Wir haben den 157-kW-Fronttriebler mit 500 km WLTP-Reichweite getestet.








Bisher verkauft Jeep Elektroautos nur in homöopathischen Dosen; kein Wunder, den die Marke hat nur ein Modell im Angebot, den Avenger Elektro. Mit dem Compass Elektro kommt nun eine zweite Baureihe hinzu: Die dritte Compass-Generation gibt es erstmals auch mit Elektroantrieb. Wir haben die Startversion mit 157-kW-Frontantrieb und 74-kWh-Batterie getestet.
Wie der Peugeot E-3008 und E-5008, der Citroen e-C5 Aircross, der Opel Grandland und der DS N°8 basiert das 4,55 Meter lange Kompakt-SUV auf der Plattform STLA Medium. Aber der Anspruch ist: "We are different from the others." Begründet wird das vor allem mit der Geländegängigkeit, die seit dem Willys Jeep zur Markenhistorie gehört. Aber was bietet der Wagen ganz nüchtern betrachtet? Werfen wir zuerst einen Blick auf die Daten:
| Jeep Compass Elektro 74 kWh, 157 kW | |
| Antrieb | FWD 157 kW, 345 Nm |
| 0-100 km/h / Höchstgeschwind. | 8,5 Sek. / 180 km/h |
| WLTP-Verbrauch | ca. 17,5 kWh |
| Akku netto | 74 kWh |
| WLTP-Reichweite | ca. 500 km |
| Max. Ladeleistung AC/DC | 11 / 160 kW |
| DC-Ladedauer (20-80 %) | 31 min |
| Kofferraum / Anhängelast | 550 Liter / 1.000 kg |
| Preis (Ausstattung) | 47.900 Euro (Altitude) |
Exterieur/Maße | Interieur | Antrieb/Akku | Ladeplanung | Preise/Rivalen
Die Optik fällt deutlich kantiger aus als beim E-3008 und dem Grandland. Natürlich prangt vorne der markentypische Grill mit sieben "Slots", auch wenn die Schlitze hier geschlossen sind. Die Karosserie wird von schwarzen Kratzschutzleisten geschützt. Sechs Farben sind verfügbar; das auffällige Gelbgrün auf unserem Titelbild ist Serie, für jeweils 890 Euro Aufpreis gibt es ein schickes Blau, ein Braun und natürlich Weiß, Silber und Schwarz. Wer will, kann auch Bicolor-Varianten mit schwarzem Dach ordern.
Der Jeep Compass gehört zu den kleinsten Vertretern der STLA-Medium-Sippe. Kürzer ist nur noch der Peugeot E-3008, der zudem eine coupéhafte Silhouette hat, was von dem eckigen Jeep nicht sagen kann. Insgesamt sind bisher sechs Modelle auf dieser Basis bekannt; später soll noch der Lancia Gamma hinzukommen. Alle Modelle gibt es ebenfalls mit 157-kW-Frontantrieb und einer 73- oder 74-kWh-Batterie. Doch die Maße sind erstaunlich verschieden:
| Länge | Breite | Höhe | Radstand | |
| Peugeot E-3008 | 4,54 m | 1,90 m | 1,64 m | 2,74 m |
| Jeep Compass Elektro | 4,55 m | 1,93 m | 1,65 m | 2,80 m |
| Citroen e-C5 Aircross | 4,65 m | 1,87 m | 1,67 m | 2,79 m |
| Opel Grandland Electric | 4,65 m | 1,93 m | 1,67 m | 2,78-2,79 m |
| Peugeot E-5008 | 4,79 m | 1,90 m | 1,69 m | 2,90 m |
| DS N°8 | 4,83 m | 1,90 m | 1,57 m | 2,90 m |
Was mir beim Fahren gefallen hat, ist die gute Rundumsicht - ein Plus im Großstadtgetümmel und beim Rangieren. Damit kommt man wohl auch ohne das elektronische 360-Grad-System zurecht, das es im Paket mit dem Totwinkelassistenten etc. für 790 Euro Aufpreis gibt.
Innen schaut man im Jeep Compass Elektro auf zwei Displays im Querformat; optional gibt es noch ein Head-up-Display, das im Paket für 1.790 Euro verkauft wird. Der Touchscreen hat mit 16 Zoll nominell ein beeindruckendes Format, er ist aber hauptsächlich breit und nicht sehr hoch. Die Breite lässt sich flexibel in zwei oder drei Teile aufteilen, wobei die linke Zone sinnvollerweise die Navi-Karte anzeigt, rechts daneben kann man zum Beispiel die Massagesitze einstellen oder auch die Energieflüsse beobachten.
Zum Losfahren muss man im Compass immer noch den traditionellen Startknopf drücken; dann dreht man das Rad in der Mittelkonsole auf D und gibt Gas. Die Außenspiegel werden über konventionelle Tasten an der Türinnenseite justiert. Generell fand ich die Bedienung eingängig; nach den wichtigsten Funktionen musste ich nicht lange suchen.
Allerdings ist die Taste für die Warnblinkanlage für Neulinge kaum zu finden, schon gar nicht in Notsituationen, wenn es schnell gehen muss. Jeep sollte sie im gleichen grellroten Farbton zu markieren wie das Bedienelement für das wesentlich weniger wichtige Selec-Terrain-System. Ärgerlich ist auch, dass sich der Griff an der Beifahrersitz-Tür nicht zum Festhalten eignet. Als "Oh-shit-handle" für Beifahrer und Beifahrerinnen, die in einer scharfen Kurve Halt suchen, gibt es jedoch einen Griff oben rechts am Dachhimmel. Apropos Kurve: Die Sitze bieten sehr guten Seitenhalt, und zwar nicht nur am Rücken, sondern auch an den Oberschenkeln.
Bilder von: InsideEVs
Den 157-kW-Frontantrieb habe ich bereits im Peugeot E-3008 getestet und im E-5008. Während er sich dort nur ein "ausreichend" verdiente, wirkt er im Compass spritziger. Einen Geschwindigkeitsrausch oder auch nur ein "Boah ej" entlockt uns der Antrieb aber nicht - ein Sprintwert von 8,5 Sekunden ist ja auch nicht gerade rekordverdächtig.
Die Rekuperation lässt sich dankenswerterweise über Lenkradwippen einstellen; es gibt drei Stufen, wobei die Spreizung recht groß ist. Zusätzlich gibt es noch eine Taste in der Mittelkonsole fürs One-Pedal-Driving. Ich probierte ein paar Mal hin und her, um die Unterschiede zu "erfahren", aber dann meldete das Fahrerdisplay einen Fehler im Bremssystem. Das klang dramatisch, aber bremsen konnte ich auch so. Nur wurde die One-Pedal-Driving-Taste funktionslos. Nach dem Neustart funktionierte wieder alles. Dennoch: So etwas sollte bei einer kurzen Testfahrt eigentlich nicht passieren.
Der Abstandstempomat übernahm zumindest bei der Einstellung des Testwagens das Tempolimit nicht automatisch, sondern nur nach Bestätigung per Lenkradtaste. Möglicherweise lässt sich das einstellen; um das zu prüfen oder auch nur nachzufragen, fehlte die Zeit auf dem knapp geschnittenen Auslandstermin von Jeep. Ausgesprochen schlecht funktionierte aber der Spurhalteassistent: Der Wagen prallte in leichten Autobahnkurven stets einmal an der Spurmarkierung ab und steuerte dann zur gegenüberliegenden Seite. Dort erfolgte dann schon eine Warnung nebst dem Befehl, das Steuer wieder zu übernehmen.
Den Verbrauch zeigt der Compass offenbar nur immer "seit dem letzten Start" an; zudem fehlt eine Anzeige der gefahrenen Durchschnittsgeschwindigkeit. Die vom Bordcomputer bei der Rückfahrt gemeldeten 16 kWh kann man wohl kaum als "realistischen" Wert berücksichtigen, denn es ging bergab. Der WLTP-Wert liegt bei 17,5 kWh/100 km.
Das Fahrwerk soll offenbar weich genug sein fürs Gelände, wo lange Federwege von Vorteil sind, aber auch straff genug für scharfe Kurven. Wohl keine leichte Aufgabe für das Konstruktionsteam. So war auch der mein Eindruck etwas zwiespältig: Beim Anfahren und Abbremsen sowie beim schnellen Hin- und Herlenken auf der Landstraße wankte der Compass arg; in scharfen Kurven schlug sich das Setup dagegen recht gut. An der Lenkung fand ich im "Auto"-Modus des Selec-Terrain-Systems nichts auszusetzen.
Zum Schluss des Tages-Termins in Barcelona probierte ich noch schnell die Ladeplanung aus. Mit befriedigendem Ergebnis: Für die Route Barcelona-Madrid fügte das System ohne lange Sucherei die passenden Ladestationen hinzu und zeigte jeweils die Details dazu an.
Bemerkenswert: Das System ermöglicht es, die Batterie-Vorkonditionierung manuell zu starten. Vermutlich geschieht das auch automatisch, wenn man eine Ladestation als Navi-Ziel angibt.
Der Jeep Compass Elektro ist bereits bestellbar; bisher gibt es aber nur den gefahrenen 157-kW-Fronttriebler mit kleiner Batterie. Eine Long-Range-Variante mit 170 kW und dem großen 97-kWh-Akku, bekannt vom Opel Grandland und den beiden Peugeots, folgt. Sie bietet hier aber voraussichtlich nur 650 km WLTP-Reichweite, statt knapp 700 km wie beim Grandland oder E-3008.
Schließlich ist noch ein Allradler mit 276 kW geplant. Er hat eine etwas höhere Leistung als die Schwestermodelle, die nur 239 kW bieten. Zudem erhält diese Variante den großen Akku und nicht den kleinen wie bei Opel und Peugeot.
Die 157-kW-Motorisierung gibt es ab 47.900 Euro; dafür bekommt man die Ausstattung Altitude. Zur Serienausstattung gehören hier LED-Licht, 19-Zoll-Aluräder, elektrisch beheiz- und anklappbare Spiegel, Zweizonen-Klimaautomatik, Parkpiepser vorne und hinten, Navi, Abstandstempomat (ACC) und ein Spurhalteassistent. Eine Wärmepumpe kostet extra, dafür will Jeep 990 Euro haben. Auch für eine Sitzheizung muss man aufzahlen; sie ist im Winterpaket für 990 Euro enthalten, das zudem eine Lenkrad- und eine Frontscheibenheizung beinhaltet.
Daneben wird noch eine First Edition für 50.400 Euro angeboten, bei der das Winterpaket schon standardmäßig an Bord ist. Außerdem bietet sie Matrix-LED-Scheinwerfer, 20-Zöller, einen beleuchteten Grill, eine Rückfahrkamera, induktives Handy-Laden und eine sensorgesteuerte Heckklappe.
Zu den Rivalen gehören neben den STLA-Medium-Modellen auch etliche Modelle auf Basis des Modularen Elektrobaukastens von VW mit 210 kW Antriebsleistung. Für die folgende kleine Vergleichstabelle haben wir aus den WLTP-Reichweiten und der Herstellerangabe zur Ladedauer einen Wert fürs Reichweite-Nachladen errechnet. Beim Compass, den man laut Jeep in 31 Minuten von 20 auf 80 Prozent bringen soll, ergeben sich 500 km x 0,6 / 31 min = 9,7 km/min. Das bedeutet: Pro Minute Wartezeit am Schnelllader kann man durchschnittlich Strom für etwa 10 km nachladen. Kein guter Wert, wenn man mit den MEB-Rivalen vergleicht:
| Antrieb | Reichweite | Nachladen | Basispreis | |
| Jeep Compass | FWD 157 kW | bis 500 km | bis 9,7 km/min | 47.900 € |
| Opel Grandland | FWD 157 kW | bis 502 km | bis 10,0 km/min | 46.950 € |
| Ford Explorer | RWD 210 kW | bis 602 km | bis 15,1 km/min | 46.455 € *) |
| Renault Scenic | FWD 160 kW | bis 614 km | bis 10,5 km/min | 48.000 € |
| Skoda Elroq | RWD 210 kW | bis 573 km | bis 14,5 km/min | 44.180 € |
| VW ID.4 | RWD 210 kW | bis 572 km | bis 14,3 km/min | 45.135 € *) |
| Hyundai Ioniq 5 | RWD 168 kW | bis 570 km | bis 21,1 km/min | 53.150 € |
| Tesla Model Y | RWD 220 kW | bis 534 km | ca. 16,1 km/min | 39.990 € |
Bei den Preisen haben wir eventuelle Herstellerrabatte berücksichtigt und dies mit einem Sternchen *) gekennzeichnet. Den Beispielen kann man entnehmen, dass der 157-kW-Compass kein Schnäppchen ist. Es gibt wahrhaftig mehr Reichweite für weniger Geld, zum Beispiel beim Ford Explorer oder Renault Scenic. Ähnlich viel Reichweite aber schnelleres Laden bietet das 15 cm längere Tesla Model Y Standard, das für rund 40.000 Euro zu haben ist. Alternativ zum Kauf bietet Jeep ein Leasing mit Raten ab 429 Euro an, was einem Leasingfaktor von relativ günstigen 0,89 entspricht.
Übrigens: Bei dem Test-Event erfuhren wir vom Jeep-Deutschland-Geschäftsführer Luigi Saia, dass der seit Langem angekündigte Jeep Wagoneer S auf Basis von STLA Large im Herbst 2026 nach Europa kommt. Der kürzlich detailliert vorgestellte Jeep Recon startet Ende 2026 bei uns. Der Elektro-Cherokee dagegen wird hierzulande nicht eingeführt; er wäre dem Compass zu ähnlich, obwohl er auf einer anderen Plattform - STLA Large statt STLA Medium - basiert.
Der neue Jeep Compass Elektro hat uns gut gefallen. Aber ist er nun wirklich "anders als die anderen"? Nun ja, die technischen Daten sind ähnlich wie bei den Schwestermodellen auf Basis von STLA Medium. Aber die Motor-Akku-Kombination mit 157-kW-Maschine vorne und 74-kWh-Akku wirkt hier spritziger als im etwa gleich großen Peugeot E-3008. Auch das Fahrwerk scheint weicher zu sein. Es hinterlässt einen etwas zwiespältigen Eindruck: Beim simulierten Pylonenwedeln, beim Beschleunigen und Bremsen, wankte der Wagen deutlich, aber in scharf gefahrenen Kurven hielt er dn Kurs gut.
Die Bedienung ist eingängig, das Platzangebot im Fond für die allermeisten Fälle ausreichend. Der Preis von 47.900 Euro jedoch ist im Konkurrenzvergleich zu hoch: Bei diesem Budget würden wir wohl eher einen Skoda Elroq, Ford Explorer oder VW ID.4 kaufen, denn da gibt es mehr Reichweite und schnelleres Laden. Wenn 15 cm mehr Länge nicht stören, kann man sich auch das Model Y in der neuen Basisversion ansehen, die nur 39.990 Euro kostet.