Wir vergleichen die reichweitenstarke 600-km-Version mit Kia EV3, Renault Scenic und Skoda Elroq
Der Nissan Leaf gehört wohl zu den interessantesten Elektro-Neuvorstellungen der letzten Wochen. Nach etlichen Teasern wurde das 4,35 Meter lange und 1,55 Meter hohe Modell am 17. Juni präsentiert. Bestellbar ist das Auto erst ab Herbst; so sind auch die Preise noch nicht bekannt. Dennoch trauen wir uns schon an einen Vergleich mit der Konkurrenz heran. Dabei beschränken wir uns auf die gehobene, reichweitenstarke Version.
Beim neuen Leaf handelt es sich schon um die dritte Generation des Fahrzeugs. Wegen der beträchtlichen Höhe und der schnittigen Form würden wir es als Coupé-SUV einstufen, aber "Kompaktwagen" wäre wohl auch nicht ganz falsch. Von den Abmessungen her liegt der Neuling auf dem Niveau des Hyundai Kona, Smart #3 oder auch Volvo C40.
Während die Karosserieform ähnlich wie beim Ariya ausfällt, hat der Leaf anders als der große Bruder versenkte, ausfahrende Bügelgriffe. Auch die Leuchten vorne und hinten sehen völlig anders aus. Weitere Besonderheiten sind das große Glasdach und die Bedienoberfläche auf Basis von Google Android - und damit einer Navigation mit dem vertrauten Google Maps.
Es gibt zwei Motor-Akku-Kombinationen, die wie beim Ariya einfach mit der Akkukapazität bezeichnet werden. Wie dort dient CMF-EV als technische Basis, also die Plattform, die bei Renault inzwischen AmpR Medium heißt und auch den Megane und den Scenic trägt. Die Antriebe haben ähnliche Leistungen wie beim Scenic (dort 125 und 160 kW), aber mehr Drehmoment (Scenic: 280 bzw. 300 Nm):
Die Basisversion bietet mit etwa 440 km genug Reichweite für ein Einstiegsmodell des C-SUV-Segments - ein VW ID.4 Pure zum Beispiel bietet sogar nur 364 km. Die gehobene Version lässt mit rund 600 km schon die meisten Konkurrenten hinter sich. Wenden wir uns Letzterer zu, denn die ist für uns die interessantere.
Welche Elektro-SUVs mit 600 km Reichweite mit 4,30 bis 4,40 Meter Länge gibt es? Da fallen uns nur der Kia EV3 Long Range (bis 605 km) und der Volvo EC40 Single Motor Extended Range (bis 584 km) ein. Der Volvo EC40 fällt jedoch wegen seines hohen Preises von rund 57.000 Euro als Konkurrent aus, obwohl er von der coupéhaften Karosserieform her am besten zu unserem Nissan passt. Wenn man den Längenbereich bis auf 4,50 m erweitert, kommen noch der Ford Explorer, der Renault Scenic und der Skoda Elroq hinzu. Sehen wir uns zunächst ein paar Grunddaten an:
Für unsere Vergleichstabelle beschränken wir uns aus Platzgründen auf drei Konkurrenten. Deswegen eliminieren wir noch den Ford Explorer, da er die gleiche Technik wie der Skoda Elroq besitzt - beide basieren auf dem MEB des VW-Konzerns, beide haben die 77-kWh-Batterie und den gleichen 210-kW-Antrieb. Hier die wichtigsten Daten der vier Modelle:
Wie man sieht, ist der Verbrauch des Nissan-Neulings lobenswert - besonders im Vergleich zum Plattform-Bruder Renault Scenic. Der benötigt eine 87-kW-Batterie, um auf die gleiche Reichweite zu kommen wie der Nissan mit seinen 75 kWh. Trotz ähnlicher Leistung ist der Sprintwert des Leaf ebenfalls etwas besser. Das dürfte an der besseren Aerodynamik oder einem verbesserten Motor liegen, denn das Leergewicht ist bei beide Modelle mit 1,8 bis 1,9 Tonnen ähnlich.
Die Ladegeschwindigkeit an der DC-Säule ist die gleiche; durch den niedrigeren Verbrauch kann der Nissan jedoch in einer Minute mehr Strom nachladen, nämlich für 12,1 km, während es beim Renault nur 10,5 km sind.
Der Kia EV3 Long Range ist beim Laden jedoch schneller: Die Ladegeschwindigkeit ist höher und man kann schneller Reichweite nachladen. Die übrigen Daten sind ähnlich wie beim Leaf. Der Skoda Elroq schließlich ist beim Laden das schnellste Modell im Vergleich. Dank deutlich höherer Antriebsleistung sticht er den Nissan auch beim Standardsprint aus.
Beim Kofferraumvolumen dürfte der Nissan eher schwach abschneiden. Schon der Wert für die fünfsitzige Konfiguration ist kleiner als bei den Konkurrenten. Der Maximalwert (mit umgeklappten Rücksitzen) wurde noch nicht verraten, dürfte aber ebenfalls zurückbleiben - hier hat die coupéhafte Form eben Nachteile. Und wenn die Weitwinkel-Optik des Innenraumbilds von der Nissan-Website nicht täuscht, ist wohl auch die Heckscheibe kleiner und die Rundumsicht schlechter als bei den kastenartigeren Rivalen.
Wie viel darf der Nissan Leaf 75 kWh kosten? Um mit dem Kia mitzuhalten, der von den Daten her Ähnliches bietet, würden wir sagen: etwa 41.000 Euro. Wenn es 44.000 Euro wären, würden wir den schneller ladenden und sprintenden Skoda bevorzugen. Das gilt freilich nur, wenn man die Ausstattung (und andere eventuell wichtige Daten wie Anhängelast etc.) außen vor lässt.
Unter dem Strich
Alles in allem ist der Nissan Leaf ein interessanter Neuzugang im Bereich der kleineren Kompakt-SUVs. Vom teuren Volvo EC40 abgesehen, gibt es dort noch kaum coupéhafte SUVs. Außerdem gefällt uns die hohe Maximalreichweite von rund 600 km. Hier steckt der Leaf den großen Bruder (bis 531 km) locker in die Tasche. Allerdings gibt es harte Konkurrenz für das reichweitenstarke Modell, vor allem in Gestalt des Kia EV3 Long Range und des Skoda Elroq 85. Wenn der Nissan Leaf nicht viel mehr als 41.000 Euro kostet (oder deutlich besser ausgestattet ist als die Rivalen), ist er auf jeden Fall einen Blick wert.