Auch nach 30 Jahren hat ihn kaum jemand richtig auf den Schirm








Wir schreiben den Oktober vor 30 Jahren: Helmut Kohl ist Bundeskanzler, man bemüht sich, den Bosnienkrieg zu beenden. Und in der Welt der Technologie wird die Version 1.0 des Java-Programmierkits veröffentlicht. Und Opel zeigt auf der IAA in Frankfurt einen neuen Vectra.
Ursprünglich war der Vectra B als Limousine mit Stufen- und Fließheck erhältlich, ein Jahr nach Markteinführung kehrte mit dem Kombi "Caravan" erstmals seit 1975 wieder ein Mittelklasse-Kombi ins Opel-Programm zurück. Ab März 1999 wurde das Modell einer umfangreichen Modellpflege unterzogen. Die Produktion endete im April 2002.
Bei der Markteinführung 1995 standen vier Ausstattungsvarianten zur Verfügung: die Basisversionen Vectra (darunter später Sondermodelle wie BelAir, Beauty, Komfort und Hattrick), der Vectra CD, der Vectra CD Sport (10/1995 bis 01/1997, nur ab Motorisierung 1.8 16V) sowie der Vectra Sport (ab 01/1997, ebenfalls ab 1.8 16V), ergänzt durch die Topausstattung Vectra CD Exklusiv (CDX).
Los ging es 30.950 DM. Die Basisvarianten waren serienmäßig mit dem 1.6-8V-Motor X16SZR mit 55 kW (75 PS) ausgestattet, hatten Stahlräder mit 14-Zoll-Radkappen, unlackierte Türgriffe, manuelle Fensterheber und ein Fahrerinformationsdisplay (TID) zur Anzeige von Uhrzeit, Datum, Außentemperatur und Radiosender. Optional war ein Multi-Informationsdisplay (MID) erhältlich, das zusätzliche Angaben wie Stoppuhr, Verbrauchswerte, Tageskilometer und Reichweite lieferte und Meldungen zum Fahrzeugzustand wie Kühlmittel- oder Motorölstand anzeigte. Ein gleich starker VW Passat kostete übrigens 2.500 Mark mehr.
Zeitgenössische Tester lobten die verbesserte Handlichkeit und Lenkung sowie den ruhigen 1,6-Liter-Benziner mit 100 PS. Zart kritisiert wurde hingegen, dass der Vectra B trotz eines Zuwachses auf jetzt 4,48 Meter etwas weniger Kofferraum bot. Allerdings waren die 500 Liter des Fließhecks immer noch sehr ordentlich. Und wer mehr wollte, konnte bald zu bereits erwähntem ersten Vectra Kombi greifen.
Die Vectra CD-Modelle boten hochwertigere Innenpolster in Grau oder Anthrazit (Twinkle) und auf Wunsch Lederausstattung in Schwarz oder Cognac. Die CD Sport-Variante ergänzte dies um Klimaanlage (gegen Aufpreis Klimaautomatik), MID-Bordcomputer, 15-Zoll-Aluminiumräder im Pentaline-Design und abgedunkelte Blinker- und Rückleuchten.
Ab 1997 wurde der Vectra Sport als eigenständige Linie geführt. Serienmäßig erhielt er Komponenten des Tuners Irmscher, darunter ein 30 mm tiefergelegtes Sportfahrwerk, 16-Zoll-Twin-Spoke-Aluminiumräder, sportliche Polsterung, ab 1998 Recaro-Sitze, Titanfarbige Cockpitblenden und orangefarbene Tachonadeln. Ab dem Facelift 1999 war ein 3-Speichen-Sportlenkrad enthalten, ab 2001 erhielten Sportmodelle modifizierte Front- und Heckstoßfänger, Teilledersportsitze, 17-Zoll-Aluminiumräder und Carbonoptik-Streifen an den B- und C-Säulen.
Die höchste Ausstattungsvariante, Vectra CD Exklusiv, bot serienmäßig Klimaautomatik, Sitzheizung, hochwertige Polster und 15-Zoll-Aluminiumräder. Ab der Sportversion und den Sondermodellen waren B- und C-Säulen mit Carbondekor foliert, während die Basisvarianten in Wagenfarbe lackiert blieben. Mit dem Facelift wurden alle Modelle mit abgedunkelten Blink- und Rückleuchten ausgestattet.
Hinsichtlich der Motoren gab es Vierzylinder mit 1,6 Liter Hubraum und 75 respektive 100 PS (16V). Zudem 115 PS aus 1,8 Liter, 136 PS aus 2,0 Liter und ganz oben den 2,5-Liter-V6 mit 175 PS. Diesel-Freunde mussten mit dem 82 PS starken 1.7 TD vorlieb nehmen. Erst später folgten Direkteinspritzer. Wer eine Automatik wollte, bekam nur vier Gänge.
Das Facelift im Februar 1999 brachte rund 3000 überarbeitete Bauteile, darunter neu gestaltete Front- und Heckpartien mit Klarglas-Scheinwerfern, optional Xenon-Licht, veränderte Stoßfänger, neue Lackfarben, Seitenschweller, vergrößerte Außenspiegel, in Wagenfarbe lackierte Türleisten, leicht modifizierte Innenräume, Chrom-Türöffner, ein neues Kombiinstrument, überarbeitete Rückleuchten und neue Basisbereifung mit 195/65 R15.
Die Ausstattungslinien wurden teilweise umbenannt: CD wurde zu Comfort, CD Exklusiv zu Elegance. Auch die Motorenpalette wurde angepasst, u. a. der 1.8 16V-Motor X18XE durch den X18XE1 ersetzt, der 2.0 16V von Zahnriemen- auf Steuerkettenbetrieb umgestellt, neue Dieselmotoren wie der 2.2 DTI 16V eingeführt.
Der Vectra B war in Deutschland sehr erfolgreich und lange in den Top Ten der Zulassungsstatistik vertreten. Im Jahr 1997 wurden 140.964 Einheiten verkauft, 2001 sank die Zahl auf 47.171 Fahrzeuge. Die Gesamtstückzahl aller produzierten Vectra B wird mit 2,6 Millionen angegeben. Insgesamt standen 21 Motorvarianten zur Wahl, davon 16 Benziner mit Leistungen von 55 bis 220 PS und fünf Diesel mit 82 bis 125 PS.
Sondermodelle wie der Vectra i500, ausgestattet von Irmscher, erhielten einen 2.5 V6 mit 195 PS, sportliches Fahrwerk, 17-Zoll-BBS-Aluminiumräder und modifizierte Innenraumblenden. Der Vectra i30 war ein auf 23 Exemplare limitiertes Sondermodell mit 3.0-V6-Motor (220 PS) zum 30-jährigen Firmenjubiläum von Irmscher.
Weitere Derivate des Vectra B wurden als Saturn L-Serie (Nordamerika), Holden Vectra (Australien), Vauxhall Vectra (Großbritannien) und Chevrolet Vectra (Brasilien) angeboten, wobei sich Frontgrill, Embleme und teils Rückleuchten den Märkten anpassten.
Apropos Vauxhall: Der Nachruhm des Vectra B hielt sich in Grenzen: Im Oktober 2013 setzte das Magazin Top Gear den Vectra von 1995 auf die Liste der "13 schlechtesten Autos der letzten 20 Jahre" und beschrieb das Fahrzeug als "so mittelmäßig, dass Jeremy Clarkson sich weigerte, es zu fahren."