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Opel Manta B (1977): Unterwegs zwischen Popk…

Die Ascona-Basis sorgt dafür, dass das berüchtigte Rüsselsheimer Coupé sportlicher aussieht, als es ist

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Manta-Witze, Manta-Songs, Manta-Filme - einigen war das am Ende zu viel des Guten. Der Opel Manta, ein frühes, zum Meme gewordenes Popkultur-Objekt, dessen Besitzer (und Besitzerinnen!) zur Belustigung der Upperclass herhalten mussten. Dass der Manta B keine Rundscheinwerfer hatte, wusste irgendwann kaum noch jemand, so oft wurde der Rochennachfolger aus Rüsselsheim getunt.

Bei mir war das anders: Am Rande des Ruhrgebiets mit wenig finanziellen Mitteln in der Familie aufgewachsen, sorgten die Filme Anfang der 1990er Jahre für einen Manta-Boost in meinem Bekanntenkreis. Nicht der GTI-Yuppie, der Ferrari-Bonze oder der im feinen Zwirn lenkende Benz-Axel waren unsere Helden, sondern der liebenswürdige bodenständige und ehrliche Mensch hinterm Manta-Lenkrad. Einer von uns, ein Ruhrpottler!

Opel Manta B (1977) im Fahrbericht

"Manta Manta" sorgte zwar für Lacher auf Kosten von Menschen, nutzte Klischees bis zum Umfallen und versank in Stereotypen (in allen Richtungen), doch unter der Oberfläche brodelte der Klassenkampf im Film, der im hart arbeitenden damaligen Pott einen Nerv traf. Dat nich ähnst genommen wärdn sind wa gewohnt: Stehnwa drübba - bis heute!

Vor allem aber wurde der Opel Manta von 1970 bis 1982 in Bochum gebaut. Ein waschechter Lokalheld also. Ein erschwingliches Sportcoupé für die Arbeiterklasse, das mit der ebenfalls in Bochum ansässigen Tuning-Firma D&W zum beliebten Individualisierungsobjekt wurde - inklusive Breitbau.

Schnelle Daten Opel Manta 1.9 S Berlinetta (1977)
Motor 1.897 ccm Reihen-Vierzylinder
Leistung  66 kW (90 PS)
Höchstgeschwindigkeit  165 km/h
Gewicht 1000-1065 kg
Grundpreise 11.560 bis 14.745 DM

Nicht mehr und nicht weniger. Im Tuning schießt halt immer mal wieder jemand übers Ziel hinaus. Musse mit leben! 557.940 verkaufte Einheiten in 14 Jahren bis zum Produktionsende 1988 sprechen ihre eigene Sprache. Über Jahre hinweg war der Opel Manta B Deutschlands meistverkaufter Sportwagen. Und seine Kunden, so kann ich Ihnen mit Sicherheit mitteilen, waren nicht nur Manni, Berti und Klausi.

50 Jahre nach der Einführung des Manta B 1975 steht der Furzknoten von einst als ausgewachsene Journalistin mit leuchtenden Augen vor einem frühen Manta 1,9 S Berlinetta und denkt sich: 'Donnerlittchen, wattn Gestell! Firlefanz können andere, oder watt? Lass ma ne Runde heizen!'

Nur ein schnittiger Ascona?

Wie schon sein Vorgänger, der Manta A, basiert der Manta B auf dem zur gleichen Zeit vorgestellten Opel Ascona B. Ein etwas längerer Radstand (2.520 mm) und eine gestreckte Karosserie heben das Sportcoupé von der Familienkutsche ab. An der Front müssen die Rundleuchten des A weichen. Große rechteckige Scheinwerfer beleuchten jetzt den Weg voraus. Ein in die Karosserie integrierter Überrollbügel sorgt für Sicherheit.

Bilder von: Opel

Insgesamt wirkt der Manta damit etwas gefälliger, weicher. Die pfeilspitze Konturgebung des Vorgängers Manta A wird durch eine insgesamt fließende Formgebung ersetzt. Das Heck des CC lässt 1975 schon das Heck des 1978 erscheinenden Opel Monza durchblitzen. Mit seiner Optik ist der Manta B dem einem Jahr zuvor vorgestellten Ford Capri II damit vermutlich näher, als es die Rüsselsheimer zugeben wollen würden.

Im Laufe der 14 Jahre waren insgesamt 14 Versionen mit Leistungen zwischen 55 und 144 PS im Manta B zu haben. Zwei Karosserie-Versionen sollten individuelle Ansprüche befriedigen. Das klassische Coupé mit Kofferraumdeckel für die Urcoupé-Liebhaber und das 1978 vorgestellte Combi-Coupé "CC" mit Fließheck und großer Heckklappe als familienfreundliche Variante. (Oder "Monza für Arme", je nach Sichtweise.) Insgesamt teilte sich der Manta auf den Manta, Manta L, Manta Berlinetta, Manta SR und Manta GT/E auf. Eine Art "Manta für alle Fälle".

In dem von uns gefahrenen Manta B 1.9 S Berlinetta in Saphirblau werkelt ein 1,9-Liter-Vierzylinder mit 90 PS und Vierganggetriebe. Auffällig ist das schwarz abgesetzte Vinyldach und die ausstellbaren Dreiecksfenster hinten. Im Innern wurde der Farbton ganz 70er-like wieder aufgenommen - hier herrscht ebenfalls Blau. Das Armaturenbrett zeigt sich schlicht und übersichtlich. In einer angedeuteten Mittelkonsole wartet eine spartanisch ummantelte Gangschaltung und die Handbremse. 

Komfortabler Reisender in sportlicher Optik

Als ich mich in den tiefen Opel Manta B fallen lasse, entgleitet mir dann doch ein gedankliches 'Boa ey!', denn ich liege plötzlich tiefer als gedacht, und das auf äußerst gemütlicher Bestuhlung. Nur die Verstellung ist absurder Fummelskram, den sich heute niemand mehr erlauben dürfte. Irgendwo links neben dem Sitz befindet sich an der Konsole ein kleines Hebelchen, das zum Fingereinklemmen prädestiniert ist, aber nicht, um den Sitz nach vorne oder hinten zu schieben.

Irgendwie gelingt es mir dann doch, starte den dezent kernig klingenden 1,9er und rühre in der schwammigen Gangführung herum, um irgendwie den ersten Gang einlegen zu können. Präzision war damals wohl nicht so Opels Ding. Damit knackig fix und sportlich akkurat zu schalten ist nahezu unmöglich. Aber irgendwie hat es seinen Charme. 

Und so entfernen der Berlinetta und ich uns langsam gleitend vom Opel-Klassik-Gebäude und vom Werksgelände in Rüsselsheim hinaus auf die Straßen der Umgebung. Und gleitend ist hier das richtige Wort. Den der Manta B ist eigentlich gar kein Übersportler und auch kein überpotentes Proll-Gefährt, mit 90 PS sowieso nicht. Das Fahrwerk ist sanft und wenig straff, der Zug nach vorne eher gemächlich.

Der Opel Manta B ist ein tadelloser Cruiser in sportlicher Optik. Wie gemacht zum Gleiten an sonnigen Herbsttagen. Seinen Bauernporsche-Stempel erhielt er in der Tuningszene. Wohl das 1980er-Jahre-Äquivalent zum 60-PS-Polo mit allerhand Plastikanbauten und Hoppelfahrwerk - oder wie wir sagten: Kirmestuning.

Etliche wollten wohl einfach ihre eigene Version des Manta-400-Rallye-Bolidens oder zumindest ein Stückchen Irmscher GSi. Doch von ersterem gab es nur 245 Exemplare und auch letzterer war eine exklusive Version kurz vor dem Auslaufen des Mantas 1988.

Sportlicher als es die inneren Werte erlauben

Letzteren durfte ich dann auch noch kurz bewegen und ja, vermutlich passt das nuancierte, direktere Fahrverhalten und etwas mehr Bums besser zur langgezogenen Sportcoupé-Silhouette, aber das war eben nicht der Opel Manta. Er war noch immer lediglich der sportlich aussehendere Bruder des Ascona. Eigentlich bloß eine sportliche Reise-Limousine.

Bilder von: Opel

Und das ist völlig okay! Am Ende fahren wir hier schließlich nicht "um unsere Einbauküche". Der Manta B überlebte dann auch den Ascona B um ganze sieben Jahre. Getunte Objekte haben, wie eigentlich bei allen anderen beliebten Szene-Autos, kaum überlebt. Gefragt sind heute vor allem unberührte Manta B im Originalzustand oder solche mit zeitgenössischem Tuning von Opel-nahen Firmen wie eben dem Irmscher GSi.

Inzwischen wissen die Leute, dass hier kein Ferrari-Jäger auf sie wartet. Vielmehr wird die gutmütige und komfortable DNA des Manta B geschätzt. Doch eine Frage bleibt: Wäre er ohne den Kult um seine Karosserie und den pilotierenden Menschen Ende der 1980er, Anfang der 1990er Jahre oder Mitte der 2000er im wiederaufkeimenden "New-Kids"-Fahrwasser jetzt überhaupt so ein gefragter Klassiker?

Einer, der im guten, unverbastelten Zustand mit ertragbaren Kilometern erst jenseits der 10.000 Euro startet? Oder hätte ihn das gleiche Schicksal in seiner Beliebtheit ereilt wie seine Kollegen um Ascona und Rekord, die gut und gerne für die Hälfte zu haben sind? Popularität regelt, egal ob positiv oder negativ konnotiert. Inzwischen brauchen Sie nicht mal mehr Angst haben, für Ihren Manta beschämt angeguckt zu werden. Vor allem weil auch die Witze eher auf die Tuning-Szene ausgerichtet waren.

Das Rüsselsheimer Sportcoupé stößt überall auf wohlwollende Blicke, inzwischen wird mit seinem Proll-Image manchmal sogar historisch charmant gespielt. Und wenn Sie doch jemand schief angucken sollte, kommense einfach innen Pott. Da wo dat Herz noch zählt, ist der Opel Manta B immer ein sehr willkommener Gast, trotz Opel-Beziehungsbruch. Aber das ist eine andere Geschichte.

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