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BYD Seal 6 DM-i Touring (2025) im Test: Der Anti-Diesel

Der Kombi mit Plug-in-Hybrid soll bis zu 1.350 Kilometer Reichweite bieten

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Kollegenmund tut Wahrheit kund: "Generell schön, dass noch jemand einen Kombi macht", meinte Benja Hiller zu mir, als ich ihr vom neuen BYD Seal 6 DM-i Touring erzählte. Da kann ich ihr kaum widersprechen. Kombis werden eher weniger als mehr. Aber der Auto-Gigant aus China nimmt nun Europa fokussierter in den Blick. Und hat gemerkt: Insbesondere in Deutschland will man Kombi plus viel Reichweite, besonders im Flottengeschäft. 

Also startet hierzulande Ende 2025 bei den dann rund 120 Händlern (300 sollen es bis Ende 2026 sein) ein großer Lademeister mit Plug-in-Hybrid. Leider mit einem Namen, den sich selbst wir Journalisten kaum merken können: Seal 6 DM-i Touring. Hier wäre eine griffigere Bezeichnung schön. Sagen sie beim BYD-Händler einfach "der Kombi", denn es ist der erste und bislang einzige Kombi der Marke in Europa.

BYD Seal 6 DM-i Touring (2025) im Test Schnelle Daten BYD Seal 6 DM-i Touring Motor 1,5-Liter-Saugbenziner (72 kW) plus zwei Elektromotoren (145 kW)  Getriebe Automatik Leistung Systemleistung 135 bzw. 156 kW Drehmoment 300 Nm Kofferraumvolumen 500 - 1.535 Liter Preis ab 42.990 Euro

Exterieur | Interieur | Technik | Fahreindrücke | Verbrauch/Preis | Fazit


Exterieur

Schauen wir uns den BYD Seal 6 DM-i Touring näher an: Die Frontpartie erinnert an andere Modelle der Marke, das kantige Heck zart an Peugeot und Mercedes. Insgesamt eine recht neutrale Formgebung ohne Experimente. Die Klapptürgriffe sind gut zu fassen, wir würden uns dennoch Bügelgriffe wünschen. Mit 4,84 Meter ist der BYD sechs Zentimeter kürzer als der aktuelle VW Passat Variant und Skoda Superb, das gilt auch für den Radstand. Zum Vergleich: Der letzte Ford Mondeo Turnier war ungefähr gleich lang.   

Serienmäßig ist das Modell mit Aluminium-Dachreling und elektrischer Heckklappe (ihr Knopf befindet sich mittig unter dem Rückleuchtenband) ausgestattet. Hinzu kommen Leichtmetallräder in 18 Zoll sowie LED-Matrix-Rückleuchten. Der Luftwiderstandsbeiwert liegt bei 0,28. Ab der Comfort-Ausstattung kommen getönte Scheiben, Ambientebeleuchtung und ein Panorama-Schiebedach hinzu. Bevor wir es vergessen: Die Anhängelast beträgt 750 Kilogramm, 75 sind es bei der Stützlast.

Abmessungen und Gewichte BYD Seal 6 DM-i Touring Länge 4.840 mm Breite 1.875 mm Höhe 1.505 mm Radstand 2.790 mm Kofferraum 500 - 1.535 Liter Leergewicht 1.710 - 1.805 kg Zuladung n.b. Stützlast 75 kg Anhängelast 750 kg

Interieur

Der äußere Eindruck setzt sich innen fort. Eine überraschende Sachlichkeit mit vielen echten Knöpfen, die sich schön anfassen. Generell hat BYD eine glückliche Hand bei der Materialauswahl bewiesen: Hartplastik muss man gezielt suchen, Lederoptik und Stoffeinsätze gestalten das Cockpit sehr wertig. Das kann VW derzeit auch nicht besser.

Apropos VW: Im BYD sind die Bildschirme zwar durchaus groß, aber nicht so wuchtig integriert wie in einem Passat oder ID.7.  Das Armaturenbrett übernimmt die Linien des Exterieurs und integriert ein digitales 8,8-Zoll-Kombiinstrument sowie ein Infotainmentsystem mit 12,8 oder 15,6 Zoll Bildschirmdiagonale, abhängig von der Ausstattung. Dazu stehen mehrere USB-C-Anschlüsse (bis 60 Watt) vorn und hinten zur Verfügung, ergänzt durch eine kabellose 50-Watt-Ladestation für Smartphones in den meisten Varianten.

Die Rückbank bietet großzügige Bein- und Kopffreiheit und kann im Verhältnis 40:60 umgeklappt werden, sodass das Kofferraumvolumen von 500 Liter bis zur Hutablage und 675 Liter bis unter das Dach auf 1.535 Liter erweitert werden kann. Alle Sitze sind mit veganem Leder bezogen, die Vordersitze elektrisch verstellbar, beheizt, belüftet und mit Memory-Funktion ausgestattet. Unsereiner saß vorne eine Spur zu hoch, hinten hingegen fast zu tief. Aber das sollte jeder für sich selbst im Rahmen eine Sitzprobe beurteilen.

Technik

Hier wird es etwas ausführlicher, denn BYD hat sich technisch einiges einfallen lassen: Der Antrieb basiert auf der DM-i-Super-Hybrid-Technologie (Dual Mode). Zwei Elektromotoren, eine BYD-Blade-Batterie und ein 1,5-Liter-Benzinmotor mit 43 Prozent thermischem Wirkungsgrad bilden die Grundlage.

Der Plug-in-Hybrid kann getreu dem Namen auf zwei verschiedene Arten genutzt werden: Im EV-Modus werden die Räder ausschließlich vom Elektromotor angetrieben. Im HEV-Modus versorgt der Benzinmotor über einen Wechselrichter die Batterie und den Elektromotor mit Strom, wobei das Auto das Ansprechverhalten eines reinen Elektrofahrzeugs bewahrt. In Momenten, in denen zusätzliche Leistung benötigt wird, kann der HEV-Modus von einer Serien- auf eine Parallelschaltung wechseln und so das Potenzial von Benzin- und Elektromotor vereinen.

Hieraus ergibt sich ein Antriebsstrang, der die meiste Zeit arbeitet, als wäre er rein elektrisch. Der Seal 6 DM-i Touring erzielt mit der größeren der zwei verbauten Blade-Batterien eine rein elektrische Reichweite von bis zu 100 Kilometern. Durch die intelligente Steuerung der Systeme (das i in DM-i) erreicht er laut Hersteller einen kombinierten Verbrauch von lediglich 1,5 Litern pro 100 Kilometer und eine beeindruckende Gesamtreichweite von bis zu 1.350 Kilometern bei voller Batterie und vollem Tank. 

Alle Versionen beschleunigen in weniger als neun Sekunden von 0 auf 100 km/h und erreichen eine Höchstgeschwindigkeit von 180 km/h.

Darüber hinaus ermöglicht das neue Modell mit seiner Blade-Batterie Vehicle-to-Load (V2L). Mit dieser Technologie können Geräte - egal ob tragbarer Grill, Kompressor, Kaffeemaschine oder Lichterketten - bis zu einer Leistung von 3,3 Kilowatt mit Strom versorgt werden. 

Der Seal 6 DM-i Touring ist in zwei Super-Hybrid-Konfigurationen erhältlich. In der Boost-Ausführung beträgt die Kapazität der Blade-Batterie 10,08 Kilowattstunden und die maximale Systemleistung 135 Kilowatt. Diese Version weist eine WLTP-Reichweite von 1.350 Kilometern auf. Jedoch kann sie nicht per DC-Schnellladung geladen werden und hat nur 50 km elektrische Reichweite.

Die Comfort-Lite- und Comfort-Ausführung verfügen über eine höhere Systemleistung (156 kW) und eine größere Batterie (19 kWh). Hier sind 26 kW per DC möglich. Nicht gerade berauschend, hier bieten etwa VW und Audi bei ihren Plug-in-Hybriden deutlich mehr.

Und so gibt BYD auch nur die DC-Ladedauer von 30 auf 80 Prozent an, es sind 23 Minuten. Diese beiden Versionen des Seal 6 DM-i Touring können rein elektrisch 100 Kilometer weit fahren. Ihre WLTP-Reichweite beläuft sich ebenfalls auf 1.350 Kilometer.

Fahreindrücke

Weit vierstellige Reichweite. Das klingt fast zu schön, um wahr zu sein. Wie sieht es in der Realität aus? Wir starten unsere Test-Runde mit 52 Prozent Füllstand der Batterie, der Bordcomputer zeigt insgesamt 1.184 Kilometer Reichweite an. Los geht es über Autobahn und Landstraße plus ein wenig Stadtverkehr. 

In den meisten Betriebszuständen bleibt der Antrieb kultiviert und zurückhaltend. Erst, wenn man voll aufs Gaspedal tritt, wird es lauter. Aber nie so plärrend wie in manch Toyota-Hybriden mit Gummiband-Effekt. Tempo 160? Gar kein Problem (aber Windgeräusche), 180 Spitze gibt BYD an. Und eine Beschleunigung zwischen 8,5 und 8,9 Sekunden. Alles vollkommen in Ordnung, nur Sportlichkeit ist dem Wagen trotz Sport-Modus fremd. Aber wozu auch? Dies ist ein Auto für die Langstrecke. Tempomat 130 und fertig. 

Fahrleistungen BYD Seal 6 DM-i Touring 0 - 100 km/h 8,5 - 8,9 Sek. Höchstgeschwindigkeit 180 km/h Verbrauch 4,8 - 5,0 Liter/100 km (WLTP), 1,7 - 2,6 Liter/100 km (gewichtet nach WLTP) CO2-Emissionen 38 - 60 g CO2/km Ladeleistung 3,3 - 6,6 kWh AC, 26 kWh DC (je nach Version) Ladedauer 23 Minuten (30 - 80 Prozent DC)

Das Fahrwerk ist recht straff abgestimmt, schlechter Fahrbahnbelag ist deutlich vernehmbar. Mehr als 18-Zoll-Bereifung sollte man auch nicht montieren. An der Lenkung ist nichts auszusetzen, sie präsentiert sich als solider Durchschnitt. Typisch China: Den Fahrer glotzt eine Kamera an, eine Armada von Assistenzsystemen wacht. Immerhin hält sich Big Brother mit Bimmelei zurück. 

Verbrauch/Preis

Hier schlägt die Stunde des Kombinations-Kraftwagens von BYD. Nach rund 60 Kilometern stehen 1.135 Kilometer Rest-Reichweite auf der Uhr, dazu 30 Prozent Akku-Rest. Der Bordcomputer rechnet zusammen: 3,1 kWh/100 km plus 3,1 Liter/100 km gleich 4,0 Liter kombinierter Verbrauch. Respekt, zumal wir nicht gebummelt sind. Der Hersteller gibt zwischen 4,8 und 5,0 Liter an. Ob die vierstellige Reichweite wirklich funktioniert, hoffen wir bald in einem längeren Testzeitraum überprüfen zu können.

Und der Preis? Los geht es in Deutschland bei 42.990 Euro mit bereits sehr guter Serienausstattung, aber ohne DC-Ladeoption. Die ist erst ab "Comfort Lite" für 48.990 Euro inkludiert, nochmals 1.000 Euro mehr kostet die Topausstattung "Comfort". Gerade im Flottengeschäft kommt es aber auf die Leasingraten an, hier gilt es den Marktstart Ende 2025 abzuwarten. Alle Modellvarianten verfügen serienmäßig über eine sechsjährige Herstellergarantie sowie eine achtjährige Garantie auf Antriebsstrang und Batterie.

Wo liegt die Konkurrenz? VW Passat PHEV: mindestens 53.280 Euro, Superb Combi iV ab 51.350 Euro. Ein kürzerer Opel Astra ST mit Plug-in-Hybrid startet bei gut 40.000 Euro, bietet aber weniger Serienausstattung als der BYD.

Fazit: 8/10

BYD ist beim Seal 6 DM-i Touring ein erstaunlich deutsches Auto gelungen: Ein Kombi mit viel Ingenieurs-Gehirnschmalz, der einen Diesel überflüssig machen kann. Wir könnten ihn uns gut als Taxi vorstellen, zumal dort Toyota bereits stark mit Vollhybriden vertreten ist. Ob BYD in markenorientierten Firmenflotten reüssieren kann, bleibt abzuwarten. Nur zum Modellnamen sollte man sich noch mal Gedanken machen. 

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