im Gegenzug aber wenigstens angenehm leise.  

So richtig aufregend röhrt der Sechszylinder übrigens auch nicht. Aber natürlich wirkt er in allen Lagen nochmals spürbar umtriebiger als der Vierzylinder. Der Dreiliter-Motor mit Turbo im Innen-V (die kürzeren Abgaswege zwischen Brennräumen und Lader sollen für spontaneres Ansprechen sorgen) werkelt auch in Panamera (330 PS) und Cayenne (340 PS). Ein wenig Schliff hier und da sorgt im Macan trotz Otto-Partikelilter für die 24 bzw. 14 Mehr-PS. Von 0-100 km/h geht es mit optionalem Sport-Chrono-Paket in 5,1 Sekunden, Die Höchstgeschwindigkeit liegt bei 254 km/h. Eine sämige Maschine, die ihre Kraft sehr präzise, leichtgängig und gleichmäßig abgibt. Sehr schnell das Ganze, wenn auch eher um Manieren und Effektivität bemüht als richtig aufregend. 

Ob das reicht, um die zahlreichen Macan-Diesel-Fahrer zu bekehren wird sich zeigen müssen. Verbräuche mit einer 6 oder 7 vor dem Komma wird man mit diesen Benzinern nämlich ganz sicher nicht erzielen. Porsche gibt für den Vierzylinder 8,1 Liter und für den V6 8,6 Liter an. Ich schaffte es bei meiner Testfahrt nicht wirklich unter zweistellig, aber das kann sich im Alltag auch anders einpendeln.

"Der Macan fühlt sich an, als wisse, er, dass er niemandem etwas beweisen muss. Aber wenn man ihn fordert, liefert er noch immer glorreich ab."

Wie fährt er?

Nach wie vor fantastisch. Porsche verspricht zum Facelift "detaillierte Chassis-Verbesserungen und eine komplett neue Abstimmung". Im Detail bedeutet das: Die Federgabeln, also die Teile, die Federn und Dämpfer mit dem Vorderachsträger verbinden, sind nun nicht mehr aus Stahl, sondern aus Aluminium. Das ist steifer und reduziert die ungefederten Massen um 1,5 Kilo. Dazu wurden die Stabilisatoren auf ein neutraleres Fahrverhalten hin abgestimmt, die vorderen Felgen sind ein halbes Zoll breiter und es gibt verbesserte Reifen. Die optionale Luftfederung wurde mit neuen Abrollkolben und einer überarbeiteten Stoßdämpfer-Hydraulik optimiert. Klingt alles ein wenig anstrengend, soll aber in Summe bewirken, dass der Macan präziser und komfortabler fährt als bisher.

Auffällig ist, dass es inzwischen einige SUVs gibt, die ihre Sportwagen-Ambitionen aggressiver und marktschreierischer rüberbringen als der Macan das tut. Ein Alfa Romeo Stelvio beispielsweise lenkt schneller und agiler ein, ein BMW X3 M40i wirkt adrenalingeladener. Und der biestige Mercedes-AMG GLC 63 ballert alles mit purer Härte und V8-Remmidemmi über den Haufen. Dagegen wirkt der Porsche bei normaler Fahrt fast ein bisschen gewöhnlich. Er lenkt nicht besonders quirlig ein, seine Vorderachse zeigt keine Anzeichen von Hyperaktivität und er federt wirklich unfassbar harmonisch und in sich ruhend. Der neue Cayenne mit seinen ganzen Fahrdynamik-Helferlein (Hinterachslenkung, elektrische Wankstabilisierung und Co) wirkt dagegen fast schon wie ein nervöser Krawallbruder.

Der Macan hingegen schmiert einem seine ganzen Talente nicht ungefragt aufs Brot. Er fühlt sich an, als wisse er, dass er niemandem etwas beweisen muss. Aber wenn man ihn fordert, liefert er noch immer glorreich ab. Seine Chassis-Balance trieft vor Güte, seine Bremse ist ein Gedicht, er wankt quasi nicht, ist sehr exakt, gerade wenn man es mal etwas auf die Spitze treibt. Über die Lenkung kommt einigermaßen Gefühl rüber, über das Fahrwerk richtig viel. Mit einem SUV im Grenzbereich lässig über alle Viere rutschen als wäre es das Natürlichste der Welt? Oder auch mal mir nichts dir nichts einen Drift in ungeahnte Längen ziehen? Reichlich unwichtig, aber mit dem Macan absolut machbar. Und das ist wirklich überaus unterhaltsam. Der Macan ballert nach wie vor wie die Allerbesten, aber er ist dabei viel breiter, komfortabler, umgänglicher aufgestellt.

Wie ist er innen?

Bis auf den größeren und deutlich schöneren Infotainment-Screen sieht es im Inneren des Macan nicht wirklich anders aus als vorher. Je nachdem wie man gepolt ist, ist das gut oder schlecht. Die Präzision der Verarbeitung, die Klarheit der Bedienung, die Sitzposition - das ist alles nach wie vor hervorragend. Tech-Freaks und sogenannte "Early Adopter" (also Menschen, die zwanghaft den allerneuesten Blödsinn kaufen) könnten das Macan-Cockpit aber unter Umständen fast schon etwas oldschool finden. Die monumentale Knöpfchen-Armee auf der Mittelkonsole ist nämlich geblieben. Und Dinge wie digitale Instrumente oder ein Head-up-Display, die in dieser Klasse mittlerweile Standard sind, sucht man weiterhin vergebens. Es male sich bitte jeder selbst aus, ob er derartiges braucht, aber erwähnen muss man es natürlich schon.

Hinten und im Kofferraum ist der Macan - wen wundert's - auch nach dem Facelift keine geborene Lagerhalle. Sehr ordentlich sitzt man trotzdem. Bein- und Kopffreiheit gehen absolut d'accord und der Kofferraum ist mit 500 bis 1.500 Liter ziemlich exakt auf Augenhöhe mit BMW X3 oder Mercedes GLC.

"Für viele wird der Diesel-Ausfall natürlich eine extrem hohe Hürde darstellen, rein für sich betrachtet sind die neuen Benziner aber sehr gute Motoren."

Soll ich ihn kaufen?

Wenn Sie sich ein SUV einbilden, dass verblüffende Fahrdynamik bietet, gleichzeitig aber hoch komfortabel und entspannt zu steuern ist, geht nach wie vor wenig am Macan vorbei. Er wirkt nicht so aufgekratzt und zwanghaft auf Performance getrimmt wie viele andere Sport-SUVs, steckt die meisten beim Handling aber trotzdem in die Tasche. Für viele wird der Diesel-Ausfall natürlich eine extrem hohe Hürde darstellen, rein für sich betrachtet sind die neuen Benziner aber sehr gute Motoren. Gerade einen derart stimmigen und agilen Vierzylinder werden Sie woanders eher nicht finden. 

Einige Hightech-Features wie ein Head-up-Display, digitale Instrumente, das ein oder andere Assistenzsystem oder ein Plug-in-Hybrid-Antrieb fehlen dem Macan natürlich, da ist eben die vergleichsweise reife Plattform Schuld. Man könnte argumentieren, dass so etwas bei einem hochpreisigen Mittelklasse-SUV ein extrem wunder Punkt ist. Auf der anderen Seite macht das neue Infotainment einen sehr klaren, durchdachten Eindruck. Mit seinen Online-Funktionen und der erweiterten Sprachsteuerung verbessert es das Auto. Ein sehr sportliches, schnelles aber müheloses, ein sehr hochwertiges und kompetentes, einfach ein sehr rundes Auto. Das Ganze ab 58.763 Euro für den 245-PS-Benziner. Klingt heftig, zur Verteidigung des Macan sei aber gesagt, dass er schon serienmäßig ziemlich gut ausgestattet ist. Leder-Alcantara-Sitze, LED-Scheinwerfer und das große Infotainment mit Online-Navigation sind immer mit dabei. Zum Vergleich: Der BMW X3 30i mit 252 PS ist ab 52.600 Euro zu haben, ein Jaguar F-Pace mit 250-PS-Benziner kostet mindestens 53.250 Euro.

Fazit: 8/10

+ sehr sportliches, sehr gut austariertes Fahrverhalten; dabei wirklich komfortabel; sehr gute Motoren und Getriebe; hochwertiges Interieur; ordentliche Platzverhältnisse; gute Serienausstattung

- könnte ruhig ein bisschen spitzer abgestimmt sein; kein Diesel mehr und noch kein Plug-in-Hybrid; modernste Hightech-Ausstattung Fehlanzeige 

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