Nach dem Facelift: Wie ähnlich sind sich die Konzernbrüder?
Haben Sie sich schon einmal in der Kochbuch-Abteilung großer Buchhandlungen umgesehen? Gleich dutzendweise wird einem dort auf Papier mitgeteilt, dass man Mutters Erbsensuppe völlig anders machen kann. Hier eine neue Zutat, dort ein anderes Gewürz oder am besten gleich vegan. Ähnliches gibt es auch im Automobilbereich: Im FCA-Konzern entstehen zwei kompakte SUVs auf gleicher Basis, aber mit unterschiedlicher Prägung. Kürzlich bekamen der Fiat 500X und der Jeep Renegade ein Facelift inklusive neuer Motoren. Bekommt das FCA-Menü dadurch mehr Pfiff? Wir haben beide Fahrzeuge miteinander verglichen. Allerdings soll es hier schon deswegen nicht knallhart um Punkte gehen, weil 500X und Renegade mit komplett unterschiedlichen Motoren bei uns angetreten sind.
Vor allem unter dem Blech: Fiat 500X und Jeep Renegade weisen beide den gleichen Radstand von 2,57 Meter auf. Etwas überraschend ist der 500X mit 4,26 Meter knapp drei Zentimeter länger als der Renegade, mit Dachreling gerät der Jeep aber satte acht Zentimeter höher. Das macht sich optisch deutlich bemerkbar: Hier der relativ knubbelige Fiat 500X, dort der kantige, massiver wirkende Jeep Renegade. Beide Fahrzeuge zitieren die Markengeschichte, für unseren Geschmack macht der Jeep aber den stimmigeren Gesamteindruck. Das bereits erwähnte Facelift wirkt äußerlich eher zurückhaltend, neu sind optionale LED-Scheinwerfer und dunkelrote Rückleuchten in LED-Technik. Auch in diesem Punkt wirkt der Jeep moderner, letztlich bleibt das Design beider Modelle natürliche Geschmackssache.
Blicken wir auf die inneren Werte: Subjektiv ist der Jeep Renegade geräumiger, auch weil dort die Dachlinie später und rechtwinkliger abfällt als beim Fiat 500X. Bestes Indiz dafür ist das Kofferraumvolumen. 350 (Fiat) und 351 Liter (Jeep) sind es im Normalzustand, doch bei umgelegten Rücksitzen bietet der Jeep fast 300 Liter mehr (1.297 vs. 1.000 Liter, um genau zu sein.) Auch im Fond fühlt der Jeep generöser an, wenngleich keiner der beiden Probanden gigantische Raumwunder vollziehen kann.
Spürbar noch Luft nach oben ist bei der Materialauswahl im Innenraum, recht grobe Kunststoffe erfreuen das Auge nur mäßig, etwas mehr Chrom als bislang bemüht sich um Schadensbegrenzung. Optimierbar ist zudem die Bedienung, besonders im Jeep. Dort müssen sowohl Sitzheizung als auch Klimatisierung umständlich auf dem Sieben-Zoll-Touchscreen eingestellt werden. Fiat macht es besser und lässt einen die Raumtemperatur per Drehräder wählen.
Aufgrund der Antriebe natürlich verschieden: Der Fiat 500X rollt mit neuen Dreizylinder-Turbobenziner ("Firefly"),120 PS und manuellem Sechsgang-Getriebe vor, diesen Motor gibt es auch im Renegade. Der Jeep hat einen Zweiliter-Diesel mit 140 PS und Neungang-Automatik unter der Haube. Wer mehr mag, bekäme auch noch 170 PS, während Fiat die Maschine nur mit 150 PS im Programm hat.
Starten wir mit dem 1.0 Turbo im Fiat 500X: Er beißt nach einer spürbaren Anfahrschwäche erst ab etwa 2.000 Umdrehungen zu, dann aber richtig. Kein Wunder, schließlich fallen sehr ordentliche 190 Newtonmeter über die Vorderräder her. Gedämmt ist das Motörchen gut, obgleich der typische Dreizylinder-Klang immer in der Luft liegt. Abzüge gibt es für die langen Wege der Schaltung.
Sie wären zu verschmerzen, doch das Fahrwerk ist unausgewogen: Selbst auf topfebener Straße herrscht immer Unruhe im Unterbau des 500X, hinzu kommt eine labbrige Lenkung mit zu wenig Rückmeldung.
Auch im Jeep Renegade ist die Lenkung kein Muster an Präzision. Zudem sorgt hier ein höherer Schwerpunkt für mehr Wankneigung in Kurven. Und sein im Vergleich zum Fiat doppelt so großer Motor? Rauher Lauf im kalten Zustand, danach wird es besser, doch die akustische Präsenz ist unüberhörbar. Zum Trost hält die sanft agierende Automatik die Drehzahl niedrig. Klar, mehr Druck liefert der Diesel allemal, aber er kann sich vom Fiat nicht so massiv absetzen, wie es die 350 Newtonmeter Drehmoment (plus 160 Nm gegenüber dem 500X) versprechen.
Ein Blick auf die Werksangaben untermauert diesen Eindruck: 10,9 Sekunden auf 100 km/h und 188 km/h Spitze beim gut 150 Kilogramm leichteren Fiat, 10,0 Sekunden und 182 Spitze beim Jeep. Unsere Testverbräuche: Exakt 7,0 Liter beim Jeep und 8,2 Liter beim Fiat.
Bevor Sie, lieber Leser, nun den Jeep Renegade vorschnell abschreiben: Er hat noch zwei Asse im Ärmel. Punkt A ist die höhere Anhängelast (1.500 Kilogramm), Punkt B sind seine deutlich besseren Geländefähigkeiten. Bei Fiat gibt es einen Allradantrieb nur für den stärksten Diesel, bei Jeep ist die Auswahl größer. Die beiden Selbstzünder mit 140 respektive 170 PS im Renegade bieten zudem ein System namens "Active Drive Low". Namensgebend ist hier das zusätzliche Untersetzungsverhältnis von 20:1, das über den Schalter 4WD LOW angewählt werden kann. Zusätzlich ist ein Bergabfahrassistent verbaut, der bei steilem Gefälle eine kontrollierte Bergabfahrt ohne Bremseingriff des Fahrers ermöglicht.
Zunächst einmal entscheidet natürlich die persönliche Vorliebe, schließlich mangelt es 500X und Renegade nicht an Mitbewerbern wie beispielsweise dem VW T-Roc oder den ganz neuen Skoda Kamiq.
Der Fiat 500X punktet beim Preis: Für den 1.0 Firefly Turbo mit 120 PS rufen die Italiener mindestens 19.190 Euro auf. Das sind knapp 1.500 Euro weniger als beim vergleichbaren Jeep Renegade, beide Modelle bringen schon ab Werk eine Verkehrszeichenerkennung und einen Spurhalteassistenten mit. Exakt 3.710 Euro trennen den Fiat 500X mit 150-PS-Diesel und den Renegade mit 140 PS voneinander, Neungang-Automatik inklusive. Allerdings bringt der Italo-Ami noch mehr Allradtechnik mit, der Jeep Renegade ist der reinrassigere Geländewagen.
Auf einen Nenner gebracht: Wer "nur" SUV fahren will, nimmt den Fiat mit kleinem Benziner. Wer aber richtige Offroad-Aufgaben hat, sollte zum Jeep mit Diesel greifen. Im 4,25-Meter-Segment gibt es kaum bessere Wühler.