Der neue Big Boy von Mazda bringt Platz, Dieselpower und Understatement auf den Punkt – ohne Premium-Allüren, aber mit Haltung
Mazda war schon immer eine Art stiller Rebell im Autogeschäft. Während andere Marken mit grell illuminierten Kühlergrills, überfrachteten Touchflächen und digitaler Daueranimation um Aufmerksamkeit buhlen, geht Mazda einen anderen Weg: reduziertes Design, klassische Bedienung, echte, meist ambitionierte Technik.
Der neue CX-80 ist die konsequente Fortsetzung dieser Philosophie - das größte und ambitionierteste Modell der Marke für Europa. Drei Sitzreihen, fast fünf Meter lang, serienmäßiger Allradantrieb, drehmomentstarker Sechszylinder-Diesel. Wer da nicht hellhörig wird, hat vermutlich gerade einen Q7 konfiguriert. Unter der Haube arbeitet ein seltener Vertreter seiner Art: ein 3,3-Liter-Reihensechszylinder-Diesel mit 254 PS, kombiniert mit Mildhybrid-Technik und Allradantrieb.
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Gedacht ist der CX-80 für Menschen, die mehr Raum brauchen, aber nicht jeden Zentimeter mit Markenprestige tapezieren wollen. Familien, die komfortabel reisen wollen, ohne gleich zum Van zu greifen. Zugfahrzeug-Sucher, denen Technik wichtiger ist als Leuchtband-Design. Und Fahrer, die statt aufgeblasener Turbo-Vierzylinder lieber auf echten Hubraum setzen. Mazda zielt mit dem CX-80 auf all jene, die in der Oberklasse mitspielen wollen - aber nicht im selben Clubhaus sitzen müssen. Ob das aufgeht, muss er im Test beweisen.
Statt optischem Bodybuilding gibts beim CX-80 einen maßgeschneiderten Maßanzug. Kein Gewürge um Aufmerksamkeit, sondern souveräne Präsenz. Lange Haube, scharf geschnittene Scheinwerfer, ein Dachverlauf, der nicht nach Van aussieht - der CX-80 sieht schon beeindruckend aus. Bis zur B-Säule entspricht er übrigens seinem kleineren Bruder CX-60, dahinter machen sich aber die 25 Zentimeter mehr Länge (sowohl Außenlänge als auch Radstand) optisch bemerkbar. Er wirkt schon sehr, sehr lang, der CX-80, auch wenn eine andere Fensterlinie dies etwas zu kaschieren versucht.
Die neue Lackfarbe Melting Copper ist dagegen ein Highlight - kein schriller Trendton, sondern ein warmer, satter Kupferton mit Tiefe. Wer genau hinsieht, entdeckt die Handschrift japanischer Formkultur: sauber gefräste Kanten, perfekt gefasste Leisten, eine Dosis Zen statt Showroom-Kasperltheater.
Der Kühlergrill trägt schwarze Elemente in Wabenstruktur, die 20-Zoll-Felgen wirken weder prollig noch verloren im Radhaus. Einziges echtes Ärgernis außen: die elektrisch öffnende Heckklappe öffnet zu niedrig. Wer über 1,80 Meter groß ist, schlägt sich beim Beladen schnell die Rübe ein. Helmpflicht für Mazdafahrer? Würde helfen, kommt aber nicht so gut ...
Innen gehts stilvoll weiter - wenn auch nicht in jeder Ecke perfekt. Die Materialien fühlen sich wertig an, das Nappaleder in der HOMURA-Plus-Version ist gut verarbeitet, und die weichen Armauflagen an Türen und Mittelkonsole schreien förmlich nach Langstrecke. Auch das digitale Cockpit weiß zu gefallen: Das Head-up-Display ist gestochen scharf, die digitale Instrumententafel ist ebenfalls knackscharf, wenn auch nicht wirklich konfigurierbar. Die Bedienlogik des Infotainments erfordert allerdings etwas Eingewöhnung - vor allem, wenn der 12,3-Zoll-Touchscreen zur Dreh-Drück-Kombination wechselt und umgekehrt. Getoucht wird nämlich nur im Stand, da erzieht uns Mazda gnadenlos.
Überhaupt will Mazda das Beste aus beiden Welten bieten - bekommt es aber nicht ganz rund. Die 360-Grad-Kamera ist zwar hilfreich, wirkt in der Darstellung aber seltsam verzerrt. Besonders die sogenannte See-Through-View bietet eigentlich nichts brauchbares, schaltet sich beim Parken aber immer wieder von selbst ein, wenn man doch viel dringender die Stoßfänger-Draufsicht benötigt. Zudem wirkt die Grafik auf dem Display insgesamt recht sparsam und reduziert. Keine Spur von Hightech-Glamour, eher ehrliche Hausmannskost - was auch seinen Charme haben kann.
Dafür funktioniert die kabellose Smartphoneanbindung via Apple Car Play und Android Auto problemlos und stabil. Eine induktive Ladeschale ist ebenfalls an Bord, nur ist sie derart schmal geraten, dass größere Smartphones da kaum Platz finden. Und noch ein großes Lob an Mazda: Im Gegensatz zu vielen Mitbewerbern kann man die nervigen, aber vorgeschriebenen Assistenten mit nur einem physischen Tastendruck stummschalten.
Die Sitze vorn sind vielfach elektrisch einstellbar, haben serienmäßig Belüftung, aber ein echtes Komfortproblem: Die Sitzpolster sind zu hart und zu kurz. Ausziehbare Schenkelauflage? Leider Fehlanzeige. Wer empfindliche Sitzhöcker hat, wird auf längeren Strecken irgendwann unruhig. Immerhin: Die Klimatisierung funktioniert vorbildlich, das Soundsystem von Bose beschallt den Innenraum mit sattem Klang, und in Reihe zwei gibts mehr Kniefreiheit als in manchem Businessjet.
Und dann ist da noch die dritte Reihe - oft ein Notquartier für Kinderbeine. Nicht so beim CX-80. Die zwei hintersten Sitze sind tatsächlich gut nutzbar, sofern man nicht über 1,70 Meter groß ist. Dank großem Einstieg, One-Touch-Funktion oder Durchgang zwischen den Captains Chairs ist das Ein- und Aussteigen auch für Erwachsene zumutbar - keine Yoga-Figur notwendig. USB-Anschlüsse, eigene Lüftung, ein gewisses Maß an Abstand - Mazda meint das ernst mit dem Siebensitzer. Meine 14-jährige Tochter liebte diesen Platz. Möglichst weit weg von den Eltern, ist klar ...
Mazda und die Motoren … In Hiroshima geht man ja gern seine eigenen Wege. Ob Wankelmotor oder großvolumiger Sauger - hier schwimmt man gern gegen den Strom. Alle Welt verabschiedet sich vom bösen Diesel? Ein Grund mehr für Mazda, genau solch einen neu zu entwickeln, und zwar nicht einen Pseudo-Eco-Dreizylinder, sondern einen Sechser - in Reihe!
Der Reihensechszylinder-Diesel ist ein Sahneschnittchen. 3,3 Liter Hubraum, 254 PS, 550 Newtonmeter - ein Aggregat wie aus dem Technik-Bilderbuch. Kraft satt, Klang satt, Laufkultur wie man sie kaum noch findet. Der Sound: sonor, präsent, aber nie aufdringlich. Das 48-Volt-Mildhybridsystem hilft beim Boosten und Sparen, sorgt aber für deutliche Verzögerungen beim Zuschalten des Motors nach Segelphasen. Das Achtgang-Automatikgetriebe passt gut zum Charakter - weich, überlegt, selten hektisch.
Beim Verbrauch zeigt sich der Diesel von seiner besten Seite: In der Stadt pendelt sich der Testwagen zwischen 5 und 7 Litern ein. Überland gehts auch mal unter die 6, auf der Autobahn bleiben es realistische 6 bis 8 Liter - je nach Tempo. Wer den CX-80 prügelt, kriegt ihn knapp über 9 Liter. Auf unserer Eco-Runde stellte der CX-80 sogar neue Rekorde auf: 4,9 l/100 km inkl. etwas Stadtverkehr! Für ein fünf Meter langes und über zwei Tonnen schweres SUV sind das kaum glaubliche Werte. Haben wir aber nachgeprüft.
Die Höchstgeschwindigkeit liegt bei 218 km/h - spürbar abgeregelt, weil Mazda offenbar keinen Bedarf für sinnfreies 240er-Bolzen sieht. Wer das vermisst, hat das Auto nicht verstanden. Der CX-80 ist kein Dynamiker, sondern ein souveräner Gleiter.
Der CX-80 fährt sich so, wie man es bei einem souveränen Familien-SUV erwartet - unaufgeregt, sicher, komfortabel. Die Lenkung ist allerdings ein Schwachpunkt: etwas zu schwergängig, etwas zu indirekt, mit einem zu glatten Lenkrad. Die dadurch nötige Kurbelei ist deutlich anstrengender als erwartet, zumal es kaum spürbare Unterschiede in den einzelnen Fahrmodi gibt. Dafür überzeugt das Fahrwerk mit Komfort - selbst auf schlechten Straßen bleibt der große Mazda gelassen. Schlaglöcher? Werden geschluckt. Bodenwellen sind ebenfalls kein Problem.
Ein adaptives Fahrwerk hat der CX-80 nicht, was ihm einige Nachteile in dieser Klasse einbringt, wo der geneigte Kunde sowas einfach erwartet. In Kurven bleibt der CX-80 trotzdem neutral, solange man es nicht übertreibt. Die Reifen quietschen relativ früh, das ESP greift dezent, aber bestimmt ein. Alles sehr zivilisiert. Keine sportliche Note, aber viel Vertrauensvorschuss.
Spannend: Die Windgeräusche. Die sind deutlich hörbar, aber nicht wirklich störend. Mazda verzichtet auf Doppelverglasung, und das merkt man. Dennoch bleibt die Geräuschkulisse auf langen Strecken absolut erträglich. Die Sitzbelüftung vorn arbeitet leise und effizient, die Klimaautomatik hält die Temperatur auf allen Plätzen konstant - sogar in der dritten Reihe.
Mazda ruft für den CX-80 e-Skyactiv D254 AWD in der getesteten HOMURA-Plus-Ausstattung 71.100 Euro inkl. des Sonderlacks auf. Mit an Bord: Panorama-Glasdach, Matrix-LED, Nappa-Leder, Sitzbelüftung, Bose-Soundsystem, Dreizonen-Klima, 360-Grad-Kamera, Trailer-View, Alexa-Integration und jede Menge Fahrerassistenten. Nur ein echter Parkassistent fehlt - unverständlich bei einem Auto mit dieser Länge. Viel Geld, keine Frage. Aber wie sieht es im Konkurrenzumfeld aus?
Gar nicht so einfach, den CX-80 dort einzuordnen. Fünf Meter lange Siebensitzer-SUVs mit Sechszylinder-Diesel? Da fallen uns nur Audi Q7, BMW X5 und Mercedes GLE ein. Preise ab 87.000 Euro für den Audi und bei Mercedes und BMW ist man in dieser Konstellation schon sechsstellig.
Wer auf den Sechszylinder verzichten kann (soll es geben...), hat mit den etwas kürzeren Skoda Kodiaq, VW Tayron oder Kia Sorento deutlich mehr Auswahl zu etwas günstigeren Preisen, aber auch weniger Exklusivität. Ein Volvo XC90 mit Benzin-Hybrid ist wieder Premium, aber nur Vierzylinder und startet trotzdem erst bei rund 76.000 Euro.
Alleine der Sechszylinder-Diesel wäre schon ein Kaufargument. Mazda macht eben gern alles anders und wenn das dann so aussieht, kann man eigentlich nur applaudieren. Aber auch der Rest des CX-80 ist sehr gut gelungen, von kleinen Schwächen einmal abgesehen. Mazda bedient hier eine Nische, die sicher klein, aber einträglich ist. Wer viel Platz, einen kräftigen Sechszylinder und ein schönes Ambiente bevorzugt, aber mit unnötigem Blingbling und Effekthascherei nichts anfangen kann, liegt hier goldrichtig.