Wie viel Mokka steckt noch in dem Crossover-Corsa?
Weil der neue Opel Mokka so anders ist als die erste Generation, die von 2012 bis 2019 gebaut wurde und auf der GM-Plattform Gamma-II basierte, können wir es durchaus nachvollziehen, dass Sympathisantinnen und Sympathisanten des A-Modells mit der Vorstellung des Mokka B im Juni 2020 ziemlich vor den Kopf gestoßen wurden.
Kompaktere Abmessungen, ein unglaublich hippes Design, das der etablierten Zielgruppe oftmals zu avantgardistisch geraten war, und - der größte Kritikpunkt der Fan-Basis - durch die neue CMP-Plattform des PSA-Konzerns wurde im Mokka auf völlig neue Motoren umgestellt ... ohne optional verfügbaren Allradantrieb. Warum der neue Mokka mit 130 PS starkem Benziner in der sportlich anmutenden GS Line trotzdem kein schlechtes Auto ist, klärt unser Test.
Dabei wollen wir uns nicht um die Optik kümmern. Ob er Ihnen gefällt oder nicht, müssen Sie selbst für sich entscheiden. Wir finden die Front und das Heck überaus gelungen. Die Silhouette wirkt hingegen etwas gedrungen und gerade am hinteren Teil des Fahrzeugs irgendwie abgehackt.
Darüber hinaus finden wir es zwar cool, dass Opel eine "GS Line" mit schwarzem Dach und schwarzer Haube anbietet, die roten Applikationen an den Felgen und die rote Zierleiste an der Dachlinie sind dann aber doch ein bisschen zu viel. Einfarbig gefällt er uns besser.
Steigen wir nun aber richtig in die Materie ein und fangen mit den Rahmenbedingungen des Crossover-Corsa aus Rüsselsheim an: Er ist 4,15 Meter lang, 1,79 Meter breit und 1,53 Meter hoch und damit gut zwölf Zentimeter kürzer (!) geworden. Dafür ist er aber einen Tick breiter und vor allem flacher als der Vorgänger.
Wenn Sie jetzt denken: Toll, das Raumgefühl in meinem alten Mokka fand ich perfekt, da kann der neue nicht mithalten ... dann irren Sie sich. Denn das Plattform-Packaging des PSA-Konzerns ist deutlich besser als das von GM. Ein erster Anhaltspunkt: Der Radstand blieb nahezu identisch (+ 2 mm).
Dadurch ergibt sich folgende Situation im Innenraum des neuen Mokka: Sie entern die Sitze in der ersten Reihe über für die flache Fahrzeugform erstaunlich hohe Einstiegskanten. Ist diese Hürde genommen, können Sie sich in die gut ausgeformten Sitze fallen lassen.
Dabei fällt auf, dass das höhenverstellbare Gestühl auf Wunsch eine sehr tiefe Sitzposition erlaubt. Während man im alten Mokka noch eher "auf" dem Auto gesessen hat, sitzen Sie jetzt wirklich "im" Auto.
Auf der Rückbank fällt der Fußraum etwas kleiner aus als noch in der letzten Generation. Und auch die Kopffreiheit ist durch die schicke Dachlinie etwas mehr beeinträchtigt als noch 2019.
Beim Kofferraumvolumen ändert sich hingegen so gut wie nichts. Rund 350 Liter, die durch einen herausnehmbaren Ladeboden auch nach unten erweiterbar sind, sind vergleichbar mit der A-Generation. Das war damals auch schon nicht unbedingt viel - aber meistens ausreichend. Und wenn die Rückbank umgelegt ist, nimmt es der Mokka immer noch mit bis zu acht Umzugskisten auf.
Nervig am Kofferraumdeckel: Die Öffnung ist in der Kante direkt über dem Nummernschild angebracht. Dieser Ort ist anfangs schwer zu finden und nach dem Druck auf den entsprechenden Knopf springt die Klappe zwar einen Spalt auf, die Hand muss vor dem Öffnen aber noch die Position wechseln und eine Stufe höher wandern. Eine Heckklappe in zwei Schritten öffnen? Das hätte man wirklich schlauer lösen können!
Aber zurück in die erste Reihe und ins Cockpit. Hier macht der neue Mokka eigentlich alles richtig. Schalter-Fans haben ihre Tasten und Knöpfe für die Bedienung der wichtigsten Assistenten, des Infotainment-Systems sowie der Klimaanlage.
Alles, was nicht ständig benötigt wird, ist in die gut angeordnete und sauber ablesbare Bildschirmwelt eingegliedert. Die Verarbeitung ist nicht höchstes Premiumniveau, muss sie aber auch nicht sein. Durch nette Farbtupfer und verschieden aufgearbeitete Materialien fällt der übermäßige Einsatz von Plastik zudem kaum auf.
Highlight ist aber nicht der Anblick, sondern der Ausblick. Die Haifischflosse auf der Motorhaube hatte Opel in den letzten Jahrzehnten nämlich seeeehr vernachlässigt. Und wenn man sie im neuen Corsa noch leicht übersehen kann, ist sie im Mokka DAS Stilelement schlechthin.
Plötzlich denkt man tatsächlich darüber nach, ob man nicht doch in einem Rekord C oder einem Commodore A sitzt, obwohl Opel seine Design-Inspiration ja eigentlich vom Manta A haben will. Zumindest wird dies gerne im Bezug auf den schicken Opel-Vizor an der Front angeführt.
Unter der besagten Haube und hinter dem Vizor mit integrierten LED-Scheinwerfern sitzt in unserem Fall nun ein Motor, der Mokka-LiebhaberInnen der ersten Stunde auf die Palme bringt. Ein 1,2-Liter-Turbobenziner mit 130 PS.
Ja, der Motor ist ein Dreizylinder. Ja, er klingt wie ein Dreizylinder. Nein, er ist deshalb kein schlechter Motor. Er passt ausgezeichnet zum kleiner gewordenen Mokka und in Verbindung mit der Achtgang-Automatik ist die Mischung aus komfortabel ausgelegter Spritzigkeit wirklich gut gelungen.
Die GS Line trägt zum Thema Sportlichkeit (wenn überhaupt) nur optisch bei. Die in ihrer Direktheit etwas lieblos konzipierte Lenkung erfüllt ihren Zweck und ist im Sport-Modus noch am attraktivsten kalibriert.
Apropos Modus: Neben dem erwähnten Sport-Programm gibt es auch noch Eco und Normal. Wobei Eco schon sehr beschneidend wirkt und sowohl die Leistung des Motors als auch die Logik des Getriebes dermaßen von Fahrspaß befreit, dass man ihn nur wählen sollte, wenn man mit Jutebeutel bei einem lokalen Bio-Markt angeben möchte.
Die 230 Newtonmeter des Motors liegen im Normalfall bei frühen 1.750 Touren an und Beschleunigungszeiten von unter zehn Sekunden sowie eine erreichbare Höchstgeschwindigkeit von rund 200 km/h lassen eigentlich keine Wünsche offen. Zumindest im normalen Alltagsbetrieb.
Also beim Pendeln zwischen Wohnort und Arbeitsplatz und dem einen oder anderen Ausflug zum Supermarkt. Da wird es Sie auch nicht stören, dass der rund 1,3 Tonnen leichte Mokka nur Frontantrieb hat. Das reicht. Und so sind auch Durchschnittsverbräuche von sieben Liter je 100 km möglich - auch wenn unser Test-Mokka meist durstiger war.
Was man der Antriebseinheit negativ auslegen kann? Sie kann eben nur maximal 1.200 kg ziehen. Und das war ein Punkt, der Mokka-Käuferinnen und Mokka-Käufern bisher sehr wichtig war. Große Wohnwagen schafft der neue Mokka also leider nicht mehr. Aber die neue, hippe und urbane Zielgruppe wird es ihm verzeihen. Ein Großteil der alten Zielgruppe ... wohl eher nicht.
Was die neue Zusatz-Targetgroup aber - genau wie uns - freuen dürfte: In Sachen Konnektivität und Assistenz leistet sich der Mokka keine Patzer. Okay, die Parksensoren piepsen immer noch schlimmer als ein Tamagotchi, das über Tage nicht gefüttert wurde, aber sowohl die Smartphone-Koppelung funktioniert genauso reibungslos wie das Zusammenspiel aus Abstandstempomat und Spurhalteassistent. Letzterer sogar so erschreckend gut, dass wir dies noch einmal extra in diesem Satz herausstellen möchten.
Was bleibt, ist die Frage nach dem Preis. Und bei unter 30.000 Euro Grundpreis für das gefahrene Modell (29.635 Euro sind es ganz genau) passt tatsächlich so gut wie alles zusammen. Positiv ist die umfangreiche Serienausstattung der GS Line zu werten.
Aufpreispflichtige Optionen gibt es zwar auch noch, aber selbst wenn Sie sich beim Kreuze machen nicht beherrschen können, bleibt die Drei an erster Stelle wohl wahrscheinlicher und näher am Endpreis als die Vier. Aber was benötigt man überhaupt noch zusätzlich? LED-Matrixlicht und die Sitzheizung vorne für zusammen gut 1.000 Euro würden wir sagen.
Ist der Mokka in der B-Generation besser geworden als der Vorgänger? Nein. Aber auch nicht schlechter. Er ist schlicht anders und erreicht mit seiner neuen (wirklich überaus gelungenen) Optik sowie zeitgemäßer Technik unter der Haube und im Innenraum ein neues und etwas verändertes Publikum. Uns jedenfalls gefällt der Auftakt für das neue Opel der 2020er-Jahre. Auch wenn das bedeutet, von Allradantrieben und einer höheren Anhängelast Abschied zu nehmen.