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Ford Mustang GTD im Tracktest: Zwischen Himmel und Hölle

Der Über-Mustang schwebt zwischen Hyper-Pony und Supercar. Was kann der krasseste Mustang aller Zeiten auf der Strecke und der Straße?

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Mit dem Mustang GTD treibt Ford das Thema Muscle Car auf die Spitze. Das Top-Modell hat mit dem normalen Mustang kaum mehr als den Namen gemein und stammt direkt vom GT3-Rennauto ab. Nicht nur der technische Aufwand ist unglaublich, sondern auch der Preis. Das weckt hohe Erwartungen, denen wir bei einem Fahr-Event in Kalifornien ausführlich auf den Grund gingen. Und mit tiefsitzenden Eindrücken zurückkehrten …

Eine kalifornische Bergstraße, körniger Asphalt, strahlende Sonne und ein Kompressor-V8, der mich ohrenbetäubend anbrüllt, während ich auf die nächste geschwungene Kurve zurase - ist das der Himmel auf Erden? Verdammt nahe dran ist es definitiv, zumindest für einen Car-Guy wie mich, soviel ist sicher. Im Wissen, eines der exklusivsten Sportscars unter dem Hintern zu haben, das einfach unglaublich performt, kann man sich schwer etwas Besseres vorstellen. Dabei sah es gestern noch ganz anders aus …

Ford Mustang GTD (2025) im Test

It never rains in ... DOCH!

Rückblende, ein Tag zuvor: Ich sitze missmutig in der Hospitality des Thermal Racing Circuits und starre in die trübe Luft. Wo eigentlich die strahlende kalifornische Sonne unsere Gemüter erheitern sollte, ziehen schwarze Wolken an uns vorbei. Und bringen Regen. Da stellte sich schon die Frage, was ich verbrochen habe. Man fliegt um die halbe Welt, um die einmalige Chance zu haben, diese Waffe zu testen und dann das!

Dauerregen in der Wüste, damit schauen auch die Einheimischen recht sparsam aus der Wäsche. Und erst recht die Ford-Verantwortlichen. Dabei hatte sie das Event so perfekt geplant und uns Journalisten sorgfältig auf den Ritt auf der GTD-Kanonenkugel vorbereitet, der nun sprichwörtlich ins Wasser zu fallen droht. Bei Regen geht hier in den Staaten in Sachen Rennstrecke nix, schon gar nicht mit über 800 PS auf aalglatten Semi-Slicks. Trotz aller Vorbereitung.

Und die nahm man bei Ford sehr ernst. Klar, angesichts des Preises von um die 350.000 Euro, einer streng limitierten Stückzahl und mehr als 800 PS lässt man nicht jeden dahergelaufenen Journalisten einfach so ans Mustang-Steuer. Daher durften wir erstmal mit "zivilen" Mustang Dark Horse mit dem nur in den Staaten erhältlichen Track Pack die Rennstrecke kennenlernen, was für sich genommen schon ein überaus großer Spaß war.

Die Privatrennstrecke in Thermal bietet viele verschiedene Layouts und somit alles, was das Herz begehrt. Der Dark Horse fühlte sich hier schon so wohl, dass ich mich fragte, was der GTD wohl noch besser können soll.

Hier hilft zunächst mal ein Blick ins Datenblatt. Der Mustang GTD ist Fords radikalste Interpretation des Pony Cars. Unter dem Blech steckt kein aufgepumpter Serien-Mustang, sondern ein von Grund auf umgebauter Rennwagen mit Straßenzulassung. Statt klassischer Bauweise kommt ein Transaxle-Layout zum Einsatz: Der 5,2-Liter-V8 sitzt vorn, das Achtgang-Doppelkupplungsgetriebe an der Hinterachse, verbunden über eine Carbonwelle. So erreicht der GTD eine fast perfekte Gewichtsverteilung.

Das Fahrwerk arbeitet mit Pushrod-Technik wie in der Prototypenklasse, im Track-Mode senkt sich der Wagen um vier Zentimeter ab und legt sich damit spürbar tiefer auf die Straße.

Technische DatenFord Mustang GTD Motor 5,2-Liter V8 Kompressor, Trockensumpfschmierung Leistung 826 PS bei 7.650 U/min Drehmoment ca. 900 Nm Getriebe 8-Gang-Doppelkupplung, Transaxle an der Hinterachse Fahrwerk Pushrod-Hinterachse, adaptive Dämpfer, Track-Mode mit -40 mm Bremsen Brembo Carbon-Keramik, rundum Reifen Michelin Pilot Sport Cup 2 R, 325/30 ZR20 vorn, 345/30 ZR20 hinten Karosserie Carbon (Haube, Kotflügel, Dach, Diffusor, Splitter) Aerodynamik Aktiver Heckflügel mit DRS, Unterboden aus Carbon Leergewicht ca. 1.970 kg Höchstgeschwindigkeit ca. 325 km/h 0-100 km/h unter 3,0 s Preis ab 327.960 USD / ca. 359.900 EUR

Der Motor selbst ist eine Weiterentwicklung des Shelby-Triebwerks, per Kompressor aufgeladen, mit Trockensumpfschmierung und mit maximal 7.650 Umdrehungen drehfreudiger als je zuvor. 826 PS sind die offizielle Ansage, kombiniert mit einer Titan-Abgasanlage, die Sound und Gewicht gleichermaßen optimiert.

Für Verzögerung sorgen Carbon-Keramik-Scheiben von Brembo, dahinter wuchten extra entwickelte Michelin Cup 2R Reifen im gewaltigen Format 325 Millimeter vorn und 345 Millimeter hinten die Kraft auf die Straße. Wer noch eins drauflegen will, bestellt Magnesium-Felgen, die die ungefederte Masse weiter reduzieren.

Downforce aus dem Rennsport

Auch bei der Aerodynamik setzt der GTD Maßstäbe. Die Karosserie besteht größtenteils aus Carbon, dazu kommen breite Backen, Lufteinlässe und ein massiver Heckflügel, der an den C-Säulen hängt. Gesteuert wird er von einem hydraulischen Drag-Reduction-System, das je nach Bedarf für weniger Luftwiderstand oder mehr Anpressdruck sorgt. Ergänzt durch einen glatten Unterboden entsteht Abtrieb in Supercar-Dimensionen. Das Ziel ist klar formuliert: Nürburgring unter sieben Minuten. Und tatsächlich hat der GTD genau das geschafft - als erster US-Straßenwagen überhaupt.

Mit diesem Wissen schaut man dann doch schon fast ehrfürchtig auf das Super-Pony. Tatsächlich ist allein die Optik schon eine echte Ansage. Krasser kann man das Thema Muscle Car nun wirklich nicht spielen, soviel ist mal klar. Und an Selbstbewusstsein mangelt es den Ford-Verantwortlichen offensichtlich auch nicht, gerade in heutigen Zeiten sehr bemerkenswert. Extrem breit, fies und mit der riesigen Theke auf dem Heck schon sehr racig, hockt der Mustang auf seinen breiten Rädern. Dass dieses Biest auch Kurven kann, mag man kaum glauben.

Kann er aber, und wie! Klar, mit seinen immensen Ausmaßen, dem hohen Gewicht von knapp zwei Tonnen und den dicken Rädern kann und will er kein Skalpell wie zum Beispiel ein Porsche 911 GT3 RS sein. Die sprichwörtliche Axt im Walde ist er hingegen auch keinesfalls, eher so … das Bowiemesser, das zwar auf den ersten Blick recht einfach wirkt, in den Händen eines Könners jedoch auch zur extrem scharfen Waffe wird und feine Schnitte ermöglicht.

Und diese Eigenschaft zeigt der GTD schon auf dem kleinen, engen Handlingkurs, der mittels Pylonen abgesteckt wurde und auf dem wir das Monster erstmals kennenlernen durften. Selbst hier, auf dem für ihn denkbar ungünstigsten Geläuf, brilliert der bullige Mustang durch extreme Traktion, bissiges Einlenken und jede Menge Power. Vor allem im Track-Modus spricht das Triebwerk ansatzlos an und das Fahrwerk geht um 40 Millimeter in die Knie. Zudem kann man die Regelsysteme komplett ausschalten und nur noch mit der in feinen Stufen regelbaren Traktionskontrolle arbeiten. Da findet jeder sein persönlich perfektes Setup.

Aber selbst komplett ohne Unterstützung wird der Mustang GTD nicht fies, sondern bleibt gut kontrollierbar. Hier zeigen seine perfekte Gewichtsverteilung und eine sehr gute Abstimmung Wirkung. Man kann mit dem Biest nach Herzenslust gut kontrollierbare Powerslides auf den Asphalt zaubern, dass es nicht nur dem Fahrer, sondern auch dem mitfahrenden Instruktor ein fettes Grinsen ins Gesicht meißelt. Nehm ich mal als Kompliment.

Die nächste Eskalationsstufe sollte dann das Freie Fahren auf der Rennstrecke sein. Aber dann kam der Regen, Sie erinnern sich. Als Ersatzprogramm durften wir den GTD auf einer ausgedehnten Runde auf der Straße bewegen. Ganz wohl war den Ford-Leuten angesichts der Semi-Slicks, die bei diesen nassen Bedingungen bekanntlich recht zickig sein können, dabei offensichtlich nicht, aber was will man machen.

Ruhig, Brauner!

Angesichts dieser Tatsachen ließen wir es betont ruhig angehen. Und auch das beherrscht der GTD perfekt, was ihn von den meisten anderen Supercars unterscheidet. Wenn man will, ist der der gute Kumpel, mit dem man durch die Gegend cruist und einfach chillt. Geschlossene Klappen, Fahrwerk auf weich und Lenkung auf leicht - schon ist keine Spur mehr vom fiesen Asphalt-Beißer. So bleibt auch Zeit, im Rückspiegel das sehenswerte Spiel der Radaufhängung zu beobachten, die unter einem Glasdeckel anstelle der Rücksitzbank sitzt. Die aufwendige Einzelradaufhängung mit liegenden Federbeinen passte sonst nicht unter die Karosse.

Der Fahrspaß bei diesem deutlich gebremsten Schaum hielt sich natürlich in Grenzen. Gegen Abend pusteten die Ford-Jungs einen Teil der Rennstrecke noch mit typisch amerikanischen Düsentriebwerken halbwegs trocken, sodass doch noch ein paar Runden auf der Rennstrecke drin waren. Und die hatten es in sich.

Der GTD fährt sich hier tatsächlich wie ein Rennwagen und ist in einer ganz anderen Welt als der Mustang Dark Horse. Ihm gelingt es, sein hohes Gewicht perfekt zu kaschieren. Vor allem das sehr direkte Einlenken begeistert, solange man nicht zu lange auf der Bremse steht. Die Traktion ist absolut beeindruckend und Untersteuern kennt der GTD nur aus dem Fernsehen. In der sehr sehr langen, sehr schnellen Kurve auf die Gegengerade übernimmt die Aerodynamik das Ruder und drückt den Mustang derart auf den Boden, dass einem von den Fliehkräften ganz schwindelig wird. Daran muss man sich erstmal gewöhnen.

Die Bremse ist über jeden Zweifel erhaben, der Reifengrip sowieso. Und auch der Motor spielt seinen Part perfekt. Das Kompressortriebwerk überfällt den Fahrer nicht mit einem überbordenden Leistungsschwall, sondern baut seine ungeheure Power schön gleichmäßig über das gesamte Drehzahlband auf, fast wie ein guter Saugmotor. Nur stärker. Es geht vorwärts, und zwar mit Macht und Leichtigkeit.

Viel zu schnell waren die paar Runden vorbei. Um doch noch einen möglichst vollständigen Fahreindruck zu bekommen, ließen wir uns am nächsten Tag, an dem mittags die Abreise bevorstand, früh morgens noch einen GTD vor das Hotel stellen, um die Straßenrunde nochmal bei strahlendem Sonnenschein zu absolvieren. Und das frühe Aufstehen sollte sich lohnen!

Mustang - eine amerikanische Legende!

Nachdem wir mit voll geöffneten Auspuffklappen zunächst einmal halb Palm Springs geweckt hatten (und dafür nicht etwa einen Haufen Ärger, sondern nur erhobene Daumen kassierten), ging es in die Berge. Der Sound der besagten Auspuffanlage - vom Spezialisten Akrapovic - ist derart krass, dass das Thema Schalldämpfung bei der GTD-Entwicklung irgendwie unter den Tisch gefallen sein muss. In Europa würde mit diesem Klang dem Auto ganz schnell der Sicherstellungs-Abschlepphaken und dem Fahrer die Handschellen drohen. Hier? Beifall. Die Amis feiern ihre Legenden eben.

Aber wir schweifen ab. Es warteten nämlich noch die unzähligen, eingangs erwähnten Kurven auf der ausgedehnten Bergrunde. Und hier überraschte der GTD ein weiteres Mal. Trotz der recht engen Straßen und der gewaltigen Abmessungen ließ sich der Mustang mit einer Leichtigkeit von Kurve zu Kurve werfen, dass es eine helle Freude war. Natürlich nicht im ultraharten Track-Mode, sondern in der deutlich zivileren Sportstellung. Das passte perfekt und man fuhr sich schnell in eine Art Rausch.

Dabei agiert der GTD trotz allem Spektakel immer gelassen. Er ist nicht der Anheizer wie ein RS-Porsche, der einen immer weiter anstachelt und immer mehr fordert, um einem dann doch stets das Gefühl zu geben, da wäre noch mehr drin gewesen. Der Mustang ist eher der Buddy, der einem sagt: "Ich bin bereit, wenn du Bock hast. Wir müssen aber nicht!" Und wenn man Bock hat, schüttelt einen auch ein RS-Porsche nicht ab. Ansonsten surft man locker auf der Drehmomentwelle und genießt den American Way of Drive. Thats it!

All good?

Allerdings gibt es am Ende doch noch Redebedarf, und zwar über den Preis. In Deutschland ruft Ford mindestens 359.900 Euro auf. Für einen Mustang! Dafür bekommt man zwar all die schöne Technik und die brachialen Fahrleistungen, aber auch den mehr als gewöhnlichen Standard-Innenraum mit den billigen Plastik-Teilen und der teilweise recht hemdsärmeligen Verarbeitung.

Zwar sind Recaro-Halbschalen serienmäßig, aber auch die fühlen sich mit schwammiger Polsterung, labberigen Bezügen und teilweise schon aufgehenden Nähten nicht unbedingt nach Premium an. Und das billige Carbon-Imitat setzt dem Ganzen die Krone auf. Da können auch die Titan-Schaltwippen, die aus ausgemusterten Bauteilen eines F-22-Kapfjets gefertigt wurden, nicht mehr viel retten.

Ist aber alles egal, denn die Bewerbungsfrist für Bestellungen (ja, offenbar gab es deutlich mehr Interessenten als Fahrzeuge) ist schon abgelaufen. Wir - und auch die Ford-Verantwortlichen - sind schon sehr gespannt, ob und in welcher Form die neuen Besitzer diese Boliden nutzen werden. Trackdays? Sammlung? Profane Straße? Wird es hierzulande überhaupt für eine Straßenzulassung reichen? Wir werden es sehen.

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