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TÜV-Report 2023: Elektroautos sind keine Musterknaben

BMW i3, Nissan Leaf (ZE1), Renault Zoe und Tesla Model 3 im Blickpunkt

InsideEVs.de: Elektroautos, Plug-in-Hybride: News, Tests
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Elektrofahrzeuge schneiden bei ihrer ersten Hauptuntersuchung (HU) je nach Modell sehr unterschiedlich ab. Das zeigt eine Sonderauswertung des aktuellen TÜV-Reports der vier besonders gefragten E-Modelle BMW i3, Nissan Leaf (ZE1), Renault Zoe und Tesla Model 3.

"Mit den steigenden Absatzzahlen der vergangenen Jahre kommen immer mehr Elektrofahrzeuge zu den TÜV-Prüfstellen. Das gibt uns die Möglichkeit, die technische Sicherheit ausgewählter Elektroautos zu bewerten", sagt Dr. Joachim Bühler, Geschäftsführer des TÜV-Verbands. Mit dem Renault Zoe habe es dank ausreichend hoher Stückzahlen erstmals ein Elektrofahrzeug in den "TÜV Report 2023" geschafft.

Renault Zoe (2021)

In den Report fließen die Ergebnisse von 9,6 Millionen Hauptuntersuchungen ein. In der Klasse der zwei bis drei Jahre alten Fahrzeuge fallen 5,3 Prozent mit "erheblichen Mängeln" durch die Hauptuntersuchung und müssen nach einer Reparatur erneut vorgeführt werden. Die Mängelquote des Renault Zoe liegt mit 5,3 Prozent genau im Durchschnitt der 130 geprüften Pkw dieser Altersklasse. Größter Mängelschwerpunkt beim Zoe ist die Vorderachsaufhängung. Besonders auffällig sind Querlenker sowie Spur- und Spurstangen.

Auch die Funktion der Fußbremse wird überdurchschnittlich häufig beanstandet. "Mängel an der Bremse treten bei allen untersuchten E-Autos überdurchschnittlich häufig auf", sagt Bühler. Ein Grund dafür ist die Rekuperation, mit der E-Autos Bremsenergie zurückgewinnen. Dadurch werden die Bremsen entlastet, was je nach Fahrweise zum Einschlafen der Bremsbeläge (Verringerung des Reibwerts) führen kann. "Wer ein Elektroauto fährt, sollte regelmäßig kräftig bremsen, um die Bremsbeläge wieder zu regenerieren und so die volle Bremsleistung zu erhalten", rät Bühler.

Nissan Leaf (2022)

Überdurchschnittlich gut schneidet der Nissan Leaf mit einer Mängelquote von 4,3 Prozent ab. Auffällig sind bei dem Japaner das Abblendlicht und die Bremsscheiben. Mit diesem Ergebnis liegt der Leaf im oberen Drittel der zwei- bis dreijährigen Fahrzeuge. Im unteren Drittel landet dagegen der BMW i3 mit einer Mängelquote von 5,9 Prozent. Wie beim Leaf sind es auch beim i3 das Abblendlicht und die Bremsscheiben, die von den Sachverständigen überdurchschnittlich häufig beanstandet werden.

Schlusslicht des Quartetts ist das Tesla Model 3, das zu den beliebtesten Elektrofahrzeugen in Deutschland zählt. 8,9 Prozent der untersuchten Fahrzeuge fallen bei der ersten Hauptuntersuchung durch. Damit lägen in dieser Altersklasse nur vier Fahrzeuge vor dem Tesla, darunter der Dacia Logan, der Dacia Dokker und der VW Sharan. Neben der Beleuchtung mit Mängeln an Abblendlicht und den Nebelscheinwerfern sind beim Model 3 auch die Bremsscheiben häufiger defekt als im Durchschnitt aller untersuchten Fahrzeuge.

Tesla Model 3 Performance (2021) im Test

Gleiches gilt für die Achsaufhängung. "Viele Elektrofahrzeuge sind wegen der Batterie schwerer als vergleichbare Modelle mit Verbrennungsmotor. Das stellt oft eine besondere Belastung für die Achsaufhängung dar", sagt Bühler. Auch ältere E-Autos haben keine besonderen Probleme mit Rost.

Die TÜV-Organisationen prüfen Elektrofahrzeuge auf der Grundlage der HU-Richtlinie und typspezifischer Prüfvorschriften. Im Fokus stehen der Zustand der Hochvoltbatterie, der elektrischen Leitungen sowie der Steckverbindungen. Geprüft werden unter anderem Befestigung, Isolierung und Kühlung der Stromspeicher. "Bisher werden die Hochvoltbatterien von Elektroautos allerdings nur einer Sichtprüfung unterzogen. Das ist nicht ausreichend", sagt Bühler. Die Vorschriften für die Hauptuntersuchung müssten um weitere spezifische Prüfpunkte für die Sicherheit von E-Autos ergänzt werden.

"Die Hochvoltbatterie muss über den gesamten Lebenszyklus des Elektrofahrzeugs bewertet werden können. Dazu benötigen die Prüforganisationen Zugriff auf die Daten des Batteriemanagementsystems", so Bühler. Zudem müsse die Hochvoltsicherheit des Elektrofahrzeugs generell überprüft werden. Im Rahmen der HU wäre dies durch eine Messung des Isolationswiderstands und des Potenzialausgleichs im gesamten Hochvoltsystem realisierbar.

Ein weiteres Problem ist die zunehmende Kapselung des Unterbodens bei Elektrofahrzeugen, die eine Sichtprüfung sowohl der spannungsführenden Hochvoltkabel als auch der Bremsleitungen verhindert. Hier sind Anpassungen der Typprüfvorschriften erforderlich, die z.B. für die HU entsprechende Revisionsklappen in der Verkleidung für eine Sichtprüfung der sicherheitsrelevanten Bauteile vorschreiben.

Methodischer Hinweis: Für den TÜV Report 2023 wurden rund 9,6 Millionen Hauptuntersuchungen an Pkw ausgewertet, die im Zeitraum Juli 2021 bis Juni 2022 durchgeführt wurden. Im Gebrauchtwagenratgeber von TÜV und AutoBild werden 226 Fahrzeugmodelle in 5 Altersklassen abgebildet.

Im Ranking der 2 bis 3 Jahre alten Pkw sind 130 Modelle aufgeführt. Mit Ausnahme des Renault Zoe sind die betrachteten Elektroautos im TÜV-Report noch nicht enthalten, da die Anzahl der untersuchten Fahrzeuge noch keine vertiefte Analyse der einzelnen Modelle zulässt.

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