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Audi SQ5 Sportback (2021) im Test: Mehr als schnell und geschliffen?

Das neueste S-Modell weiß durchaus zu unterhalten

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Was ist das?

Das absolut Unvermeidbare. Die Coupé-Version von Audis Mittelklasse-Sport-SUV, der neue SQ5 TDI Sportback. Wie gewohnt ist er etwas unpraktischer und teurer. Man kann also davon ausgehen, dass er sich fantastisch verkaufen wird. Etwa ein Drittel des gesamten Q5-Absatzes soll künftig auf den Sportback entfallen. Bedenkt man, dass der Q5 auch im letzten Jahr wieder das drittstärkste Modell der Ingolstädter war, sind das eine ganze Menge Autos.

Gehen Sie also davon aus, dass Sie bald sehr viele SQ5 Sportbacks vor den Yoga-Studios/Biomärkten/veganen Popup-Restaurants ihrer Umgebung sehen werden. Natürlich ist er durch seine abfallende Dachlinie und das Stummel- ... äh ... Coupé-Heck deutlich trendiger und lifestyliger als der herkömmliche SQ5, klarer Fall, oder?

Immerhin, das muss man ihm zugute halten, büßt er bei nahezu identischen Ausmaßen auch innen kaum ein. Das Kofferraumvolumen etwa liegt hier bei 500 bis 1.470 Litern, gegenüber 520 bis 1.520 beim Non-Sportback.

Die Konkurrenz kommt hauptsächlich in Form des BMW X4 M40d mit 340 PS sowie des Mercedes GLC 400d mit 330 PS. Nach dem letzten Facelift leistet der Dreiliter-Sechszylinder-Diesel in beiden SQ5 sechs PS weniger als bisher. 341 PS sind es insgesamt, das Drehmoment liegt nach wie vor bei Schiffsdiesel-artigen 700 Nm. Mit seinem 48-Volt-Mildhybrid-System und dem elektrischen Zusatzverdichter ist der V6 so komplex wie eh und je, allerdings hat man einiges getan, um sein Ansprechverhalten zu verbessern. 

Stimmt, da war doch was!?

Audis Sechszylinder-Diesel hatten zuletzt ein - sagen wir mal - "kleines" Problem mit dem fiesen Kollegen Turboloch. Oder anders ausgedrückt: Drückte man aufs Gas, kam erstmal gaaaaanz lange nix. Das war nicht wirklich schön, weil die Verzögerung echt ungewöhnlich heftig ausfiel. Viel Kritik von Presse und Kundschaft war die Folge und Audi reagierte. 

So stellte man unter anderem die Ladeluftkühlung von einem Luft-Luft-Kühler im Stoßfänger auf einen indirekten Wasser-Luft-Kühler im Innen-V des Motors um. Die verkürzten Ansaug-Luftwege unterstützen einen schnelleren Aufbau des Ladedrucks, außerdem kann er kurz nach dem Motorstart die Ansaugluft erwärmen. Dazu dreht sich im Turbolader jetzt ein kleineres und leichteres Verdichterrad, das schneller auf Touren kommt. 

Das 48-Volt-Mildhybrid-System mit Riemen-Starter-Generator und Lithium-Ionen-Batterie soll bis zu 0,7 Liter pro 100 Kilometer sparen und dürfte weitgehend bekannt sein. Der elektrisch angetriebene Verdichter (unterstützt den Turbolader immer dann, wenn das Abgas noch zu wenig Energie für seinen Antrieb liefert) kommt jetzt häufiger und in einem größeren Motorkennfeldbereich zum Einsatz. Außerdem wurde das Zusammenspiel mit Mildhybridsystem, Turbolader, dem Motor und dem Automatikgetriebe optimiert.

Bei der Abgasnachbehandlung setzt Audi beim überarbeiteten V6 auf doppelte Harnstoffeinspritzung, mit der die Abgasnorm Euro 6d ISC-FCM AP eingehalten wird. Der dazugehörige Adblue-Tank fasst 24 Liter. 

Und, haben die Maßnahmen geholfen?

Definitiv. Ein Ansprechverhalten wie bei einem Porsche-Saugmotor sollte man natürlich nach wie vor nicht erwarten, aber von der eklatanten Anfahrschwäche ist kaum noch etwas übrig. Der Selbstzünder kommt ordentlich aus dem Knick, dann haut er Ihnen in einer relativ breiten Mittellage die ganz große Drehmoment-Keule auf die Nuss. Er dreht sogar relativ frei und willig aus, für einen Diesel zumindest. Trotz eines EU-Gewichts (inklusive Fahrer) von nahezu 2,1 Tonnen erzeugt der SQ5 also jederzeit sehr unterhaltsame Mengen an Vorwärtsdrang. 

Zudem bietet er ein sehr geschliffenes Antriebserlebnis, bei dem in puncto Laufkultur wenig an einen Selbstzünder erinnert. Alles in allem ist das sicher auch ein Verdienst der schnellen, sanften und gut auf den Motor abgestimmten ZF-Achtgang-Box. Und des teils absurden "Motorklangs" aus den Lautsprechern. Vor allem im Dynamic-Modus wabert und wummert es bedenklich. Als hätte man den hauseigenen Fünfzylinder aus RS 3 und Co. ins Aufnahmestudio geschickt ... während er gerade ein riesiges Stück Torte verschlingt.

Was den Verbrauch angeht, muss man aber damit rechnen, dass Leistung und Gewicht ihren Tribut fordern. Audi gibt ihn mit 7,0 Litern an, laut Bordcomputer waren es um die neun, wenn man mal etwas forcierter am Volant kurbelt, wozu der Motor und die dynamischen Fähigkeiten des Autos durchaus einladen, steht auch schnell mal eine 10 vor dem Komma.

Also bietet dieses Sport-SUV-Coupé tatsächlich Fahrspaß?  

Absolut. Ich muss zugeben, dass ich durchaus ein Fan von dem bin, was Audi in letzter Zeit aus seinen S-Modellen macht. Da geht aktuell vieles in die richtige Richtung.

"Das Sportdifferenzial macht aus dem SQ5 ein Auto, dass sich überraschend heckgetrieben und unterhaltsam anfühlt."

Anders als die vierzylindrigen Q5 mit ihrem eher frontlastigen "Ultra"-Allradsystem verfügt der SQ5 über Audis Torsen-Quattro-Allrad mit einer Grundverteilung von 40:60 zugunsten der Hinterachse. Je nach Fahrsituation und Gripniveau können laut Audi aber auch bis zu 70 Prozent der Kraft nach vorne und bis zu 85 Prozent der Kraft nach hinten geleitet werden. Außerdem wird mit Bremseingriffen an allen vier Rädern (Torque Vectoring) gearbeitet, um Untersteuern zu reduzieren. 

Optional gibt es zudem ein Sportdifferenzial, das auch zwischen den Hinterrädern mit den Kräften jongliert. Für den SQ5 Sportback haben es die Ingolstädter Fahrdynamiker ein wenig aggressiver abgestimmt, sprich: Das kurvenäußere Hinterrad wird hier in Kurven häufiger und vehementer mit Drehmoment beworfen.

Der Effekt ist deutlich spürbar und er macht aus dem SQ5 ein Auto, dass sich überraschend heckgetrieben und unterhaltsam anfühlt, auch mal ins Übersteuern geht, wenn man es drauf anlegt. Für enthusiastischere Fahrer, die mit ihrem SUV auf kurvigem Geläuf auch gerne mal ein bisschen mehr Spaß haben, ist das Sportdiff also ein absolutes Pflicht-Extra. 

Also fühlt er sich an wie ein Performance-SUV?

Nein, nicht ganz. Und das ist auch gut so. Einige dieser Kandidaten sind so fokussiert, straff und hibbelig, dass man sich fragt, warum man erst ein SUV kaufen musste, um die eigene Wirbelsäule zu ruinieren (ja ich rede mit dir, lieber BMW X3 M). Dieser Q5 ist eindeutig anders. Sein ganzes Wesen ist entspannter. Er ist wirklich schnell, fährt sich aber immer gelassen und unaufgeregt. 

Die Lenkung ist natürlich relativ direkt und präzise. Sie fühlt sich auch weniger künstlich an, als man das von früheren S-Modellen vielleicht noch kennt. Unendliche Mengen an Feedback sollte man dennoch nicht erwarten.

  

Serienmäßig kommt der SQ5 TDI Sportback mit einem adaptiven Sportfahrwerk, im Testwagen war allerdings die optionale Luftfederung verbaut. Sie bietet einen sehr anständigen Mix aus Komfort und Körperkontrolle. Der SQ5 versucht glücklicherweise nicht ein höhergelegter Supersportwagen zu sein. Er senst nicht stocksteif und ultraflach durch die Kurve, darf sich durchaus ein bisschen bewegen und teilt Ihnen so auch recht gut mit, wo die Grenzen sind. Da wäre in Sachen Sportlichkeit also durchaus noch Luft für einen RS Q5. Ob es jemals dazu kommt, ist eine andere Frage

Absolut nichts zu meckern gibt es wie immer an der Traktion. Die ist wie nicht anders zu erwarten Bombe. Auch die Federung arbeitet sehr homogen und im Großen und Ganzen sehr komfortabel. Lediglich im Dynamic-Modus kann sie sich bei kurzen Stößen auch mal etwas verschlucken. 

Wie ist er innen?

Im Cockpit unterscheidet sich der SQ5 Sportback nicht vom herkömmlichen SQ5. Armaturenbrett, 10,1-Zoll-Infotainment, 12,3-Zoll-Instrumentendisplay, Sportlenkrad und die Auswahl an Polstern/Dekoren ist identisch.

Die Ergonomie ist gut, der Aufbau der Infotainment-Bedienung wirkt einfach und logisch, auch wenn es schöner gewesen wäre, den Dreh-Drück-Regler zu behalten und nicht nur auf Touch-Bedienung zu setzen. Immerhin ist die Steuerung von Klima, Sitzheizung und Fahrmodi davon ausgenommen. Hier gibt es noch ganz klassische Bedieneinheiten, was eine enorme Erleichterung ist. 

Die Sitzposition wirkt in den ersten Sekunden etwas hoch und aufrecht, man gewöhnt sich aber schnell daran. Das Gestühl selbst ist sehr bequem, bietet aber dennoch viel Halt.

Die Sicht nach hinten ist durch die geänderte Karosserieform weniger gut. Der Platz im Fond ist nicht üppig, aber in jedem Fall ausreichend. Trotz der abfallenden Dachlinie ist genügend Kopffreiheit vorhanden. Meine 1,85 Meter reichten zumindest nicht, um eine innigere Beziehung mit dem Dachhimmel anzufangen. 

Der Kofferraum wirkt recht tief, die Ladekante angenehm niedrig. In Verbindung mit dem Luftfahrwerk kann das Auto zudem für leichteres Beladen auf Knopfdruck hinten um 50 mm abgesenkt werden. Außerdem ist die Rückbank verschieb- und deren Lehne verstellbar, was das Ladevolumen im Bestfall auf 570 Liter erweitert. 

Fazit: 8/10

Ob der neue Heckabschluss des SQ5 Sportback imageträchtiger ist oder das entscheidende Design-Statement setzt, entscheiden Sie bitte selbst. Aus praktischen Gründen spricht eigentlich nichts Bedeutendes gegen ihn, außer natürlich, dass er circa 2.000 Euro teurer ist als der normale SQ5. Wer schön sein will, muss also zumindest hier leiden.

Fahrerisch ist auch der SQ5 Sportback eine Bank. Das Ansprechverhalten des TDI hat sich verbessert, insgesamt zählt er mit dem monströs starken Diesel und seinem ausgewogenen, entspannten Fahrverhalten sicher zu den ultimativen Langstrecken-Waffen. 

Er ist definitiv kein Vollblut-Performance-SUV (dafür wäre ja ein möglicher RS Q5 da), bietet aber mit sehr brauchbaren Fahrwerksqualitäten und einer überraschend heckbetonten Allradauslegung dennoch viel Fahrspaß. 

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