Hier fahren Sie besser!
Neu- und Gebrauchtwagen auf automobile.at

Nissan Micra im Test: Schick und straff, aber etwas eng im Fond

Alles in allem ist der 110 kW starke Zwilling des Renault 5 Electric mit 416 km Norm-Reichweite empfehlenswert.

InsideEVs.de: Elektroautos, Plug-in-Hybride: News, Tests
Marke wählen

Die beiden Modellnamen passen gut zum neuen Elektro-Nissan: In Japan heißt er Māchi, was "Stadt" bedeutet. Und der hiesige Modellname Micra leitet sich vom griechischen Wort mikros für klein ab. Ein Kleinwagen für die Stadt war der Nissan Micra schon immer. Die neueste Generation ist schon die sechste seit 1982 und wird ausschließlich als Elektroauto angeboten. Wir haben die 110 kW-Version in der Gegend um Rotterdam getestet.

Mit 3,97 Meter Länge und 1,49 Meter Höhe passt der neue Nissan Micra genau ins Kleinwagensegment. Technisch leitet er sich von der Plattform AmpR Small ab, die auch den Renault 5 E-Tech Electric trägt. Wobei "abgeleitet" schon fast eine Untertreibung ist, denn unter dem Blech ist eigentlich alles gleich: Die beiden Antriebe, die beiden Akkus und sogar das Fahrwerk stimmen überein.

Auch das Grundlayout des Cockpits ist identisch. Deutlich geändert wurde aber die Karosserie, und das deutlich. So ist der Nissan auch rund fünf Zentimeter länger. Zudem hat der Micra ab der mittleren Ausstattungsversion Advance Lenkradwippen zum Einstellen der Rekuperation. Aber zunächst mal die Grunddaten der gefahrenen Version:

  Micra 110 kW Antrieb FWD 110 kW, 245 Nm 0-100 km/h / Höchstgeschw. 8,0 Sek. / 150 km/h WLTP-Verbrauch 14,7 kWh Akku netto 52 kWh WLTP-Reichweite 416 km Max. Ladeleistung AC/DC 11 / 100 kW DC-Ladedauer (15-80 %) ca. 30 min Basispreis (Ausstattung) 32.990 Euro (Advance)

Exterieur

Optisch gefällt mir der Micra gut. Das Design kann gut mit dem allseits bewunderten Renault 5 mithalten. Der Wagen wirkt mit seinen rundlichen Formen eher ein wenig verträumt als der ziemlich fokussiert dreinblickende Renault. Lustig finde ich, dass man sich offenbar sogar bei den Außenlackierungen geeinigt hat: Während Renault sein Modell in Gelb und Grün anbietet, gibt es den Nissan in Blau und Rot. Daneben werden natürlich auch unbunte Farben angeboten. Beim R5 würde ich das Gelb wählen, beim Micra sicher das Hellblau, das auf unseren Bildern zu sehen ist.

Nissan Micra (2026)

Die für ein Stadtauto wichtige Rundumsicht ist okay, auch wenn die hinteren Dachsäulen ziemlich dick sind. Beim Einparken helfen ab der Ausstattungsversion Advance Parkpiepser. 

Die vorderen Türen werden mit konventionellen Bügelgriffen geöffnet, die hinteren über schwarze Plastikteile an der Dachsäule. Einen digital key zum Entriegeln per Handy bietet Nissan nicht an; bei dem in der Preisliste erwähnten iKey handelt es sich um die normale Fernbedienung. Diese kann immerhin in der Hosentasche bleiben, das Auto wird automatisch bei Annäherung entriegelt.  

Interieur

Das System fährt gleich beim Einsteigen teilweise hoch, ohne dass man etwas tun muss. So stehen das Instrumentendisplay und der Touchscreen bereits zur Verfügung und man man den Radiosender oder das Navigationsziel wählen. Noch praktischer wäre es, wenn man den Startknopf auch zum Losfahren nicht drücken müsste.

Die Außenspiegel werden über konventionelle Vierwege-Wippen in den Türen eingestellt, zudem gibt es vier Tasten für die vier Fensterheber - lobenswert. Dann drückt man den Hebel rechts am Lenkrad nach unten auf "D" und rollt los.

Einen P-Modus wie vom Automatik-Verbrenner braucht der Micra nicht. Wenn man D-Modus anhält und ohne Weiteres aus dem Auto steigen will, wird automatisch die Parkbremse aktiviert, sobald die Tür geöffnet wird. Außerdem gibt es eine Auto-Hold-Funktion, also eine Festbrems-Automatik. 

Für ein Elektroiauto sitzt man recht tief im Micra; das sorgt für ein sportliches Fahrgefühl. Die Sitze bieten auch bemerkenswert guten Seitenhalt. Die Materialien der gefahrenen Topversion Evolve sind schick: Es gibt dick hinterschäumtes Kunstleder am Armaturenbrett und eine fein gemusterte Leiste vor dem Beifahrersitz. Dass weiter entfernte Teile aus Hartplastik bestehen, stört mich nicht.

Im Fond sitzt man allerdings beengt. Vor den Knien des 1,76 Meter großen Autors bleiben nur etwa zwei Zentimeter. Aber vor allem fällt es wie beim Renault 5 schwer, die Füße unter den Vordersitz zu schieben. Wenn die Person vor mir den Sitz in die unterste Position gestellt hat, klappt es bei meinen Sommerschuhen gerade so, der Spann nimmt Kontakt mit dem Sitzunterseite auf; mit Winterstiefeln wäre es wohl unmöglich. Besser also, wenn der oder die vorne Sitzende etwas Rücksicht nimmt und den Sitz höher einstellt.

So knapp der Fond geschnitten ist, so üppig fällt der Kofferraum aus. Er fasst 326 bis 1.106 Liter, exakt so viel wie beim R5. Für die Klasse ist das sehr ordentlich, auch wenn SUV-artige Konkurrenten wie der Fiat Grande Panda Elektro, der Renault 4 oder der Fiat 600 Elektro mehr Stauraum bieten. Allerdings ist das Stauabteil nicht optimal nutzbar: Es gibt keinen Einlegeboden, der die hohen Schwellen am Kofferraumeingang sowie an den Rücksitzen egalisiert. 

Displays und Software

Während man bei der Basisausstattung Evolve auf ein 7-Zoll-Instrumentendisplay guckt, gibt es ab der zweiten Ausstattung Advance schon einen 10,1-Zoll-Monitor. Hier kann man entweder eine reduzierte Darstellung nur mit Tempo und Ladestand wählen oder man lässt sich die Navi-Karte anzeigen - ein beeindruckender Anblick.

Der Touchscreen misst stets 10,1 Zoll. Er wirkt etwas klein, zum Beispiel wenn man sich einen Überblick auf der Karte verschaffen will oder bei der Routenplanung die Liste der Ladestopps durchgehen will. Apropos Ladeplanung: Die übernimmt Google Maps. Das funktioniert einfach und schnell - vor allem, wenn man die Sprachbedienung Google Assistant dafür verwendet. Ich sagte einfach "Navigiere nach München", und binnen Sekunden wurde eine etwa 850 km lange Route angezeigt. Im nächsten Schritt können die Ladestopps eingeplant werden. Zu jedem Ladestopp wird angegeben, bei welchem Ladestand man ankommt und wie lange man laden soll.

Allerdings sind die Einstellmöglichkeiten etwas eingeschränkt. So kann man nicht angeben, mit welchem Mindest-Ladestand man bei den einzelnen Stopps oder am Ziel ankommen will, und auch eine Filtermöglichkeit nach Anbieter (zum Beispiel Ionity) oder nach Ladeleistung fehlt. Aber das ist zu verschmerzen, zumal die vorgeschlagenen Ladestopps vernünftig schienen. Zudem gibt es noch die Umkreissuche, bei der etliche Filtermöglichkeiten gibt.

Insgesamt schlägt sich der Micra bei der Ladeplanung besser als zum Beispiel die kürzlich angetesteten Mittelklasse-SUVs von Xpeng. Für einen Kleinwagen ist das bemerkenswert, denn wie gesagt: Der Micra ist ein Stadtauto und kein Langstreckenmodell.

Die Sprachbedienung beantwortet auch Fragen wie "Was ist die Hauptstadt der Niederlande" oder "Wie weit ist es bis München"; auch die Sitzheizung kann man aktivieren. Allerdings wird auf das Kommando "Schalte meine Sitzheizung an" immer der Fahreritz warm, auch wenn das Kommando vom Beifahrersitz kommt. Und auf die Bemerkung "Mir ist kalt" empfiehlt das System einen Pullover, statt die Temperatur ein Grad höher einzustellen. Aber allgemein war ich von der Software beeindruckt. Sogar Teams-Besprechnungen sind möglich und man kann sich die "Tagesschau in 100 Sekunden" als Audiodatei anhören. 

Die gefahrene Topversion Evolve hat als einzige den "ProPilot-Assistent mit Navi-Link" an Bord. Dazu gehört ein Abstandstempomat (ACC), der auf Wunsch auch die Geschwindigkeitsbegrenzung automatisch vom Schild übernimmt. Bei ständig wechselnden Limits finde ich das sehr praktisch. Das System sorgt auch automatisch für eine Verlangsamung vor Kreisverkehren oder engen Kurven. Noch nicht implementiert ist dagegen die Tempo-Reduktion vor Kreuzungen.

Nicht so recht warm wude ich mit dem Spurhalteassistenten. Denn offenbar funktioniert die Hands-On-Erkennung des Lenkrads nicht zuverlässig: Auch wenn man das Lenkrad anfasst, läuft die Warn-Kaskade oft weiter. Bis hin zu einer knallroten Warnung im Instrumentendisplay mit dem Zusatzhinweis, dass nun ein Nothalt durchgeführt wird.

Antrieb und Akku

Für den Vortrieb sorgt wie bei Renault und Nissan üblich ein fremderregter Synchronmotor ohne Permanentmagnete. Er dreht die Vorderachse. Bei schnellen Lenkmanövern mit hohem Gaseinsatz merkt man das zuweilen, weil die Vorderachse durchdreht. Der 110-kW-Antrieb beschleunigt den Micra gut; zu lahm kommt man sich damit im Stadtverkehr nicht vor. Selbst bei moderatem Autobahntempo lässt der Vorwärtsdrang nicht zu schnell nach. Aber schneller als 150 km/h fährt der Micra sowieso nicht.

Der Bordcomputer meldete Testverbräuche von 14,6 bis 15,6 kWh/100 km. Wie immer bei Bordcomputer-Werten sind die Ladeverluste nicht dabei - anders als beim WLTP-Verbrauch, der mit 14,7 kWh angegeben wird. Damit ist der Normverbrauch des Micra etwas besser als beim R5 mit großem Akku, für den 15,2 kWh angegeben werden. Laut Produktmanager Alexandre Armada liegt das an der aerodynamisch günstiger gestalteten Front

Interessanterweise nennt Renault im R5-Datenblatt neben dem kombinierten WLTP-Verbrauch auch einen Wert für die Innenstadt (10,1 kWh), für die Landstraße (13,5 kWh) und für die Autobahn (20,5 kWh) an. Demnach verbraucht der R5 (und wohl auch der Micra) bei Autobahntempo etwa ein Drittel mehr als im kombinierten Zyklus. Ein solcher Mehrverbrauch ist bei Elektroautos allgemein zu erwarten; der Aufschlag fällt bei Elektroautos generell deutlich größer aus als bei Dieselfahrzeugen. 

Die Norm-Reichweite beträgt 416 km. Für diese Klasse ist das schon mehr oder weniger das Maximum. Wer weiter kommen will, muss ein Kleinwagen-SUV wie den Kia EV3 oder den noch etwas größeren Skoda Elroq kaufen, die beide bis zu 600 km schaffen. 

Über Lenkradwippen einstellbar ist wie gesagt die Rekuperation. Es gibt vier Stufen, die gewählte erscheint im Instrumentendisplay. In Stufe 4 kommt der Wagen auch bis zum Stillstand. Die Bremswirkung beim Freigeben des Gaspedals ist ordentlich, sodass man im Stadtverkehr wohl nur selten das Bremspedal bemühen muss. Außerdem gibt es noch vier normale Fahrmodi, die über einen Knopf am Lenkrad aktiviert werden. Im Eco-Modus muss man dabei auch auf Leistung verzichten - er empfiehlt sich wohl vor allem, wenn man Angst hat, liegenzubleiben. 

Aufgeladen wird mit bis zu 11 kW Wechselstrom oder bis zu 100 kW Gleichstrom (DC). Für den Standard-Ladevorgang von 10 bis 80 Prozent gibt Nissan eine Dauer von 31 min an. Daraus und aus der Nettokapazität errechnet sich eine Ladegeschwindigkeit von 52 kWh * 0,7 / 31 min = 1,2 kWh/min. Für ein Stadtauto ist das ordentlich; beim Mini Cooper rrechnen sich je nach Version 0,9 oder 1,1 kWh/min, bem Kia EV3 sind es 1,3 bzw. 1,8 kWh/min. 

Sonstige Fahreindrücke

Die Lenkung ist schön direkt. Auf kurvigen Bergstrecken dürfte das dem Fahrspaß zuträglich sein. Darauf mussten wir in den Niederlanden verzichten, aber beim Ausfahren aus den zahlreichen Kreisverkehren kam durchaus Laune auf.

Das Fahrwerk ist eindeutig auf der straffen Seite, ohne unangenehm hart zu sein. Die Drempel auf der holländischen Landstraße machen sich deutlich bemerkbar, aber dafür sind diese Temposchwellen ja auch gedacht. Wie sich das Fahrwerk auf grobem Kopfsteinpflaster schlägt, ließ sich auf den durchgängig guten Belägen nicht testen. Bemerkenswert finde ich, dass Nissan die Abstimmung gegenüber dem R5 nicht verändert hat. Oft erzählen die Hersteller, dass man das Fahrwerk auf ein markentypisches Fahrverhalten ausgelegt hat. Aber offenbar war die Basis von Renault schon so gut, dass man es dabei bewenden hat lassen. Keine schlechte Idee.

Preise und Rivalen

Den Micra mit dem schwächeren 90-kW-Antrieb bietet Nissan ab 27.990 Euro an. Allerdings bekommt man dafür nur 317 km Reichweite und die etwas dürftige Engage-Ausstattung, bei der die Sitzheizung auch nicht gegen Aufpreis verfügbar ist. Auch Advance bietet diese nicht serienmäßig, aber sie kann zumindest per Winterpaket für 500 Euro dazugeordert werden. Deswegen sollte man mindestens diese Version wählen.

Bei der gefahrenen 110-kW-Version ist Advance ohnehin die Einstiegsvariante. Dafür zahlt man 32.990 Euro, mit dem Winter-Paket sind es 33.490 Euro. Für nochmal 1.500 Euro mehr erhält man die Topversion Evolve für 34.990 Euro, bei der das Winter-Paket Serie ist und die zudem die automatische Übernahme des Tempolimits bietet.  

Im Vergleich zum Renault 5 ist der Micra gerade mal 90 Euro teurer. Das dürfte wohl kaum den Ausschlag geben. Eher schon die Farbauswahl, wobei beide Marken gute Optionen bieten. Wenn es keine Rabatte gibt, würde ich wohl den Anbieter wählen, dessen Händler näher liegt.

Aber es gibt noch mehr als genug andere Konkurrenten. Was in die engere Wahl kommt, hängt wohl von der Wohnumfeld und von Geldbeutel ab. Wer in einer engen Innenstadt wohnt wie ich, freut sich über ein kleines Auto und findet dann Rivalen wie den BYD Dolphin Surf oder den Opel Corsa Electric. Wer zusätzlich mehr Stauraum braucht, kauft vielleicht den Kia EV3. Da lockt die 600-km-Version, die es allerdings erst ab über 41.000 Euro gibt. 

Wenn knapper Parkraum kein Problem darstellt, zieht man vielleicht einen günstigen Kompaktwagen oder ein Kompakt-SUV vor. So gibt es den 4,40 Meter langen Opel Frontera Electric schon ab 31.190 Euro; er bietet weniger Power, aber mehr Platz. Den VW ID.3 Pro gibt es mit Herstellerrabatt derzeit schon für 32.925 Euro.

Nissan Micra (2026): Eigene Bilder

Fazit

Der Nissan Micra ist nicht nur schick, sondern auch sonst gut: Das Google-Bediensystem hat mir ausgezeichnet gefallen, auch wenn man nicht jede Kleinigkeit einstellen kann. Das Fahrwerk ist erfreulich straff, die Lenkung sorgt mit ihrem direkten Ansprechen für Fahrspaß. Der Kofferraum ist für die Klasse groß, allerdings wegen des fehlenden Einlegebodens nicht optimal nutzbar. Und der Platz im Fond ist beengt. Die letzten beiden Punkte sind wohl die einzigen wirklichen Nachteile des Elektro-Kleinwagens.

Mit dem 110-kW-Antrieb wird man in der Stadt und darum herum nicht viel vermissen. Und 416 km Reichweite sind für die Klasse recht ordentlich. Für den Basispreis von rund 33.000 Euro gibt es allerdings auch attraktive Konkurrenten wie etwa den VW ID.3 Pro.

© InsideEVs.de