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Citroën C4 (2021) im Test: Weniger Cactus, mehr Charakter

Mit 131-PS-Benziner und Achtgang-Automatik auf die Überholspur?

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Ich will vorab nicht lange um den heißen Brei herumreden: Ich habe den ersten Citroën C4 Cactus geliebt. Er war mein Auto. Ein extravagantes Design gepaart mit jeder Menge Sofa-Feeling, ein geringes Leergewicht und nur mit den Ausstattungsmerkmalen versehen, die wirklich wichtig waren. Schick ohne Schnickschnack.

Und ja, das Cactus-Facelift hatte schon ein wenig von diesem Reduziert-aufs-Wesentliche-Spirit verloren, war aber immer noch irgendwie anders und gut. Und jetzt ... kommt der neue Citroën C4. Ohne Cactus.

Generationswechsel und Namenszusätze

Wieso ich trotzdem über den Cactus aushole? Obwohl der neue C4 auf den Namenszusatz verzichtet? Nun ja, der 4,36 Meter lange Crossover ist eben nicht nur der Nachfolger des normalen C4 und des C-Elysée, sondern irgendwie und vor allem ideeller Fußstapfen-Füller des exzentrischen Cactus. Um diesen Gedankengang nachzuvollziehen, sollte eigentlich ein Blick auf das Design genügen.

Wer braucht bei dieser nicht gerade alltäglichen Optik dann noch den Cactus-Schriftzug auf der Karosse? Und wenn das nicht reichen sollte, kann man immer noch ein Blick auf die umrahmte Vertiefung in den Schwellern der Fahrer- und Beifahrertür werfen. Die letzte Reminiszenz an die "Airbumps" genannten Polster, die C3 oder C5 Aircross unverschämterweise noch haben.

Aber Namen sind ja so eine Sache. Denn technisch basiert der neue C4 auf der PSA-Plattform CMP (Common Modular Platform). Auf dieser Architektur bauen unter anderem auch der DS3 Crossback, der Peugeot 208, der Peugeot 2008, der neue Opel Mokka und der Opel Corsa auf.

So sind die Innereien des C4 eigentlich die eines Kleinwagens. Er müsste also eigentlich C3 heißen. Mit einem Radstand von 2,67 Meter hat Citroën den Abstand zwischen Vorder- und Hinterachse gegenüber den anderen CMP-Derivaten noch einmal um ein paar Zentimeter verlängert.

Viel Platz, (fast) alles an Ort und Stelle

Die gestreckte Karosse macht sich im Innenraum vor allem auf den Rücksitzen bemerkbar, wo die leicht beschränkte Kopffreiheit (bei 1,88 Meter Tester-Größe) durch die Coupé-artig abfallende Dachlinie mittels großzügiger Beinfreiheit kompensiert wird. Das Kofferraumvolumen leidet übrigens nicht unter dem Design.

380 bis 1.250 Liter passen hinein, ein 1,60 Meter langer Schreibtisch fürs Homeoffice (so ausprobiert) passt nach dem Umlegen der zweigeteilten Rückbank problemlos ins Ladeabteil. Im Vergleich mit Mokka & Co. ist Citroën da also auf einer Wellenlänge mit Opel.

Der Platz hinterm Steuer ist ebenfalls resistent gegenüber negativer Kritik. Alles ist da, wo es hingehört (außer der Knopf für die Lenkradheizung, der meiner Meinung nach einfach aufs Lenkrad gehört) und die Verarbeitung sowie die Materialienwahl wird zwar ab der unteren Hälfte des Innenraums etwas preisbewusster, aber keineswegs unangemessen schlechter.

Beim Druck auf den Startknopf ändert sich der positive Eindruck ein wenig. Wenn Sie es gewohnt sind, Ihren Wagen mit einem sanften Druck auf die entsprechende Taste zu starten, wird Sie der C4 im ersten Moment etwas verwirren: Fest drücken ist angesagt. Sonst passiert nämlich ... nichts.

Gleiches gilt für den Kippschalter mit dem Sie die entsprechende Fahrstufen des Achtgang-Automatik einlegen. Mit einem leichten Ziehen oder Drücken ist es nicht getan. Der Citroën will hier auch härter rangenommen werden. Etwas konträr zur leichten französischen Lebensart.

Steht der Schalter dann aber erst einmal auf "D", löst sich die elektrische Handbremse mit einem kurzen Rucken und es kann losgehen (der Ruck ist nicht unangenehm, aber erfordert beim ersten Anfahren aus engen Parklücken etwas Geschick - dabei hilft die 360-Grad-Kamera mit akzeptabler Auflösung).

Kraftvoll, knurrig, komfortabel

Ich fahre den kleinen Benziner mit 131 PS aus einem 1,2-Liter-Dreizylinder, der nach dem Eintreffen des 102-PS-Derivats im Laufe von 2021 dann zum mittleren Benziner werden wird. Darüber rangiert noch ein 155 PS starker Ableger des gleichen Aggregats.

Den Einstiegsbenziner zu fahren, wäre noch einmal interessant, da zwischen 205 und 230 Newtonmeter Drehmoment doch eine Lücke klafft und es spannend wäre, ob der kleine Otto ebenfalls ausreichen würde. Da zwischen dem getesteten Modell und der Topmotorisierung aber nur zehn Newtonmeter liegen, würde ich mir den Aufpreis von 1.375 Euro lieber sparen.

Die 131 PS kommen mit dem rund 1,4 Tonnen schweren C4 nämlich erstaunlich gut zurecht und mit einem leichten Dreizylinder-Knurren geht es laut Datenblatt in 10,2 Sekunden (sowie im Autoren-Gefühl "recht zügig") auf Tempo 100. Zu diesem Gefühl der Zügigkeit trägt vor allem die tolle Achtgang-Automatik bei, die ich dem Schaltgetriebe in jedem Fall vorziehen würde. So gestaltet die Gangbox die Wechsel der Fahrstufen mit ein klein wenig Nachdruck, was beim stärkeren Beschleunigen jeweils für ein winziges bisschen G-Kraft-Spaß sorgt.

Schluss wäre theoretisch bei 210 km/h. Ganz ehrlich? Habe ich nicht ausprobiert. Erstens, weil ab 150 km/h die Windgeräusche exponentiell zunehmen und zweitens, weil etwa 120 bis 140 km/h Reisegeschwindigkeit viel besser zu dem durch und durch komfortablen Charakter des Citroën passen. Ja, hier ist der neue C4 ganz der alte Cactus. Auch wenn der C4 also ein bisschen wie eine Fahrmaschine für exzentrische TikTok-Stars aussieht, mag es der Franzose doch eher ruhig angehen.

Die Sitze sind überaus komfortabel, bieten aber wenig Seitenhalt. Fair enough. Das Infotainmentsystem lässt sich einfach bedienen. Wichtige Funktionen wie die Steuerung der Klimaanlage sind aus dem Touchscreen ausgelagert und befinden sich mit analogen Drehstellern und Tasten darunter. So wünsch ich mir das.

Die super leichtgängige Lenkung ist im Stadtverkehr eine Wohltat und sie wird bei höheren Geschwindigkeiten gerade so stark gestellt, dass man noch einen Hauch von der Straßenbeschaffenheit erspüren kann.

Der Preis? Heiß! Mit viel Serienmäßigkeit!

Fahrassistenz gibt es ebenfalls. Das in der gefahrenen Topausstattung "Shine" serienmäßige "Drive-Assist-Paket" beinhaltet unter anderem einen adaptiven Geschwindigkeitsregler und einen Toter-Winkel-Warner was durchaus sinnvoll sein kann. Der Spurhalteassistent (der tatsächlich empfehlenswert ist) ist aber beispielsweise schon in der Basis dabei. Von allen elektronischen Helferlein fällt auch nur die Verkehrszeichenerkennung negativ auf, da sie öfters wichtige Geschwindigkeitsänderungen nicht wahrnimmt.

Preislich startet das getestete Modell bei 25.940 Euro. In der Topausstattung "Shine" sind dann 26.940 Euro fällig. Damit bleibt der C4 je nach Ausstattungslinie rund 1.000 bis 3.000 Euro unter dem Opel Mokka und stets 3.000 Euro unter dem DS3 Crossback.

Fazit: 7,5/10

Für mich ist nach rund 1.000 Kilometern jedenfalls klar, dass der neue C4 nicht nur ideeller Nachfolger des Cactus werden KÖNNTE, sondern das er für mich der Cactus im Geiste IST. Und wenn es für manche am Ende nur die Kleinigkeit des weiterhin konsequenten Verzichts auf eine elektrische Heckklappe ist, die mich vor vielen Jahren schon beim ersten Modell begeisterte.

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