Electromod: So nennt man Oldtimer, die mit zeitgemäßer Technik zum Elektroauto umgerüstet wurden. Die darauf spezialisierten Hedley Studios aus Bicester nordwestlich von London haben nun einen solchen Elektromod im Miniformat auf die Räder gestellt und mit uraltem Leder verfeinert.
Die feine Kreation basiert auf dem Bentley Blower Jnr., einer nur 4,38 Meter langen Minivariante des Bentley 4 1/2 Litre "Blower" von 1929. Der elektrisch angetriebene Miniatur-Oldtimer wurde bereits 2023 vorgestellt (Motor1) - von Hedley Studios, die damals allerdings noch The Little Car Company hießen. Die neue Version entstand in Zusammenarbeit mit dem Maßschuhmacher George Cleverley aus London und ist mit Rentierleder aus dem 18. Jahrhundert ausgestattet. Das Unikat entstand auf Bestellung eines nicht genannten Auftraggebers.
Angetrieben wird das Vehikel von einem 15-kW-Elektromotor, der sich den Strom aus einer 10,8-kWh-Batterie holt. Damit soll sich eine Reichweite von etwa 105 km ergeben. Aufgeladen wird "je nach Ladeeinrichtung" in drei bis fünf Stunden, heißt es. Das Auto bekommt in Großbritannien, der EU und den USA eine Straßenzulassung. In der EU wird der Wagen in die Leichtbauklasse L7e eingestuft. Das Auftragswerk ist ein Einzelstück.
Das gewählte russische Rentierleder stammt aus dem Wrack eines 1786 gesunkenen Zweimasters. Die Metta Catharina war mit einer Ladung Hanf und Häuten von St. Petersburg nach Genua unterwegs, sank aber in einem heftigen Wintersturm vor der britischen Südküste. Die Besatzung konnte sich retten, aber Schiff und Ladung gingen verloren. 1973 entdeckten Taucher das Wrack bei Plymouth wieder und fand unter viel schwarzem Schlamm Lederhäute in bemerkenswert gutem Zustand.
Das früher als "russisches Leder" bekannte Material wurde nach einem jahrhundertealten Verfahren mit Weidenrinde und Birkenöl gegerbt, wodurch es eine charakteristische Kreuzmaserung, eine Mahagonifarbe und einen süßen Geruch erhielt. Im 18. Jahrhundert galt es als das beste Leder der Welt: Es soll besonders geschmeidig, strapazierfähig und wasserabweisend sein und sogar wie ein Insektenabwehrmittel wirken.
George Cleverley sicherte sich einen kleinen Teil des Leders. Der Vorrat wurde seither nur ganz selten angetastet, unter anderem für Schuhe, die König Charles noch heute trägt. Bei dem nun kreierten Bentley Blower Junior wird das Leder für das handgenähte Lenkrad und die Sicherheitsgurte verwendet.
Außerdem bekommt der Wagen maßgefertigte Einstiegsleisten und handgenähte Lederakzente aus feinem toskanischem Vollnarbenleder. Das Armaturenbrett ist aus Koa gefertigt, einem seltenen hawaiianischen Hartholz, das wegen seiner Festigkeit und auffälligen Maserung geschätzt wird. Eine maßgeschneiderte Namensplakette mit der Aufschrift "GC 1 of 1" unterstreicht den Status des automobilen Unikats. Das Äußere ist in bordeauxroter "Claret"-Lackierung gehalten. Der Kühlergrill zeigt die Zahl 86 als Anspielung auf das Jahr des Schiffbruchs.
Übrigens, unsere US-Kollegen haben den normalen Bentley Blower Jnr. schon gefahren und natürlich einen Bericht (in englischer Sprache) geschrieben.
Unter dem Strich
Das ist ein Auto für alle, die ihren Tee mit abgespreiztem kleinen Finger trinken. Halt, nein, nicht für alle, denn es gibt nur ein einziges Exemplar. Und bis das nächste Schiffswrack mit russischem Rentierleder aus dem 18. Jahrhundert gefunden wird, kann es noch dauern.








