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Audi S8 (2019) im Test: Trans-Europa-Express

Kann der stärkste A8 nur schnell oder auch dynamisch?

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Die Modellbezeichnung klingt nach S-Bahn, doch der neue Audi S8 ist deutlich schneller unterwegs. Vollgestopft mit Technik soll er laut seinen Schöpfern "zwei Autos in einem" sein, also Luxuslimousine und Sportwagen. Kann der S8 dieses Versprechen einlösen?

Was ist das?

Der S8 markiert das Topmodell der A8-Baureihe, solange die Produktstrategen bei Audi nicht an einem W12 (nicht ausgeschlossen) oder RS 8 (praktisch unmöglich) tüfteln. Schon der Blick auf den Motor als solchen macht klar, wo beim S8 der Hammer hängt: 4.0 TFSI alias Achtzylinder mit Biturbo-Aufladung, 571 PS stark und 800 Newtonmeter Drehmoment. Der gleiche Block also, den Audi auch in den neuen RS 6 Avant und RS 7 hängt, nur bei der PS-Zahl wird etwas Respektabstand gewahrt.

Hinzu kommt im S8 ein 48-Volt-Hauptbordnetz mit zusätzlicher Lithium-Ionen-Batterie und Riemen-Starter-Generator als Basis für die Elektrfizierung (Stichwort Mildhybrid) und Grundlage für Dinge wie das vorausschauende Aktivfahrwerk (dazu später mehr). Im Blick hat man aber auch den Verbrauch: Bis zu 0,8 Liter sollen sich im Alltag durch das Segeln mit deaktiviertem Motor, den schnellen Wiederstart und einen erweiterten Start-Stopp-Bereich ab 22 km/h einsparen lassen. Zugegeben, das klingt so, als würde man sich zum Dreifach-Burger mit extra Käse eine Coke Zero gönnen. Denn ein Leichtgewicht ist der S8 mit seinen 2,3 Tonnen (trotz 58 Prozent Aluminium-Anteil) wahrhaftig nicht.

Wie fährt er sich?

Ist der neue Audi S8 nun ein Auto für Fahrer oder empfiehlt sich der Aufenthalt im Fond? Auf dem ersten Teil meiner Teststrecke bekomme ich einen prominenten Chauffeur gestellt: Loic Duval, Le-Mans-Sieger 2013. Ich fläze mich hinten hinein und genieße puren Luxus. Kein Wunder, ist doch schon der normale S8 üppige 5,18 Meter lang, 1,95 Meter breit und hat exakt drei Meter Radstand. In den wichtigen Märkten China, USA, Kanada und Südkorea wird der S8 ausschließlich als Langversion angeboten, hier kommen nochmal 130 Millimeter hinzu.

Monsieur Duval schaltet in den Comfort-Plus-Modus und gondelt ziemlich entspannt zum Zwischenziel. Ich sehe mich innen um: Feine Materialien, alles hervorragend verarbeitet. Ein wenig erstaunt mich aber die tiefe Sitzposition im Fond. Und die Tatsache, wie sehr der S8 zum fliegenden Teppich mutieren kann. Serienmäßig kommt das vorausschauende Aktivfahrwerk zum Einsatz. Dieses System, das mit der Luftfederung zusammenarbeitet, kann jedes Rad über elektromechanische Aktoren separat hoch ziehen oder nach unten drücken. Soweit die Theorie. In der Praxis erkennt eine Kamera größere Unebenheiten wie etwa "Speed Bumper", von denen ich so gut wie nichts merke. Einzig sehr schmale Schwellen werden häufig nicht erkannt. Und noch ein Feature des Comfort-Plus-Modus: In Kurven neigt sich die Karosserie um bis zu drei Grad nach innen und reduziert dabei die Querbeschleunigung.

Egal, wo man dabei im Audi S8 sitzt: Bei Nutzung des Comfort-Plus-Modus wird die Limousine zum Trans-Europa-Express erste Klasse. Sogar Audi selbst benutzt die Redewendung "Wie auf Schienen". Spontan kommt mir der alte Trans-Europ-Express (TEE) in den Sinn. Vor 50 Jahren brauchte der TEE Mediolanum von München nach Mailand 6:40 Stunden. Mit dem S8 dürfte das locker zu unterbieten sein, zumal er wesentlich flotter beschleunigt als eine Elektrolokomotive: 3,8 Sekunden auf Tempo 100. Ein aktueller Porsche 911 Carrera S benötigt 3,7 Sekunden ...

So weit, so gut. Doch wie steht es um die sportliche Note des S8? Nur um schnell geradeaus zu fahren, benötigt man schließlich nicht zwingend 571 PS. Wie gut, dass mich der zweite Teil der Teststrecke hinaus in die Berge rund um Barcelona führt. Im Comfort-Plus-Modus drängt es die schwere Limousine in flott gefahrenen Kurven nach außen. Ganz anders im Dynamic-Modus: Hier wischt der S8 deutlich spurstabiler ums Eck. Dabei hilft die Dynamik-Allradlenkung, bei der die Lenkwinkel an Vorder- und Hinterachse individuell eingestellt werden. Auch die Federung agiert im Dynamic-Modus anders und begrenzt die maximalen Wankwinkel auf 2,5 Grad.

Untermalt wird die flotte Fortbewegung durch eine kräftige Tonlage des Biturbo-V8, eine brüllende Kampfmaschine sollte man aber nicht erwarten. Wer es darauf anlegt, kann den S8 zum kontrollierten Übersteuern überreden. Dabei hilft das Sportdifferenzial, es verschiebt die Antriebsmomente zwischen den Hinterrädern. Anders formuliert: Der Adler wird zum "Surfing Bird". 

Und was kostet der Spaß?

Exakt 140.000 Euro ruft Audi auf dem deutschen Markt für den S8 auf, das sind gut 45.000 Euro mehr als der A8 55 TFSI mit 340 PS Leistung. Und damit nicht genug: Die Preisliste hat Taschenbuchformat. Kohlefaser-Keramik-Bremsen? 8.500 Euro. Laserlicht? 3.100 Euro. Sportpaket "advanced muskatbraun" innen? 8.895 Euro. Volllederpaket? 6.520 Euro. Und wer zu "Audi Exclusive" geht, kann dort noch einmal locker preislich einen Kleinwagen im S8 versenken.

Fazit: 8/10

Ja, der neue Audi S8 ist teuer. Sauteuer sogar. Aber der Konzern liegt mit seiner Aussage "Zwei Autos in einem" nicht so verkehrt. Tatsächlich beeindruckt die Spreizung zwischen Komfort und Sport. Doch angesichts von Größe und Gewicht der Limousine bleibt festzuhalten: Der S8 ist unglaublich schnell. Unglaublich sportlich ist er jedoch nicht. 

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