Hier fahren Sie besser!
Neu- und Gebrauchtwagen auf automobile.at

Renault Sport Spider (1995-1999): Kompromisslose 30

Der radikalste Renault aller Zeiten?

Motor1.com Deutschland: Auto-Tests, Auto-News und Analysen
Marke wählen

Mitte der 1990er-Jahre dominiert Renault mit seinen Motoren die Formel 1. Wer den Konstrukteurstitel gewinnen will, kommt an den Triebwerken aus Viry-Châtillon nicht vorbei. Die Konzernführung entscheidet sich, diese Erfolgsära mit einem eigenständigen Sportmodell zu würdigen. Alpine, seit 1975 Teil der Motorsportdivision Renault Sport und verantwortlich für Ikonen wie die A110, liefert dafür die nötige Expertise - direkt aus dem eigenen Haus.

Von der Rennstrecke auf die Straße

Innerhalb weniger Monate entsteht im Alpine-Werk in Dieppe ein Fahrzeug, das es in der Geschichte von Renault so noch nicht gibt: kein Auto für die breite Masse, sondern ein kompromissloses Modell für Puristen - reduziert auf das Wesentliche, konsequent auf Fahrspaß ausgerichtet. Ursprünglich für den Einsatz in der Renault Sport Spider Trophy im Rahmenprogramm der Formel 1 gedacht, wächst schnell der Wunsch, den radikalen Zweisitzer auch auf öffentlichen Straßen zu fahren.

Renault Sport Spider (1995-1999)

Die Karosserie des Renault Sport Spider besteht fast vollständig aus Kunststoff und umfasst lediglich drei Hauptbauteile. Nur die spektakulären, nach oben schwenkenden Flügeltüren bilden eine Ausnahme. Dank des modularen Aufbaus lassen sich beschädigte Teile im Rennbetrieb schnell austauschen.

Eine Windschutzscheibe ist nur gegen Aufpreis erhältlich; serienmäßig schützt ein flacher Windabweiser das Cockpit. Seitenfenster oder ein Verdeck gibt es nicht. Eine einfache Persenning dient als Regenschutz, während beheizbare Scheiben bei der Version mit Windschutzscheibe für klare Sicht sorgen.

Gitterrohrrahmen nach Vorbild des Rennsports

Die Basis bildet ein Gitterrohrrahmen aus drei Millimeter starken Aluminiumprofilen - ein Konstruktionsprinzip aus dem Motorsport. Im Innenraum bleibt das Chassis sichtbar. Der Fahrzeugboden besteht aus wabenförmigem Polypropylen und trägt zur hohen Steifigkeit bei. Im Vergleich zu herkömmlichen Kunststoffkarosserien wiegt der Aufbau rund 25 Prozent weniger. Ein stabiler Überrollbügel schützt die Insassen bei einem Unfall.

Auch die Ausstattung folgt dem Leichtbauprinzip. Die beiden Schalensitze lassen sich in Länge und Neigung verstellen, die Pedalerie ist um acht Zentimeter verschiebbar - ein Detail, das auf der Rennstrecke wertvolle Zehntelsekunden bringt.

Minimalismus trifft auf Leistung

Das Cockpit umfasst lediglich Tachometer, Drehzahlmesser, Öl- und Wassertemperaturanzeige. Heizung und Radio fehlen. Für akustische Untermalung sorgt allein der quer hinter Fahrer und Beifahrer verbaute 2,0-Liter-Vierzylinder. Das 108 kW (147 PS) starke Leichtmetall-Triebwerk stammt aus dem Clio Williams - einem weiteren sportlichen Meilenstein der Marke aus dieser Ära.

Der Motor erreicht seine Spitzenleistung bei 6.000 U/min, das maximale Drehmoment von 185 Nm liegt bei 4.500 U/min an. Zwei obenliegende Nockenwellen und vier Ventile pro Zylinder sichern einen effektiven Gasdurchsatz.

Das Aggregat ist an ein kurz übersetztes Fünfgang-Schaltgetriebe gekoppelt. Damit beschleunigt der Spider - je nach Ausstattung - in 6,9 Sekunden auf 100 km/h. Die Höchstgeschwindigkeit beträgt 215 km/h. Das Fahrzeuggewicht liegt bei lediglich 930 Kilogramm, mit Windschutzscheibe bei 965 Kilogramm.

Fahrwerk mit Gokart-Charakter

Seine wahre Stärke zeigt der Renault Sport Spider jedoch in Kurven. Mit einem präzisen Rennfahrwerk und kompakten Abmessungen fährt sich der Spider wie ein Go-Kart. Vorn kommen doppelte Dreiecksquerlenker zum Einsatz, hinten kombiniert Renault einen Dreiecksquerlenker mit einem Dreieckslängslenker. Die vorderen Federbeine sind wie bei einem Formelwagen horizontal eingebaut, die hinteren Einheiten sitzen vertikal in Fahrtrichtung. An beiden Achsen sorgen Querstabilisatoren mit 16 Millimetern Durchmesser für reduzierte Seitenneigung.

Die direkte Lenkung verzichtet auf Servounterstützung. Der Mittelmotor-Spider liegt mit Überrollbügel nur 1,25 Meter hoch - ein niedriger Schwerpunkt, der für exakte Richtungsstabilität selbst unter extremen Bedingungen sorgt. Für die Verzögerung sorgen vier innenbelüftete Bremsscheiben mit jeweils 30 Zentimetern Durchmesser - übernommen vom Alpine A610 Turbo, einem der damals leistungsstärksten Serienfahrzeuge der Marke mit 184 kW (250 PS) und 265 km/h Spitze.

In Deutschland kostet der Sport Spider mit Windabweiser im August 1996 exakt 53.900 Mark. Gewiss eine Stange Geld, aber auch nicht unmäßig teuer. Der ADAC bezeichnet ihn seinerzeit als "Sparta-Sportler" und attestiert ein sehr vergnügliches Handling. Der Spider lenke ein wie ein Formelwagen und bremse auch so. Erst ab Tempo 200 lasse der Vorwärtsdrang etwas nach.

Pionier unter dem Renault Sport-Emblem

Zwischen 1995 und 1999 entstehen in Dieppe rund 1.500 Exemplare des Renault Sport Spider. Mit seinem kompromisslosen Konzept und seiner Agilität nimmt der Zweisitzer eine Sonderstellung in der Modellgeschichte ein. Gleichzeitig ist er das erste Straßenfahrzeug, das offiziell das Renault-Sport-Emblem trägt - und damit der Ursprung einer bis heute fortgeführten Tradition leistungsorientierter Serienfahrzeuge der Marke.

© Motor1.com