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Volkswagen Taigo 1.5 TSI mit 150-PS-Benziner im Test

VW kann nicht genug Crossover haben, aber warum genau sollte man den hier kaufen?

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Was ist das?

Sie blicken hier auf Volkswagens neueste und gefühlt 137ste Ergänzung des eigenen SUV-Crossover-Hauptsache-Irgendwie-Ein-Bisschen-Höhergelegt-Portfolios. Falls Sie inzwischen - genau wie wir - völlig verloren sind: Das hier ist der sogenannte Taigo und er gesellt sich zu T-Cross, T-Roc, T-Roc Cabrio, Tiguan, Tiguan AllSpace, Touareg, ID.4 und ID.5.

Wobei dieser Test, wenn Sie ihn gelesen haben womöglich schon ein paar Stunden alt ist. Vermutlich sind inzwischen ein bis drei weitere Crossover dazugekommen. 

Der Taigo ist mit 4,27 Meter sogar ein bisschen länger als der T-Roc, bewegt sich offiziell aber eine Klasse niedriger. Eigentlich ist er die für Europa aufgebrezelte Version des südamerikanischen Nivus. Die MQB A0-Plattform teilt er sich mit dem Polo und wenn Ihnen jetzt gewaltig der Kopf raucht, dann kann ich das verstehen. Machen wir es einfach: Der Taigo ist die derzeit so unglaublich unverzichtbare Coupé-Variante des T-Cross. 

Das lohnt sich für VW, denn für etwas wenig messbares wie "Style" kann man sehr gut Aufpreis verlangen. 500 Euro sind es gegenüber einem vergleichbaren T-Cross. Der größere T-Roc kostet mit dem gleichen Vierzylinder-/DSG-Gespann immerhin 2.600 Euro mehr.  

Das bringt uns ohne Umschweife zum Antrieb unseres Testwagens. Wir fuhren für Sie das Topmodell 1.5 TSI mit 150 PS und 7-Gang-Doppelkupplung. Alternativ ist noch ein 1,0-Liter-Dreizylinder-Turbobenziner mit 95 oder 110 PS verfügbar. Da gibt es dann auch Schaltgetriebe. Vorderradantrieb ist auf jeden Fall unumgänglich. In unserem Fall half eine elektronische Differenzialsperre die im Paket mit der Fahrprofilauswahl (Eco, Comfort, Sport, Indiviual) für 310 Euro in den Taigo wandert. 

Optisch nehmen sich die Polo-SUV-Brüder gar nicht mal so viel. Trotzdem macht der Taigo irgendwie den erwachseneren, wertigeren Eindruck. Reichlich erwachsen ist auch das Preisgefüge, aber daran haben wir uns bei Volkswagen inzwischen leider schon gewöhnt. Der Testwagen in der zweithöchsten Ausstattung "Style" mit 18-Zöllern, Navi, 2-Zonen-Klimaautomatik, dem guten Travel Assist und einigen weiteren Features lag letztlich bei 36.930 Euro. 

Wie fährt er?

Na, wenn Sie wissen, wie sich ein T-Cross so bewegt, dann werden Sie hier wenig Überraschungen erleben. Das ist natürlich alles sehr sehr ähnlich. 

Generell ist die Qualität des Fahrverhaltens für dieses Segment ausgesprochen hoch. Das fühlt sich schon merklich erwachsener an als vieles, was man in dieser Klasse so kennt. Der Taigo federt sehr homogen, ist noch auf der komfortablen Seite, dümpelt aber nicht rum, wirkt nicht lasch. 

Er legt absolut keinen Wert darauf, so wach und energisch einzulenken und durch die Kurve zu fräsen wie etwa ein Ford Puma, aber er macht seine Sache beim Handling mehr als ordentlich. 

Man merkt schnell, dass man hier eben doch nicht ganz so hoch sitzt, denn bei Richtungswechseln, beim Bremsen et cetera fühlt er sich sehr un-SUVig an. Das geht schon sehr stark in Richtung Polo. 

Im Grenzbereich, dem - wie alle wissen - mit Abstand wichtigsten Bereich für einen kompakten Crossover, benimmt er sich sehr lange neutral und narrensicher, ohne plump oder restriktiv zu wirken. Untersteuern war selbst auf Winterreifen eigentlich kein Thema. Selbige hatten allerdings häufiger mit der Leistungsentfaltung des Vierzylinders zu kämpfen. Wenn das DSG mal wieder ein bisschen viel Power auf einmal an die Vorderräder entlässt, scharrt der Taigo nur zu gerne mit den Hufen.  

Alles in allem fahrdynamisch sicher nicht das aufregendste, aber das angenehmste Auto seiner Klasse. Hier nervt kein polterndes, krachernes, stacksendes Fahrwerk, keine unangenehme oder zwickende Sitzposition -  alles passt, wackelt und hat Luft wie es soll. 

Und der Antrieb? 

Der Einsfünfer machte hier einen guten und recht potenten Eindruck. Die Werte sind ja auch sehr ordentlich. Die 0-100 km/h gehen in 8,3 Sekunden, die Höchstgeschwindigkeit liegt bei 212 km/h. 

Die Leistungsentfaltung passiert sehr gleichmäßig, die fast schon typische Anfahrschwäche inklusive Rucklern und Aussetzern eines VW-Doppelkupplungsgetriebes war hier glücklicherweise nicht zu erleben. Die 150 PS bringen den Taigo mit Nachdruck nach vorne, auch bei Geschwindigkeiten über 140 auf der Autobahn kann das Auto noch sehr brauchbar zulegen. Das ist schon ein sehr großer Sprung zum 110-PS-Dreizylinder, den ich kürzlich erst im aktualisierten Polo fahren konnte

Immerhin gleichen sich die beiden Maschinen beim Klang und zwar mehr als einem lieb sein kann. Unser Testwagen beblökte uns unter Last mit einem blechernen Röcheln, das eher nach "Wo ist die nächste Werkstatt?" als nach komfortabler Reiseuntermalung klang.

Das DSG machte, ich erwähnte es, in diesem Fall einen besseren Eindruck als sonst. Kein Anfahr-Geruckel, ansonsten zügig und bequem. Der Verbrauch lag mit knapp über sieben Liter im vertretbaren Bereich, wie die 5,1 Liter der Werksangabe erreicht werden sollen, ist mir allerdings ein Rätsel.

Wie ist er innen?

Die beste Nachricht zuerst: Ob SUV (T-Cross) oder SUV-Coupé (Taigo) spielt in puncto Platzverhältnisse eigentlich keine Rolle. Die Kofferraumvolumina unterscheiden sich marginal. Mit 438 Liter bietet der Taigo gerade mal 17 Liter weniger.

Eine verschiebbare Rückbank wie im T-Cross gibt es zwar nicht, aber die Platzverhältnisse im Fond können sich mehr als sehen lassen. Hier macht sich wohl der 16-Zentimeter-Längenunterschied zum 4,11 Meter langen T-Cross bemerkbar. Die Beinfreiheit ist gut und die schnittigere Dachlinie engt die Kopffreiheit in keinster Weise ein. Hier ist auch genügend Raum für größere Passagiere. 

Die Bedienung kommt erfreulicherweise vom Polo und nicht vom Golf. Das bedeutet neben vernünftigen Lenkrad-Tasten auch eine eigene, einfach zu erreichende Sektion für die Bedienung von Klimatisierung, Sitzheizung und Co. Dass der 8-Zoll-Infotainment-Screen rein per Berührung bedient wird, ist nicht optimal, aber so ist es nun mal heutzutage. 

Das Gestühl in Reihe eins ist großzügig geschnitten und auch auf längeren Strecken bequem. Die Sitzposition ist vorbildlich. Gut auch: die großen Ablagen in den Türen und die verschiebbare Mittelarmlehne, deren Stau-Fach allerdings etwas klein ausfällt.

Optisch macht der Innenraum nicht nur im Klassenvergleich einen hochwertigen und seriösen Eindruck. Bei einigen Oberflächen, etwa auf dem Armaturenbrett oder an den Türen fällt das Plastik aber schon arg dünn und billig aus.

Fazit: 7,5/10

Objektiv betrachtet ist es völlig egal, ob Sie sich für einen Taigo oder einen T-Cross entscheiden. Platzverhältnisse, Fahrverhalten - das nimmt sich alles nichts. 

Alles, was man von einem Auto erwartet, löst der Taigo 1.5 TSI mit Bravour. Er ist überraschend geräumig, lässt sich gut bedienen, fährt sehr geschliffen und hochwertig, ist bequem und hat einen durchzugsstarken, relativ sparsamen Antrieb.  

Nichts, was den Puls über Gebühr beschleunigt, aber ein hervorragendes Komplettpaket zu einem - das muss man leider auch sagen - ziemlich selbstbewussten Preis.

Der 1,0-Liter-Dreizylinder ist 2.000 Euro günstiger und für die kurzen Strecken sicher mehr als ausreichend. Wer häufiger längere Strecken fährt, dürfte das deutliche Mehr an Souveränität des Vierzylinders aber zu schätzen wissen. 

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