Verschiedene Faktoren führen dazu, dass man in China manche Modelle schon für umgerechnet 8.000 Euro bekommt
Man braucht nur mal nachzusehen auf China-Portalen wie CarNewsChina oder CnEVPost. Dort wird schnell klar, dass man im Reich der Mitte deutlich weniger für Stromer zahlt als bei uns. Aber warum sind Elektroautos in China so viel günstiger? Das fragen wir uns schon länger. Die österreichische Tageszeitung Standard hat nun bei Experten nachgefragt und liefert Antworten.
Beispiele für die teils enorme Preisdifferenz finden sich leicht. So gibt es den neuen Smart #5 Brabus in China laut CarNewsChina ab 279.900 Yuan, also für etwas mehr als 45.000 Euro, während der Bolide bei uns 60.900 Euro kostet - und zwar ebenfalls mit 475 kW und 100-kWh-Akku.
Auch das Tesla Model 3 mit Hinterradantrieb kostet laut Tesla-Konfigurator in China nur 235.500 Yuan, das sind umgerechnet gerade mal 28.000 Euro - bei uns zahlt man rund 40.000 Euro für das Modell (mit gleichem Sprintwert). Auch die Batterie dürfte die gleiche sein, wie ein Seitenblick in den Hongkong-Konfigurator zeigt: Dort ist das Basismodell für 254.200 Hongkong-Dollar (etwa 27.400 Euro) verzeichnet und hat 520 km WLTP-Reichweite - annähernd der gleiche Wert wie für Deutschland (515 km).
Ein weiteres Exempel ist der BYD Dolphin Surf: Ihn gibt es bei uns laut Konfigurator ab 22.990 Euro - das Einführungsangebot für 19.990 Euro ist schon ausgelaufen. Aber auch rund 20.000 Euro waren viel im Vergleich zu dem, was in China berechnet wird. Unter der Bezeichnung BYD Seagull gibt es den Wagen dort schon ab 63.800 Yuan (laut CarNewsChina), das sind nicht mal 8.000 Euro, also deutlich weniger als die Hälfte.
Hier allerdings ist das Auto nicht identisch: Das Europa-Modell ist gleich 21 Zentimeter länger, und zwar wegen der europäischen Crashnormen - die Knautschzone musste verlängert werden. Bei manchen Modellen werden auch andere Batterien und andere Materialien verbaut. Dies ist der erste Grund für die Preisunterschiede: Nicht jedes China-Modell ist identisch mit dem bei uns.
Ein weiterer Grund für die Preisdifferenzen ist laut Standard.de der Preiskampf in China mit sehr großzügigen Rabatten. Zurückgeführt wird dieser auf die enormen Überkapazitäten in der Elektroauto-Produktion. Dagegen ist die Nachfrage eher verhalten.
Deswegen tobt in China nun ein Kampf um Marktanteile. Ein kostendeckender Verkauf ist deswegen oft nicht möglich. Anders ist es in Europa: "Die Chinesen werden in Europa kein Fahrzeug unter dem Einstandspreis verkaufen", sagt Günther Kerle, Vorsitzender des Arbeitskreises der Automobilimporteure der österreichischen Industriellenvereinigung. "Sie wollen hier Geld verdienen."
Ein dritter Grund sind Zölle und Steuern. Auf jedes in die EU importierte Auto fallen zehn Prozent Zoll an. Dazu kommen die Strafzölle für Elektroautos aus China, die herstellerabhängig sind. Bei BYD summiert sich der Zoll auf über 30 Prozent, bei SAIC (der Konzernmutter von MG Motor) sind es sogar 40 Prozent. Dazu kommen Steuern: Bei uns zahlt man 19 Prozent Mehrwertsteuer, in China sind E-Autos komplett steuerbefreit.
Hinzu kommen die Frachtkosten. Der Transport auf riesigen Schiffen dauert ungefähr zwei Monate. Wie viel die Hersteller dafür zahlen, ist unbekannt, aber umsonst ist der Transfer sicher nicht. Einen weiteren Faktor sehen die vom Standard interviewten Experten in den Kosten für den Aufbau eines Händler- und Service-Netzes. Arrivierte Marken haben diesen längst hinter sich.
Unter dem Strich
Während die günstigsten Elektroautos in China umgerechnet weniger als 8.000 Euro kosten, wird bei uns mindestens das Doppelte verlangt - der Billigheimer Dacia Spring schlägt mit 16.900 Euro zu Buche. Auch sind viele Modelle in China weit günstiger als bei uns. Warum ist das so?
Zu den mannigfaltigen Gründen gehören strengere Anforderungen der EU zum Beispiel bei der Crashsicherheit, die hohen Importzölle, aber auch der Preiskrieg, der in China tobt - während die Hersteller in Europa noch Geld verdienen können. Außerdem sind Elektroautos in China von der Mehrwertsteuer befreit, wie wir nun wissen.