Ist der Neuling das RS-Modell, auf das Elektro-Fans gewartet haben – oder doch nur ein MEB im Trainingsanzug?
Mit dem Elroq RS bringt Škoda frischen Wind ins kompakte Elektrosegment. Seinen Nutzwert und seine Qualitäten hat bereits das normale Modell hinreichend bewiesen. Nun kommt also die starke RS-Version. Dass E-Mobilitöät auch ein großer Spaßbringer sein kann, hat nicht zuletzt Hyundai mit dem genialen Ioniq 5 N bewiesen.
Skoda schickt seinen Elroq RS allerdings ohne Spielereien wie die simulierte Gangwahl a lá Hyundai ins Rennen, sondern setzt auf mehr Leistung und sportliche Akzente. Ist der RS nur ein etwas stärkerer Elroq oder kann er auch das Herz der Fahrdynamiker gewinnen? Wir durften schon mal testen.
Skoda lag mit seinen RS-Modellen bislang immer goldrichtig. Der Octavia RS ist seit vielen Generationen erfolgreich und auch der Kodiaq war als RS-Version äußerst beliebt. Beim ersten Elektro-RS - dem Enyaq Coupé - ging die Rechnung ebenfalls auf. Dabei ging es Skoda nie um absolute Höchstleistung (den Kodiaq RS gab es anfangs bekanntlich nur als Diesel!), sondern um die bestmögliche Kombination aus Alltagsnutzen und sportlicher Attitüde. Nach diesem Strickmuster entwickelten die Tschechen auch den Elroq RS.
Optisch legt der Elroq RS eine Schippe drauf. Besonders von hinten wirkt das Auto ausgesprochen stämmig: Breite Schultern, betonte Radhäuser und angedeutete Luftauslässe in der Heckschürze vermitteln Kraft. Im Vergleich dazu wirkt selbst ein Kodiaq fast schon schmalbrüstig. Die Frontpartie wirkt durch dynamisch konturierte Stoßfänger und LED‑Matrix‑Scheinwerfer mit Vier‑Augen-Look selbstbewusst und eigenständig. Auffällig: die aerodynamisch optimierten RS‑Felgen, bis zu 21 Zoll groß und mit sportlicher Hankook-Mischbereifung bezogen.
RS‑spezifisch ist auch die tiefergelegte wie straffere Fahrwerksabstimmung: vorne 15 mm, hinten 10 mm tiefer - sportlichere Silhouette inklusive. Der schwarze Dachlack, eigenständige LED-Signaturen und sportliche Details wie Luftschlitze in den Stoßfängern oder spezielle Applikationen runden den dynamischen Auftritt ab.
Innen zeigt sich der Elroq RS wertig. Weitläufige Alcantara-Flächen mit gelben Kontrastnähten, sauber verarbeitet, sportlich - aber nicht übertrieben. Die Sitze überraschen mit weicher Polsterung, bieten aber dennoch ordentlich Seitenhalt. Was fehlt, ist eine ausziehbare Schenkelauflage - ein nicht unwesentlicher Punkt für groß gewachsene Fahrer.
Hinten hat man genügend Knieraum und auch über dem Scheitel ist genug Luft. Ohne Panoramadach wirkt der schwarze Dachhimmel aber ziemlich düster - sicher Geschmacksache. Auffällig ist - wie in vielen BEV - der hohe Boden und der daraus resultierende spitze Kniewinkel. Zudem hängen dadurch je nach Statur die Oberschenkel in der Luft, statt auf der Sitzfläche aufzuliegen.
Das Bedienkonzept ist typisch für die neue Škoda-Generation: Touchscreen-lastig, keine physischen Fahrmodi-Tasten am Lenkrad, sondern alles über das zentrale Display. Die Favoritenleiste oben ist zwar prinzipiell sinnvoll, erlaubt aber keine freie Belegung. So lassen sich etwa der Tempowarner oder die Verkehrszeichenerkennung dort nicht ablegen - unnötig eingeschränkt.
Lobenswert: Im Gegensatz zu anderen MEB-Derivaten hat der Elroq RS noch vier echte Fensterheberschalter. Kein nerviges Umschalten zwischen vorn und hinten wie bei ID.3 oder Cupra Born - hier wurde tatsächlich mitgedacht. Zudem verfügt der Elroq noch über eine Leiste mit physischen Tasten, mit denen wichtige Funktionen direkt und sicher bedient werden können.
Technisch überzeugend ist das Head-Up-Display mit Augmented Reality. Es projiziert Richtungspfeile, Abstandswarner und Streckenbegrenzungen scheinbar direkt auf die Straßenoberfläche. Das funktioniert nicht nur gut, sondern sieht auch nach Zukunft aus.
Angetrieben wird der Elroq RS von zwei Elektromotoren (vorn und hinten), die zusammen 250 kW (340 PS) leisten. Das maximale Drehmoment liegt bei 460 Nm. Damit beschleunigt das SUV in nur 5,4 Sekunden von 0 auf 100 km/h, die Höchstgeschwindigkeit ist bei 180 km/h abgeregelt. Der Elroq RS ist zusammen mit dem Enyaq RS damit das bislang stärkste Serienmodell der Marke.
Die Energie kommt aus einer 84-kWh-Batterie (netto 79 kWh), die laut Werk bis zu 546 Kilometer Reichweite ermöglichen soll.
Geladen wird mit maximal 185 kW an DC-Säulen, was einen Ladestand von 10 auf 80 Prozent in rund 26 Minuten ermöglichen soll. AC-seitig lässt er sich mit 11 kW laden. Die Rekuperation ist dreistufig und prinzipiell manuell regelbar - allerdings mit Einschränkungen , dazu später mehr.
Im Sportmodus zeigt der Elroq RS, was er kann: Der Antrieb spricht spontan an, liefert ordentlich Schub aus dem Stand und macht richtig Druck bis in hohe Geschwindigkeiten. Vor allem im Sportmodus spricht der Antrieb knackig und geschmeidig an, ohne den übertriebenen Ruck anderer Elektrosportler. Durch die mittlerweile übertriebene Leistungsflut in diesem Bereich ist der Elroq aber trotz RS-Signet keine Rakete im direkten Vergleich. Überzeugend ist sein Antritt aber trotzdem.
Das Fahrwerk - das bekannte adaptive DCC-System - bietet eine breite Spreizung, im Individualmodus 15fach einstellbar. Von angenehm weich bis betont straff ist alles möglich. Im Komfortmodus bügelt der Elroq Temposchwellen oder Straßenschäden souverän weg und wogt über jede Unebenheit. In Sporteinstellung wird die Karosserie deutlich besser kontrolliert, ohne unkomfortabel zu wirken. In der härtesten Stufe kommen sogar leichte Golf-1-Vibes auf, zumindest was die Hoppelei betrifft...
Allerdings: Das hohe Gewicht des Fahrzeugs lässt sich nicht verbergen. In schnellen Kurven untersteuert das Auto spürbar, bei abruptem Einlenken muss das ESP früh und harsch eingreifen. Durch die wirklich gut abgestimmte, nicht zu leichtgängige Lenkung ist das aber gut spür- und korrigierbar.
Auch beim Verzögern wird das hohe Gewicht (mindestens 2.229 kg leer) deutlich. Die Bremse selbst zeigt ein sehr teigiges Pedalgefühl ohne klaren Druckpunkt, dafür mit relativ hohem Kraftaufwand. Objektiv bremst der Elroq gut, subjektiv vermittelt er aber wenig Vertrauen.
Enttäuschend ist auch die Rekuperation: Selbst in Stufe 3 reicht die Verzögerung nicht für One-Pedal-Driving. Zudem ist im Komfort- und Normalmodus nur automatische Rekuperation aktiv - eine manuelle Wahl ist nur temporär möglich, wird aber nach wenigen Sekunden annulliert. Warum, weiß wohl nur die Softwareabteilung.
Die Assistenzsysteme agieren größtenteils unauffällig. Lediglich der Abstandsassistent ärgert im Stau: Wenn Fahrzeuge eine Rettungsgasse bilden wollen, interpretiert das System diese mitunter als freie Spur und will plötzlich überholen. Das ist nicht nur unsinnig, sondern potenziell gefährlich.
Akustisch zeigt sich der Elroq gut gedämmt. Der Motor bleibt naturgemäß leise, Windgeräusche sind gering. Nur die Abrollgeräusche der Reifen dringen je nach Straßenbelag recht deutlich in den Innenraum. Positiv fällt der äußere Soundgenerator auf: Der RS-Sound klingt kernig, aber nicht übertrieben. Und vor allem: Er bleibt im Innenraum angenehm dezent.
Der Skoda Elroq RS startet bei rund 53.050 Euro. Ein Cupra Tavascan mit der gleichen Motorisierung liegt ganz knapp darunter und ein VW ID.4 GTX auf demselben Niveau. Ein weiteres MEB-Derivat - der Ford Explorer - liegt mit demselben Antrieb 1.000 Euro darüber. Selbst ein Tesla Model Y mit Allrad kostet noch unter 54.000 Euro. Da bröckelt der klassische "Viel Auto fürs Geld"-Bonus von Skoda etwas, obwohl er sich vor der Konkurrenz nicht verstecken muss, im Gegenteil.
Tatsächlich ist Skoda mit dem Elroq RS wieder einmal ein sehr gutes Auto gelungen. Mit seinem hochwertigen und sportlichen Innenraum hängt er seine Konzern- und Plattformbrüder locker ab und bietet auch in Sachen Vortrieb den erhofften Spaßfaktor. Leider wird er seinem Anspruch in Sachen Fahrdynamik nur zum Teil gerecht, denn weder Bremse noch Kurvenlage können vollends überzeugen. Wer aber ein sportliches Elektro-SUV mit viel Platz und Nutzwert sucht, liegt hier richtig.