Als die Japaner zum erfolglosen Sturm auf die Mittelklasse bliesen ...
Man kennt sie. Und irgendwie auch wieder nicht. Die Rede ist nicht von den eigenen Nachbarn, sondern von Autos, die so unauffällig blieben, dass sie heute nur eingefleischte Fans noch kennen. Solche Modelle müssen nicht zwangsläufig Flops gewesen sein, aber sie liefen unter dem Radar des gewöhnlichen Autokäufers.
In unregelmäßiger Folge holen wir hier unter dem Titel "Kennen Sie den noch?" solche Old- und Youngtimer aus dem Nebel des Vergessens.
In gewisser Weise ist dieses Auto der VW Phaeton von Suzuki: Eine Attacke auf ein Fahrzeugsegment, in das die Marke eigentlich nicht gehört. Weil der Name einfach nicht klangvoll genug ist. Und man sehr schnell merkt, dass der Versuch in einem Flop enden muss. Dürfen wir vorstellen: der Suzuki Kizashi.
Kizashi ist ein japanisches Wort, das "etwas Großes wird kommen", "Omen", "Zeichen" oder "Warnung" bedeutet. Der Serienversion gingen insgesamt drei unterschiedliche Konzeptfahrzeuge voraus, von denen insbesondere die beiden ersten jedoch mit dem Serienfahrzeug kaum mehr als den Namen gemeinsam haben. Erst bei der Anfang 2008 auf der New Yorker Automesse vorgestellten dritten Studie handelte es sich um eine Stufenheck-Limousine, die jedoch noch deutlich anders gestaltet war.
Der Serien-Kizashi wurde am 30. Juli 2009 in den Vereinigten Staaten vorgestellt. Die europäische Markteinführung erfolgte Anfang 2010, während sie in Deutschland im September 2010 stattfand. Indirekt kann der in den USA als Suzuki Verona angebotene Chevrolet Evanda als Vorgängermodell des Kizashi angesehen werden.
Der Kizashi war in zwei Versionen verfügbar: Als 2.4 4x2 MT mit Frontantrieb und Handschaltung und als 2.4 4x4 CVT mit einem aus dem Suzuki SX4 stammenden Allradantrieb und einem stufenlosen Getriebe. Beide Versionen waren mit einem 2,4-Liter-Vierzylinder-Benziner mit 131 kW (178 PS) Leistung ausgestattet.
Und hier lag bereits der Hase im Pfeffer: Es gab nur diese eine Motorisierung. Ohne Turbo. Und ein damals für Europa noch wichtigen Diesel überhaupt nicht, ebenso wenig eine Kombiversion. Immerhin: Preis und Serienausstattung stimmten.
Das einzige optionale Extra des in der Grundversion 26.900 € teuren Wagens war abgesehen vom wählbaren Antrieb eine Metallic-Lackierung. Alle anderen Merkmale inklusive eines Glas-Schiebedaches oder einer Sitzheizung waren serienmäßig.
Wir testeten den 4,65 Meter langen Kizashi im Oktober 2010 und fragten uns "Eine Alternative für konservative Rebellen?". Die Optik gefiel uns gut, der 461 Liter fassende Kofferraum auch. Das Platzangebot war aber eher mittelprächtig, Pluspunkte sammelte das gut abgestimmte Fahrwerk. Und natürlich das prima Preis-Leistungsverhältnis.
Wir fuhren ihn in Verbindung mit Frontantrieb und Sechsgang-Schaltgetriebe. Zitat: "Schnell zeigt sich, dass der große Benziner die ruhige Gangart bevorzugt, ideal ist ein Tempo zwischen 120 und 130 km/h. In diesem Bereich ist der Motor laufruhig, nur ein leicht brummiger Unterton dringt an die Ohren der Insassen. Bei höheren Geschwindigkeiten zeigt sich die Schwäche der Maschine: Oberhalb von 160 km/h vollzieht sich die Beschleunigung äußerst träge, obwohl man voll auf dem Gas steht."
Und weiter: "Insgesamt betrachtet ist der große Benziner nicht lahm, es fehlt ihm aber der Punch moderner Turbomotoren. Der Blick in die Daten klärt auf, denn erst bei 4.000 Touren steht das maximale Drehmoment von 230 Newtonmeter an. Als Folge muss man den Motor bisweilen ,ausquetschen", mit entsprechenden Folgen für Geräuschentwicklung und Verbrauch. Auf unserer gut 180 Kilometer langen Etappe erreichten wir trotz langer Tempo-120-Passagen auf der Autobahn einen Schnitt von wenig zeitgemäßen 10,7 Liter. Suzuki selbst gibt den Durchschnittsverbrauch mit 7,9 Liter an. Überzeugend ist die exakte Sechsgang-Schaltung."
Damals hieß es vom Hersteller: "Suzuki bleibt bei der Absatzprognose für den Kizashi auf dem Teppich und rechnet für 2011 mit gut 1.000 Fahrzeugen, wobei es natürlich auch gerne mehr sein dürfen." Doch selbst diese Zahlen erwiesen sich als zu optimistisch. Der Verkauf des Kizashi in Deutschland wurde im Juli 2015 eingestellt. Zwischen 2010 und 2015 sind in der Bundesrepublik insgesamt 1.887 Kizashi neu zugelassen worden. 788 davon hatten Allradantrieb. Das beste Jahr in den USA war 2011 mit rund 7.000 Einheiten.
Suzuki verkaufte in Japan zwischen 2009 und 2015 lediglich 3.379 Fahrzeuge. Der Kizashi war in seiner Heimat kein Erfolg - aufgrund seines großen Motors (mehr als 2 Liter) und seiner Gesamtbreite wurde er mit hohen zusätzlichen Steuern belegt, während der Verkauf außerdem dadurch behindert wurde, dass die Marke Suzuki in Japan eher mit Kei-Cars als mit großen Limousinen assoziiert wird.
Von den 3.379 verkauften Fahrzeugen wurde ein Viertel von der Nationalen Polizeibehörde erworben, was bedeutet, dass während seiner gesamten Zeit auf dem japanischen Markt durchschnittlich nur etwa 30 Exemplare pro Monat an die Öffentlichkeit verkauft wurden.
Bereits im Dezember 2013 gab Suzuki bekannt, dass der Kizashi schrittweise auf den globalen Märkten eingestellt wird und keinen Nachfolger erhält. Trotz einer guten technischen Bilanz hatte das Auto unter den Nachwirkungen der globalen Wirtschaftskrise gelitten, aber auch durch Suzukis Rückzug vom amerikanischen und kanadischen Markt im Jahr 2013 bzw. 2014. Im Dezember 2015 wurde die Produktion des Kizashi im japanischen Sagara-Werk eingestellt.