Einer von nur 19 gebauten LM GTC könnte bald 9,5 Millionen Dollar erzielen
Am 16. August 2025 wird eines der radikalsten je gebauten Exemplare des Ferrari F40 versteigert: ein F40 LM GTC mit der Fahrgestellnummer 95448. Die Auktion von RM Sotheby's im Rahmen der Monterey Car Week könnte einen Erlös von bis zu 9,5 Millionen US-Dollar erzielen.
Als der Ferrari F40 im Juli 1987 vorgestellt wurde, setzte er neue Maßstäbe in Design, Technik und Performance. Mit seinem 478 PS starken V8-Biturbo war der F40 bereits in der Serienausführung ein hochkarätiger Supersportwagen. Doch aufgrund seiner rennsportnahen Komponenten und Bauweise entstanden schnell Spekulationen über sein Potenzial als Wettbewerbsfahrzeug.
Den entscheidenden Impuls lieferte Daniel Marin, Geschäftsführer des traditionsreichen französischen Ferrari-Importeurs Charles Pozzi SA. Begeistert von der Idee einer Rennversion, initiierte er ein Projekt zur Weiterentwicklung des F40 für den Motorsport. Die Umsetzung übernahm Giuliano Michelotto, der mit seiner Firma bereits maßgeblich an Fahrzeugen wie dem Lancia Stratos (Gruppe 4), diversen Ferrari-308-Rennversionen, dem 288 GTO, dem GTO Evoluzione sowie dem 333 SP beteiligt war.
Ferrari unterstützte das Projekt offiziell, und so entstanden bei Michelotto insgesamt 19 Exemplare des Ferrari F40 LM - das Kürzel "LM" stand dabei nicht zufällig für das angestrebte Ziel: Le Mans.
Da die Vorschriften der IMSA und der FIA das Reduzieren des Fahrzeuggewichts begrenzten, lag der Fokus der Modifikationen auf dem Antrieb. Der Motor erhielt größere Behr-Ladeluftkühler, überarbeitete Nockenwellen, ein modifiziertes Motormanagement und einen höheren Ladedruck. Das Ergebnis war eine Leistung von 720 PS - ein Plus von 242 PS gegenüber der Serienversion.
Neben dem Antrieb wurden Fahrwerk und Aerodynamik überarbeitet: Größere Brembo-Scheibenbremsen, breitere Felgen mit weicheren Rennreifen und ein tiefergelegtes Fahrwerk optimierten das Handling. Die Karosserie erhielt einen größeren Frontspoiler, eine überarbeitete Fronthaube mit vergrößerten Lüftungsöffnungen, einen Unterboden mit Venturi-Effekt sowie einen riesigen, verstellbaren Heckflügel. Im Innenraum kamen Rennsitze, Sechspunktgurte und ein reduziertes Instrumentenbrett zum Einsatz.
Parallel zur IMSA-Version wurde eine zweite Ausführung für die europäische FIA-GT-Serie gebaut - die sogenannte GTC-Spezifikation. Diese Variante verfügte über einen nochmals stärkeren Motor mit größeren Luftmengenbegrenzern, die die Leistung auf 760 PS erhöhten - fast 300 PS mehr als die Serienversion. Damit war der F40 LM GTC die stärkste Version des F40, selbst stärker als spätere GT- oder GTE-Ausführungen.
Laut Werksunterlagen, Historienberichten von Marcel Massini und Rosso Corsa Consulting sowie der Ferrari-Classiche-Zertifizierung handelt es sich bei Chassis 95448 um das 14. von Michelotto gebaute Exemplar - gefertigt in der GTC-Spezifikation. Ausgestattet ist das Fahrzeug mit verschiebbaren Lexan-Seitenfenstern und lackiert in klassischem Rosso Corsa. Die Sitze sind mit "Stoffa Vigogna" bezogen.
Nach Fertigstellung im Dezember 1992 wurde das Fahrzeug wenige Monate später an Walter Hagmann aus St. Moritz ausgeliefert - einen bekannten Ferrari-Sammler, der unter anderem auch einen 275 GTB/4 und einen F50 besaß. Bei einem privaten Test in Mugello im Mai 1993 verunfallte Hagmann leicht, woraufhin Michelotto den Schaden am Heck reparierte. Bereits im Juli 1993 wurde der Wagen im Schweizer Magazin Auto Illustrierte vorgestellt.
Im Oktober 1993 nahm das Fahrzeug am Ferrari-Club-Italia-Treffen in Mugello teil. Weitere Auftritte folgten, darunter die Motor Classic Show in Zürich im Februar 1998. 2002 verkaufte Hagmann den Wagen an einen Schweizer Enthusiasten, kaufte ihn aber später zurück, um ihn 2007 an einen Finanzexperten aus München zu verkaufen, der bei Ferrari Financial Services tätig war. Dieser besuchte mit dem F40 zahlreiche Veranstaltungen der Shell Ferrari/Maserati Historic Challenge, darunter in Monza, Le Vigeant, Brünn und Valencia.
Im April 2009 erhielt der Wagen die Ferrari-Classiche-Zertifizierung, die Matching Numbers für Motor, Getriebe und Karosserie bestätigt. Das zugehörige "Red Book" ist zwar nicht mehr vorhanden, die digitalen Zertifikatsseiten liegen jedoch vor. Einzige Abweichung: Die originalen Felgen wurden durch größere, aber schmalere OZ-Magnesiumräder ersetzt - sie sind weiterhin montiert. Nach der Zertifizierung erhielt das Fahrzeug weitere Motorupdates bei Michelotto.
2014 wurde der F40 erneut zu Michelotto gebracht: Motor und Getriebe wurden überholt, kleinere Karosseriearbeiten durchgeführt und der Lack in Rosso Corsa erneuert. 2015 ging der Wagen an einen Investor in Las Vegas, der ihn fünf Jahre hielt. Danach übernahm ein deutscher Händler das Fahrzeug, von dem es später an einen Sammler aus Österreich weitergegeben wurde.
2025 wurde das Fahrzeug beim Concours ModaMiami im Biltmore Hotel in Coral Gables, Florida, gezeigt. Dort gewann es die Klasse Ferrari: Passion and Performance Collection. Zur Vorbereitung auf den aktuellen Verkauf wurde der F40 LM bei Rosso Corsa Inc. in Florida umfangreich gewartet. Erneuert wurden unter anderem die Kraftstoffblasen, Zahn- und Nebenriemen, Zündkerzen, Kraftstofffilter sowie die Batterie. Die Reifen wurden auf neue Michelin Pilot Sport GT Slicks S7M gewechselt. Die dokumentierten Arbeiten beliefen sich auf über 67.000 US-Dollar.
Als eines von nur 19 jemals gebauten F40 LM mit GTC-Spezifikation steht dieses Exemplar für die technisch kompromissloseste Version des F40. Mit nachweislicher Historie, umfangreicher Dokumentation und zahlreichen Motorsportdetails bietet es seinem nächsten Besitzer wahlweise einen spektakulären Auftritt bei Concours-Events oder pure Fahrfreude auf der Rennstrecke - ein echter Wolf im Wolfspelz.