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Neuer Fiat Tipo Cross (2021) im Test

Mehr Cross, immer noch City, mehr Chancen

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Der VW Golf unter den Fiats wird seit 2016 mit dem Namen Tipo unters Volk gebracht. Dabei ist der italienische Kompaktwagen recht erfolgreich. 780.000 Fahrzeuge konnte Fiat seitdem absetzen. Mehr als 70 Prozent davon übrigens außerhalb von Italien.

Weil man sich bisher mit den drei "Life"-Modellen von Fünftürer und Kombi aber ausschließlich auf ein urbanes Kunden-Umfeld konzentrierte, schiebt Fiat nun im Zuge des routinemäßigen Facelifts eine Cross-Version des Schräghecks nach. Man sieht eben - wie so oft - weitere Absatzchancen im Crossover-Segment. Vor allem deshalb, weil der neue Tipo Cross noch ziemlich alleine im Feld der höhergelegten Kompakten ist.

Was beinhalten Facelift und Cross?

Das prominenteste Lifting-Detail ist der neue Fiat-Schriftzug im Kühlergrill. Darüber hinaus versieht der Hersteller den Tipo mit LED-Beleuchtung ringsum, einem neuen Interieur samt neuem Infotainment sowie mehr serienmäßiger Assistenz und neuen Felgen.

Die Cross-Version darf sich zusätzlich über raubeinige Accessoires wie einen Unterfahrschutz, neue Seitenschweller, Nebelscheinwerfer, die typischen Hartplastik-Radläufe, eine Dachreling und eine um vier Zentimeter erhöhte Bodenfreiheit freuen. Insgesamt ragt das Fahrzeug so sieben Zentimeter weiter gen Himmel, denn die Dachreling sorgt neben der erhöhten Bodenfreiheit für weitere drei Zentimeter Höhenzuwachs.

Während Länge und Breite mit 4,39 Meter beziehungsweise 1,80 Meter also weiterhin auf Tipo Life-Niveau bleiben, beträgt die neue Höhe im unbeladenen Zustand nun 1,56 Meter. Damit ist der Tipo Cross nicht nur gut zehn Zentimeter länger und einen Zentimeter breiter als ein Golf 8, er ist auch zehn Zentimeter höher. Im Innenraum sorgt dies für ein luftigeres Gefühl und das Kofferraumvolumen liegt mit 400 Liter (aber mit hoher Ladekante) 20 Liter über dem Kontrahenten aus Wolfsburg. Der Einstieg fällt ebenfalls etwas leichter.

Was ist uns positiv aufgefallen?

Neben dem gut gelungenen Spagat der stimmigen Urban-Feldweg-Optik hinterließ vor allem der Dreizylinder-Benziner einen positiven Eindruck. Fiat wird den Tipo Cross zwar auch mit einem 1,3-Liter-Vierzylinder-Diesel mit 95 oder 130 PS anbieten, aber beide Aggregate standen für Testfahrten nicht zu Verfügung. Warum auch? Der Hersteller selbst geht davon aus, dass die Selbstzünder nicht über einen Anteil im einstelligen Prozentbereich hinauskommen werden.

Also der Benziner. Aus einem Liter Hubraum werden 100 PS und 190 Newtonmeter Drehmoment generiert. Dabei läuft der Dreiender auffällig rund und leise. Und weil das maximale Drehmoment schon ab 1.500 Umdrehungen anliegt, ist man auch im höhergelegten und 1.335 kg schweren Tipo spritzig und erstaunlich leichtfüßig unterwegs.

Das neue Uconnect5-Infotainment-System macht ebenfalls viel richtig. Die Rechenleistung und Darstellungen des optionalen 10,25 Zoll großen Display auf dem Armaturenbrett passen in die Positionierung des Fahrzeugs. Das 7-Zoll-TFT-Display hinter dem Lenkrad ist zwar etwas krisseliger, aber trotzdem noch so ansprechend, dass man mehrere Jahre damit glücklich werden kann. 

Darüber hinaus arbeiten Apple CarPlay und Android Auto kabellos - und ohne Mucken. Genauso wie die Möglichkeit des kabellosen Ladens. Überrascht hat uns aber besonders die Musikanlage im Tipo. Auch wenn Menschen mit einem leichten Hang zu OCD sich fragen müssen, weshalb die Lautstärkeregelung bei genau 38 Schluss macht, liefern die Boxen einen derart sauberen und satten Klang, den man sonst beim Anblick des Interieurs nicht wirklich erwarten würde. Chapeau, Fiat.

Was uns nicht so gefallen hat ...

Natürlich kann Fiat den Tipo Cross nicht gleichzeitig zu einem Kampfpreis mit umfangreicher Serienausstattung anbieten und dabei Materialien und eine Verarbeitung auf VW-Golf-Niveau liefern. Aber auch andere Kompaktwagen wie beispielsweise ein Hyundai i30 oder ein Opel Astra sind nicht vergleichbar. Von BMW 1er oder Mercedes A-Klasse brauchen wir erst gar nicht anfangen.

Heißt: Auch im Tipo Cross lautet das Leitthema im Innenraum "Hartplastik". Das ist an den meisten Stellen zwar okay, aber der großflächige Einsatz beispielsweise bis zum obersten Ende der Türverkleidungen ist schon eher etwas für hartgesottene Kunststoff-Fetischisten. Und auch die harten Stoffsitze mit wenig Seitenhalt erfordern ein weiches sowie darauf konditioniertes Sitzfleisch. Etwas Abhilfe schafft da nur die elektrische Lordosenstütze.

Während sich alles Negativ-Punkte bisher über den Preis wegdiskutieren lassen, fällt das bei dem Getriebe aber nicht mehr so leicht und eine Rechtfertigung würde den Rahmen sprengen. Denn es ist wirklich Schade, dass Fiat 1.) ein Fünfgang-Getriebe verbaut, das man in Sachen Gassen-Präzision schon vor knapp 30 Jahren in einem Opel Astra F gefunden hat und 2.) eben NUR ein Fünfgang-Getriebe mit dem Benziner gekoppelt werden kann. Hier würden wir uns sechs Stufen wünschen. Weniger hakelig. Oder gerne auch automatisch.

Was bekommt man also für sein Geld?

21.990 Euro schreibt Fiat auf das Tipo Cross-Preisschild. Und zu diesem Preis hat man eigentlich einen ziemlich vollkommen ausgestatteten Kompaktwagen gekauft. Induktives Smartphone-Laden kostet 150 Euro extra, die gut aufgelöste Rückfahrkamera sowie eine schnell heiß werdende Sitzheizung für die Vordersitze kosten jeweils 300 Euro Aufpreis. Neben der Navigation für 400 Euro ist dann eine Metalliclackierung mit 590 Euro die teuerste Option unseres Testwagens.

Alle Assistenten (Fernlicht, Geschwindigkeit, Toter-Winkel, Verkehrszeichenerkennung, Notbremsung, Spurhaltung und Aufmerksamkeit), 17-Zoll-Leichtmetallfelgen, Klimaautomatik, Parksensoren, Mittelarmlehnen vorne und hinten sowie getönte Fensterscheiben sind bereits serienmäßig. Wenn Sie all diese Features in einem VW, einem Hyundai oder einem Opel haben wollen, müssen sie tiefer in die Tasche greifen. Bestimmt 5.000 bis 10.000 Euro tiefer, um genau zu sein.

Fazit: 7/10

Da der Fiat Tipo Cross mit seiner Offroad-Optik im Kompaktwagen-Segement relativ alleine ist, hat er in jedem Fall seine Berechtigung und muss - wenn einem das Feldweg-Design unglaublich wichtig ist - keine Konkurrenz fürchten. Das Preis-Leistungs-Verhältnis mit umfangreicher Serienausstattung sowie neuen Facelift-Features stimmt und der Benziner ist in jedem Fall eine Probefahrt wert. Im Detail sollten Sie aber die Fähigkeit besitzen, entweder eine italienische Sichtweise auf die Dinge zu haben oder einfach darüber hinwegsehen können.

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