Hier fahren Sie besser!
Automobile.at logo

Honda Jazz (2020) im Test: Besonderling mit Hybrid

Unglaublich praktisch, aber auch unglaublich sparsam?

Motor1.com Deutschland: Auto-Tests, Auto-News und Analysen
Marke wählen

Kleinwagen folgen heutzutage einem bewährten Strickmuster aus dem Baukasten: 5 Türen, dazu ein 1,0-Liter-Turbobenziner mit gut 100 PS, fertig ist die Laube. Honda tanzt hingegen aus der Reihe und bietet den neuen Jazz ausschließlich als Hybrid an. Lohnt sich diese Eigenwilligkeit?

Was ist das?

Immerhin: 5 Türen hat der Honda Jazz immer, aber das war schon so, als die Neuinterpretation des Jazz im Jahr 2001 auf den Markt kam. Fast 20 Jahre später debütierte die jüngste Generation. Mit 4,04 Meter liegt der Jazz jetzt auf dem Niveau der meisten Kleinwagen, punktet aber mit enormer Geräumigkeit. 

Man ist beinahe dazu verleitet, den 2020er Jazz als wahren Nachfolger der ersten Mercedes A-Klasse zu betrachten. Eine erhöhte Sitzposition (wer hier noch mehr möchte, greift zum rustikal beplankten Jazz Crosstar) und das luftige Raumgefühl sammeln Pluspunkte. Im Fond kann ich meine Beine fast übereinanderschlagen, hinzu kommen die "Magic Seats". Wie beim Vorgänger lässt sich die Sitzfläche nach oben klappen, um Platz für ein zerlegtes Fahrrad, einen Hund oder Pflanzen zu haben. 

Das Magic-Seats-Sitzkonzept im Honda Jazz (2020)

Außerdem falten sich die Rücksitze nahtlos in den Fahrzeugboden. 304 Liter Kofferraum im Normalzustand sind bereits mehr als ordentlich, doch bei versenkten Möbeln wird es richtig geräumig: 844 Liter bis zur Fensterunterkante, bis zu 1.205 Liter bei dachhoher Beladung. Die Zuladung beträgt übrigens 410 Kilogramm.

Überhaupt ist der neue Honda Jazz durchdacht konzipiert: Hier links und rechts an den Ecken des Cockpits die Cupholder vor den Lüftungsdüsen, dort die fast rechtwinklig öffnenden Fondtüren. Schön auch die große Glasfläche vorne mit quasi zwei A-Säulen. Das Cockpit ist sachlich gestaltet, eine positive Überraschung sind die hochwertigen Materialien. Auch BMW oder Mercedes machen es manchmal kaum besser.

Die Informationen liefert ein klar ablesbares Display vor dem Fahrer, auf Wunsch gesellt sich ein 9-Zoll-Touchscreen auf der Mittelkonsole dazu. Hübsch anzusehen ist das Zweispeichen-Lenkrad. Etwas irritierend sind nur die Außenspiegel. Sie wirken, als würden sie leicht nach unten hängen.  

Und was steckt unter dem Blech?

Bis hierhin ist beim neuen Honda Jazz fast alles picobello. Antriebstechnisch gibt er sich aber hierzulande extrem aufwendig, denn er wir ausschließlich als Hybrid angeboten. Zum 72 kW (98 PS) starken 1,5-Liter-Vierzylinder gesellt sich etwas Elektrounterstützung. Die Systemleistung gibt Honda mit 80 kW (109 PS) an.

Die Stromspritze ist auch durchaus willkommen, denn der Saugbenziner liefert "nur" 131 Newtonmeter zwischen 4.500 und 5.500 Umdrehungen. Die Schaltarbeit übernimmt ein stufenloses Getriebe, intern e-CVT genannt. Rein elektrisch fährt der Jazz nur kurz, etwa beim Anfahren oder durch Tempo-30-Zonen. 

Dank der Elektrounterstützung kommt man recht flott vom Fleck, in unter 10 Sekunden sind 100 km/h erreicht. Wer aber voll auf den Pinsel tritt, bekommt viel Akustik frei Haus. Einige Sekunden lang heult der Motor auf, ehe das e-CVT die Drehzahl wieder auf ein angenehmes Niveau senkt.  

Ganz klar: Dieses Auto ist für Gelassene und Entspannte. Auch ich ertappe mich im Laufe der Zeit dabei, bewusster auf Bremsvorgänge und Ausrollen zu achten, da genau hier die Batterie geladen wird. In der Stadt oder mit maximal 100 km/h übers Land fühlt sich der Jazz am wohlsten. 

Trotzdem stelle ich mir die Frage, warum Honda im Jazz keinen "normalen" Turbo-Dreizylinder als Option anbietet. Im Regal läge ein solches Aggregat: der 126 PS starke 1.0 VTEC aus dem Civic. So aber wirkt der Jazz fast zu aufwendig konstruiert, im Englischen gibt es das schöne Wort "overengineered". 

Was kostet er?

Hier liegt der Hase im Pfeffer. Gemessen am technischen Aufwand spart der Honda Jazz nicht besonders viel Sprit: Wir ermittelten 5,9 Liter im Schnitt. Und trotz guter Serienausstattung (diverse Assistenzsysteme, Klimaautomatik, LED-Scheinwerfer, Sitzheizung) ist der Jazz selbstbewusst eingepreist. Ab 22.250 Euro geht es los, die von uns getestete Topversion "Executive" kostet gar 25.150 Euro.  

Fazit: 7/10

Speziell beim Platzangebot knüpft der neue Honda Jazz an das Erfolgsrezept seiner Vorgänger an. Jetzt haben außerdem Materialien und die Verarbeitung deutlich zugelegt. Technisch ist der Hybridantrieb interessant, er funktioniert auch prima. Aber diese Lösung spart zum einen kaum Sprit, zum anderen sorgt sie für einen üppigen Grundpreis. Mit kleinem Turbobenziner wäre der Jazz ein wahrhaft großer Kleinwagen. 

© Motor1.com