Das türkische Elektro-SUV mit 160-kW-Heckantrieb und 523 km Reichweite überzeugt, hat aber auch noch Schwächen.
Der Togg T10X ist das erste Serienauto einer türkischen Marke. Das 4,60 Meter lange Elektro-SUV tritt gegen den VW ID.4, den Skoda Enyaq oder den Opel Grandland Electric an. Wir waren ein paar Stunden mit der Startversion V2 RWD Long Range in und um München unterwegs und waren recht angetan von dem Erstling. Ein paar Schwächen haben wir jedoch auch entdeckt.
Die zunächst angebotene Version V2 RWD Long Range besitzt einen 160 kW starken Hinterradantrieb und 523 km Norm-Reichweite. Sie kostet 41.200 Euro und ist seit Ende September 2025 bestellbar. Hier sind die wichtigsten Daten:
Togg T10X V2 RWD Long Range | |
Antrieb | RWD 160 kW, 350 Nm |
0-100 km/h / Höchstgeschw. | 7,8 Sek. / 185 km/h |
WLTP-Verbrauch | 19,1 kWh |
Akku brutto / netto | 88,5 / ca. 85 kWh |
WLTP-Reichweite | 523 km |
Max. Ladeleistung AC/DC | 22 / 160 kW |
DC-Ladedauer (20-80 %) | 28 min |
Basispreis | 41.200 Euro |
Die Optik stammt vom ehemaligen VW-Chefdesigner Murat Günak und dem italienischen Designerhaus Pininfarina. Mit den dicken Chromleisten und dem großen Grill, der stilisierte Tulpen zeigt, sowie den Bügelgriffen entspricht der Look eher traditionellen Vorlieben. Ob einem das gefällt, ist Geschmackssache; für mich persönlich ist die Optik des Testwagens in dezentem Gemlik-Blau durchaus okay. Entriegelt wird mit dem altbekannten Knöpfchen an der Fernbedienung. Wer will, kann den Schlüssel aber auch in der Hosentasche lassen. Dann muss man mit dem Finger die Taste am Griff berühren.
Innen empfängt mich ein Cockpit mit den aufpreispflichtigen cremefarbenen Sitzen aus veganem Leder. Die Materialien sind auf Premium-Niveau; die schicken Holzleisten erinnerten mich an Volvo. Dazu kommt ein wahrhaft gigantisches Display, das sich von ganz links bis ganz rechts spannt. Funktionell besteht es aus einem 12,3 Zoll großen Instrumentendisplay sowie 29 Zoll für drei weitere Touchscreens.
Der Monitor in der Mitte dient in der Regel zur Navigation; für diesen Zweck reicht er aus, aber die Fläche ist etwas klein, vor allem wenn man eine Liste durchgehen will. Auf den Bildschirmen rechts daneben kann die Beifahrerin oder der Beifahrer die Musik auswählen oder ein Youtube-Video ansehen. Die Belegung der Displays rechts kann über einen weiteren 8-Zoll-Monitor gesteuert werden.
Neben dem Display angeordnet sind die Taste für die Warnblinkanlage sowie der Start-Knopf. Letzteren muss man gleich mehrmals drücken: Beim ersten Druck wird der Standby-Modus aktiviert, in dem der Strom aus der 12-Volt-Batterie kommt; noch ein Druck, und das System ist im Accessory Mode (auf Deutsch etwas unbeholfen mit "Zubehör" übersetzt). Daraufhin muss man noch eine PIN eingeben und erst dann kann man den D-Modus aktivieren.
Letzteres geschieht über einen Drehschalter in der eigentümlich geformten Mittelkonsole. Aber bevor ich losfahren kann, darf ich nicht vergessen, die Spiegel einzustellen. Denn das geht nur umständlich über das 8-Zoll-Display und das Dreh-Drück-Rad in der Mittelkonsole.
Nicht sehr hilfreich ist die Sprachbedienung. Damit sie funktioniert, muss das Handy als Tethering-Partner eingerichtet werden. Auf das Kommando "turn the temperature up" hin wurde die Klimaanlage kommentarlos zwei Grad höher gestellt. Andere Fragen wie nach der Entfernung nach Paris wurden jedoch gar nicht verstanden oder zumindest nicht beantwortet. Das System konnte auch keine Navigation nach Feldmoching starten - das System verstand den zugegebenermaßen nicht sehr prominenten Ortsnamen nicht.
Das Navigationssoftware befindet sich immer noch im Beta-Stadium, wie beim Systemstart zu sehen ist; einmal stieg das System komplett aus und zeigte nur noch einen weißen Bildschirm an. Nach einem Neustart des Systems über einen eigenen Menüpunkt war das behoben.
Eine Navigationsroute nach Paris konnte ich jedoch per Sprachbedienung erstellen. Auch passende Ladestationen werden hinzugefügt. Das System zeigt an, wie viele Säulen mit welcher Ladeleistung vorhanden und verfügbar sind und welche Einrichtungen sich in der Nähe befinden. Man kann auch nach Ladekartenanbietern filtern und bestimmen, bei welchem Mindest-Ladestand man bei den einzelnen Stationen und am Ziel ankommen möchte - perfekt.
Im Fond ist mehr als genug Platz, zumindest für mich als 1,76 m große Testperson.
Der Kofferraum fasst 441-1.515 Liter. Das ist etwas weniger als beim VW ID.4 (543-1.575 Liter) oder beim Opel Grandland (550-1.645 Liter). Das Gepäckabteil ist gut nutzbar; die Schwelle am Eingang ist sehr niedrig, die Laderaumabdeckung lässt sich leicht entnehmen. Nur das Umklappen der Rücksitze (im Verhältnis 60:40) geht etwas schwer von der Hand, weil man die entsprechenden Knöpfe sehr tief hineindrücken muss. Schön gelöst ist jedoch die Gurtführung beim Umklappen.
Der 160-kW-Heckantrieb verdient sich nur die Note "befriedigend" oder "ausreichend". Nennen Sie mich verwöhnt, aber die Beschleunigung reißt mich nicht vom Hocker. Er bringt die 2,2 Tonnen schwere Fuhre in rund acht Sekunden auf Tempo 100; das ist Mittelmaß. Ein Opel Grandland Electric mit 157 kW braucht neun Sekunden, der VW ID.4 Pro mit 210 kW liegt unter sieben Sekunden.
Gut finde ich das Rekuperationssystem: Man kann die Energierückgewinnung in drei Stufen einstellen, und zwar über zwei physische Tasten vorne an der Mittelkonsole. In der stärksten Stufe kommt man in der Regel ohne Bremspedal aus, und das Auto bremst bis zum kompletten Stillstand.
Oder genauer gesagt: fast. So wie der Testwagen eingestellt war, verlangsamte er mal bis auf 0 km/h, mal auf 1 km/h. Manchmal rollte er an der Ampel zurück, was bei Ungeübten ins Auge gehen kann - hier sollte der Hersteller noch nachbessern. Ein Togg-Fachmann erklärte mir nach der Fahrt, dass es auch eine Einstellung für die Verlangsamung bis zum Stillstand gibt. Vielleicht sollte die standardmäßig aktiviert sein?
Weniger schlimm ist, dass es keine adaptive Rekuperation gibt - diese Feinheit bieten eigentlich nur wenige Elektroautos. Auch wenn sie hilfreich ist. Dabei wird die Bremswirkung verstärkt, wenn man das Gaspedal vor einem abbremsenden Vordermann, vor einem Tempolimit, einem Kreisverkehr, einer scharfen Kurve etc. freigibt.
Gut gefallen hat mir, dass der gewählte Rekuperationsmodus auch beim Neustart erhalten bleibt. Dass das beim Fahrmodus - es gibt Eco, Comfort und Sport - nicht so ist, wäre mir egal. Auf meiner kurzen Testfahrt habe ich ohnehin kaum Unterschiede bei der Lenkung bemerkt. Die Gasannahme war allerdings im Eco-Modus deutlich zögerlicher.
Ein Verkehrshindernis bin ich mit dem Togg jedenfalls nicht, kann mich problemlos in den Verkehr auf der Autobahn einfädeln. Und das ist es, worauf es bei einem Familien-SUV wie dem Togg T10X ankommt: Sportliches Fahren mit quietschenden Reifen ist hier nicht gefragt, es kommt mehr auf Alltags- und Langstreckentauglichkeit an.
Vielleicht fährt eine türkische Familie mit dem T10X von München aus in die alte Heimat. Da sind dann Reichweite und Schnellladen gefordert. 523 km sind im WLTP-Zyklus möglich, was für diese Klasse ein mittlerer bis guter Wert ist. Doch wer zum ersten Mal ein Elektroauto kauft, sollte bedenken, dass der Normwert bei unter 50 km/h Durchschnittsgeschwindigkeit ermittelt wird.
Auf der Autobahn wird der Verbrauch selbst bei moderatem Tempo zwischen 100 und 120 km/h um ein Drittel höher sein. Auf der ersten Etappe muss man wohl nach etwa 300 km oder etwa drei Stunden nachladen. Das dauert etwa eine halbe Stunde - Zeit, einen Riegel zu essen, zur Toilette zu gehen oder sich ein Youtube-Video anzusehen. Auf der zweiten Etappe nutzt man nur noch 70 Prozent des Akkus (80-10 %) und schafft damit nur noch etwa 240 km. Die 1.900 km von München bis Istanbul werden sich also etwas ziehen, aber die Strecke wird sich wohl auch mit dem Verbrenner nicht so einfach fahren lassen.
Auf der Langstrecke ist ein komfortables, aber nicht zu wankanfälliges Fahrwerk wichtig. Und hier performt der Togg: Mit den bei unserem Testwagen montierten 19-Zöllern rollt der Wagen gut ab und schwankt nicht. Auch bei abgesenkten Gullis bleibt der T10X komfortabel. An der Lenkung finde ich ebenfalls nichts auszusetzen. Außer vielleicht, dass die Hands-on-Erkennung nicht kapazitiv zu sein scheint. Man muss also am Steuer ruckeln, damit das System merkt, dass man noch aufmerksam ist.
Die Assistenzsysteme funktionieren sehr gut. Einmal übersah ich beim Spurwechsel ein anderes Auto im Toten Winkel, und das Auto brachte mich rechtzeitig auf meine Spur zurück - offenbar per Bremseingriff, der hier auch durchaus gerechtfertigt war.
Der Spurhalteassistent arbeitete optimal, ließ sich auch in Baustellen von komplizierten weißen und gelben Linien nicht verwirren. Der Abstandstempomat (ACC) lässt sich einfach über den Hebel rechts am Lenkrad aktivieren. Er war beim Testwagen so eingestellt, dass das Tempolimit automatisch übernommen wird, was prima funktionierte. Allerdings berücksichtigt auch der ACC keine Kurven oder Kreisverkehre. Außerdem piepst das Auto häufig recht penetrant. Klar, bei Tempoüberschreitungen ist das Vorschrift und man kann es auch abstellen, aber eine etwas dezentere Warnroutine wäre hilfreich.
Zur Serienausstattung des T10X V2 RWD Long Range gehören neben den beschriebenen Monitoren auch 19-Zoll-Alufelgen, eine Dachreling, ein 11-kW-Bordlader, eine Zweizonen-Klimaautomatik, Sitzheizung vorne, Nebelscheinwerfer, Licht- und Regensensor, ein Fernlichtassistent, ein Abstandstempomat, ein Totwinkelwarner sowie Parkpiepser vorn und hinten. Sogar ein Rundumsicht-System, elektrisch einstellbare Vordersitze mit Memoryfunktion, automatisch anklappende Außenspiegel und eine elektrisch bediente Heckklappe sind immer an Bord.
Optional gibt es einen 22-kW-Lader (750 Euro), ein Winterpaket mit Sitzheizung hinten und beheizter Frontscheibe (ebenfalls 750 Euro) und ein Smart-Assist-Paket mit Einparkassistent (500 Euro) offeriert. Eine Anhängevorrichtung ist in Vorbereitung. Es gibt jedoch offenbar keine Wärmepumpe und keine Batterie-Vorkonditionierung.
Der Togg T10X hat mir gut gefallen. Die gravierendste Schwäche, die ich bei meiner Testfahrt entdeckte, war, dass der Wagen beim Anhalten per Rekuperation manchmal zurückrollte. Das dürfte Togg aber über die Software leicht beheben können. Angeblich kann man das auch durch eine Einstellung beheben. Generell kann man wahnsinnig viel einstellen, aber das ist hier auch eine Schwäche: Togg hat es ein wenig übertrieben.
Auch der Systemstart war zumindest beim Testfahrzeug ziemlich kompliziert - vielleicht lässt sich auch das einstellen. Unnötig umständlich ist das Einstellen der Spiegel über den Touchscreen. Der Antrieb ist für ein Familien-SUV ausreichend, das Fahrwerk schön zwischen Komfort und Wankresistenz ausbalanciert. Die Bedienung ist eingängig und logisch, die Laderoutenplanung und die Assistenzsysteme funktionierten sehr gut. Auch das Platzangebot ist tadellos, die Ausstattung ausgezeichnet - für all das sind 41.200 Euro wirklich günstig.