Dieses Comeback hat für reichlich Wirbel gesorgt: 54 Jahre nach dem Konkurs des Borgward-Konzerns trägt wieder ein Auto den traditionsreichen Markennamen Borgward. Bei dem BX7 handelt es sich um ein großes SUV, mit dem man zunächst in China punkten will. Aber auch nach Europa sollen der Wagen und weitere Modelle kommen. Noch ist der BX7 zwar eine seriennahe Studie, wir haben uns dennoch bereits das sportliche TS-Modell näher angesehen.
Am Design des Borgward BX7 scheiden sich die Geister: Manch einem ist es zu beliebig, andere sehen einen Kia-Skoda-Buick-Mix. Chefdesigner Einar J. Hareide macht klar: "Wir orientieren uns nicht am Design klassischer Modelle wie der Isabella. Wir entschlüsseln die ursprüngliche Design-DNA von Borgward und transferieren sie in die heutige Zeit." Übersetzt: Retro-Romantiker haben keine Chance.
Doch der Verzicht auf Retro-Design macht Sinn. Wer kennt noch Borgward und die Isabella? Im wichtigsten Zielmarkt China nicht viele. Kommen wir zu den Fakten: Der BX7 ist 4,71 Meter lang, 1,91 Meter breit und 1,68 Meter hoch. Der Radstand von 2,76 Meter ermöglicht Varianten mit fünf, sechs und sieben Sitzen.
Ein Blick in den Kofferraum blieb uns leider verwehrt. Dessen Daten sind aber bekannt: 545 bis 1.377 Liter sind es beim Fünfsitzer, mit sieben Sitzen liegen die Werte zwischen 126 und 1.257 Liter. Bei den Felgen sind 18-Zöller Serie und bis zu 21 Zoll möglich.
Redakteur Roland Hildebrandt: "Eine Prise Kia, eine Prise Audi. Keine schlechten Vorbilder fürs Design. Natürlich kann man dem Borgward BX7 optische Beliebigkeit vorwerfen. Dann sollte man das auch bei Audi sagen. Zu bedenken ist auch: Der BX7 hat keine Vorbilder, denen er ähneln muss. Und eine Borgward-Designtradition gibt es nun einmal seit 1961 nicht mehr."
"Noch ist der Borgward BX7 und die sportliche TS-Version (das Kürzel ist eine Reminiszenz an die Borgward-Tradition), vor der ich hier stehe, eine seriennahe Studie. Auffallend ist der große Kühlergrill mit zentralem Marken-Rhombus und vielen kleinen Rhomben."
"Hereinspaziert: Im Cockpit des BX7 TS überraschen mich die gediegenen Materialien. Durchaus gelungen sind auch die bequemen Sitze."
Noch optimierbar ist die Qualitätsanmutung der Fensterheber-Einheit in den Türen. Das billige Plastik passt nicht zum feinen Leder. Zudem sollte sich auch wie Metall anfühlen, was so aussieht.
Gut integriert zeigt sich der 12,3-Zoll-Touchscreen in der Mittelkonsole. Neben der Smartphone-Anbindung gibt es eine Service-Taste. Sie stellt die Verbindung zu einem Serviceagenten her, der Hotels bucht oder Restauranttische reserviert. Dieser Service soll kostenlos sein, wenn Borgward nach Europa kommt.
Der elegante Wählhebel gehört zur Sechsgang-Automatik des Zweiliter-Turbobenziners mit Allrad und 224 PS. Als Alternative will Borgward einen Plug-in-Hybrid mit 401 PS Systemleistung und 650 Newtonmeter Drehmoment anbieten. Die elektrische Reichweite beträgt 55 Kilometer, der Normverbrauch 2,3 Liter. In 6,3 Sekunden geht auf 100 km/h, bei 220 km/h ist Schluss.
Nettes Detail: Der Borgward-Rhombus begegnet einem im BX7 TS auf der Mittelkonsole aus gebürstetem Aluminium. Die Designer der Marke arbeiten übrigens in Stuttgart, Oslo und Peking.
Der zentrale Drehknopf auf der Mittelkonsole erinnert an deutsche Premiumhersteller. Was auf dem Bild wie Metall glänzt, fühlt sich auch wirklich so an.
Auf dem belederten Lenkrad des BX7 TS stößt man auf eine Neuinterpretation des klassischen Borgward-Logos. Die Markenrechte wurden 2014 nach China verkauft. Dazu später noch mehr.
Redakteur Roland Hildebrandt "Man sieht es: Das Platzangebot im Fond des Borgward BX7 TS geht absolut in Ordnung. Über meinen Kopf spannt sich ein großes Panorama-Glasdach."
Die Sitzbezüge aus Leder weisen ein Rautenmuster und sichtbare Nähte auf. An der Verarbeitung gibt es nichts zu kritisieren.
Das Kürzel TS stammt aus den glorreichen Bremer Borgward-Tagen und zierte schon die sportlichen Varianten der Isabella. 75 PS machten die Limousine zum 3er-BMW der 1950er-Jahre.
Wer steckt hinter Borgward? Es ist "Beiqi Foton Motor" aus China. Diesen Konzern gibt es seit 1998, in China besitzt Foton fast 20 Motoren- und Fahrzeugwerke, die pro Jahr eine Million Einheiten herstellen. Allerdings fast ausschließlich für Nutzfahrzeuge. Also brauchte man für Pkw einen klangvollen Namen wie Borgward, dessen deutscher Klang bei den chinesischen Kunden Premium-Assoziationen wecken soll. Übertragen auf Deutschland: Würden Sie sich ein SUV von MAN kaufen?
Ein starker Partner und viel Geld sind also vorhanden, die Zentrale der Borgward AG sitzt in Stuttgart. In China wird gerade die erste Borgward-Fabrik fertiggestellt. Mitte 2016 soll der BX7 in China und anderen Schwellenmärkten auf den Markt kommen, ein Jahr später in Europa. Damit nicht genug: Jährlich sollen mindestens zwei neue Modelle auf den Markt kommen, zunächst bevorzugt SUVs. Mittelfristig möchte Borgward weltweit "deutlich über 500.000 Fahrzeuge" pro Jahr verkaufen. Nur eine Luftnummer? Borgward-Chef Ulrich Walker dementiert energisch: "Unser Geschäftsmodell steht auf robusten finanziellen und strategischen Säulen." Konzernmutter Foton erwartet für 2020 einen Gesamtfahrzeugabsatz (also inklusive Lastwagen) von drei Millionen.
Redakteur Roland Hildebrandt: "Einst hat Borgward echte Traumwagen wie das Isabella Coupé gebaut. Vor diesem Hintergrund kann man von der Neuausrichtung der Marke enttäuscht sein. Aber wie viele Menschen würden eine Neo-Isabella kaufen? Also muss es ein massentaugliches SUV im massentauglichen Design sein. Die Zukunft von Borgward 2.0 wird spannend. Geben wir ihr eine Chance."