3,79 m langer Kleinstwagen mit Permanentmagnetmotor und luftgekühltem 27,5-kWh-Akku zu Preisen unter 20.000 Euro








Der neue Renault Twingo Electric basiert zwar auf der gleichen Plattform wie der R5 und R4, aber überraschenderweise ist die Technik völlig anders: Statt eines elektrisch erregten Synchronmotors (EESM) hat der Kleinstwagen einen Permanentmagnetmotor (PSM), der Akku besteht erstmals bei Renault aus LFP-Zellen in Cell-to-Pack-Bauweise und auch das Fahrwerk ist neu. All das war nötig, um das Modell unter die 20.000-Euro-Marke zu drücken.
Erstmals als Studie vorgestellt wurde der 3,79 Meter lange Kleinstwagen im Jahr 2023. Damals wurde versprochen, dass der auf der Plattform AmpR Small aufsetzende Neuling weniger als 20.000 Euro kostet und in weniger als zwei Jahren entwickelt wird. Dazu stellte Renault ein Team aus 150 Experten zusammen, die den Wagen im Renault-Entwicklungszentrum ACDC in Shanghai zusammen mit lokalen Zulieferern projektierten. Sie haben es geschafft: Ab Anfang Januar ist das Auto bestellbar, die Auslieferung soll im März beginnen.
Antrieb/Akku | Exterieur/Maße | Interieur | Ausstattungen und Zubehör
Für den Antrieb sorgt kein elektrisch erregter Synchronmotor (EESM), sondern ein Permanentmagnet-Synchronmotor (PSM) - eine Renault-Premiere, zumindest bei den neueren Modellen. Der Grund für den Wechsel sind offenbar die Kosten, vielleicht auch die aufwendigere Entwicklung. Renault führt lieber die Effizienz ins Feld - was keine gute Argumentation ist, denn dann hätte man für den Rest der Palette eine ineffiziente Motorart gewählt. Das 60 kW starke Aggregat stammt von der Firma Shanghai e-drive und ist wassergekühlt.
Dazu kommt ein Lithiumeisenphosphat-Akku (LFP) in Cell-to-Pack-Bauweise. Das heißt, die Zellen werden direkt und ohne den Umweg über Module in die Batterie eingebaut. Die prismatischen Zellen stammen von CATL. Insgesamt wurden durch die LFP-Technik und die Cell-to-Pack-Architektur die Batteriekosten um rund 20 Prozent gesenkt. Für weniger Aufwand und Kosten und verringerte Komplexität sorgt auch, dass das Auto keine Wasserkühlung für die Batterie besitzt. Stattdessen gibt es nur eine Luftkühlung durch den darunter vorbeiströmenden Fahrtwind und eine Heizplatte im Akkugehäuse unter den Zellen.
Die WLTP-Reichweite beträgt schmale 263 km - das ist kaum mehr als der Dacia Spring mit seinen 228 km bietet und auch weniger als beim Fiat Grande Panda Elektro mit einem WLTP-Wert von 320 km. Aufgeladen wird serienmäßig mit 11 kW Wechselstrom oder mit 50 kW Gleichstrom. Letzteres wirkt auf den ersten Blick nicht mehr zeitgemäß, aber man muss den kleinen Akku bedenken: Auch mit schmalen 50 kW ist die Batterie in 30 Minuten von 10 auf 80 Prozent aufgeladen. Mit AC dauert eine Ladung von 10 auf 100 Prozent etwa 2h35. Der Bordlader ist bidirektional: Über einen Adapter lassen sich externe 230-Volt-Verbraucher mit bis zu 3,7 kW versorgen.
Die zunächst startende Techno-Version besitzt Lenkradwippen, mit denen man die Rekuperation in vier Stufen einstellen kann. Die stärkste ermöglicht das One-Pedal-Driving - ähnlich wie beim Renault 4 Electric. Bei der ab März bestellbaren Ausstattung Evolution kann man die Rekuperation immerhin durch die Wahl zwischen D- und B-Modus beeinflussen.
Während die Vorderachse mit der des Renault 5 und des Renault 4 E-Tech Electric identisch ist, wurde die Mehrlenker-Hinterachse durch die angepasste Verbundlenkerachse des Renault Captur ersetzt.
Mit 3,79 Metern ist der Elektro-Twingo etwas länger als der Dacis Spring und minimal kürzer als der Hyundai Inster. Mit 1,49 m ist der Wagen aber niedriger, besonders im Vergleich zum ziemlich hohen Inster:
| Länge | Breite | Höhe | Radstand | Kofferraum | |
| Fiat 500 Elektro | 3,63 m | 1,68 m | 1,52 m | 2,32 m | 185-550 Liter |
| Dacia Spring | 3,70 m | 1,58 m | 1,52 m | 2,42 m | 308-1.004 Liter |
| Renault Twingo Electric | 3,79 m | 1,72 m | 1,49 m | 2,49 m | 305-966 Liter |
| Hyundai Inster | 3,83 m | 1,61 m | 1,58 m | 2,58 m | 280-1.059 Liter |
| Renault 5 Electric | 3,92 m | 1,50m | 1,74 m | 2,54 m | 326-1.106 Liter |
| Citroen e-C3 | 4,02 m | 1,76 m | 1,57 m | 2,54 m | 310 Liter |
Optisch orientierte sich das Designteam des Technocentre in Paris-Guyancourt am ersten Twingo von 1992. Und das Resultat überzeugt, wie wir bei der Enthüllung in Paris am 30. Oktober feststellten: Die Ähnlichkeit ist deutlich, obwohl man sich nicht sklavisch an das Original gehalten hat. Gelungenes Retro-Design ähnlich wie beim R5 also.
Bilder von: InsideEVs
Wie der erste Twingo ist die neue Version ein Viersitzer, aber kein Drei- sondern stets ein Fünftürer. Die Form der klassischen Frontleuchten wurde aufgenommen, doch die Scheinwerfer sind viel kleiner, sie werden hinter dunklen Deckgläser verborgen. Auch das Heck ist sehr eigenständig.
Zur Aerodynamik gibt es bisher keinen cW-Wert, doch der für den Luftwiderstand entscheidende Wert, in den auch die Stirnfläche A eingeht von A x cW wird mit 0,656 angegeben.
Auch das Cockpit des Twingo sieht anders aus als bei R4 und R5. Während die großen Brüder jeweils zwei 10-Zoll-Displays direkt nebeneinander haben, bekommt der Kleinstwagen stets ein 7-Zoll-Instrumentendisplay und einen 10-Zoll-Touchscreen. Allerdings besitzt die Basisversion Evolution kein Navigationssystem; hier soll man stattdessen das eigene Smartphone über Apple CarPlay oder Android Auto koppeln und damit navigieren.
Die Techno-Version dagegen bietet Google-Dienste, wodurch Google Maps zur Navigation einschließlich dynamischer Ladeplanung zur Verfügung steht. Dabei lassen sich Ladeleistung, Zahlungsmethode und der Mindest-Ladestand m Zielort einstellen. Über den EV-Routenplaner kann auch eine Vorkonditionierung der Batterie aktiviert werden - dabei ist aber nur das Aufheizen möglich, nicht das Kühlen.
Über die Sprachbedienung Google Assistant kann man zum Beispiel die Fenster öffnen und schließen oder sich via ChatGPT Fragen beantworten lassen. Dabei hilft der Avatar Reno. Man kann ihn zum Beispiel bitten: "Hey Reno, plane eine Ladung für morgen um 8 Uhr" oder fragen, wie man den ladevorgang stoppt. Der Assistent kann auch von sich aus aktiv werden. So schlägt er vor, die Klimaanlage zu aktiveren, wenn die Scheiben zu beschlagen drohen.
Für den neuen Twingo sind zudem über 100 Apps erhältlich, darunter Amazon Music, Prime Video und ein Internetbrowser. Für die Nutzung erhält man für die ersten drei Jahre (oder bis zum Ende des Leasingvertrags von Mobilize) 2 Gigabyte Daten pro Monat. Ein Smartphone ist dafür nicht nötig. Doch alle Ausstattungsvarianten verfügen über zwei USB-C-Anschlüsse zum Anschließen und Aufladen des Handys.
Wie beim R5 und R4 werden die Getriebemodi P, N, R und D über einen Hebel rechts am Lenkrad aktiviert. Die Außenspiegel lassen sich konventionell über eine Vier-Wege-Wippe an der Türinnenseite. Für die Fensterheber gibt es nur zwei Tasten. Das mag zunächst verwundern, aber der Twingo hat im Fond eben nur Ausstellfenster.
Bilder von: InsideEVs
Im Fond ist die Kopffreiheit für den 1,76 m großen Autor ausreichend. Iird der Kopf an die Kopfstütze angelegt, berührt der Scheitel schon den Dachhimmel. Was die Kniefreiheit angeht, so ist sie variabel. Denn die Rücksitze lassen sich um 17 cm längs verschieben, so dass man den Platz flexibel zwischen Stauabteil und Fond aufteilen kann. Anders als beim Original ist das sogar für jeden Fondsitz einzeln möglich.
Optional gibt es zudem einen umklappbaren Beifahrersitz, wodurch sich bis zu zwei Meter lange Gegenstände einladen lassen. Nimmt man hinten rechts Platz und legt den Sitz davor flach, kann man auch die Beine während der Ladepause ausstrecken.
Der Kofferraum fasst 305-966 Liter nach VDA-Norm. Unter dem Stauabteil gibt es noch ein 500-Liter-Fach, das zum Beispiel das Ladekabel aufnimmt - einen Frunk hat der Twingo nicht, denn unter der Fronthaube türmen sich Elektromotor, Getriebe, Inverter und Bordlader übereinander.
Die Abdeckung für das Ladegut ist geteilt, sodass zum Beispiel links eine Tasche stehen kann, während man rechts das Kabelentnehmen kann. Ebenfalls pfiffig ist die Lösung für die Laderaumabdeckung: Sie besteht aus einem Teil im Format einer alten Single-Schallplatte. Entfernt man die Hülle, poppt die Abdeckung wie ein Wurfzelt auf.
Was Service und Wartung angeht, so ist sie Aufgabe der Werkstatt. So kann man als Kundin oder Kunde nicht einmal die Fronthaube öffnen. Damit man die Scheibenwaschflüssigkeit nachfüllen kann, wird ein kleines Werkzeug mitgeliefert, mit dem sich eine der drei Dummy-Lüftungsöffnungen in der Fronthaube öffnen lässt.
Gebaut wird der Twingo wie gehabt im Werk Novo Mesto in Slowenien. Um Produktion und Logistik zu vereinfachen, ist der Twingo zum Start nur in zwei Ausstattungen (Evolution und Techno) und vier Karosseriefarben (Schwarz, Rot, Grün und Gelb, aber kein Blau) erhältlich. Auch die technischen Systeme wurden so einfach wie möglich gehalten.
Dazu gehört, dass die Batterie wie erwähnt nur eine Luftkühlung und eine Heizplatte hat, aber nicht die übliche Wasserkühlung. Auch eine Wärmepumpe fehlt. Allerdings ist diese vor allem bei längeren Fahrten nützlich, wie uns Ingenieurin Marion Joly sagte.
Das ist plausibel: Auf den kurzen Fahrten, wie sie für ein Stadtauto à la Twingo typisch sind, sind Batterie und Antrieb im Winter zunächst kalt, so dass es keinen Sinn hat, Wärme von dort in die Kabine zu "pumpen". Und wenn der Antrieb dann so warm ist, dass es Sinn ergäbe, wird der Twingo oft schon wieder abgestellt. Durch die Heizplatte kann man den Innenraum aber schon vor dem Fahrzeugstart elektrisch vorwärmen - auch über die neue My Renault App.
Nicht weniger als 24 Fahrerassistenzsysteme sind für den Twingo verfügbar, darunter ein Abstandstempomat (ACC), ein Spurhalteassistent und sogar ein Querverkehrswarner fürs Heck, ein Ausstiegswarner und ein Parkassistent. Ob damit fünf EuroNCAP-Sterne erreicht werden, wollte oder konnte man uns noch nicht sagen.
Zum Bestellstart im Januar wird ausschließlich die gehobene Techno-Variante angeboten, die Basisversion Evolution soll man ab März ordern können. Letztere bietet 16-Zoll-Stahlfelgen mit Radkappen, einen Tempomat, einen Notbremsassistenten, einen Spurhalteassistenten, einzeln verschiebbare Rücksitze, einen höhenverstellbaren Fahrersitz, eine manuelle Klimaanlage und Parksensoren hinten.
Techno hat ebenfalls 16-Zoll-Stahlfelgen, allerdings mit zweifarbigen Radabdeckungen, die Google-Dienste, einen Abstandstempomaten, eine Klimaautomatik, die einstellbare Rekuperation, getönte Scheiben hinten, elektrisch anklappbare Außenspiegel, den umklappbaren Beifahrersitz, eine Schlüsselkarte, eine Rückfahrkamera und einen Fernlichtassistenten. Optisch unterscheidet sich die Techno-Version durch die glänzend schwarzen B-Säulen und durch die Haifischantenne auf dem Dach - die Basisverision hat eine Stabantenne. Optional gibt es unter anderem große 18-Zoll-Alufelgen mit Diamantschliff.
Wie der Dacia Spring Electric erhält auch der Twingo das clevere YouClip-System. Es gibt einen Befestigung im Fußraum vor dem Beifahrersitz sowie zwei im Kofferraum. Mit Letzteren lässt sich die Laderaumabdeckung befestigen oder Einkaufstüten fixieren. Ebenfalls pfiffig sind die Haken, mit denen sich Taschen verschiedener Größen an der Beifahrersitz-Kopfstütze befestigen lassen.
Unter dem Strich
Der Renault Twingo Electric wird wohl ähnlich beliebt wie der R5. Dazu wird vor allem das gelungene Retrodesign beitragen, aber auch der variable Innenraum - der ist bei einem so kleinen Auto wichtig. Wenn die Preise wirklich bei 20.000 Euro beginnen, wird sich VW mit der Serienversion des ID. Every1, die möglicherweise VW ID.Up heißt, anstrengen müssen.