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Jaguar F-Pace (2021) Facelift im Test: Neuer Plug-in-Hybrid und 400-PS-R6 gefahren

Wesentlich besseres Interieur. Noch immer gut zu fahren.

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Was ist das?

Vor beinahe fünf Jahren war das noch ein Thema. "Wie bitte, jetzt bringt auch noch Jaguar ein SUV? Ist denn gar nichts mehr heilig?" Heute interessiert solches Gerede natürlich niemanden mehr und die Verantwortlichen können darüber vermutlich nur noch müde lächeln. Der F-Pace hat sich zu Jaguars globalem Verkaufskönig entwickelt, nie in der Geschichte der Briten fand ein Modell reißenderen Absatz. 

Mehr als 250.000 Einheiten hat man seit 2016 unters Volk gebracht. Man stelle sich nur vor, was passiert wäre, wenn man weiter auf Tradition gesetzt und ihn nicht gebracht hätte. 

Unabhängig davon ist es inzwischen wirklich höchste Zeit für das große Midlife-Facelift. Dort geht es vor allem um die Aufwertung des enttäuschenden Interieurs inklusive dessen nicht wirklich besseren Infotainments. Außerdem erhält der F-Pace ein ganzes Line-up an neuen Motoren. 

Bedeutendster Neuzugang ist sicher der 2,0-Liter-Benziner-Plug-in-Hybrid namens P400e, der es  auf 404 PS bringt. 145 davon steuert ein E-Motor bei, der von einer 17,1-kWh-Lithium-Ionen-Batterie gespeist wird. Das Systemdrehmoment liegt bei 640 Nm, die rein elektrische Reichweite bei 59 Kilometer.

Sechs Motorvarianten gibt es insgesamt, abgesehen vom 250-PS-Einstiegsbenziner sind alle davon Mildhybride. Der neue Dreiliter-Reihensechser mit Turbo und E-Verdichter leistet 400 PS, die Diesel liegen bei 163, 204 (2,0-Liter-Vierzylinder) und 300 PS (3,0-Liter-Sechszylinder).

Die Option auf ein Schaltgetriebe ist Geschichte, ebenso der Hinterradantrieb für die Einstiegsversion. Alle F-Paces kommen nun serienmäßig mit Allrad und ZF-8-Gang-Automatik. Ein weiterer Kratzer im Lack der eigenen sportlichen Ansprüche? Mitnichten, sagt Jaguar und verweist auf seine Intelligent Driveline Dynamics, die die Tendenz zur Hecktrieblerei in den meisten Konditionen optimiert. 

Die Neuerungen an der Außenhaut sind subtil, verfolgen aber gleich mehrere Ziele: Das Auto soll breiter, gesetzter und weniger kopflastig aussehen. Die neu geformte Haube zieht sich weiter runter in Richtung Grill, welcher ebenfalls umgestaltet wurde. Es gibt neue Schürzen, breitere Lufteinlässe und 10 mm schlankere LED-Scheinwerfer. Am Heck fallen vor allem die neuen Rückleuchten im Stile des I-Pace auf. Klingt überschaubar, macht den F-Pace meiner Meinung nach aber deutlich hochwertiger und angriffslustiger als bisher.  

19-Zoll-Aluräder sind nun Serie, in der gehobenen HSE-Ausstattung sind 21-Zöller ab Werk dabei. Aber außen war ja nie wirklich das Problem des F-Pace. Was innen passiert ist, klären wir gleich. 

Wie fährt er?

Der F-Pace ist fahrdynamisch ja schon so ein kleines Phänomen. Er ist relativ groß (4,74 Meter) und relativ schwer (gut zwei Tonnen im Falle des neuen P400 Mildhybrid) und das versucht er auch gar nicht so recht zu verschleiern. Über Wankbewegungen lässt er dich nie im Unklaren und in Kurven gibt es auch spürbar Neigung, trotzdem wirkt er nicht unsportlich und bietet mehr Fahrer-Involvierung als die meisten Konkurrenten.

Das liegt zum einen an der eher handfesten, gefühlvollen, sehr direkten und insgesamt ziemlich großartigen Lenkung. Außerdem lässt dich das Fahrwerk trotz oder gerade wegen der vorhandenen Aufbaubewegungen immer sehr gut wissen, woran du bist. 

Der Dynamic-Modus strafft einiges vom angesprochenen Geschaukel weg, macht die Fuhre aber auch merklich straffer und das will man hier eigentlich gar nicht, denn der allgemeine Fahrkomfort des F-Pace ist wirklich großartig. 

Jaguar F-Pace P400 MHEV (2021) im Test

Der neue Mildhybrid-Sechszylinder ist ein absoluter Gewinn. Er arbeitet mit einem Turbolader und einem über das 48-Volt-System betriebenen E-Verdichter, der schon sehr früh für ordentlich Rabatz sorgt. Die 400 PS und 550 Nm zeigen sich in diesem Fall von einer erfreulich lebendigen Seite. 

Schön auch, dass man die Lautsprecher für sinnvollere Dinge nutzt, als übermotiviert peinlichen Kunst-Sound in die Kabine zu blasen. Der Reihensechser knurrt unter Last sehr sonor aber angenehm hintergründig. Unterdessen übernehmen die Speaker eine wesentlich sinnvollere Aufgabe, indem sie Straßenlärm unterdrücken. Das System analysiert, was da so vom Asphalt an Geräuschen kommt und bekämpft diese mit "destruktiven Interferenzen" - einer Art Gegenfrequenz.

Wie ist der neue Plug-in-Hybrid?

Jaguar hält seinen Plug-in-Antrieb relativ simpel und das ist nicht die schlechteste Idee. Es gibt einen reinen EV-Modus, der dann auch wirklich konsequent den Verbrenner meidet, einen Hybrid-Modus (der den Verbrenner in der Regel recht schnell zuschaltet) und einen Save-Modus, mit dem man sich Restreichweite für später aufheben kann. Dass der Verbrenner die Batterie lädt, halten die Briten für absurd. Ich denke, sie haben Recht.

Der 105-kW-Elektromotor ist zwischen dem 300-PS-Vierzylinder-Benziner und der ZF-8-Gang-Automatik angeordnet. Die 17,1-kWh-Batterie sitzt unter dem Kofferraumboden. Das Ladevolumen reduziert sich dadurch überschaubar von 755 auf 619 Liter, noch immer jede Menge Holz also. Aufgeladen wird über einen 7-kW-Onboard-Lader oder einen 32-kW-DC-Schnelllader, der 80 Prozent Ladung in 30 Minuten packen soll.

Die offizielle elektrische Reichweite beträgt 59 Kilometer. Inwieweit das realistisch ist, konnte bei der kurzen Testfahrt leider nicht ermittelt werden. Da bräuchten wir den F-P(HEV)ace dann schon mal ein paar Tage in der Redaktion. Der Verbrauch laut Bordcomputer lag bei hauptsächlichem Gerolle in der Stadt und Landstraße (etwa die Hälfte davon im EV-Mode) bei 3,5 Liter.  

Dazu sei gesagt: Der E-Motor alleine tut sich mit den nahezu 2,2 Tonnen des P400e schon arg schwer, da willst du die möglichen 140 km/h Höchstgeschwindigkeit kaum in Angriff nehmen. 

Kommt der Benziner dazu, ändern sich die Dinge aber schlagartig. Nach einer kurzen Gedenksekunde schlägt die Systemleistung von 404 PS und 640 Nm doch recht eindrucksvoll durch. 0-100 km/h in 5,3 Sekunden sind ein Wort. Angenehmer und schlauer ist es aber freilich, sich im Plug-in-F-Pace einfach mal gernhaben zu lassen und die Ruhe und den Komfort eines großen SUVs mit Stecker zu genießen.

Das passt dann auch besser zum allgemeinen Wesen des Autos, dessen knapp 200-300 Kilo Mehrgewicht gegenüber seinen Akku-losen Geschwistern durchaus in einem etwas gemütlicheren Handling Ausdruck finden. 

Der Elefant im Raum ist hier natürlich der rein elektrische I-Pace, dessen Grundpreis nach Abzug aller Förderungen etwa 5.000 Euro höher liegt. Mit dem muss man dann aber halt auch seine ganze Art zu reisen ändern, während das dank des 69-Liter-Benzintanks des F-Pace nicht unbedingt nötig ist. Wie sinnvoll das ist, ist eine ganz andere Frage.

Wie ist er innen?

Meine Herren, hier ist wirklich einiges passiert. Jaguars Ziel für den überarbeiteten F-Pace war eine Kombination aus zeitgenössischem britischem Design und den jüngsten Konnektivitätstechnologien. 

Dass man in diesem Zuge große Teile des bisher so billig wirkenden Plastiks zum Teufel gejagt hat, ist überaus erfreulich. Angesprochene Britishness kommt in den gestickten Kopfstützen-Logos und den "Est. 1935 Coventry"-Labels auf Sitzen und Armaturenbrett zum Ausdruck. Volvo nutzt schwedische Flaggen, Mini hat Union-Jack-Rückleuchten, da geht ein bisschen Nationalstolz wohl auch hier in Ordnung. Die Paneele aus Aluminium oder offenporigem Holz machen einen sehr guten Eindruck. 

Das kann man getrost auch vom allgemeinen Tech- und Infotainment-Upgrade behaupten. Hier kommt nun JLRs neue "Electronic Vehicle Architecture" EVA 2.0 zum Einsatz. Diese beinhaltet das sogenannte Pivi Pro Dual Sim Infotainmentsystem mit Software-over-the-Air-Updates, bekannt unter anderem aus dem neuen Land Rover Defender oder dem jüngsten XF

Um es kurz zu machen: Es arbeitet sehr schnell und ist einfach zu bedienen, womit an zwei der wichtigsten Attribute schon mal ein Haken gemacht werden kann. Ziemlich clever ist das neue Ding auch, indem es etwa künstliche Intelligenz nutzt, um die Fahrergewohnheiten für die Nutzung von Medien, Telefon und Komfortfunktionen zu lernen. Außerdem gibt es eine App, die das Auto per Smartphone trackt. Sie ist auch in der Lage, den F-Pace aus der Ferne zu heizen und kühlen. 

Das Infotainment selbst arbeitet mit einem gecurvten 11,4-Zoll-Touchscreen, es kommt mit je zwei Sim-Karten und LTE-Modems. Laut Jaguar sind 90 Prozent der am häufigsten genutzten Funktionen maximal zwei Taps vom Home-Bildschirm entfernt. Außerdem verfügt das System über eine autarke Stromversorgung, es muss also beim Start nicht erst hochfahren, sondern steht sofort Gewehr bei Fuß. 

Cloud Connectivity, Online-Navigation und Stau-Updates in Echtzeit sind laut Jaguar inzwischen unumgänglich, wenn man in dieser Klasse anstinken will. Dass man nun über Bluetooth zwei Smartphones gleichzeitig verbinden kann, dürfte für einigen Familienfrieden sorgen. Oder für puren Krieg über die Spotify-Hoheit. Das digitale Instrumentendisplay der Briten war auch vor dem Facelift schon ziemlich brauchbar.

Alles, was mit Klimatisierung zu tun hat, funktioniert weiterhin über Drehschalter, was in Anbetracht des allgemeinen Touch-Wirrwarrs der meisten anderen Hersteller wirklich sehr zu begrüßen ist. 

Weitere Neuerungen sind ein sehr edel wirkendes Lenkrad aus dem I-Pace, endlich ein richtiger Schalthebel, ausgefuchstere Staufächer und generell mehr Softtouch-Gedöns an schlauen Stellen wie den Türfächern. Ein Wort noch zu den optionalen Performance-Sitzen: Braucht in einem SUV vermutlich kein Mensch, aber sie sind ziemlich grandios. Außerdem sind sie recht dünn, was auch den Platz dahinter vergrößert. Selbiger geht wie bisher völlig in Ordnung, mehr aber auch nicht. 

Alles in allem ist das Interieur also eine große Verbesserung. Das kann jetzt mindestens mit den Premium-Innenräumen aus heimischen Gefilden mithalten. 

Fazit: 7,5/10

In einem der stärksten Konkurrenzumfelder war der F-Pace ja bisher schon ein Hit für Jaguar. Durch die attraktive Verjüngung außen, vor allem aber durch das völlig neue und um Welten bessere Erlebnis innen, könnte das große Jag-SUV für viele durchaus noch interessanter werden. 

Wir wissen, dass die Ingenium-Vierzylinder nicht unbedingt der ganz große Wurf sind. Die neuen Sechszylinder aber überzeugen. Gleiches kann man - nach einer wohlgemerkt kurzen Fahrt - über den neuen Plug-in-Hybrid sagen. Hinterm Steuer findet man im F-Pace nach wie vor einen guten Kompromiss aus Komfort und fahrdynamischem Charakter. Mehr denn je eine interessante Alternative zu den üblichen Verdächtigen von Audi, BMW und Mercedes. 

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