Hier fahren Sie besser!
Automobile.at logo

Test Porsche Panamera Facelift (2020): 560-PS-Plug-in und 630-PS-Turbo S im Check

Was die große Limo jetzt besser macht und wo es noch hakt

Motor1.com Deutschland: Auto-Tests, Auto-News und Analysen
Marke wählen

Was ist das?

Nach knapp vier Jahren hat sich Porsche gedacht: Ach Mensch, brauchen tut er es eigentlich nicht, aber gönnen wir dem Panamera halt mal ein Facelift. Wobei: Seitdem hat die Welt der opulenten Sportlimousinen/Coupés mit Mercedes-AMG GT 4-Türer, Audi A7/RS7 Sportback und dem BMW 8er Gran Coupé eine recht signifikante Konkurrenz aus dem Boden gestampft. Zeit also für ein paar statuserhaltende Maßnahmen.

Eine Neuerfindung seiner selbst will der Panamera dabei aber nicht sein. Das war schon alles ziemlich gut bisher, meint die werte Kundschaft. Alles, was Karosserie, Fahrwerk und Interieur betrifft, ist daher mehr oder weniger Kosmetik, aufgetragen mit dem eher kleinen Pinsel. Ausführlicher haben wir das Ganze bereits in diesem informativen Artikel für Sie aufbereitet.

Die Kurzform lautet: Geänderter Stoßfänger vorne, neu geformtes Leuchtenband samt angepasstem Kofferraumdeckel und optimiertem Diffusor hinten. Innen gibt es ein neues Lenkrad (endlich wieder Rädchen statt Tasten für die Lautstärkeregelung, Halleluja!) sowie ein schnelleres Infotainment mit besserer Auflösung, deutlich verbesserter Spracherkennung und intelligenterer Routenführung.

Was die Fahrdynamik betrifft, können Sie sich vermutlich schon denken, was jetzt kommt: Ziel war es, die gute alte Spreizung zwischen Komfort und Performance zu vergrößern. Jetzt war im Falle des Panamera beides schon vorher recht beeindruckend ausgeprägt. Deswegen wie erwähnt: Feinschliff.

An der Hardware hat man im Prinzip gar nix geändert. Aber so ein Porsche-Ingenieur wäre kein Porsche-Ingenieur, wenn er nicht überall noch ein bissl was rauskitzeln könnte. Damit die Fuhre vorne noch ruhiger/neutraler wird und sich weniger Vibrationen durchs Auto scharmützeln, hat man die Aggregate-Lagerung optimiert. Zudem wurde die Achslagerung vorne durch sogenannte Hydrolager verbessert. 

Neu justiert wurden die adaptiven Dämpfer, die elektronische Wankstabilisierung und das Allrad-Setup. Außerdem hat man die Lenkung mit der Regelung des aktuellen 911 gepimpt und neue Reifen entwickelt, die leiser, geschmeidiger und widerstandärmer abrollen sollen. Dass die Gummis natürlich auch wieder ein bisschen heftiger kleben, versteht sich von selbst.

Apropos: Die Vogelwilden unter Ihnen, die ihren Porscheus Maximus hauptsächlich auf der Rennstrecke nutzen wollen, kriegen jetzt auf Wunsch auch Michelin-Cup-2-Semislicks. Wie konnte man nur jemals ohne überleben?

Kein Porsche-Facelift ohne mehr Leistung, oder?

Ganz recht. Unter der Haube holt der Dicke zum großen Rundumschlag aus.

Neues (vorläufiges) Topmodell ist der Panamera Turbo S. Das "S" nach dem Turbo verdient er sich durch eine üppige Leistungssteigerung seines Biturbo-V8. Weil wir das Jahr 2020 schreiben und die bisherigen 550 PS in dieser Liga inzwischen eher für Verlegenheit am Stammtisch sorgen, hat Zuffenhausen den Vierliter ordentlich auseinandergenommen und ihm weitere 80 PS/50 Nm entlockt. Stabile 630 PS und 820 Nm stehen jetzt insgesamt an. 

Darunter rangiert wie bisher der GTS, ebenfalls mit 4,0-Liter-Biturbo-V8. Er bleibt laut Porsche "nicht der performanteste, aber der sportlichste Panamera" und leistet nun 480 statt 460 PS.

Der Dreiliter-Singleturbo-V6 hat zudem als Basismotor ausgedient. Unterhalb der Achtzylinder verrichtet jetzt grundsätzlich der 2,9-Liter-Biturbo-V6 seinen Dienst. In den unterschiedlichsten Ausprägungen, wie folgende Tabelle verdeutlicht. 

ModellLeistungDrehmomentVmaxPreisPanamera330 PS450 Nm270 km/h91.345 EuroPanamera 4330 PS450 Nm268 km/h95.289 EuroPanamera 4 E-Hybrid480 PStbatbatbaPanamera 4 S E-Hybrid560 PS750 Nm298 km/h126.841 Euro

 

 

Weil Porsche inzwischen hauptsächlich Panameras mit Plug-in-Hybrid verkauft (60% Anteil in Europa), wird es künftig gleich drei davon geben. Ganz neu ist der 4S e-Hybrid mit 560 PS und 750 Nm Systemleistung. Der 4 e-Hybrid (jetzt 480 statt 462 PS) sowie der Turbo S e-Hybrid (700 statt 680 PS) folgen zeitnah.

Schön, dass wir drüber gesprochen haben. Ich will den Turbo S!

Moment, nicht so schnell. Vielleicht schauen Sie sich doch erstmal den neuen Plug-in-Hybrid an. Der geht in 3,7 Sekunden von 0-100 km/h, macht die 0-160 km/h in 8,6 Sekunden und fühlt sich auch in echt schneller an als man es je brauchen wird. 

Die Batterie-Kapazität wurde von 14,1 auf 17,9 kWh erhöht. 50 Kilometer elektrische Reichweite sind nun laut WLTP möglich. Wobei Sie recht schnell merken werden, dass der E-Motor lieber beim Anschieben hilft, als ganz alleine für Vortrieb zu sorgen. 

Porsche Panamera 4S E-Hybrid (2020) im Test

Selbst im E-Modus (dazu gibt es Hybrid, Sport, Sport Plus und Individual) muss man schon einen gefühlvollen rechten Fuß haben, wenn der Benziner nicht ständig seinen Senf dazu geben soll. 

Vortrieb und das allgemeine Gefühl von Dynamik wirken um Längen besser, als das zuletzt beim Panamera 4 E-Hybrid der Fall war.  Dass er über 300 Kilo schwerer ist als ein nicht elektrifizierter V6-Panamera ist sicher nicht von der Hand zu weisen, ein erfreulich präzises und vitales Fahrverhalten bietet der neue 4S E-Hybrid aber trotzdem. Er fährt wie ein Panamera und nicht wie eine monströse Limo mit einer Viertel-Tonne Akkus im Hintern, also alles gut. 

Dass Sie in dieser Konfiguration nicht zum Retter des Planeten werden, sollte aber auch klar sein. Wobei sich das Auto bei der Testfahrt ordentlich schlug für einen 2,3-Tonner mit 560 PS. Nach 58 teils recht zügig gefahrenen Kilometern stand ein Verbrauch von 8,4 Liter auf dem Bordcomputer. Im Akku war noch Saft für acht Kilometer.

Öko-tastisch, aber was ist denn jetzt mit dem Turbo S?

Aufatmen in Zuffenhausen! Die fürchterliche Schmach, dass der Panamera Turbo bis zu 89 PS schwächer war als die direkte Konkurrenz, ist Geschichte. Jetzt ist man stärker als RS 7 (600 PS) und M8 (bis zu 625 PS), muss nur noch dem AMG GT 63 S (639 PS) knapp den Vortritt lassen. An der Ampel fressen allerdings alle drei den Staub des Turbo S.

Auf 100 geht es in 3,1 Sekunden. Maximal sind 315 km/h drin. Und selbst einen neuen Nordschleife-Rekord hat Werksfahrer Lars Kern zuletzt aufgestellt. Wobei man bei all den Rekorden inzwischen gar nicht mehr so genau weiß, in welcher Kategorie eigentlich. Fürs Protokoll: Es war die Kategorie Oberklasse. Ist ja auch egal: 7:29 Minuten sind fix, da gibt's keine zwei Meinungen. Auch wenn AMG mit dem GT 63 S angeblich schon mal knapp vier Sekunden schneller war.

"Er lässt sich sehr fein mit dem Gas dirigieren, kündigt den Grenzbereich mit viel Feingefühl an und bleibt in selbigem leicht über die Hinterachse rutschend gut beherrschbar. Ein Spaß, wirklich."

Demgegenüber (auch gegenüber dem M8 GC übrigens) ist der Obermotz-Panamera jedoch der eleganter, unaufdringlicher und angenehmer fahrende Schwerathlet. Bei der Konkurrenz wirkt es mit der - zweifelsfrei im Überfluss vorhandenen - Dynamik ja immer ein bisschen arg gezwungen, gedopt und eckig. Mit überspitzer Vorderachse, zu nervöser Lenkung oder Knüppel-Federung geht's der Physik an den Kragen.

Der Porsche hingegen bewegt sich, als käme er direkt von der Massagebank. Schön geschmeidig und unverkrampft. Und überraschend echt. Obwohl natürlich auch er all die magischen Fahrwerkshelferlein (Hinterachslenkung, elektrische Wankstabilisierung) an Bord hat.

Die neue Lenkung ist ein nochmaliger Gewinn. Einmal mehr zeigt sich: Keiner kann die Elektromechanischen derzeit besser als Porsche. Zudem ist die Balance des Autos durch die Neuausrichtung der Systeme noch neutraler und am Limit hecklastiger. Untersteuern war vorher schon nicht wirklich das Thema, jetzt ist es überhaupt gar keins mehr. 

Und ja, wir waren auf der Rennstrecke. Am Bilster Berg mit seinen vierhunderttausend Kuppen und Senken. Da haute es den Turbo S zeitweise schon ganz schön durch die Gegend und man merkte: "Oh ja, mit etwas weniger Gewicht wäre das jetzt vermutlich etwas angenehmer". Das heißt aber nicht, dass es nicht ganz vortrefflich funktioniert hätte.

Ob man das je brauchen wird ist eine andere Frage, aber das edle Gefährt lässt sich sehr fein mit dem Gas dirigieren, kündigt den Grenzbereich mit viel Feingefühl an und bleibt in selbigem leicht über die Hinterachse rutschend gut beherrschbar. Ein Spaß, wirklich. Jetzt wissen sie das auch.  

Auf der normalen Straße geht es in eine ganz ähnliche Richtung. Dass der V8 auch hier spontan anspricht und sein Punch in den Magen fährt wie ein Chilli-Wettessen im ländlichen Texas, dürfte klar sein. Über die Exzellenz des 8-Gang-PDK brauche ich Ihnen ebenfalls nichts mehr zu erzählen.

Mindestens ebenso beeindruckend ist aber, wie komfortabel der Panamera abrollt. Selbst in Sport Plus. Das kann die Konkurrenz, abgesehen vom RS 7, so nicht. 

Klingt nach einem ziemlich fantastischen Gesamtpaket 

Und ich habe den GTS noch gar nicht erwähnt. Nicht ganz so lächerlich schnell wie der Turbo S, aber mit 3,9 Sekunden von 0-100 definitiv fix genug, um der Gesichtsfarbe der Mitinsassen kurzzeitig Schaden zuzufügen. 

Porsche Panamera GTS Sport Turismo (2020) im Test

Dabei gleicht seine Leistungscharakteristik eher der eines Saugmotors. Das schockt nicht so, macht die Kraft aber besser zugänglich. Außerdem wirkt er mit seinen kleinen Fahrwerksmodifikationen (15 mm tiefer, leicht geänderte Feder-/Dämpferraten) ein wenig bissiger, lässt die Härte aber trotzdem draußen.

Und er sieht - gerade als Sport Turismo- am coolsten aus. Zumindest für dieses Paar Augen. 

Verstanden, hoch lebe der GTS. Zurück zum Gesamtpaket ...

Die Facelift-Modifikationen machen aus dem Panamera natürlich kein anderes Auto, aber die optimierte Lenkung und die neutralere bis hecklastigere Fahrwerksauslegung tun dem Fahrspaß gut. 

Die Änderungen außen und innen sind minimal. Das Infotainment ist absolut up to date, die verbesserte Sprachsteuerung macht einen sehr guten Eindruck. Bedient man lieber per Touch, lenkt das aber oft ab. Den Platz im Fond und den Kofferraum können andere sicher besser. 

Das tritt in den Hintergrund, sobald man das Steuer in die Hand nimmt. Die Konkurrenz stimmt ihre Produkte teils aggressiver und mit mehr Showeffekt ab, erkauft sich diesen Auftritt aber mit Nervosität und Komfortschwächen. Der Panamera hat das nach wie vor nicht nötig. Wie er über Lenkung und Fahrwerk kommuniziert, ist großartig. Und er geht toll ums Eck, ohne zu federn wie ein Skateboard.

Dabei darf man nie außer Acht lassen, dass der große Porsche auch so gut sein kann, weil er sehr viel Geld kostet. Wer es finanziell im Kreuz hat, erhält hier nicht die lauteste, grellste, aber die stimmigste große Sportlimousine. 

Fazit: 8/10

+ klassenbeste Verbindung aus Fahrdynamik und Komfort

+ sehr sportlicher Plug-in-Hybrid

+ extrem performante Motoren

+ sehr schönes Interieur

 

- Platzangebot ausbaufähig

- reine Infotainment-Touchbedienung kann ablenken

- sehr teuer

© Motor1.com