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Volvo S60 D4: Hart, aber herzlich

Dauertest: Wie sich der Baukasten-Motor mit 181 Diesel-PS im Alltag schlägt

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München, 29. Januar 2015 - Volvo ist mächtig im Aufwind. Und dabei wollte daran vor ein paar Jahren niemand so recht glauben. Als das Unternehmen im Jahr 2010 von Ford an den chinesischen Auto- und Motorradhersteller Geely verkauft wurde, liefen den Fans bittere Tränen über die Wangen. "Ausgerechnet die Chinesen! Das ist der Untergang von Volvo!", stöhnten sie. Doch weit gefehlt: Seit längerem ist das Firmenkonto fett im Plus. Ein viel schickeres Design und neue, sparsamere Downsizing-Motoren bringen den Hersteller auf einen stabilen Kurs. Das Rezept heißt: Weg mit den Fünf- und Sechszylindern, her mit dem Motoren-Baukasten. In dem gibt es einen Vierzylinder-Block mit zwei Liter Hubraum und Standard-Komponenten wie Lichtmaschine, Ölwanne und Kurbelwelle. Aus diesen Teilen werden Dieselmotoren, Ottoantriebe und Hybrid-Systeme gebaut, die Leistung wird je nach angestrebter PS-Zahl von einem oder zwei Turboladern erpresst. Als Getriebe sind eine Sechsgang-Handbox und ein Achtgang-Automat zu haben.

181-PS-Diesel und Achtgang-Automat
Das klingt nach viel Vernunft, wenig Spaß und überhaupt nicht mehr nach dem Fünfzylinder-Grummeln, dass Fans an Volvo so lieben. Wir wollten wissen, wie sich der neue Vierzylinder im Alltag schlägt und diese Frage mit dem 181 PS starken Diesel, gekoppelt an die Achtgang-Automatik, im S60 D4 klären. Damit der Testwagen ein bisschen rassiger wird, haben wir das R-Design-Paket mit Sportfahrwerk und noch mehr feinen Besonderheiten (zu denen wir im Einzelnen noch kommen werden) sowie der mittleren Ausstattungslinie Momentum bestellt. Obendrauf kommen noch ein Multimediasystem mit Navigation und Bluetooth-Anbindung fürs Handy, ein Assistenzpaket mit Abstandstempomat und anderen nützlichen Helfern, sowie elektrisch einstellbare Vordersitze. Um es kurz zu machen: Das Auto ist bestens ausgestattet, allerdings in der Summe auch 55.000 Euro teuer. Ob sich das lohnt?

Bequeme Sportsitze
Unser blauer Begleiter - die Farbe heißt übrigens "Rebel blue" und ist auf jeder Straße DER Blickfang - kommt dank R-Paket vorn standesgemäß mit Sportsitzen, die mit Leder und Alcantara bezogen sind. Das Gestühl ist bequem gepolstert, gibt aber dennoch straffen Halt. Bei den Redaktionskollegen ist der Schwede deswegen sehr gefragt - die Sitze spielen ihre rückenschonenden Trümpfe auf langen Strecken aus.

Anzeigen-Farbe einstellbar
Das Lenkrad ist ebenfalls eine R-Sportausführung mit schicken Alu-Speichen und griffigen Mulden auf drei und neun Uhr. Dahinter sitzt ein mittiges Rundinstrument mit weiteren seitlichen Anzeigen. Es stellt, je nach Einstellung (Eco, Elegance oder Performance), den Tacho oder den Drehzahlmesser dar. Beim Umschalten ändern sich die Farben der Beleuchtung - im Performance-Modus strahlt es aufregend rot, im Elegance-Modus gibt's ein leuchtendes Blau und der Eco-Modus wird grün schimmernd symbolisiert. Das ist eine nette Spielerei - und ausschließlich was fürs Auge. Beim Bedienkonzept sammelt der sonst ergonomisch eingeräumte Schwede ein paar Minuspunkte. So sind die Tasten in der Mittelkonsole recht klein geraten und einige auch ziemlich weit unten. Dadurch muss man den Blick kurz von der Straße nehmen, um die Klimaanlage zu regulieren oder die Lenkradheizung einzuschalten.

Straffes Sportfahrwerk
Das R-Sportfahrwerk bringt die Karosserie 15 Millimeter näher an den Asphalt. Und spaltet die Gemüter. Wer gerne durch Kurven jagt, lobt die stabile, wankarme Straßenlage. Aber wer oft über Land cruist, kritisiert die straffe Dämpfung, da Querrillen spürbar nach innen gemeldet werden. Die Lenkkraft kann in drei Stufen eingestellt werden. Für Spaß auf der Serpentinenstrecke empfehlen wir die härteste Variante, dann reagiert das Auto recht direkt auf Lenkradbewegungen. In den anderen beiden Einstellungen könnte mehr Feedback von der Straße kommen.

Laufruhiger, starker Diesel
Der laufruhige Diesel ist eine feine Sache: Die Maschine tritt druckvoll an, zieht kräftig aus dem Tourenkeller hoch und hat für Zwischenspurts jede Menge Drehmoment in petto. 7,4 Sekunden auf Hundert und 230 km/h Spitze sind respektable Werte. Der Vierzylinder ist leise und klingt nur wenig nach einem Selbstzünder. Und das nicht nur außen, sondern auch innen. Klar, der alte Fünfzylinder hatte einen schönen sonoren Klang. Vermissen kann man den schon, aber letztendlich setzt sich bei Volvo der Fortschritt durch. Wir können den D4 empfehlen, auch wenn das Auto im Alltag nicht ganz so sparsam ist, wie von Volvo angegeben - 4,2 Liter auf 100 Kilometer -, aber mit unseren 6,4 Liter im Durchschnitt sind wir zufrieden. Eine gute Wahl ist der 2.250 Euro teure Achtgang-Automat: Dass er arbeitet, ist bei normaler Fahrt nur am Zucken der Tourenzählernadel zu sehen. Und selbst bei Vollgas fühlen sich die Gangwechsel bloß wie nettes Rückenklopfen an. Gegen 190 Euro zusätzlich gibt's Wippen fürs Handschalten am Lenkrad, aber die braucht man gar nicht unbedingt.

Stauraum ist ausreichend vorhanden
Im Fond des Schweden ist genügend Raum, nur große Menschen beklagen etwas wenig Kopffreiheit. Der Kofferraum fasst 380 Liter und bietet für den Alltag ausreichend Platz. Dass die Laderaumöffnung auf den ersten Blick etwas eng geschnitten scheint, stört nicht weiter. Für die Familien-Wochenend-Einkäufe empfiehlt es sich, die Rücklehnen mit zwei Handgriffen zu entriegeln und somit den kompletten Fond zum Verstauen von Kisten und Kästen zu nutzen. Wir haben es öfter so praktiziert und waren jedes Mal erstaunt, wie viel wir doch in das Mittelklasseauto packen konnten.

Fast 55.000 Euro
Der Testwagen-Preis von den eingangs erwähnten 55.000 Euro ist schon ein stolzer Wert, schließlich kostet der billigste S60 D4 nur 33.750 Euro. Könnte man bei der Konfiguration etwas weglassen? Ja. Möglicherweise die elektrische Frontsitz-Verstellung für 1.600 Euro. Aber dann wird es schwierig. Das R-Design-Paket kostet 2.500 Euro, macht aber den Schweden optisch und technisch zum heißen Eisen. Sinnvoll ist auch das 2.150 Euro teure Fahrassistenzpaket mit Abstandstempomat, Notbrems- und Spurhalte-Assistent. Die Achtgang-Automatik? Bloß nicht streichen! Diese sanften Gangwechsel sind einfach Pflicht.

Gesamtwertung
Der neue Vierzylinder-Diesel-Motor macht seine Sache wirklich gut, auch wenn viele dem schönen Fünfzylinderklang hinterher trauern. Das Baukasten-Aggregat ist laufruhig und bietet genug Durchzug von unten raus. Dazu passt die Achtgang-Automatik, die nahezu unmerklich schaltet. Auszusetzen gibt es an diesem Auto nicht viel, nur an die etwas kleinen Tasten und die teils etwas verschachtelten Menüs im Multimediasystems muss man sich erst gewöhnen. Das R-Design-Paket ist wegen seiner markanten Anbauteile, der großen Felgen und der guten Sportsitze eine Empfehlung wert - allerdings ist das straffe Sportfahrwerk nicht jedermanns Sache. Aber da hilft vor dem Kauf vielleicht eine ausführliche Probefahrt.

starker Diesel mit kräftigen Muskeln bei Zwischenspurts, reisetaugliche Sportsessel, sanfte Automatik

- teils verschachtelte Menüs und kleine Tasten, das straffe Sportfahrwerk mag nicht jeder

Modell Volvo S60 D4 Geartronic Momentum
Motor
Bauart Reihen- Turbo- Dieselmotor
Zylinder / Ventile 4 / 4
Antrieb Frontantrieb
Getriebe Automatik
Gänge 8
Hubraum 1.969 cm³
Leistung 133 kW bei 400 U/min
max. Drehmoment 400 Nm bei 1.750- 2.500 U/min
Fahrwerk
Bremsen vorn Scheiben, innenbelüftet
Bremsen hinten Scheiben
Lenkung elektrische Zahnstangen- Servolenkung
Radaufhängung vorn Einzelradaufhängung, McPherson- Federbeine, untere Dreieckslenker
Radaufhängung hinten Multi- Link- Einzelradaufhängung
Räder vorn 235/40 R18 (R-Design; Testwagen)
Räder hinten 235/40 R18 (R-Design; Testwagen)
Spurweite vorn 1.585 mm
Spurweite hinten 1.575 mm
Wendekreis 11,5 m
Maße
Länge 4.635 mm
Breite 1.484 mm
Höhe 1.865 mm
Radstand 2.776 mm
Leergewicht 1.701 kg
max. Zuladung 369 kg
Anhängelast (gebremst) 1.800 kg
Dachlast 75 kg
Kofferraumvolumen 380 l
Tank 67,5 l
Kraftstoffart Diesel
Messwerte
Höchstgeschwindigkeit 230 km/h
Beschleunigung (0-100 km/h) 7,4 s
Verbrauch gesamt 4,2 (4,1 mit RoWi- Reifen) l/100 km
Verbrauch innerorts 5,0 (4,9 mit RoWi- Reifen) l/100 km
Verbrauch außerorts 3,7 (4,1 mit RoWi- Reifen) l/100 km
Testverbrauch gesamt 6,4 l/100 km
CO2-Emission 109 g/km
Schadstoffklasse Euro 6

Modell Volvo S60 D4 Momentum
Grundpreis 37.950 €
Ausstattungslinien
Testwagenpreis mit Automatik und Extras (2014) Euro 54.850 Euro
Ausstattung
ABS Serie
Beifahrerairbag Serie
Fahrerairbag Serie
ASR Serie
Automatikgetriebe 2.250 €
Navigationssystem (im Business-Pro-Paket)
CD-Radio Serie
elektr. Fensterheber hinten Serie
elektr. Fensterheber vorn Serie
elektr. Schiebedach 1.050 €
elektr. verst. Außenspiegel Serie
ESP Serie
Klimaautomatik Serie
Kopfairbag hinten Serie
Kopfairbag vorne Serie
Kurvenlicht bei Xenon dabei
Lederausstattung (im R-Design-Paket)
Leichtmetallfelgen Serie (18-Zoll bei R-Design)
Metalliclackierung 400 € (Testwagen in Rebel Blue)
MP3-Radio Serie
Seitenairbag vorne Serie
Sitzhöheneinstellung Serie
Tempomat Serie
Xenonlicht 1.370 €
Zentralverriegelung Serie
Business-Paket-Pro inkl. Radio, CD, DVD, Bluetooth-Freispecheinrichtung, acht Lautsprecher, Sieben-Zoll-Farbdisplay, AUX/USB-Anschluss, kompatibel mit Apple-Geräten, Sprachsteuerung, Modem, Notruf, WiFi-Hotspot, 3D-Navi u.v.m. 1.800 €
Fahrerassistenzpaket Pro inkl. Abstandstempomat, Notbremssystem, Stau-Folgeassistent, Distanzwarner, Aufmerksamkeitswarner, Killissionswarner, Spurhalteassistent, Verkehrschilderkennung, Warnung vor Querverkehr beim Ausparken, Warnung vor schnell nahenden Autos beim Spurwechsel, Intelligenter Fernlichtassistent u.v.m. 2.150 €
R-Design-Paket mit Aluminiumapplikationen innen, Chromapplikationen außen, digitale Instrumente, R-Design-Frontgrill, -Außenspiegel, -Schürzen, -Pedale, -Sportsitze, Sportfahrwerk (- 15 mm), Sportlenkrad u.v.m. 2.500 €
Sitze vorn mit Memory 1.590 €
Premium-Sound 1.150 €
Schaltwippen am Lenkrad 190 €
Rückfahrkamera 480 €
Lenkradheizung 250 €
Park Assist Pilot 590 €

Stand: Januar 2015


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