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Nissan Juke (2020) im Test: Populärer Provokateur

Wie gut ist der japanische SUV-Bruder des Renault Captur?

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Wie wird man erfolgreich? Entweder durch etwas, was allen gefällt (VW Golf, die automobile Version der Beatles) oder durch pure Provokation wie beim Nissan Juke, dem Punk unter den kompakten SUVs. Zugegeben, selbst wir denken manchmal: So richtig schön ist er ja eigentlich nicht. Dem Erfolg des Juke hat es jedenfalls nicht geschadet. 2010 als eines der ersten kleinen SUVs gestartet, wurden weltweit bislang eine Million Exemplare verkauft, davon 70.000 in Deutschland. Im Januar 2020 kommt die zweite Generation hierzulande auf den Markt. Wir konnten den neuen Juke bereits fahren.

Was ist das?

"You can love it, you can hate it", gibt sogar Ekaterina Apushkina, Chief Marketing Manager von Nissan Europe, freimütig zu. Der Nissan Juke polarisiert und das bleibt auch in der Neuauflage so, wenngleich das Design etwas abgemildert wurde. Hinten zeigt der neue Juke eine gewisse Familienähnlichkeit zum Micra, vorne zitiert die Zweiteilung der Leuchten den Vorgänger: Oben Tagfahrlicht, unten die Scheinwerfer. Bereits in der Basisversion gibt es übrigens LED-Scheinwerfer. Im Profil sind die Parallelen zum alten Modell unübersehbar, etwa in Gestalt des hinteren Türgriffs nahe des Fensterrahmens. Was mir noch auffiel: Der neue Juke wurde offenbar bewusst für große Felgen designt. Selbst mit den 19-Zöllern ist noch Luft im Radhaus. Doch selbst mit der kleineren 17-Zoll-Bereifung sieht der Juke nicht armselig aus.

Der Juke des Jahrgangs 2020 nutzt wie der Renault Clio und Captur die neue CMF-B-Plattform des Renault-Nissan-Konzerns. Sehen wir uns seine Abmessungen übersichtlich in einer Tabelle an:

Länge4.210 mmplus 75 MillimeterBreite1.800 mmplus 35 MillimeterHöhe1.595 mmplus 15 MillimeterRadstand2.636 mmplus 106 MillimeterKofferraum422-1.088 Literplus 68 Liter (bei aufgestellten Lehnen)

 

Zudem wurde die Ladeöffnung des Kofferraums deutlich verbreitert, nämlich um 131 Millimeter. Interessant: Bis auf Länge und Kofferraum sind die Ausmaße des neuen Nissan Juke praktisch identisch zu denen des ebenfalls neuen Renault Captur. Der besonders beliebte VW T-Roc spielt mit 4,23 Meter in der gleichen Liga wie der Juke, ein Hyundai Kona ist mit 4,16 Meter etwas kürzer.

Die Vergrößerung des Juke in jeder Hinsicht spürt man relativ schnell: Hier ein geräumiger Kofferraum mit doppeltem Ladeboden, dort ein für dieses automobile Format akzeptabler Fußraum im Fond. Nur die Sicht nach hinten bleibt aufgrund der dicken C-Säule bescheiden, eine Rückfahrkamera sollte man auf jeden Fall ordern. Und noch ein Minuspunkt: Die Zuziehgriffe für die Heckklappe wirken wenig vertrauenserweckend.

Weiter geht es auf die vorderen Plätze: Ein hoher, bequemer Einstieg. Je nach Ausstattung gibt es Integralsitze mit einem Bose-Lautsprecher in der Kopfstütze, für Musikliebhaber ob des tollen Klangs ein Muss. Als Kontrast zum extravaganten Außendesign ist das Cockpit bemerkenswert übersichtlich gestaltet. Obwohl: Sagte ich gerade extravagant? Bei Bedarf können sie die feine Lederpolsterung des Armaturenbretts (andere Varianten haben Alcantara) auch in Augenkrebs-verdächtigem Orange bekommen.

Prinzipiell hat sich Nissan bei der Materialauswahl im Innenraum viel Mühe gegeben, das vorhandene Hartplastik wird gut kaschiert. Die Instrumente sind prima ablesbar, ein (recht träger) 8-Zoll-Touchscreen kümmert sich mit Ausnahme der Basisversion um das Infotainment.

Wie fährt er sich?

Vorerst kann man beim neuen Nissan Juke nicht von einer Motorenauswahl reden, denn es gibt keine. Einziges Aggregat ist ein Dreizylinder-Turbobenziner mit 1,0 Liter Hubraum und 117 PS Leistung. Begründet wird dieser Schritt damit, dass 56 Prozent der Kunden im Segment der B-SUVs zu einem Motor zwischen 110 und 130 PS Leistung greifen. Und so wagt Nissan wie einst im Fernsehen den berühmten goldenen Schuss in die Mitte.

Keine schlechte Idee, denn die 117-PS-Maschine gefällt mit hoher Laufruhe. Nur kurz ist nach dem Kaltstart der typische Dreizylinder-Klang zu vernehmen, ansonsten bleibt es auch auf der Autobahn mit Ausnahme von Windgeräuschen auffallend leise. Hinzu kommt ein selbst mit 19-Zoll-Bereifung und eher einfacher Verbundlenkerachse hinten gut abgestimmtes Fahrwerk mit viel Restkomfort. Einen Allradantrieb gibt es übrigens auch im neuen Juke nicht.

Einziger Haken sind die beiden Getriebe: Neben einer manuellen Sechsgang-Schaltung ist für 1.600 Euro Aufpreis auch ein Doppelkupplungsgetriebe namens DCT mit sieben Gängen im Angebot. Bedienungstechnisch gehen beide Boxen ihrer Arbeit sauber nach, allerdings sind die obersten Gänge zu lang übersetzt. Gut für das Geräuschniveau, schlecht in Sachen Beschleunigung: Spätestens ab 120 km/h wird es zäh, selbst wenn man voll auf dem Gaspedal steht. Also lieber den adaptiven Tempomat (je nach Ausstattung Serie respektive 790/1.190 Euro im Paket) auf 130 stellen und entspannt gleiten. Untermauert wird der relaxte Eindruck von den nackten Zahlen: 10,4 respektive 11,1 Sekunden (mit DCT) auf 100 km/h sind okay, aber eben nicht besonders spritzig. 

Was kostet er?

Mitte Januar 2020 findet die Markteinführung des neuen Nissan Juke statt, der im britischen Sunderland gebaut wird. Die Preise beginnen bei 18.990 Euro für die Basisversion namens "Visia". Bereits hier sind LED-Scheinwerfer mit Fernlicht-Assistent, eine Verkehrszeichenerkennung und ein Spurhaltesystem mit korrigierendem Bremseingriff inklusive, dazu Klimaanlage und Radio.

Mein Tipp für Sparfüchse ist ist die nächsthöhere Ausstattung "Acenta": Hier kommen ein 8-Zoll-Touchscreen mit Apple CarPlay und Android Auto (Stichwort Navi) hinzu, dazu Spracherkennung, eine Rückfahrkamera, ein variabler Ladeboden und 17-Zoll-Alufelgen. 20.990 Euro stehen hier in der Liste, für zusätzliche 590 Euro baut Nissan eine Klimaautomatik, einen Regensensor, Sitzheizung vorne sowie elektrisch anklapp- und beheizbare Außenspiegel ein. Macht faire 21.580 Euro. Ganz oben rangieren "Tekna" und "N-Design" für 25.790 respektive 26.390 Euro mit beinaher Vollausstattung.

Und die Konkurrenz? 18.980 Euro ruft Hyundai für einen Kona mit 120 PS (aber ohne LED-Scheinwerfer) auf. Ein 115 PS starker VW T-Roc hingegen schlägt sogar mit mindestens 21.435 Euro zu Buche.

Fazit: 7/10

Der Nissan Juke ist deutlich attraktiver geworden. Vielleicht nicht optisch, diesen Aspekt muss jeder für sich selbst entscheiden. Aber das kompakte SUV punktet mit mehr Platz, einem schicken Innenraum, vielen Sicherheits-Features und attraktiven Preisen. Auch der Motor stünde auf der Haben-Seite, wenn er oben heraus spritziger wäre. Doch mit anderen Aggregaten unter der Haube könnte der neue Juke dem angejahrten Qashqai gefährlich in die Parade fahren.

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